Hund schnappt nach Kollegin

  • Ich hatte heute Morgen ein sehr unschönes Erlebnis mit meinem Hund und mache mir große Gedanken. Und ärgere mich über mich selbst…Kurz zum Hintergrund: Mein Hund hat nur noch ein Auge, er ist aus dem Tierschutz und seit ca. 10 Monaten bei mir. Er ist knapp zwei Jahre alt und teilweise noch unsicher, was er bei Hundebegegnungen bzw. gruseligen Begegnungen mit nach vorn gehen kompensiert. Seine Leinenpöbelei ist gerade unsere „Hauptbaustelle“ und wir arbeiten intensiv daran. Grundsätzlich ist er gegenüber Menschen freundlich und neugierig, mag aber nicht immer von Fremden angefasst werden (soweit so normal).


    Nun hat er gerade im Büro heftigst nach einer Kollegin geschnappt, die ihn streicheln wollte. Total blöde Situation, ich habe gerade meine Bürotür aufgeschlossen und war mit Körbchen und Tasche bepackt und Hund natürlich noch an der Leine. Die Kollegin hat ihn freundlich angesprochen, er ist neugierig auf sie zu und dann hat sie ihn recht überfallartig am Kopf getätschelt. Ich sah wie er plötzlich stocksteif wurde, und in dem Moment wo ich sie warnen will, dass er das nicht mag, geht er knurrend und schnappend auf sie zu, er war regelrecht außer sich. Ich habe ihn von ihr weggezogen und kann nun ehrlicherweise nicht sagen, ob er gebissen hätte.


    Meine Trainerin rufe ich heute dazu an. Allerdings würde ich gern dazu ein paar Einschätzungen hören. Schlicht mein Versagen weil ich meinen Hund nicht vor der „Streichelattacke“ schützen konnte? Wie ist es einzuschätzen, dass er weder warnt noch einfach ausweicht oder zurückweicht? Meine Einschätzung ist, dass er sich nicht nur unwohl, sondern bedroht fühlte, denn die Reaktion war wie gesagt ähnlich heftig wie ich das teilweise von Hundebegegnungen bei ihm kenne. Was sollte ich tun? Außer Streichelverbot aussprechen und in Zukunft viel besser aufpassen? Wie kritisch ist das Verhalten?

  • Wenn das der erste Zwischenfall dieser Art war, würde ich da einen Haken dran machen und in Zukunft wie ein Luchs aufpassen, dass niemand an deinen Hund rankommt!
    Zur Sicherheit schadet es aber garantiert nicht, wenn du ihn an einen Maulkorb gewöhnst (sollte mMn sowieso jeder Hund akzeptieren).
    Ob dein Hund dazu neigt, das in Zukunft auszunutzen (Lernerfahrung, wenn ich drohend, knurrend und schnappend auf Menschen zugehe, weichen sie zurück), kannst nur du oder deine Trainerin beurteilen.


    Meine Hündin hat auch schon nach Menschen geschnappt (2x in völlig unterschiedlichen Situationen) und das Einzige, was ich nach dem ersten Schock geändert habe, war, dass ich sie besser sichere und in Situationen, die potentiell zum Abschnappen führen könnten noch mehr abschirme oder gleich einen Maulkorb draufpacke, wenn ich meine Augen nicht überall haben kann.


    Ein Hund sollte nicht nach Menschen schnappen und locker würde ich das schon gar nicht sehen, aber von der Beschreibung her klingt es wirklich, als hätte er sich einfach erschrocken und dann übergangen gefühlt.
    Es gibt vieles, was man trainieren kann, aber manches muss man eben einfach managen.

  • Da war der Hund schneller dabei, seinen Unmut zu bekunden als du.
    Falls es dir hilft, es gibt viele Menschen, die denken Hund kommt freundlich auf sie zu und bekundet Interesse = ich darf streicheln.
    Nö. Is nich so. Wir küssen ja auch nicht gleich jeden den wir mal nett angucken.


    Ich würds jetzt nicht überbewerten, aber in Zukunft erstmal mit den Kollegen sprechen, dass Hund nicht ohne Erlaubnis gestreichelt wird. Ansonsten gnadenlos blocken.


