Sich selbst unter Druck setzen

  • Kommt euch das bekannt vor? Ihr möchtet alles richtig machen, gebt euch so viel Mühe im Umgang mit dem Hund, informiert euch, damit ihr ihm gerecht werdet und wollt perfekt erziehen? Ich weiß: perfekt erziehen ist unmmöglich, aber man würde halt gerne fehlerlos sein. Man setzt sich unter Druck... habe ich mich gut verhalten? Hat er verstanden, was ich von ihm will? Respektiert der Hund mich? Mag er mich?
    Während ich das hier schreibe, grüble ich, ob es überhaupt so eine gute Idee ist, es zu posten. Doch mom. habe ich das Bedürfnis, mich mitzuteilen...
    Es gab heute eine Situation, in der ich mich nicht korrekt verhalten habe und das nagt an mir. Beim Spaziergang forderte ich Ares dazu auf, "Sitz" zu machen. Er machte es. Wir befanden uns neben einer kleinen Gruppe von Kühen. Eine steht und auf und geht auf uns zu. Ein Stacheldrahtzaun trennte uns. Mein Hund hüpft vom "Sitz" auf und rennt spielerisch umher. Frauchen war sofort genervt, schließlich habe ich ihn nicht freigegeben.
    Die Situation schaukelt sich hoch und das Ende vom Lied war, dass ich Ares an die Leine nahm und nach Hause marschierte. Jetzt mache ich mir Vorwürfe...wie konnte ich mich nur so idiotisch verhalten?
    Er ist fast 6 Monate jung und verhält sich meist tadellos und sein Frauchen hat eine geringere Frustrationstoleranz als er...ich hasse es, wenn ich im Umgang mit ihm Fehler mache! Oft sind es Kleinigkeiten, indenen mir der Geduldsfaden reißt. Dann frage ich mich, ob ich jemals die Person bin, bei der er Schutz sucht, bei der er weiß, dass er sich auf sie verlassen kann.
    Letztens beim Gassigehen ist mein Freund mitmarschiert. Dieser bekam Kopfschmerzen und hat sich deswegen auf eine Bank gesessen. Ich bin mit Ares ein Stück weitergegangen, damit er noch umhersaußen kann. Ich leine Ares ab und er rennt zu meinem Freund zurück- mein Rufen wurde ignoriert. Da wäre mir fast der Kragen geplatzt. Im Grunde eine Nichtigkeit, nur ich habe ein Drama daraus gemacht.
    Ich ärgere mich über mich selbst!

  • Dass du dich über dich selbst ärgerst ist ja schon mal gut! ;) Denn, DU musst als HH souverän sein, sonst wirst du keinen Erfolg haben bei deiner Vierpfote. Und noch schlimmer...sie wird nicht das nötige Vertrauen zu dir haben. Du musst lernen, wie " Hunde ticken " ( gibt tolle Literatur, die dir helfen wird ) und dann wirst du gelassen zusammen mit deinem Hund eine tolle Freundschaft aufbauen! :smile:

  • Hier prallen quasi zwei Welten aufeinander.


    Auf der einen Seite soll der Hund hören.
    Klar, das kann jeder nachvollziehen, und ist auch erwünschenswert!


    Aber auf der anderen Seite ist der Hund noch jung.
    Er kann es noch nicht!


    Das was von ihm erwartet wird, ist noch ferne Zukunfsmusik.
    Die ersten Takte dazu, werden jetzt schon gelegt.




    Die Frage ist das WIE.
    Natürlich spielt Geduld und vor allem Konsequenz eine Rolle.
    Aber man darf auch das Alter nicht außer Acht lassen!
    Die Konzentration ist noch nicht so hoch.



    Zum Vergleich, vielleicht zur besseren Verständnis:
    Ein 6 jähriges, frisch eingeschultes Kind muß auch nicht in einem halben Jahr das Abitur machen ;)


    Das ist aber genau das, was anscheinend vom Hund jetzt schon verlangt wird.
    Natürlich ist es schön, daß der Hund optimal hört.
    Aber, bis er es kann, bedarf es eine Weile des Lernprozeßes.
    Mit Hilfe von Training, und diversen Wiederholungen, bis es halt sitzt.
    Gib ihm die Zeit, die er braucht.
    Hilf ihm, und bringe es ihm in Ruhe bei.



    Schöne Grüße noch
    SheltiePower

  • Yep, Einsicht ist immer der erste Schritt damit man sich weiterentwickelt.


