Frust und Liebe - Leben mit schwierigem Hund?

  • weil ich gerufen wurde ;-)
    Ich kann gut nachvollziehen, wie es Dir geht. Bei meinem ersten Hund ging es mir auch so ähnlich. Endlich der eigene Hund, und ich wollte ihn dann rumzeigen und sagen: Das ist meiner *stolz*. Nur leider hat er am Anfang Menschen und Hunde zum Fressen gern gehabt und die Leute wollten ihn lieber gleich gar nicht mehr sehen. Meine Mutter sagte, sie kommt nie wieder zu mir und ich fühlte mich sehr schnell sozial ziemlich isoliert. Und überfordert. Und enttäuscht.
    Aber was habe ich diesen Hund geliebt und durch ihn (und dann meine nachfolgenden nicht so einfachen Hunde) haben mir eines gezeigt: Es ist nicht immer das Perfekte das Gute, sondern das Ehrliche.
    Bei all meinen Hunden, die ich hatte, mußte ich Kompromisse machen. Ausweichen, extra weit rausfahren, ich hatte ein Hypersensibelchen, daß ich nicht mal schief ansehen durfte, sie hielt ich beim Heimkommen zb einfach nur still im Arm, wir haben uns nicht angesehen, sie hat aufgeregt in mein Ohr geatmet und so war das mit ihr.
    Schau Dir einfach immer das Gute an, das Lachen, die Freude und sag Dir, es ist Dein Hund und so ist es gut :smile:


    Mit dem Üben, ja vielleicht ist sie damit echt überfordert. Cindy war auch so, kaum wollte ich was von ihr was sie nicht sofort verstand, brach ihre zarte Seele in tausend scherben. Dann kniff sie die Augen zusammen, bog sich dramatisch auf den Rücken und oh je :/ Ich habs sein lassen. In denca 13 Jahren in denen ich sie hatte hat sie grad mal Sitz und Pfötchen gelernt, mehr konnte sie nicht. Macht auch nichts, sie war zufrieden, mir an den Fersen zu kleben und draußen Grashalm für Grashalm abzuschnüffeln. Ohne viel zu Denken ;-)


    Mach Dir nicht so einen Kopf, was wie sein müßte. Das schafft nur Druck. Schau dir die kleinen und großen Fortschritte an die ihr beide erreicht habt :)


    Man muß einen Hund nicht immer dauerbeschäftigen. Mit meinen beiden jetzt ist Gassigehen Qualitätszeit. Für die beiden. Schnüffeln, entdecken, die Welt hat soviel zu bieten, vor allem für Bonnie, Angsthund, aufgewachsen die ersten 3 Jahre in einem Keller, ich finde interessant, wie sie immer mehr die Welt entdeckt, oft wie ein Welpe, wie sie Wasser und Pfützen entdeckt und untersucht, vielleicht mal selbst ein Mauseloch findet. Ich lobe das. Und lass mir Zeit beim Gassi. Wir machen auch Pausen, das fiel Bonnie am Anfang sehr schwer. All die Eindrücke. Inzwischen kann sie 'lagern', sie legt sich neben den Rucksack und sie entspannt.


    Ich mache das so, wie sie es anbietet und kann. Nichts drängt. Nichts ist falsch zu fördern, wenn ich merke es macht ihr Spaß. Bonnie ist ziemlich frech geworden. Draußen noch nicht so, aber in der Wohnung spielen wir inzwischen sogar schon raufen.
    Noch als Nachtrag: Der schwierige Hund ist häufig nur deswegen schwierig, weil man entweder selbst oder andere gewisse Normvorstellungen davon haben, wie ein Hund sein müßte. Mit Bonnie muß ich täglich wegfahren. Ich werde mit ihr vermutlich nie normal hier durch die Wohnanlage gehen können, Besuch wird immer ein Problem bleiben usw. Aber wenn man sich darauf einstellt, dann lebt es sich sehr gut damit. Ich möchte Bonnie nicht mehr aus meinem Leben missen, sie ist so eine unglaubliche Bereicherung zusammen mit Chilly, selbst das tägliche Wegfahren hat sein gutes, ich selbst komme viel mehr zur Ruhe im einsamen Wald :smile:

  • Man muß einen Hund nicht immer dauerbeschäftigen.

    Ja, in der schlimmsten Phase die ich und mein Hund durchgehen mussten, hatte ich auch eine verzerrte Wahrnehmung davon, wie es denn sein "müsste". Doch irgendwann merkt man, oder fragt man sich: Wer schreibt das denn bitte eigentlich vor?