    Und mit einem guten Trainer an den Unsicherheiten des Hundes arbeiten.

  • Ich hatte heute Morgen ein sehr unschönes Erlebnis mit meinem Hund und mache mir große Gedanken. Und ärgere mich über mich selbst…Kurz zum Hintergrund: Mein Hund hat nur noch ein Auge, er ist aus dem Tierschutz und seit ca. 10 Monaten bei mir. Er ist knapp zwei Jahre alt und teilweise noch unsicher, was er bei Hundebegegnungen bzw. gruseligen Begegnungen mit nach vorn gehen kompensiert. Seine Leinenpöbelei ist gerade unsere „Hauptbaustelle“ und wir arbeiten intensiv daran. Grundsätzlich ist er gegenüber Menschen freundlich und neugierig, mag aber nicht immer von Fremden angefasst werden (soweit so normal).


    Nun hat er gerade im Büro heftigst nach einer Kollegin geschnappt, die ihn streicheln wollte. Total blöde Situation, ich habe gerade meine Bürotür aufgeschlossen und war mit Körbchen und Tasche bepackt und Hund natürlich noch an der Leine. Die Kollegin hat ihn freundlich angesprochen, er ist neugierig auf sie zu und dann hat sie ihn recht überfallartig am Kopf getätschelt. Ich sah wie er plötzlich stocksteif wurde, und in dem Moment wo ich sie warnen will, dass er das nicht mag, geht er knurrend und schnappend auf sie zu, er war regelrecht außer sich. Ich habe ihn von ihr weggezogen und kann nun ehrlicherweise nicht sagen, ob er gebissen hätte.


    Meine Trainerin rufe ich heute dazu an. Allerdings würde ich gern dazu ein paar Einschätzungen hören. Schlicht mein Versagen weil ich meinen Hund nicht vor der „Streichelattacke“ schützen konnte? Wie ist es einzuschätzen, dass er weder warnt noch einfach ausweicht oder zurückweicht? Meine Einschätzung ist, dass er sich nicht nur unwohl, sondern bedroht fühlte, denn die Reaktion war wie gesagt ähnlich heftig wie ich das teilweise von Hundebegegnungen bei ihm kenne. Was sollte ich tun? Außer Streichelverbot aussprechen und in Zukunft viel besser aufpassen? Wie kritisch ist das Verhalten?

    Moin,


    ich würde das schon ernst nehmen und nicht zum Alltag übergehen, da wahrscheinlich nicht sauber reproduzierbar ist was genau der Auslöser war. Zumal Dein Hund nicht kurz abgemahnt hat, sondern schon recht heftig auf die Situation reagiert hat.


    Deine Kollegin hat vor der "Streichelattacke" verbal freundlich Kontakt zum Hund aufgenommen. Dein Hund hat darauf freundlich reagiert und ist aktiv auf Deine Kollegin zugegangen. Damit hat er für sie signalisiert das alles OK ist. Auch ich hätte an dieser Stelle nicht vermutet, dass ich ihn nicht hätte streicheln sollen. Deine Kollegin hat nur einen freundlichen, neugierigen Hund gesehen und hat wahrscheinlich wenig Erfahrung mit nach vorne auflösenden Hunden.


    So wird es wahrscheinlich fast allein Deinen Kollegen gehen. Es kann von ihnen nicht erwartet werden dass sie einen Hund sauber lesen können. Das gelingt oftmals nicht mal uns Hundehaltern. Daher ist Sicherung und Vermeidung einer Wiederholung der Situation das A&O. Einen dauerhaften Maulkorb sehe ich hier noch nicht (auch wenn jeder Hund einen MK kennen und akzeptieren sollte). Aber ich würde alle Kollegen bitten den Hund, egal wie freundlich/neugierig er wirkt, vorerst zu ignorieren und vor allem nicht zu streicheln bis Du im Training weiter bist. Sprich, auch besser einschätzen kannst was Dein Hund aushält und ab wo er Grenzen zieht.


    Wie reagiert denn Deine Kollegin jetzt im Nachhinein auf die Situation? Ist alles ok zwischen euch?


