Der folgende Text ist bewusst provokant gehalten.
Immer wieder lese ich hier im Forum über artgerechte Haltung und Tierquälerei. Hach, was regen wir uns über Massentierhaltung und Schlachtviehtransporte auf. Wie gemein, wie niederträchtig doch der Mensch sein kann!
Irgendwann kam ich zu der Frage:
Warum eigentlich halte ich mir einen Hund?
Es ist doch purer Egoismus, der mich dazu treibt einen Hund zu halten. Das kann mehrere Ursachen haben:
- ich fühle mich nicht mehr so allein
- ich habe jemanden, den ich bemuttern kann
- der Hund dient meinem Kind als Spielgefährte
- er wertet mein mangelndes Selbstbewusstsein auf
- er ersetzt mir einen nicht voirhandenen Partner
- nur mein Hund versteht mich wirklich
Was kann der arme Hund dafür, wenn ich mit meinem Leben nicht zurecht komme?????????
Gut, manche werden jetzt sagen, dass sie sich einen Hund vom anderen Ende der Welt oder aus einem Tierheim geholt haben, weil es dem Hund dort - wo er war - bislang nicht gut ging.
Woher weiß ich, dass es dem Hund nicht gut ging?
Ich weiß es nicht, ich kann es nur vermuten, wenn ich menschliche Bedürfnisse als Grundlage voraussetze. Aber der Hund ist kein Mensch!
Vielleicht fühlte sich mein Hund im warmen Spanien gar nicht mal so unwohl. Er war das warme Klima gewohnt, er hatte dort sein Rudel und wusste, wo in diesem Rudel sein Platz war. Er wusste auch, wie er an sein Fressen kam. Irgendwie ging es ja immer. ... und dass er nicht ständig gestreichelt und mit obertonreichem "Feiiiiiiiiin!" genervt wurde, wird ihn bislang auch nicht großartig gestört haben.
Ich kann also nur vermuten, dass es ihm bei mir besser gehen wird.
Aber geht es ihm hier wirklich besser?
Es ist kalt, es ist naß, er vermisst sein Rudel und somit vielleicht auch seine Mami, seine Geschwister, ... andauernd muss er gehorchen, sich einem Menschen unterordnen, das fremde Fressen bekommt ihm nicht, ins Wohnzimmer pinkeln darf er auch nicht, permanent wird an ihm rumgefummelt, ... wenn er Pech hat, bekommt er sogar noch ein albernes Jäckchen oder ein paar warme Schühchen an, falls ihm kalt ist.
Ich weiß nicht, ob ihm wirklich kalt ist - ... aber ich vermute es! Und alles, was er tut, wird irgendwie kommentiert: "Feiiiiiiiiiiiin gemacht!", "Pfui!", "Wo isser denn - ei - wo isser denn? Da isser ja", ... und dann wieder dieses nervige "Feiiiiiiiiiin!".
Zuhause in Spanien wusste er jedenfalls, woran er ist. Um 17.00 Uhr ging es zu den Mülltonnen und danach haute man schnell ab, bevor die Hundefänger am Abend auftauchten. Und Kacken konnte er auch, wo und wann er wollte! So schlecht war das gar nicht mal!
Für mich geht das Ganze in Richtung Missionierung:
"Ich allein weiß, was für dich gut ist. Deshalb kommst du mit zu mir nach Hause!"
"... und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt!"
Nun ist der Hund bei mir zuhause!
Er muss sich meinen Regeln unterwerfen - ob er will oder nicht!
Ich kann ihm nicht annähernd artgerecht das bieten, was er braucht. Ich kann es nur erahnen. Auch der größte Garten und der längste Freilauf ersetzen ihm nicht die Freiheit. Ein Leben lang wird jetzt an ihm rumerzogen und dabei werden viele Fehler gemacht. Niemand weiß genau, was Hunde wirklich wollen. Wenn es für Hundeerziehung klare Regeln geben würde, gäbe es dieses Forum nicht. Sein Einzug in unser Heim ist somit der Anfang eines lebenslangen Experimentes.
Ich versuche mal, wie ihm Frischfutter bekommt.
Ich versuche mal, ob ich ihm das Leinenziehen abgewöhnen kann.
Ich versuche mal, ihm das Bellen abzugewöhnen.
Ich versuche mal, ihn 3 Stunden alleine zu lassen.
Ich versuche mal, ihn über eine Leiter laufen zu lassen.
Ich versuche mal, ...
Der Sieger dieser Experimente steht schon fest, bevor das Experiment beginnt! ... und sollte der Hund doch mal gewinnen, spielen wir das Spiel morgen noch einmal unter verschärften Bedingungen.
Geschlechtstrieb?
Nix da! Das wird ab sofort kontrolliert oder wegoperiert!
Mit Stöckchen spielen?
Vorbei - zu gefährlich
Kaninchen jagen?
Nie wieder - die kleinen Dinger sind doch sooooo niedlich!
Mein Hund ist mein Sklave
Bring mir die Zeitung!
Mach Sitz!
Sei still!
Komm her!
... und so weiter!
Ich kann ihn sogar zwingen, mit seinen natürlichen Fressfeinden zusammen zu leben! ... und wehe, er wagt es, am Hamster zu naschen oder am Meerschweinchen zu knabbern!
Tatsache ist:
Wenn ich als Leiche 7 Tage tot neben meinem Hund in einer abgeschlossenen Wohnung liege, würde er irgendwann anfangen, an mir rumzuknabbern. ... und das kann ich ihm nicht einmal übel nehmen.
"Mein Hund weicht nicht von meiner Seite, weil er mich liebt!"
So ein Quatsch!
Was bleibt dem armen Köter denn anderes übrig? Weg kann er ja nicht - er ist ja angebunden. ... und wenn er versucht, abzuhauen - ... ja, dann weiß er genau, dass das mächtig Ärger nach sich ziehen wird!
Außerdem habe ich ihm ja abgewöhnt, sich sein Futter selbst zu organisieren. Er ist somit auf mich angewiesen! (... ein heimtückischer Plan, der mir erst jetzt bewusst wird!)
"Es macht ihm doch Spaß, wenn wir zusammen jeden Montag zum Hundesport gehen!"
Lächerlich - er hat sich nur damit abgefunden oder tut es, weil es zuhause eh stinklangweilig ist und das 'ne gute Chance ist, mal unter Leute zu kommen.
Und wenn ich mit meinem Hund eines Tages nicht mehr zurecht komme, dann verkaufe ich ihn für ein paar Scheine wie ein altes Radio, wie einen wurmstichigen Schrank oder wie eine Jacke, die ich nicht mehr tragen möchte, weil sie mir zu eng geworden ist.
Und ich will ein Tierfreund sein??????????????
Nein, Nein - das kann es ja wohl nicht sein!
Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich für mich persönlich zu dem Schluss:
Der wahre Tierfreund ist der, der sich bewusst gegen die Haltung eines Tieres entscheidet!
... und trotzdem liebe ich meinen Nando und würde ihn niemals wieder hergeben!
----------------------------------------------
Liebe Forumsmitglieder,
bitte fühlt euch jetzt nicht gleich persönlich angegriffen, ertappt oder beleidigt - der Text ist bewusst provokant geschrieben. Ich habe vieles überzogen und extrem dargestellt. Aber - liege ich mit meinem Schlußstatement wirklich so falsch?
Wo beginnt Tierliebe und wo hört sie auf?
Gruss,
a.