    Mal so als Beispiel: Arren konnte mit 6 Monaten noch nichtmal zuverlässig Sitz, von warten auf Freigabe fange ich bei dem Hund nichtmal an.
    Der Depp ist mir vorhin wieder die Treppe runtergefallen weil er vor lauter "Frauchen hat tolle neue Leckerlie in ihrer Jackentasche!" nicht mitbekommen hat das wir schon an der Treppe waren. *seufz* Und der Kerl ist 2,5!


    Hast du andere Windige in deiner Nähe? Das ist immer ganz praktisch um mal zu gucken wie die anderen so sind, manchmal kann man sich was abgucken. Vor allem Gelassenheit. Sie ticken ja doch alle einigermaßen ähnlich, die Windhühner. :D


    (Oder ich schick dir Hamilton! Der Whippet zeigt dir schon wie mans macht weder den Hund vor Frust an den Baum zu hängen noch selbst in die Luft zu gehen...)

  • Eines der schönsten und besten Dinge die ich von meinen Hunden lernen durftr... perfekt sein ist ganz schön blöd :-)
    Perfekt sein (wollen) macht so viel Druck. Und Druck macht so viel kaputt.
    Nimm den Druck raus... bei dir und beim Hund. Ihr seid beides Lebewesen, und die KÖNNEN ganz einfach nicht perfekt sein. :-)

  • Menno..ich bemühe mich, souverän und cool zu sein, aber ich bin so emotional. Wenn ich einen Fehler gemacht habe, ist meist meine Reaktion: er mag mich nicht mehr... :muede:
    Ich bin eh sehr belesen. Meine aktuelle Lektüre: Das andere Ende der Leine. Daraus konnte ich wieder viel Neues entnehmen. Ares und ich, das passt schon. Ich bin der Blöde in unserer Beziehung. Meine Worte waren immer, dass ich keinen Hund will, der klüger ist als ich. :hust:
    Ja, wahrscheinlich verlange ich zu viel von ihm. Ich weiß ja, dass er wild umherrennt, wenn die Kühe auf der Weide sind. Evtl. klappt`s ja, habe ich mir gedacht. Nö, hat`s nicht. Während wir spazierengehen, gebe ich ihm ein paar Kommandos (insgesamt ca. 4), damit diese sich festigen. Wir haben kaum Hundekontakt, leider, leider. Windige schon gar nicht. Ja, die Gelassenheit. Da mangelt`s beim Frauchen. Damit will ich nicht sagen, dass ich permanent angespannt bin, aber doch in gewissen Situationen überfordert und somit frustriert. Beispiel: Ares war ohne Leine unterwegs. Ich: "Sitz" Ares will nicht und möchte weglaufen. Da ich mir nicht anders zu helfen wusste, habe ich ihm am Halsband gepackt. Und das ist, glaube ich, nicht gut. Ares zappelte, ich hob nochmals den Zeigefinger. Nach einiger Zeit ließ er sich dazu übereden. Ich habe ihn nicht gewürgt, um Gottes Willen. Aber gehalten, bis er sich hingesetzt hat. Anschließend war ich enttäuscht. Enttäuscht von mir selbst, weil ich nicht so bin. Ich will meinen Hund nicht am Halsband packen, doch i-wie musste ich mich doch "durchsetzen". Mich plagte lange das schlechte Gewissen- womit wir wieder bei "Frustration" wären.

  • Am Halsband packen ist doch kein Drama. Vermutlich kommt Ares damit besser klar als du.


    Ich persönlich würd einen Junghund im Leben nicht unangeleint an Kühen vorbeiführen. Und schon garkeinen Junghund einer Rasse die dermaßen auf Bewegungsreize geht wie die Windigen.
    Da gilt für mich einfach "Better safe than sorry".


    Und ja, du machst dir Druck, du machst dir eine Erwartungshaltung. Ganz ehrlich: Nimm dir das Forum nicht zu Herzen.
    Es gibt hier tolle Leute, super Tips, immer Hilfe.
    Aber allzuoft erwecken die Threads hier einen Eindruck von Perfektionismus den ich persönlich auch nicht glauben kann.
    Wir haben alle nur Hunde und sind alle nur Menschen.


    Immer tief durchatmen und denken: die anderen kochen auch nur mit Wasser! :hug:



    PS: Wegen dem Zuruückrennen zu deinem Freund, an deiner Stelle würde mich das freuen. Es zeigt doch das Ares sich bewußt war das da was nicht stimmt und er ihn vielleicht nicht allein lassen wollte.

