ANTI-JAGD-TRAINING oder Dr. Jekyll und Mr. Hyde

  • So guten Morgen!


    kleines Feedback über das Ersttreffen. Ich hab gestern in der Gruppenstunde einfach mal mitgemacht und sie hat sich einen Eindruck von der Kleinen geholt.
    Nachdem Milou die ersten 10 Minuten auf der Flucht war und die Angelegenheit nur gruslig fand (neues Gelände, zuviele Fremdhunde aufeinmal, Pfui Flucht), hat sie sich gefangen und ganz schön mitgemacht. Kein Bellen, kein Fremdhunde anpöbeln, keine Angst mehr - war wirklich schön. Und ich weiß Eigenlob ist nicht so der Renner, aber ich hab festgestellt, dass ich bisher auch ohne HuSchu gute Arbeit geleistet hab :rollsmile: Sie hat alle Übungen mitgemacht und auch super gemeistert, also war das offenbar ja nicht ganz verkehrt was ich da mit ihr treibe ;)


    Feedback der Trainerin war "Typischer Hund aus dem Süden!" Fachmännisch erkannt ohne das ich es erwähnt hatte :D
    Sie meinte das passt einfach ins Gesamtbild alles zusammen, hinterm Zaun große Klappe aber nichts dahinter, eher ängstlich lässt sich aber gut aus den Situationen rausholen wenn man sie beschäftigt und ihr eine Alternative gibt. Daher denkt sie dass wir dem Sprühhalsband evtl schon Eindruck schinden können. Bindung zu mir sehr gut, im Gelände ist sie auch super gefolgt und ganz typisch Südländer dass sobald die Leine im offenen Gelände ab ist sie das Weite sucht :roll:


    Nachdem sie die nächsten drei Wochen terminlich kaum was frei hat, geh ich denke ich bis dahin noch in die Gruppenstunde da es Milou wirklich gut getan hat und uns beiden Spaß gemacht hat =) Danach greifen wir das Jagen an. Die Trainerin ist super sympathisch, direkt & offen & was wirklich toll ist - kein Abo oder Monatsbeitrag, man kommt wenn man Zeit hat & zahlt vor Ort. Sehr unkompliziert alles :gut:

  • Zur Erfahrung mit Sprühhalsband:
    Hat Finja gar nicht gejuckt.
    Hab ihr es 2 oder 3 Wochen zu jedem Gassi angelegt ohne, dass ich es betätigt habe.
    Als sie wegen einem Rebhuhn durchstartete hab ich ausgelöst.
    Einzige Reaktion war ein kurzes Kopfschütteln während dem Rennen. War Stärke 12 von 15( mit Zitrusduft).
    Hab darauf verzichtet Stärke 15 zu testen.
    Und Rebhuhn ist nicht mal ihr Lieblings-Jagdobjekt.

  • Ja, genau AUCH =) deswegen erwähnte ich ja auch, dass es immer mehrere Wege parallel gibt, dass dieser nur einfach für mich grundsätzlich mit dazu gehört. Und dass es je nach Hundecharakter unterschiedliche Gewichtungen gibt.


    Ich finde es falsch, eine Hemmung kategorisch abzulehnen, weil sie eben völlig natürlich ist. Aber ich fände es genauso falsch, nach dem Motto "ich mach dir Angst, also lässt du ein Verhalten" zu leben. Mein Abbruch wird nicht aus Angst befolgt, sondern aus Respekt und Vertrauen - und der Tatsache, dass das in Kontexte gepackt wird, die der Hund erfüllen kann. Zudem braucht es halt eben auch ein Ventil - eines, was spaßbasiert ist und den Hund zufrieden macht. Ebenso wie auftrainierte Alternativverhalten und / oder Umorientierungen. Und so individuell wie Menschen sind, sind Hunde auch.


    Also tut man mMn am besten daran, nichts pauschal zu sehen, sondern individuell zu schauen, was dieser Hund in welcher Reihnenfolge braucht. Setzt voraus, dass man natürlich jetzt nicht eine "Methode" (schreckliches Wort) kennt. Sondern einfach die Bandbreite der Kommunikation auch ausnutzen kann und selbst flexibel bleibt.


    PS: Klar nutzen Hunde kein Wort als Abbruch - aber ich finde mich als Mensch authentischer, als wenn ich versuchen würde, Zähne und hündische Lautäußerungen zu versuchen, während ich versuche, mein Fell zu stelle :lol: - Jede Spezies sollte bei ihren Mitteln bleiben. Die Struktur in der kommuniziert wird, da kann sich die "klügere" Spezies, der anderen aber anpassen. Und wie man ja weiß, sind Hunde auch sehr kompatibel - deswegen hab ich null Sorge, dass da einem meiner Hunde, Pfleglinge oder Sitterhunde irgendein psychisches Trauma passiert.


