Pubertät als Ausrede für mangelnde Erziehung?

  • Huhu,


    der Strangtitel klingt provokant, ich weiß.... aber ich hoffe dennoch auf unterschiedliche Sichtweisen.


    Ich hatte vorhin mit einer Kollegin ein Gespräch, die derzeit massive Probleme mit ihrem pubertierenden Junghund (Labbi-Hündin) hat, angeblich war von heute auf morgen der gesamte "Gehorsam" weg und bereits Erlerntes vergessen. Ableinen geht angeblich plötzlich gar nicht mehr, Hund startet sofort durch und haut zu anderen Hunden ab. Begründung: "Sie ist in der Pubertät".
    Ich konnte da nicht viel zu sagen, denn ich kenne weder den Hund noch ihre Art, mit Hunden umzugehen. Sie wollte dann wissen, wie ich die Pubertät mit meinen Hunden jeweils überstanden habe.
    Ein Kollege (hat keinen Hund) sagte dazu trocken, das passiere, wenn man nicht in der Lage ist, den Hund rechtzeitig zu erziehen. Pause zu Ende und dicke Luft....


    Da fiel mir auf, dass ich wirklich in den ganzen 25 Jahren Hundehaltung (immer 2-4 Hunde gleichzeitig) noch nie "Pubertätsprobleme" mit den Hunden hatte. Je nach Rasse kam nochmal ne Schippe mehr "Trieb" drauf, das war für mich aber immer handelbar, Traingseinbrüche gab es keine, Abruf blieb gleich, es gab einfach keine Auffälligkeiten. Die Hündinnen waren rund um die erste Läufigkeit sensibler und weicher als sonst, da habe ich mich drauf eingestellt und nach einiger Zeit war alles wieder normal. Die Rüden hatten kurzfristig "Dicke-Hose-Ambitionen", es war ihnen aber immer klar zu machen, dass das nicht zum Repertoire des hier erwünschten Verhaltens gehört. Das ist alles, was ich feststellen konnte.


    Jetzt frage ich mich, weil es über die Jahre die verschiedensten Rassen waren, darunter auch als "stur" verschrieene Rassen (kann ich auch nicht bestätigen, dass das bei AST und SBT sowie AmBull stimmt), ob derart heftige "Pubertät" in Wahrheit bedeutet, dass der Hund einfach falsch aufgezogen wurde, das Erlernte ohnehin nicht gefestigt war und der Hund vorher nie gelernt hat, dass die Zusammenarbeit mit dem Menschen Spaß macht? (Das hieße, dass Ausbildungsdefizite einem dann in der Pubertät um die Ohren fliegen?)


    Woran liegt es, ob "Pubertät" zum Horrortrip wird?
    Rasse?
    Glück/Zufall?
    Aufzucht?


    Ich bin mir da irgendwie unschlüssig...und hätte gern die "Lösung".

  • Ich habe nur Erfahrungen mit 3 DSH und 3 Dackeln, aber "Pubertät" bei Hunden lernte ich erst hier im Forum kennen. Ich hatte keine derartigen Probleme mit meinen Hunden.
    Ich bin ein sehr konsequenter Mensch und natürlich probiert der Junghund hin und wieder mal aus ob eine Regel oder ein Kommando immer noch gültig ist, aber da bin ich einfach konsequent und setze mich durch, dann probiert er das keine weiteren 10x.

  • Ich hatte schon so um die Vollendung des ersten Lebensjahres einen kleinen Ticken mehr zu kämpfen, aber so richtige Probleme gabs auch nicht. Mein Hund hat auch, wie in Österreich möglich, die BH kurz nach seinem ersten Geburtstag absolviert - auch da kein Trainingseinbruch oder "Vergessen" von Kommandos. Ich musste vielleicht im Alltag ab und an meine Forderung wiederholen, aber dann wars auch gut. Es gab die ganz natürlichen Veränderungen, wie dass er auf einmal Hündinnen toll fand und sich nicht mehr mit jedem Rüden verstand. Einmal(!) hatten wir die Situation, dass wir mal ein Training am Hundeplatz abbrechen mussten, weil er sich erstmals für den Duft einer läufigen Hündin interessierte und noch nicht so richtig wusste, was er jetzt mit sich machen sollte, da hatte er wirklich nur Matsch im Kopf. Das war aber auch wirklich genau einmal, und seither nie wieder. Und er kam mir zeitweise etwas dümmer vor als vorher und danach. Das wars jetzt aber auch mit unseren "Pubertäts-Erfahrungen". Ich habe auch öfters mal das Gefühl, dass Leute von "das ist ein Welpe, der kann noch nicht alles können" zu "das ist die Pubertät" über "der ist halt etwas schwierig" hin zu "das ist der Altersstarrsinn" gehen. Gibt halt immer die passende Ausrede. :ka: Mein Hund ist sicher weit weg von perfekt, aber ich denke, dass wir im Großen und Ganzen keine fremden Leute belästigen und er einen vernünftigen Grundgehorsam hat. Sicher gibt es auch Hunde, die einfacher oder schwieriger sind als er, aber sowas muss man halt dann entsprechend managen.

  • Überzogenens Verhalten durch Pubertät bei Tieren würde in der Natur das Leben der ganzen Gruppe gefährden. Von daher denke ich das ist Zivilisationsbedingt erworben bzw Menschengemacht. Hab es selbst auch noch nicht anders erlebt.