    Außerdem ist zu bemerken, dass man den Hund auch an eine Dauerbeschäftigung gewöhnen kann, sodass er auch die Ruhephasen dann durcheinander bringt. Immerhin will der Mensch nach der Arbeit sich auch mal hinsetzen und entspannen und nicht erst zig Dinge mit dem Hund machen, weil es "abgearbeitet" werden muss. Seit dem ich genau, DIESES Problem nicht mehr habe, weil ich mich nicht unter Druck setze, funktionieren sehr viele andere Dinge automatisch.


    Ich beobachte ebenfalls, was meinem oftmals nervösem Hund gut tut, und richte mich danach. Manche Menschen können es auch nicht ertragen in einer Stadt zu wohnen, und ziehen deswegen sogar um.


    Der schwierige Hund ist häufig nur deswegen schwierig, weil man entweder selbst oder andere gewisse Normvorstellungen davon haben, wie ein Hund sein müßte. Mit Bonnie muß ich täglich wegfahren. Ich werde mit ihr vermutlich nie normal hier durch die Wohnanlage gehen können, Besuch wird immer ein Problem bleiben usw.

    Genau auf den Punkt gebracht und bei mir ebenfalls sehr ähnlich!

  • Wow, so viele tolle Antworten. Danke euch. Gerade geht es mir echt wieder richtig gut mit ihm. Wir kuscheln und freuen uns was eben klappt. Das stimmt schon, der meiste Frust kommt von irgendwelchen Vergleichen und Vorstellungen. Eigentlich ist es ja wirklich toll mit ihm. Und trotz allem tut es gut, dass auch andere bisschen mitfühlen und verstehen wie es ist. Wenn ich mich mal wieder schlecht fühle und traurig bin, dann werde ich eure Antworten lesen und dann geht es sicher wieder besser. Danke!

  • Meistens lese ich nur still mit aber da ich mich ganz und gar in dich hinein versetzen kann, musste ich mich einfach zu Wort melden.


    Ich habe auch so ein Exemplar zu Hause. Hatte vor allem und jedem Schiss, war absolut nicht ruhig zu bekommen und als Vorzeigehund definitiv ungeeignet. Kleine Kinder mochte er liebend gerne, allerdings nur zum Nachtisch, ihn irgendwo hin mitnehmen was er noch nicht kannte funktionierte nur, wenn wir es schrittweise ganz langsam aufgebaut haben und und und.
    Ich habe fünf Trainer "verbraucht" bis ich endlich beim sechsten Glück hatte.


    Ich kann dir nur einen Rat geben. Nehme den Hund so wie er ist. Höre auf dein Bauchgefühl und genieße das, was funktioniert.


    Kannst du ihn nicht mitnehmen, lass ihn zu Hause, das ist für dich einfacher und für den Wuffel stressfreier. Wenn er beim Begrüßen Angst davor hat, wenn du ihn anschaust, dann suche etwas womit ihr beide klar kommt.


    Was mir geholfen hat ist eigentlich ganz einfach. Ich habe mich von der Vorstellung verabschiedet einen "normalen Vorzeigehund" zu haben. Ich nehme ihn so, wie er ist, mit all seinen Eigenheiten. An seinen Ängsten haben wir natürlich gearbeitet und heute können wir zu 99% geschillt Gassi gehen. Ich nehme aber seine Ängste heute noch für voll und wenn er der Meinung ist, er braucht 10,20 oder 40 Minuten um das schreckliche Gegenüber einzusortieren dann ist dem halt so.


    Ich nehme ihn nie mit, wenn wir essen gehen oder einkaufen oder ähnliches, wir haben einen sehr strukturierten Tagesablauf den wir auch einhalten. Wenn nicht erinnert uns Herr Hund daran. :D


    Heute, nach fast 9,5 Jahren vertraut mir der Hund in allen Situationen. Ich darf ihn überall anfassen oder untersuchen. Wenn irgendetwas kommt, was er nicht kennt ist er immer noch schissig, aber er folgt. Im Gegenzug dazu ist unser Tagesablauf mit Hund aber zu 98% immer der gleiche. Damit fährt Herr Hund am besten. Er zeigt mir wann er was möchte und wenn es sich einrichten lässt, machen wir das auch. Z.B. beim Gassi gehen den linken Weg nehmen anstatt den rechten, er schnüffelt lieber ausgiebig anstatt zu spielen oder zu aportieren, dann soll er eben.
    Er ist nicht mein erster Hund, aber durch diese Verhaltensweise habe ich mehr über Hunde gelernt als bei allen anderen Hunden zuvor.


    Nachdem ich ihn so akzeptiert habe wie er ist, ist unsere Beziehung absolut TOP geworden und trotz seiner Angst würde er für mich inzwischen durchs Feuer gehen.
    Von daher, genieße einfach die Zeit mit ihm. Es ist dein Hund, nicht der deiner Nachbarn, des Postboten oder von X, Y oder Z.

