Erfahrungen mit Hunden, die Angst vor Männern haben

  • Hallo an Alle!


    Nach dem unerwarteten Tod meines Hundes Buddy Anfang September gehe ich regelmäßig im örtlichen Tierheim Hunde ausführen. Seit einigen Wochen gehe ich ca. dreimal pro Woche mit Ivo, einem rumänischen Straßenhund, ca. 11 Monate alt. Er kam im Alter von 4 Monaten nach Deutschland und kennt bislang nur Tierheim, kein Leben in einer Familie. Vom Aussehen her ist er ein richtiger Senfhund, ca. 55cm/20kg, weiß mit "Jack-Russel-Färbung" und Schlappohren. Keine Rasse für mich identifizierbar.


    Anfangs war er extrem ängstlich bei allem, hatte auch vor mir Angst und geht praktisch (bis heute) im Tierheim sonst nie Gassi, weil er mit anderen nicht weiter als bis zur Einfahrt des Tierheims kommt. Er legt sich da nur hin oder versucht zu fliehen, und die meisten Gassigänger bringen ihn demnach nach 50m schon wieder zurück, weil es nicht geht. Mit mir klappt es aber mittlerweile richtig gut, und wir hatten schon einige schöne große Runden, wo er richtig auftaut. Naja, die Tierheimmitarbeiter legen mir mittlerweile nahe, ihn einfach zu mir nach Hause zu holen, und ehrlich gesagt habe ich ihn auch ins Herz geschlossen.


    Eine Sache gibt mir aber zu denken: Er hat wirklich panische Angst vor Männern. Ich hatte öfter meinen Freund schon beim Gassi dabei, anfangs musste er die komplette Stunde 50m entfernt von uns laufen, jetzt nach ca. 15 Runden geht schon auf gleicher Höhe und Ivo schafft es trotz seiner Anwesenheit, auch mal zu pinkeln und mal entspannt zu schnüffeln. Beim kleinsten Stolperer meines Freundes ist er aber sofort im Fluchtmodus, Anfassen geht absolut nicht (max. 1m Entfernung wird toleriert) und Leckerchen klappen auch nicht. Natürlich zwingen wir ihm dann auch nix auf, ich will nicht, dass er vielleicht doch einmal nach vorne geht (bislang null Anzeichen dafür). Bei mir hingegen ist er mittlerweile echt verschmust, hat keinerlei Scheu und fängt sogar in Ansätzen schon an zu spielen/mal ein bisschen herumzukaspern. Die TH-Mitarbeiter meinen, das wird sich auf Lebenszeit auch nicht ändern, dass er Panik bei Männern hat. Ein männlicher TH-Mitarbeiter darf sich auch nach Monaten nicht nähern und der Hund ist den ganzen Tag völlig durch den Wind, wenn besagter Mann nur im gleichen Gebäude anwesend ist. Dabei ist es ein ganz lieber Mensch...


    Mich interessieren nun wirklich brennend eure Erfahrungen zu dem Thema. Hat jemand selbst einen Hund mit Angst vor Männern und wie hat sich das entwickelt? Gibt es die Möglichkeit, dass er irgendwann meinen Freund/Kumpels/meinen Bruder vielleicht nicht nur toleriert, sondern auch mag? Besagte Jungs wurden nämlich zum Beispiel von Buddy heiß und innig geliebt aufgrund der coolen Ausflüge und weil er oft bei Ihnen in der Werkstatt dabei sein durfte. Es wäre so unglaublich schade wenn das alles nie ginge, so wie es mir die Mitarbeiter des Tierheims prophezeien...Natürlich fließt es auch in die Entscheidung ein, ob er dann bei mir einzieht oder nicht. Die Ängstlichkeit in allen möglichen weiteren Situationen kommt ja noch hinzu, das mit den Männern verunsichert mich jedoch am meisten.

  • Nachdem, was Du schreibst, sehe ich ziemlich schwarz, das sich da groß was ändert.
    Vorallem, wie willst Du dem Hund Sicherheit gegenüber Männern vermitteln, wenn Du selber unsicher bist?

    das mit den Männern verunsichert mich jedoch am meisten

  • Ob Du dauerhaft mit einem Angsthund glücklich wirst - und er mit Dir - hängt neben Deinem Hundegeschmack (liegt Dir das?) stark von Deinen Lebensumständen ab und davon, ob Du dauerhaft mit Einschränkungen leben könntest.
    Es ist nämlich möglich, dass der Hund dauerhaft eine ruhige Umgebung benötigt - also wenig Trubel, immer gleiche Abläufe, wenig Besuch, keine Kinder (zu laut und hektisch) usw.

  • Ich habe auch einen Hund der anfangs vor Männern Angst hatte, wenn wir uns einer zu Hause reinkam pinkelt er unter sich.


    Den kann man allerdings bestechen und nach zwei Minuten war dann alles gut. Inzwischen hat er gemerkt dass ihm Männer nichts tun, er findet sie immer noch etwas gruselig aber das ist wirklich gut geworden. Er hat allerdings nie so Panik gehabt wie deiner und ich persönlich würde mir das nicht antun. Meiner kommt allerdings auch mit zur Arbeit und dort arbeiten fast ausschließlich Männer.


