Wirrwarr im Dschungel der Erziehungsmethoden

  • Hallo zusammen


    Mich beschäftigen aktuell die verschiedenen Erziehungsmethoden und -stile sehr und ich würde gerne wissen wie ihr eure Hunde erzieht.


    Ich bin seit 2.5 Jahren Hundehalterin und mittlerweile sehr verunsichert, wie ich meinen Hund erziehen soll. Da gibt es Verfechter von Millan und Co und auf der anderen Seite Verfechter der Erziehung über positive Verstärkung. Anfangs habe ich unter Anleitung einer Trainerin bei meiner Hündin auch aversive Methoden wie anstupsen, auf den Rücken drehen etc. angewendet. Ich habe aber festgestellt, dass das bei meiner Hündin ausser zur Zerstörung unserer Beziehung nichts gebracht hat. Seit einem 3/4 Jahr arbeite ich nun mit positiver Verstärkung. Also gutes Verhalten belohnen unerwünschtes Verhalten nicht ignorieren, sondern versuchen, dass es gar nicht erst auftritt oder versuchen es umzulenken. Leider machen wir nur sehr zögerliche Fortschritte, was mich erneut zweifeln lässt. Zudem verunsichern mich immer wieder all die Stimmen, die von antiautoritärer Erziehung reden und Erfahrungsberichte von Leuten, die ihre Hunde anders als ich erziehen und damit grossen Erfolg haben. Mann, ich bin so verunsichert, dabei will ich es doch einfach richtig machen. Mir widerstrebt es allerdings auch Gewalt anzuwenden. Und unter Gewalt verstehe ich auch anstupsen, mit Steinchen werfen, Wasser spritzen etc. Dennoch merke ich, dass meine Hündin immer wieder ihre Grenzen austestet und nicht immer so gehorcht, wie sie sollte. Aktuell haben wir ein Hund-Hund Problem (auf die Gründe und die Entstehung möchte ich jetzt hier nicht näher eingehen, das würde den Rahmen sprengen), ein Jagdproblem und Probleme in Bezug auf Territorialverhalten. Dies führt dazu, dass ich ihr nicht mehr traue und meist an abgelegenen Orten spazieren gehe (wegen den anderen Hunden) und sie nicht mehr von der Leine lasse (wegen dem Jagen). Wenn ich dann sehe, wie entspannt und problemlos andere Hunde sind zweifle ich schon sehr stark an mir und meinen Erziehungsmethoden.


    So habe ich mir den Traum vom eigenen Hund nicht vorgestellt!


    Liebe Grüsse
    dogliese

  • Ich persönlich habe mich für gar keine "Methode" entschieden, sondern ich behandel meinen Hund so, wie mir das Wissen um das Wesen von Hunden, der individuelle Charakter meiner Hunde und mein eigener Charakter und die Gefühlslage es zulassen bzw vorgeben. Angeschaut habe ich sehr viel in allen Bandbreiten und alles hat mir etwas gebracht. Sei es mich zu finden in dem was ich gut finde und will, oder eben auch zu wissen, was ich nicht will und vor allem: warum nicht.


    Ich bin davon überzeugt, wenn man zu sehr verkopft und sich an ein Schema klammert, kann gar nichts funktionieren. Und umgekehrt, wenn man merkt, etwas hat das ideale Ergebnis für sich und den Hund, dann mach ich es. Egal, was die anderen sagen.


    Du klingst sehr verzweifelt - vor was genau hast du denn Sorge? Willst du deine "Probleme" mit dem Hund angehen, damit die anderen nix sagen? Oder weil dir persönlich wirklich etwas daran liegt? Ich finde, das ist für den inneren Leitfaden schon mal ein sehr großer Unterschied.

  • Etti ist der zweite Hund, den ich selbst erziehe und ich mache viel nach Gefühl. Allgemein natürlich positiv, sie kennt aber auch "Nein" und "Aus" was ich in verschiedenen Situationen anwende. Beim Aufbau von Alternativverhalten und/oder Abbruchsignalen hat mir clickern am besten geholfen, weil ich ihr so punktgenau das richtige Verhalten (oder eben nur schon das Abbrechen von unerwünschtem Verhalten) klar machen und anschließend belohnen kann. Wenn das eigentliche Signal oder Kommando dann sicher verstanden wurde lasse ich den Clicker wieder weg.


    Etti reagiert stark auf Reize und würde ich mit ihr schimpfen oder sie unter Druck setzen würde sie sofort hochfahren und gar nicht mehr ansprechbar sein. Es hilft ihr viel mehr, wenn ich ihr in aufregenden Situationen ruhig und bestimmt genau sage was sie zu tun hat und vor allem was ich von ihr erwarten möglichst einfach halte (statt aus dem Freilauf zu mir kommen, Seite wechseln und bei Fuß gehen einfach nur neben mir absitzen; ersteres kann sie zwar auch wunderbar, aber in schwierigen Situationen halte ich meine Anweisungen ben do einfach wie es geht). Im Zweifelsfall lasse ich sie halb neben, halb hinter mir absitzen - so fühlt sie sich Sicher und abgeschirmt und kann runter fahren.