  • Ich kenn das, ich hab auch einen gewissen Hang zum Perfektionismus und ärgere mich manchmal über mich selber. Mir hilft, dass ich mir nach so einer Situation wo ich mich ärgere überlege wie ich mich besser alternativ verhalten hätte und mir das für die Zukunft dann so vornehme. Ich persönlich finde es jetzt nicht schlimm, bei einem Hund auch mal körperlich zu werden und ihn am Halsband festzuhalten - kommt aber natürlich sehr stark auf die Situation und den Hund an. Mein Hund ist z.B. einer, der auch gerne mal auf Durchzug stellt.


    Also gibt es Situationen wo der Hund eigentlich in der Lage gewesen wäre das Kommando zu befolgen, aber lieber anderen Interessen nachgeht - dann bin ich guten Gewissens auch mal strenger und stelle das aber nachher auch nicht in Frage.
    Und es gibt Situationen wo ich zwar gerne ein Verhalten vom Hund hätte, aber eigentlich wissen müsste dass ihn das (noch) überfordert. Dann sollte das Ziel sein, dass ich das Verhalten dann auch vom Hund nicht verlange und erst recht nicht streng werde, wenn er es nicht ausführt (weil - kann er ja nicht). =)


    LG Betty

  • Ich kann Dich gut verstehen, ich bin gerade heute in einer ahnlichen Situation gewesen.


    Ich bin mit Arya (wie immer!) auf der Arbeit von der Tiefgarage zur Tür gelaufen, dabei ist sie meistens ohne Leine, macht nochmal auf dem Ministückchen Rasen Pipi bevor wir reingehen, weil es ein nahezu abgegrenztes Grundstück ist.


    Heute meinte die kleine Mistkröte auf die Straße rennen zu müssen :explode: . Ich hab total bescheuert reagiert und bin ihr hinterhergerannt (wusste ja nicht, ob da ein Auto kommt, wir sind mitten in der Stadt). Normalerweise wäre ich mit einem "Tschüß" in die andere Richtung gerannt, dann kommt sie immer. Naja letztendlich fand Madame das ein lustiges Spiel und ist zweimal vor mir weggehopst. Ich war echt völlig unter Schock und auf 180, hab sie angeleint als ich sie dann endlich zu packen gekriegt hatte und bin ziemlich unsanft mit ihr ins Büro und hab sie auf ihre Decke geschickt. Als sie aufstehen wollte um eine Kollegin zu begrüßen hat es aber ordentlich gedonnert (also ich meine natürlich verbal!) und dann war Ruhe im Karton. Ich war so unter Schock, echt!


    Letztendlich ist zum Glück alles gut gegangen aber ich habe mich hinterher auch tierisch über mich geärgert, dass ich es überhaupt soweit hab kommen lassen, ich habe heute morgen schon gemerkt, dass die Olle heute nur bunte Smarties im Kopf hat (sie ist knapp neun Monate alt), ich hätte sie einfach auch das kurze Stück an die Leine nehmen sollen.


    Ich kann mich in deinem Text total wiederfinden, ich bin auch ein sehr emotionaler Mensch und zweifle ständig an mir. Ich habe im ersten Impuls auch immer den Gedanken, oh Gott der Hund kann mich nicht mehr leiden, ich habe das Vertrauen zertsört. Auf der Anderen Seite denke ich mir kann auch Wuffi mal merken wann Frauchens Geduldsfaden reißt.


    Mach Dir nicht so einen Kopf, kuschel lieber deinen Ares, das hilft. Ich hab die dumme Nuss vorhin auch ausgiebig gekuschelt und sie hat mich immer noch lieb :rollsmile:

  • Mein Hund kann mich auch zur Weißglut treiben. (meistens geht es dabei um Fressbares :roll: ) Wenn man sich danach bewusst macht, wie man selbst in solchen Frustsituationen reagiert, und dass man sich selbst dabei nicht leiden kann, ist man schon einen Schritt weiter als manch anderer. Irgendwann kommt der Punkt, wo man sich vorher schon abfangen kann, oder sich garnicht in die Situation bringt. (denk an Mickey Maus oder rosa Elefanten oder feixende Schimpansen, oder ans Rumpelstilzchen und lach über mehr dich selbst, beim nächstes Mal wird es besser) Man kann auch Situationen schaffen, in denen man nicht ständig konsequent sein muss.
    Mach mehr (unnötige) Sachen, nicht nur zum "Durchsetzen", von denen du weißt, dass sie sicher klappen und ihr beide mit Erfolg aussteigt. Das hilft auch gegen Frust. Und du fühlst dich wieder größer, weil dein Hund bereits schon jede Menge kann.


    http://markertraining.de/nobodys-perfect/

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