  • Wieso soll ein Forum etwas an verhaltensbiologischen Tatsachen (aller Säugetiere!) ändern?
    Tendenziell wird im Schnitt der, der von seinen Eltern stets zusammengedroschen wird, Dinge weniger oft einfach mal anders ausprobieren als wie es angeordnet wurde , als derjenige, der mehr ausprobieren durfte und weniger rigide erzogen wird. Je nach Typ besteht auch die Möglichkeit, daß er sich irgendwann dagegen auflehnt.
    Dann gibt es die, die nichts anderes kennenlernen durften und deshalb nur eine begrenzte Vorstellung von Handlungsmöglichkeiten entwickeln.
    Von beiden Erziehungsmethoden halte ich wenig.

  • Mit Pubertät wird meist die Zeit beginnender Geschlechtsreife und oft zeitgleich einsetzendem Abenteuerdrang gemeint.
    Ich habe das auch erst hier kennengelernt.
    Der Hund will sich ausprobieren und wenn dann noch Folgetrieb ohne Jagdlust, etc. erwartet wird, kann es schon mal beim Halter zu Schrecken führen.
    Wie den humanen Schößling treibt es auch den Hund zu mehr Eigenständigkeit und weg vom Junghundegehorsam.
    Wenn die Vorstellungswelten nicht so recht kompatibel sind und nicht zügig angepasst werden, krachts.
    Meine Kurzform.


    LG, Friederike

  • Wenn ich mir die Junghundehalter in meinem Umfeld und Bekanntenkreis in den letzten Jahren so anschaue, dann war bei denjenigen, die die Pubertät ihres Hundes als wirklich herausragend stressig und echtes Problem wahrgenommen haben, auf den zweiten Blick nicht unbedingt die Pubertät schuld – sondern falsche Vorstellungen und Erwartungen an den Hund.


    Das waren, grob umrissen, hauptsächlich Leute, die mit ihrem niedlichen, folgsamen Welpen super glücklich waren – und dann ein böses Erwachen erlebten, als plötzlich mit der Pubertät rassetypische Eigenschaften nach und nach mehr zum Vorschein kamen (Jagdtrieb, Beanspruchung von Ressourcen mal austesten, Reserviertheit ggü. Fremden, beginnende selektive Verträglichkeit mit anderen Hunden, ... alles völlig normale und zu erwartende Dinge bei den jeweiligen Hunden, über die man sich vorher hätte informieren können, die aber für den Besitzer 'plötzlich' und unvorbereitet kamen).


    Platt und absichtlich etwas überspitzt gesagt: Wenn Paulchen, der todschicke Weimaraner, den man sich als reinen Familienhund gekauft hat, auf der Hundewiese eine Klopperei anzettelt und beim Sonntagsspaziergang 'ne halbe Stunde hetzend im Wald verschwindet, dann muss die böse Pubertät schuld sein. Denn sonst müsste man sich ja eingestehen, dass man eventuell die falsche Rasse gewählt hat. ;)

  • Irgendwo hier on board hatten wir schon mal eine interessante Diskussion darüber :???:


    Zum Thema - ich habe auch keine nennenswerte Erinnerungen an eine pubertäre Zeit meiner Hunde :ka: keine Langzeit Themen wie 'Hund hört nicht mehr', oder Trainingseinbrüche usw.


    Welpen waren DSH, Jagdhundmixe, Teckel und Weimaraner, Rottweiler je als second hand Youngster (einjährig +/-).


    Allerdings bin ich auch nicht der Typ der, wenn etwas nicht klappt, die 'Schuld' beim Hund sucht, sondern ich überlege was ich wie mit ihnen anders machen, interessanter, verständlicher gestalten kann. Ich bin ein kreativer, neugieriger Mensch und suche lieber nach Wegen, die uns gemeinsam 'spaßig' weiter bringen, lasse auch mal fünfe gerade sein.
    Außer bei 'hier' & 'stopp' da kenne ich keinen Spaß, das muss diskussionslos sitzen, sonst gibt es keine Freiheiten. Dazu lasse ich uns aber auch Zeit.


    Vor ein oder zwei Tagen wurden in einem Fred pubertäre Zustände von Youngstern beschrieben, alles schlüssig und nachvollziehbar, nur ich kenne es von meinen Hunden eben nicht.

  • Hier hat auch nie ein Hund nennenswerte Probleme gezeigt.
    Ich habe im DF nicht nur von Pubertät, sondern auch Vorpubertät und zweiter Pubertät gelesen. :D
    Irgendwas is' ja immer. :lol:


    Mir wollte auch mal die Mutter einer 8jährigen "Kackbratze" (das Kind benahm sich wirklich dementsprechend) erzählen, an dem Verhalten ihr gegenüber wäre die Vorpubertät Schuld. :hust:
    Sichiiii... :headbash:
    Bei mir zeigte besagtes Kind dieses Verhalten übrigens nicht. Es versuchte es genau ein einziges Mal und hat gelernt, dass es sich da bei mir die Zähne ausbeisst.

  • Ich kann diese pubertären Vollaussetzer bei meinen Hunden auch nicht beobachten.


    Ich glaube, dass einfach viele ungünstige Dinge da zusammenkommen.
    Der Hund packt an "Trieb" einiges oben drauf, entdeckt auch ggbf. erst sein Interesse an bestimmten Reizen (läufige Hündinnen, Wild, what ever). Und gleichzeitig sind die Halter der Meinung "So, der muss das jetzt können. Der ist fast erwachsen". Was dann oft zur Folge hat, dass der Hund weniger intensiv belohnt wird, die Anforderungen steigen, Dinge in immer anspruchsvolleren Situationen abgerufen werden, das Verständnis dafür fehlt, dass der 10 Monate alte Hund es tatsächlich schwerer hat bei Wild klar im Kopf zu bleiben, als der acht Wochen alte Knirps, der damit einfach noch gar nix anzufangen wusste.


    Natürlich "kracht" das irgendwann dann.

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