    Etti wäre übrigens auch eine leidenschaftliche Jägerin, wenn ich sie lassen würde. Ich biete ihr als Alternative eben "Jagen mit mir" an. Sie muss abliegen und ich werfe etwas, erst wenn ich sie losschicke darf sie es holen (= Impulskontrolle). Das machen wir jetzt seit sie 7 Monate als ist (in der HS wurde uns prophezeit, das wir sie nie von der Leine lassen können, weil "Terrier" - Pustekuchen! Sie läuft auf den Feldern mit mir fast immer frei und das klappt bestens, solange ich aufmerksam bin und auf sie eingehe) und wenn vor uns ein Hase übers Feld hüpft dreht sie sich zwar bestimmt nicht einfach um und kommt zu mir, aber auf Zuruf geht sie ins "Platz" und wartet auf mein Freigabekommando. Das gebe ich dann natürlich nicht, sondern hole meinen Alterntivhasen aus der Tasche (den ich eben IMMER dabei habe), werfe den in die andere Richtung und gebe sie frei diesen zu "jagen". Das macht sie dann auch und nichts anderes ist mehr wichtig.


    Ich finde es sehr gut, dass du jetzt mit positiver Verstärkung arbeitest! :gut:
    Ich glaube nicht das sich Hunde beispielsweise vom Jagen dadurch abhalten lassen, das man sie auf den Rücken dreht oder mal gehörig zusammenbrüllt. Bei einem Sensibelchen würde das nur Schaden anrichten und die Bindung zerstören (das wäre ein hoher Preis fürs nicht jagen), vielen Hunden wäre das herzlich egal und einem stressanfälligen Hund würde das nur noch mehr Stress machen.


    Ich finde auch, das man du dich nicht mit anderen vergleichen brauchst. Luna hatte viel will-to-please und war allgemein eher entspannter als Etti, die lief einfach neben mir her und hörte auf jedes Wort weil ich der Nabel der Welt für sie war. Andere Hunde und Menschen waren einfach nie so spannen für sie, selbst als Welpe hat sie schon kaum was kaputt gemacht dun war in einer Woche stubenrein. Ich behaupte mal, dass ich bei beiden Hunden alles "richtig" gemacht hab und trotzdem hab ich am Ende zwei unterschiedliche Ergebnisse. Etti findet die Welt einfach viel spannender als Luna, alle Hunde sind toll und aufregend, Menschen genau so, alles was sich bewegt muss angeguckt werden und gegebenenfalls (wenn Frauchen nicht rechtzeitig sagt was den sonst zu tun ist) gejagt, verbellt, gekostet, wild umsprungen oder angeleckt werden.
    Es gab eine Zeit da hätte ich nicht gedacht das ich sie so "gut" wie jetzt hinbekomme und auch wenn wir an vielem weiterarbeiten bin ich vollendens zufrieden mit ihr. Sie ist einfach keine Luna und muss mehr aktiv gemanagt werden; wir haben eine wirklich tolle Bindung, aber ich bin trotzdem nicht ihr einziges Interesse in der Welt. Sie musste nur in einem langen Prozess lernen, dass Frauchen es eben vielleicht doch besser weiß und immer tolle Spielzeuge, Leckerlies oder Ideen im Ärmel hat, durch die es sich auch lohnt einfach zu machen, was die da sagt.


    Du brauchst dich nicht mit anderen vergleichen, denn niemand hat genau deinen Hund mit genau seinem Wesen und Problemen. Du kannst daran arbeiten dich zu verbessern, aber die Verbesserung sollte das Ziel sein und nicht eine Utopie die nicht unbedingt jeder Hund erreichen kann.

  • ElliUndEtti

    Zitat


    Ich glaube nicht das sich Hunde beispielsweise vom Jagen dadurch abhalten lassen, das man sie auf den Rücken dreht oder mal gehörig zusammenbrüllt.


    Nicht mit positiver Verstärkung zu arbeiten heißt nicht, dass es automatisch so aussehen muss. Mein Bretone (seines Zeichens auch Jagdhund) wurde auch nicht nur mit positiver Verstärkung erzogen und ist trotzdem überall offline. Es gibt viel mehr grau als nur schwarz und weiß. ;)

  • Zitat

    Dies führt dazu, dass ich ihr nicht mehr traue und meist an abgelegenen Orten spazieren gehe (wegen den anderen Hunden) und sie nicht mehr von der Leine lasse (wegen dem Jagen). Wenn ich dann sehe, wie entspannt und problemlos andere Hunde sind zweifle ich schon sehr stark an mir und meinen Erziehungsmethoden.


    Das liegt daran, dass die anderen mit diesen Problemen ebenfalls in abgelegenen Gegenden spazieren gehen. ;)
    Du bist bestimmt nicht allein! :smile:


    Das nur kurz zum Trost und jetzt lese ich den Strang.