    Zum Managen hab ich Leinen oder einen Anschiss. Anschiss ist aber kein Abbruch.

  • In diesem Zusammenhang finde ich das Statement deiner Trainerin: "Was sich in zwei Jahren gefestigt hat..." nach einem Telefonat doch etwas verfrüht.
    Du sagst selber, ihr hattet noch ganz andere Baustellen, die vorrangig waren.
    Mit der Bearbeitung dieser Baustellen hast du aber auch schon eine gemeinsame Basis mit deinem Hund erarbeitet. Die sollte erst mal angesehen werden, bevor ein wenige Male gezeigtes Einzelverhalten als "gefestigt" bezeichnet wird.

    Hups, ganz überlesen! Jetzt aber:
    Ich meine, wenn es denn so wäre gut, dann ist das jetzt eben so. Kann ich auch mit Leben. Aber ich hab nunmal lieber einen jagenden Hund, als einen der sich nicht berühren lässt, der die ganze Zeit heult weil ich nicht im Zimmer bin, schreit sobald ich im Keller Wäsche aufhänge, Angst hat vor Männern und allgm. Menschen/Mülltonnen/Geräuschen etc.
    Denke in der Gruppenstunde hat sie dann auch gesehen, dass unsere Bindung sehr gut ist - wie du schon sagst, wir haben ja auch viel zusammen gearbeitet die letzten beiden Jahre. Von daher sehen wir uns das jetzt in der Gruppe noch weiter an, und dann testen wir uns gemeinsam an einen Ansatz für das Anti-Jagd-Training heran.
    Aber jap, ich hab ordentlich geschluckt als sie diesen Satz am Telefon rausgehauen hat :fear: Aber sie hat es ja nach dem ersten persönlichen Treffen schon wieder ein Stück weit revidiert.




    @Sammy2016 heißt ja zumindest, dass du damit bei ihr nichts verschlimmbessert hast, ist ja auch was =) Ich zweifle ja auch, ob sie das beeindruckt. Als ich mit ihr im Frühjahr am Meer war, durfte sie am Strand frei laufen und ist einer Möwe nach gesprungen ins Meer. Für einen Hund, der sonst nur bis zu den Ellbogen ins Wasser geht war das schon überraschend dass sie das Meer nicht gejuckt hat xD Von daher, wir probieren es, wer weiß, vll funzt es ja :ka:



    Mein Abbruch wird nicht aus Angst befolgt, sondern aus Respekt und Vertrauen - und der Tatsache, dass das in Kontexte gepackt wird, die der Hund erfüllen kann. Zudem braucht es halt eben auch ein Ventil - eines, was spaßbasiert ist und den Hund zufrieden macht. Ebenso wie auftrainierte Alternativverhalten und / oder Umorientierungen. Und so individuell wie Menschen sind, sind Hunde auch.

    Ich finde das hast du schön zusammengefasst. Jeder braucht einen individuellen Masterplan aus diesen Komponenten. Nur Abbruch bringt nix auf Dauer, ohne das Aufzeigen eines entsprechenden Ersatzes bzw. bessere Alternative als den Anschiss wie Belohnen der Umorientierung in meinen Augen. die Mischung machts eben wie so oft.
    Nur Anschiss lässt meine erst mal in Schockstarre verfallen z.B.. für einen kurzen Zeitraum und dann probiert sies eben nochmal xD Also brauchen wir eine Alternative.


    PS: Klar nutzen Hunde kein Wort als Abbruch - aber ich finde mich als Mensch authentischer, als wenn ich versuchen würde, Zähne und hündische Lautäußerungen zu versuchen, während ich versuche, mein Fell zu stellen

    Da gibt es doch diesen Film, wo einem Neuhundebesitzer geraten wird dem Hund ins Ohr zu beißen wenn er nicht hört, damit er weiß wer der Boss ist

  • :lol: Ja, es gibt eine große Menge Unsinn der kursiert!!


    Aber ich sag mal so - ich hatte jede Menge Jagdhunde aus dem Tierschutz bei mir. Und die konnten alle noch lernen, nicht zu jagen. Auch wenn sie erwachsen waren und dementsprechend vorher schon Lebens- und Lernerfahrungen gemacht haben.


    Da braucht es seitens des Menschen schon Akribie und Leidenschaft und Durchhaltevermögen - ja. Aber in den allermeisten Fällen ist es machbar - zumindest so, dass es geht, wenn man geistig nicht abwesend ist. Ihr bekommt das schon hin!

  • Du sagst es!