  • unser alter Hund schnappt immer noch bei fremden Hunden ,(den meisten) fremden Menschen ,hat Angst vor Bällen (konnte ich minimieren durch klickertraining ), ist mit 13 noch ner rehspur nach, zieht meistens an der Leine und reagiert aggressiv auf die Spur (!) unkastrierter rüden.
    Trotzdem ist sie meine beste Freundin die eben ihre Vorlieben hat und die jeder der herkommt akzeptieren muss. und das seit 14 Jahren xD für uns ist das normal geworden und sie ist perfekt sie wie sie ist , denn zu uns ist sie der liebste Hund den es gibt .
    LG lissie
    ach ja außerdem hat sie Angst vor Füßen weil sie zu welpenzeiten getreten wurde, man kann also nicht mit ihr laufen etc.

  • Ich habe mich von der Vorstellung verabschiedet einen "normalen Vorzeigehund" zu haben.

    Ab dem Moment ging es bei mir ebenfalls bergauf. Ich habe dem Hund aber auch in dieser schwierigen Zeit auf spielerische Art und Weise, das wichtigste beigebracht. Trainingsleine und Beißkorb anzuziehen. Gerade der Beißkorb, ist für Tierarzt-Besuche sehr wichtig, auch wenn der Hund zunächst keine Aggression zeigt. Hat man einen Notfall, kann das ganze ganz schnell ausufern. Deswegen, war Beißkorb für mich der Gipfel, und ein absolutes Muss. Alles andere kam nicht nur von selbst, aber ich habe auch eingesehen, dass manche Dinge einfach nicht möglich sind. Viel wichtiger ist, dass der Hund keinen dauerhaften hohen Adrenalinpegel hat. Wenn sich dieser erstmal normalisiert hat, nach 1-2 Wochen durch Ruhe, merkt man, wie viel man mit dem Hund machen kann. Und wenn nicht, ist es auch nicht schlimm. Hauptsache: Stressfrei! :)

  • Hallo :winken:


    Schön, dass du einem Hund ein gutes Zuhause gibst, der nicht der Norm entspricht, meinen Respekt hast du :respekt:



    Was aber noch gar nicht geht und was mir wirklich am meisten Sorgen macht, ist, dass er einfach total Angst in manchen Situationen vor mir hat. Er macht dann auch immer unter sich, weshalb ich ihn nirgends mit hin nehmen kann. Manchmal wenn ich nach Haus komme - oh ja Alleinsein mussten wir auch montatelang üben, klappt jetzt aber gut - dann freut er sich dass ich da bin, wedelt und freut sich richtig und wenn ich ihn anschaue (nur schauen, kein drüber-bücken oder sonstiges), dann duckt er sich weg und macht unter sich. Keine 30sec später läuft er wieder freudig durch die Gegend und ist glücklich, dass ich da bin, wenn ich ihn dann wieder anschaue wiederholt sich das Spiel. Das verletzt mich wirklich sehr.

    zu diesem Thema hatte ich vor längerem eine Frage gestellt, weil es hier in unserer Siedlung auch eine Hündin gibt, die sehr ängstlich ist, oft abhaut und dann, wenn sie auf Wanderschaft ist und mich und meine Hunde beim Gassi unterwegs trifft, unterwürfig auf dem Bauch kriechend und unter sich pieselnd an meine beiden heranrobbt, die das konsterniert zur Kenntnis nehmen... so etwa :shocked: :shocked: .


    @PocoLoco hatte mir das so erklärt, dass der Hund aus dem Welpenverhalten nicht herausgewachsen ist und quasi im Kopf noch unreif ist.
    Der Hund hat wichtige Entwicklungsschritte und Reifeschritte nicht durchlaufen und von daher ist sein Verhalten nicht ruhig, erwachsen, souverän, sondern ängstlich und babyhaft (das sage ich jetzt dazu).


    Vor allem, weil du dich persönlich verletzt fühlst, weil du dein letztes Hemd für deinen Hund gibst, könnte diese Info dich vielleicht entlasten? Vielleicht ist dein Hund auch viel zu früh von Mama weggekommen und hat manches nicht lernen dürfen. Das ist dann niemandes Fehler, nicht der des Hundes, und ganz sicher nicht deiner :streichel: .


    Wenn der Hund pieselt, weil ihn dein Blick stresst, dann versuch mal, ohne ihn anzuschauen nach Hause zu kommen. Also, du kommst heim, Hund freut sich, kommt unterwürfig angekrochen, du ignorierst ihn, hängst den Schlüssel auf, machst halt, was du so machst, und nimmst ihn ohne ihn anzuschauen bzw. an ihm vorbeischauend mit ruhiger Stimme mit ihm redend mit nach draußen zum Gassi.