  • Ich weiß ja, unter Hundehaltern kennt die Selbstgeiselung keinerlei Grenzen, aber wow.

  • Ich würde auch sagen , dass jeder für sich selbst entscheiden muss ,wie er seinen Hund erziehen will. Die perfekte Methode gibtes nicht!!
    Mach das was du für logisch hältst, das womit du am besten umgehen kann, das was auch am besten zu deiner Lebenssituation passt!
    Und natürlich hängt auch sehr viel vom Hund ab!
    Mach es so wie es am besten zu euch passt , denn wenn du damit zufrieden bist, dann wirst du das auch motiviert und entschlossen an deinen Hund weitergeben!
    Alleinige positive Verstärkung ist das eine Ende, alleinige Arbeit mit Zwang und Strafe das andere!
    Dazwischen ist aber auch noch gaaanz viel ;)

  • Zitat

    ElliUndEtti


    Nicht mit positiver Verstärkung zu arbeiten heißt nicht, dass es automatisch so aussehen muss. Mein Bretone (seines Zeichens auch Jagdhund) wurde auch nicht nur mit positiver Verstärkung erzogen und ist trotzdem überall offline. Es gibt viel mehr grau als nur schwarz und weiß. ;)


    Ich wollte mit meinem Post eigentlich sagen, dass ich auch eher mit positiver Verstärkung arbeite, aber wenn jetzt ein Hund Richtung Straße rennt ist es auch nicht gerade positive Verstärkung wenn da mal ein "Nein" hinterher gebrüllt wird. Das ist ja auch häufig ein Argument, denn wenn es um die Sicherheit von Hund und Mensch wird niemand bestreiten, dass man eben manchmal in der Situation "kurzzeitig ergebnisorientiert" handeln.
    Das "auf den Rücken drehen" hatte ich angeführt, weil es im Eingangspost auch erwähnt wurde und das finde ich persönlich eigentlich in keiner Situation gerechtfertigt. Natürlich ist das nicht pauschal "nicht positive Verstärkung" aber "positive Verstärkung" ist ja auch nicht nur ein halbes Leben warten bis der Hund was richtig macht um es dann endlich belohnen zu dürfen ^^


    Was ich nur häufig unter negative Verstärkung ablege ist die Idee, dass ich beispielweise "Nein" aufbaue indem ich es superböse sage. Dann kann ich auch "Katzenkotze" sagen und der Hund lernt eigentlich nur auf die Stimmenlage zu achten, nicht aber was "Nein" bedeutet. Wenn der Hund aber z.B. erstmal weiß was "Nein" bedeutet, weil es vernünftig und positiv bestärkend aufgebaut und verstanden wurde, dann würde es in die von mir völlig akzeptierte Grauzone fallen, das bei nicht befolgen nochmal laut und überdeutlich zu sagen.


    Ich behaupte also keineswegs dass man nur alles immer super positiv aufbauen muss, bin aber der Meinung das man damit ziemlich weit kommt und das vielleicht die jetzt so schön eingeführte "Grauzone" auch als Hilfe dienen kann, aber was ich mir gerade unter negativer Abschreckung von beispielsweise Jagen vorstelle ist dann eben nicht so feierlich.
    Ich weiß auch dass du nicht von negativer Abschreckung geredet hast sondern nur davon dass dein Hund nicht NUR mit positiver Verstärkung erzogen wurde, was bestimmt auch sinnig ist, ich kenne deinen Hund ja nicht.
    Ich wollt eigentlich nur darauf hinaus, dass ich es befürworte wenn die TS erstmal positiv arbeitet und was dann wirklich verstanden wurde möglicherweise auch mal nicht ganz so positiv einfordert. Mir fehlt nur bei den eher negativ angehauchten Methoden manchmal das Verständnis des Hundes für das was Herrchen oder Frauchen eigentlich will. Dann endet der Hund halt gehemmt und benimmt sich.
    Das beziehe ich auch nicht auf deinen Hund sondern ist ein Negativbeispiel!


    Im Grunde also meine Frage:
    1. Wie hast du das denn gemacht mit dem Jagen abtrainieren?
    2. Was fällt denn für dich in die Grauzone und wo fangen in deinen Augen wirklich negative Verstärkungsmethoden an? Meist du mit Grauzone pos. + neg. V. mischen, oder eher so wie ich deinen Post verstanden habe pos. V. mit nicht-hardcore neg. V. ergänzen, wenn nötig?

  • Wir handhaben das hier genau so wie Hummel das bei ihren Hunden handhabt. Erst seitdem wir das so machen und uns nicht krampfhaft an einer Methode festklammer funktioniert das Zusammenleben weitestgehend problemlos. Mein Glück war eine gute Trainerin an meiner Seite, die es ebenfalls so handhabt. So konnte ich das relativ früh erkennen.


    Wenn man sich für eine Methode entscheiden möchte, ist es meiner Meinung nach einfach wichtig sich damit indentifizieren zu könne. Eine Methode zu wählen, nur um nicht schief angesehen zu werden, wird beim Hund meist nicht funktionieren.

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