    Ich bin da auch guter Dinge :) Zum Glück arbeite ich auch gerne mit ihr, das macht das ganze natürlich wesentlich einfacher als wenn ich da eher mufflig eingestellt wäre =) ich halte euch auf dem Laufenden über das Trainingskonzept und Fortschritte !

  • Ich stolpere hier einfach mal rein:


    Seit einem Jahr ist nun Cassy bei uns: Leinenpöbler und totale Jagdsau. Wir haben das Leinenpöbeln nun im Griff bei Autos, LKWs, Traktoren, bei Fahrrädern mittlerweile überwiegend, Fußgänger auch immer öfters - in fremden Gebieten gehen Fußgänger und Fahrräder auch besser als zuhause. Ganz großes Thema ist bei uns noch Fremdhundekontakt. Da haben wir auch das Problem, dass Cassy kleine Hunde als "Beute" wahr nimmt. Cassy hat leider unglaublichen Jagdtrieb und ist 1x einem aufgescheuchten Hasen hinterher und leider auch schon 1x auf einen kleineren Hund los. Im Tierheim war leider die Möglichkeit gegeben, dass sie auch Katzen hinterher konnte (habe ich selbst gesehen). Mir war zu dem Zeitpunkt noch nicht bewusst, wie sehr uns der Jagdtrieb noch beschäftigen wird (wir hatten früher einen Dackelmischling, der harmlos dagegen war).


    Eigentlich war für diesen Herbst bei unserer Trainerin ein Anti-Jagdtraining geplant, welches aber leider aufs Frühjahr verschoben wurde. Das ist mir aber eindeutig zu lang, denn ich möchte und muss jetzt aktiv da dran gehen. Cassy ist ein unglaublicher Sprinter und ist mit nur Kopf-Arbeit nicht auszulasten. Schleppleine ist mir auch zu heikel, denn wenn sie losprischt, dann hat man keine Chance mehr, das Ende der Leine zu erreichen. Daher muss ich unbedingt anfangen, an ihrem Jagdtrieb zu arbeiten, denn ich habe das Gefühl, dass es sonst immer schlimmer wird. Eigentlich wollte ich das Problem mit der Trainerin angehen, bin jetzt aber leider auf mich allein gestellt. Habt ihr denn Buchtipps? Damit ich mich wenigstens etwas einlesen kann. Auch, um erst mal einige Hintergründe besser verstehen zu können.


    Wir arbeiten gerade am Rückruf - was aber auch echt ein riesen Thema bei uns ist. Je nach Tagesform ignoriert sie denn auch ganz gerne mal, wobei ich das Gefühl habe, dass es in den letzten Tagen besser wird (wir üben das an der Flexi, da kann ich sie notfalls auch zurückholen).


    Ist es denn überhaupt möglich, selbst bei einer Jagdsau den Jagdtrieb irgendwann in solch geregelte Bahnen zu bringen, dass es möglich ist, einen ableinbaren Hund zu haben? Oder muss ich mich von dem Gedanken verabschieden? Und wie kann ich so eine "Sprintmaschine" wie meinen Hund anders auslasten?

  • Ist es denn überhaupt möglich, selbst bei einer Jagdsau den Jagdtrieb irgendwann in solch geregelte Bahnen zu bringen, dass es möglich ist, einen ableinbaren Hund zu haben? Oder muss ich mich von dem Gedanken verabschieden? Und wie kann ich so eine "Sprintmaschine" wie meinen Hund anders auslasten?

    Diese Fragen kann ich dir für deinen Hund nicht beantworten.


    Aber Hoffnung kann ich dir machen, weil ich selber so eine kleine Jagdsau habe :D


    Durch Jagd(-ersatz)Training - unsere Beute sind Dummies - konnte ich einerseits die Reizschwelle für das Auslösen von Jagdverhalten erhöhen, d. h., Amigo reagiert nicht mehr bei jedem Reiz reflexartig mit Jagen. Dadurch habe ich ein Zeitfenster, in welchem ich entsprechend agieren kann, um ihn umzulenken.


    Dabei habe ich gelernt, die Anzeichen für den Erregungslevel bei ihm zu sehen.


    Andererseits habe ich durch das gemeinsame Jagen einen "Superruf" etablieren können, bei dem Amigo im höchsten Erregungslevel umgelenkt wird auf die Beute, die ich ihm dann präsentiere.


    Einerseits biete ich Amigo also die gemeinsame Jagd mit mir an, und bediene damit sein Bedürfnis; Andererseits bin ich mir immer bewusst, dass es meiner Aufmerksamkeit und einem darauf eingestellten Managements bedarf, um die von mir gewünschte Kontrolle zu behalten.