    Du kennst sicher die "Calming signals"? Versuch doch, sie selbst zu zeigen. Also kein direkter Blickkontakt, sondern den Kopf leicht abwenden, schlecken, blinzeln, vielleicht sogar gähnen...stell dich nicht frontal vor den Hund, sondern dreh ihm die Flanke zu, und kuck mal, ob er sich da besser fühlt.


    Vielleicht braucht er das mit dem Pieseln dann irgendwann nicht mehr, weil er sich nicht mehr so gestresst fühlt...?


    Viel Erfolg für euch :gut:

  • Ab dem Moment ging es bei mir ebenfalls bergauf.

    Ja ich hab so das Gefühl, dass das auch für mich eine wichtige Erkenntnis ist. Muss sie jetzt erst mal ein bisschen verinnerlichen.

    @PocoLoco hatte mir das so erklärt, dass der Hund aus dem Welpenverhalten nicht herausgewachsen ist und quasi im Kopf noch unreif ist.
    Der Hund hat wichtige Entwicklungsschritte und Reifeschritte nicht durchlaufen und von daher ist sein Verhalten nicht ruhig, erwachsen, souverän, sondern ängstlich und babyhaft (das sage ich jetzt dazu).

    Ja tatsächlich ist das auch ein Problem. Er wurde leider viel zu früh kastriert und deswegen denk ich ist das so. Habe auch lange mit meiner Tierärztin überlegt, was und ob wir da was tun können uns dann aber auch vielen Gründen entschieden medizinisch nichts zu machen.



    Zitat

    Wenn der Hund pieselt, weil ihn dein Blick stresst, dann versuch mal, ohne ihn anzuschauen nach Hause zu kommen. Also, du kommst heim, Hund freut sich, kommt unterwürfig angekrochen, du ignorierst ihn, hängst den Schlüssel auf, machst halt, was du so machst, und nimmst ihn ohne ihn anzuschauen bzw. an ihm vorbeischauend mit ruhiger Stimme mit ihm redend mit nach draußen zum Gassi.

    Ja so läuft es eigentlich auch die ganze Zeit jetzt schon. Was soll ich auch sonst tun?



    Zitat

    Du kennst sicher die "Calming signals"? Versuch doch, sie selbst zu zeigen. Also kein direkter Blickkontakt, sondern den Kopf leicht abwenden, schlecken, blinzeln, vielleicht sogar gähnen...stell dich nicht frontal vor den Hund, sondern dreh ihm die Flanke zu, und kuck mal, ob er sich da besser fühlt.

    Ja die kenne ich auch schon ;) Setze sie auch ein, aber das scheint ihn meist nicht besonders zu beeindrucken. Manchmal glaube ich er versteht Hundesprache noch schlechter als Menschensprache ;) Lediglich zur Seite abwenden und nicht drüber bücken macht für ihn einen Unterschied.

  • Ich bin ehrlich, als ich mir alle Beiträge gerade durch gelesen habe ist mir selbst irgendwie wieder ein Stück mehr bewusst geworden wo unserer seine Stärken hat die für uns eben so selbstverständlich sind und auf der anderen Seite aber auch die Schwächen zu akzeptieren.
    Ich habe vorgestern Abend weinend zuhause gesessen weil ich mich einfach mal wieder so überfordert gefühlt habe. Ich glaube jeder hat mal das Gefühl am Ende der Kräfte zu sein und dummerweise und das merke ich immer wieder gibt man einfach viel zu viel drauf was andere sagen.


    Eine der ersten Sachen dir mir ein Freund gesagt hat der selbst einen Hund hat und dem wir erzählt haben, dass wir einen bekommen: "du musst dickes Fell haben! Lass die Leute reden und leg keinen Wert drauf! Dein Hund, deine Entscheidungen. Du musst jeden Tag mit ihm leben und klar kommen, sonst niemand!!" Was für wahre Worte und definitiv auch eine Schwachstelle an mir selbst und es liest sich so für mich als würdest du auch recht viel Wert drauf legen bzw. es dir einfach sehr zu Herzen nehmen.


    Jeder der keinen Hund hat ist der letzte der irgendwas beurteilen darf und alle Hundehalter die alles besser wissen und Trainer empfehlen wollen können auch bleiben wo der Pfeffer wächst. Selbst Menschen die im Leben schon 4 Hunde hatten können beim 5. an ihre Grenzen kommen also lass dich nicht davon beurteilen und vergleich dich nicht mit anderen. Es hat seinen Grund warum ausgerechnet dieses Exemplar bei DIR gelandet ist!! :herzen1:


    Ich weis, alles was ich geschrieben habe hilft dir bestimmt nicht bei den Problemen mit deinem Hund weiter aber ich wollte es eben mal gesagt haben weils oft einfach die eigenen emotionalen Probleme sind und gar nicht mal zu 100 % die des Hundes.

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