    Ein so extremer Angsthund ist eine sehr große Aufgabe, das macht man nicht nebenbei du solltest dir das wirklich gut überlegen

  • Meine Schwester holte sich vor 9 Jahren einen Hund aus Ungarn, nach Angaben des Tierheims aus einer Tötungsstation. Joschi hat bis heute noch Angst vor Männern; auch mehrere Trainer konnten daran nichts ändern. Zu meinem Mann hatte er vom ersten Tag an Vertrauen; meinen Schwager tolerierte er nach ein paar Monaten; meinen Vater, der im selben Haus wohnt wie meine Schwester mit Familie, meidet er noch heute. Wenn die beiden sich überraschend begegnen, geht Joschi auch nach vorne und schnappt. Meine Nichten konnten sich mit ihren Freunden nur außer Haus treffen. Joschi verteidigt meine Schwester gegen Fremde. Und so weiter.
    Schwesterchen hat seit neun Jahren ein etwas eingeschränktes Leben. Einfach ist das nicht. Hätte sie geahnt, dass diese Angst vor Männern so tief sitzt, hätte sie sich den Hund nicht geholt, sagt sie.

  • anfangs musste er die komplette Stunde 50m entfernt von uns laufen, jetzt nach ca. 15 Runden geht schon auf gleicher Höhe und Ivo schafft es trotz seiner Anwesenheit, auch mal zu pinkeln und mal entspannt zu schnüffeln. Beim kleinsten Stolperer meines Freundes ist er aber sofort im Fluchtmodus, Anfassen geht absolut nicht (max. 1m Entfernung wird toleriert) und Leckerchen klappen auch nicht.

    Das lässt hoffen.

    Die TH-Mitarbeiter meinen, das wird sich auf Lebenszeit auch nicht ändern, dass er Panik bei Männern hat.

    Ganz schön hochgegriffen zeitlich, bei meinem Hund dauerte es anderthalb Jahre, bis sich eine deutliche Verbesserung zeigte.
    Vorher wurde es immer besser, es muss also nicht so bleiben. Auch Dein erstes Zitat zeigt dies ja.
    Meiner hatte am Anfang auch Angst, wenn ich aus Versehen mal über den Asphalt schlurfte.

    Gibt es die Möglichkeit, dass er irgendwann meinen Freund/Kumpels/meinen Bruder vielleicht nicht nur toleriert, sondern auch mag?

    Die Möglichkeit gibt es, Du musst aber sehr geduldig sein (vor allem sie, weil sie sich an nicht angucken, nicht offensiv nähern, Hund kommenlassen...…halten müssen).
    Mein Hund mochte später auch Männer, weil er gelernt hatte, dass ihm bei mir nichts passiert und hier nur nette Männer waren.
    Auch nach Jahren bis zum Schluss fielen einige noch spaßeshalber ins Falsett und bemerkten immer wieder, wie sich mein Hund verändert hatte - auch die, die zu Beginn echte Zweifel hatten wie z.B. mein Bruder.
    Bei Kindern war er auch ängstlich, Jahre später war er ein gern gesehener Gast auf dem Wandertag oder manchmal in der Schule.
    Es kann also werden, wenn Du Dich darauf einlassen möchtest und absolut dazu bereit bist.
    Draufgänger werden diese Hunde aber wohl nie.
    Mein Hund war ein Jagdhundmix, der vorher bei einem Jäger in Italien war und hatte auch Panik vor Knallgeräuschen u.a. Weiß nicht, ob bei dem Hund, um den es geht, auch Schutztrieb o.ä. vorhanden ist oder inwieweit er auch schnappen würde. Dazu neigte meiner gar nicht.
    Wichtig ist, auf kleine Körpersprachensignale zu achten.
    Ich habe in den sieben Jahren mit meinem Hund keine Sekunde bereut, ihn zu uns geholt zu haben, allerdings ist noch sehr wichtig zu erwähnen, dass ein souveräner Ersthund bereits vorhanden war.
    Auch das Buch "Der ängstliche Hund" von N. Wilde hat mir sehr geholfen.
    L. G.

  • Meine Hündin hatte anfangs Angst vor meinem Mann und meinem Sohn, diese Angst war allerdings wesentlich "milder" als bei deinem Hund. Es hat ca. 1 Jahr gedauert bis sie Vertrauen zu den beiden gefasst hat, wobei es jetzt nach 1,5 Jahren immer noch wenige Situationen gibt in denen ihr die beiden nicht geheuer sind.
    Ich will mich jetzt nicht loben, aber ich denke von mir, dass ich ein gutes Gespür für Hunde habe und das mit Sina deshalb so gut hinbekommen habe. Hätte ich das nicht, hätte sich Sina m.E. mit Sicherheit nicht in so kurzer Zeit so gut entwickelt.


    Aus dieser Erfahrung heraus würde ich persönlich jemandem der selbst unsicher ist und noch nicht viel Erfahrung mit verschiedenen Hunden hat, von so einem traumatisierten Hund abraten, wobei ich persönlich mit einen Hund der so dermaßen ängstlich ist, nicht "antun" würde. Du wirst dein komplettes Leben umkrempeln müssen mit einem Hund mit dem du nirgends hin kannst wo Leute sind. Mit Besuch wird es da evtl. auch nicht mehr gut aussehen usw. usw..
    Das muss extrem gut überlegt sein, ob man sich das zutraut bzw. antut - ICH würde es nicht.

  • ich würde den Hund ein WE lang mit nach Hause nehmen, schaun, wie er dort ist, ob er sich in der Ruhe anders zeigt und dann kannst Du überlegen, ob Du damit leben könntest oder nicht. Vom schlimmsten Fall ausgehend, daß sich der Hund nicht verändern wird, denn so etwas kann, muß aber nicht sein.

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