    Amigo hat zu 90% Freilauf, die anderen 10% müssen hauptsächlich angeleint verbracht werden wegen naher Straßen (da leine ich grundsätzlich an).
    Passieren wir einen Bauernhof bei unseren Spaziergängen im Wald, leine ich vorsorglich an weil dort die Wahrscheinlichkeit freilaufender Katzen und Hühner sehr groß ist. Das sind wenige Minuten, danach kann ich wieder ableinen. Momentan haben wir hier auch häufiger Schafe auf Wiesen, die sonst ungenutzt sind. Auch da führe ich Amigo angeleint vorbei, selbst bei festen Zäunen. Er soll wissen, dass er dort zwar schauen darf, aber kein Jagdverhalten auslösen soll; Das geht deshalb, weil er irgendwie verknüpft hat das "Angeleint-Sein = keine Raum für Jagd" bedeutet.

  • Vielen Dank für deine Antwort, @Hundundmehr! Das macht mir wirklich Mut. Cassy reagiert bei kleinen Hunden langsam immer heftiger - sprich, ich muss da echt viel managen. Was mir natürlich echt Sorge bereitet.


    Es liest sich echt super, dass du durch Dummytraining so große Erfolge hast. Das hätte ich auch total gerne ;)


    Schafe konnte ich im Sommer schön üben, da wir hier eine Schafherde in der Nähe hatten. Cassy war natürlich an der Leine, aber sie reagiert glücklicherweise nicht. Kann natürlich auch am Zaun gelegen haben (davor hat sie Respekt).


    Hast du dir das alles selbst angelesen/ gelernt oder hast du das mit Trainer/ Hundeverein erarbeitet? Bzw. hast du evtl. einen Buchtipp?

  • Cassy ist ein unglaublicher Sprinter und ist mit nur Kopf-Arbeit nicht auszulasten.

    Kopfarbeit lässt sich mit der Vorliebe für Sprinten ganz gut durch Markierungen (Dummies werden geworfen und der Hund muss sich die Fallstelle merken) verbinden.
    Bei meinem Amigo war der Weg, dafür den Kopf einzuschalten, so, dass ich schnell NACH einem geworfenen Dummy noch etwas Weiteres einbaute (Startpunktwechsel, noch ein weiteres Dummy auswerfen, Gedächtnistraining, indem ich ein Dummy sichtbar abgelegt habe, dann mit ihm wegging, etwas anderes machte und erst nach einigen Minuten wieder zum ersten Dummy ging um ihn dorthin zu schicken ... Es gibt viele Möglichkeiten, den Kopf des Hundes zu aktivieren und damit ein "Abwarten, was sonst noch passiert" im Hund zu verankern).



    Wir arbeiten gerade am Rückruf - was aber auch echt ein riesen Thema bei uns ist.

    Ich habe auch so meine Probleme, vom Hund jederzeit zu erwarten dass er alles links liegen lässt was ihn gerade interessiert und sich sofort zu mir zu bewegen ... :ugly:


    Es gibt durchaus Hunde, die ein solches Verhalten anbieten; Möglicherweise hätte ich das mit entsprechendem Training bei meinen Hunden auch hinbekommen (möglicherweise auch nicht ... :hust: ).


    Vasco hat mir schon sehr früh ein "Sitz auf Distanz" angeboten, als Alternative für das Zurückkommen.
    Ich finde, es gibt sehr viele Situationen in denen mein Hund nicht zu mir kommen muss (nur weil ich das will?), sondern in denen es eigentlich nur notwendig ist, nicht weiter nach Vorne zu laufen. Damit komme ich Vasco in seinem Bedürfnis entgegen, das was ihn interessiert weiter im Auge zu behalten - und er kommt meinem Bedürfnis entgegen, doch bitte erst mal abzuwarten und nicht weiter dahin zu preschen.
    Das ist ein äußerst praktikabler Kompromiss, mit dem wir beide sehr zufrieden sind.


    Bei meiner kleinen Jagdsau Amigo funktioniert ein freudiger Rückruf perfekt, solange er sich noch im ansprechbaren Bereich befindet. Dann wendet er seine Aufmerksamkeit sofort mir zu und er fragt: "Was soll ich tun?", oder kommt direkt zu mir gerannt: "Jaaaa? :cuinlove: Hast du was für mich zu tun - ein Dummy vielleicht? :herzen1: "
    Hat er sich komplett ins Jagdverhalten weggeschossen, bleibt mir nur noch der Superruf für einen Jagdauftrag - ein freudiges "Jepjep - jepjepjepjep...", bei dem ich ein Dummy werfe, sobald er zu mir schaut - und dem er dann hinterherjagen darf wie eine Rakete...


    Hat sich bei uns so etabliert :ka:

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