    Die Schuldfrage stellt sich hier für mich nicht. Es war wahrscheinlich auch für Dich nicht absehbar dass Dein Hund in dieser Situation so heftig reagiert. Jetzt weisst Du es und kannst Dich entsprechend darauf einstellen.

  • Ja, man könnte das so formulieren, dass du da "versagt" hast. Der Hund hatte deshalb das Gefühl, sich selbst kümmern zu müssen und so reagiert. Das kommt vor, es ist völlig normal dass kein Hundehalter perfekt ist und manche Hunde neigen dann halt dazu, eigenständig zu handeln. So eine habe ich hier auch und ganz ähnliche Situationen, in denen ich "versagt" habe hatten wir auch schon. Und dennoch haben wir schon sehr sehr viel Dampf aus ihrem Auftreten gegen Fremde rausnehmen und ihr Wege zeigen können, sich so einer Situation ohne Getöse zu entziehen. Aus dem wilden Biest im Vorwärtsgang bei jedem Gespräch mit einem Fremden ist schon fast Gleichgültigkeit geworden, solang sie niemand streicheln will. Dann flüchtet sie zu mir und das obwohl ich da schonmal "versagt" hab. ;)


    Also bewertet das nicht über, der Hund hat auf einen für ihn verständlicherweise sehr unangenehmen Reiz reagiert: Dinge die von Oben kommen sind ein ganz blödes Gefühl für den Hund, weil er über sich wenig wahrnehmen kann. Dann hat deiner auchnoch das fehlende Auge, was diesen Faktor noch verstärken dürfte. Für den Hund war das sehr, sehr übergriffig.
    Tätschelverbot strenger durchsetzen, bereit sein zu managen und wenn sie bei so einer Begegnung die ersten körpersprachlichen Zeichen von Unwohlsein beginnt zu zeigen machst du ihr einen Vorschlag. Schickst sie auf ihren Platz, hinter dich, zwischen deine Beine, irgendwo wo sie sich sicher fühlen und beruhigen kann.
    Aggression ist nicht der Lieblingszustand deines Hundes und einen Weg ihr auszuweichen wird er akzeptieren, wenn er ihn versteht.

  • Vielen Dank für eure Einschätzungen. Wir haben einen Maulkorb, ich werde das verstärkt jetzt trainieren. Und natürlich alle Kollegen in Zukunft bitten, vom Streicheln abzusehen. Tatsächlich bin ich nun auch sehr verunsichert, dass ich meinen Hund gerade gar nicht einschätzen konnte in der Situation, die heftige Reaktion war für mich völlig überraschend.



    Wie reagiert denn Deine Kollegin jetzt im Nachhinein auf die Situation? Ist alles ok zwischen euch?


    Die Schuldfrage stellt sich hier für mich nicht. Es war wahrscheinlich auch für Dich nicht absehbar dass Dein Hund in dieser Situation so heftig reagiert. Jetzt weisst Du es und kannst Dich entsprechend darauf einstellen.

    Die Kollegin sagt, es sei alles ok, sie sei ja auch forsch "rangegangen". Ich habe mich entschuldigt und die Situation erklärt. Ich hoffe es hat trotzdem kein Nachspiel, denn ich hatte zunächst Sorge dass das Thema Bürohund damit durch ist und ich ihn nicht mehr mitbringen darf.

  • Tatsächlich bin ich nun auch sehr verunsichert, dass ich meinen Hund gerade gar nicht einschätzen konnte in der Situation, die heftige Reaktion war für mich völlig überraschend.


    Klar, für den Hund kam das ja auch sehr überraschend und dann auch noch "forsch". Bis die Hände von oben zum Kopf gingen war für ihn auch noch alles okay, aber das war dann halt ein Angriff.
    Macht nichts, super, dass deine Kollegin Verständnis hat und ihr Handeln reflektiert, lass dich von sowas nicht aus dem Konzept bringen. Du hast da eine kleine Wundertüte vom Tierschutz und in Wundertüten waren früher neben dem vielen guten Kram auch immer so Sachen wie Esspapier oder diese Kaugummis die nach garnichts schmecken. Wer wollte sowas denn? :lol:


  • Tätschelverbot strenger durchsetzen, bereit sein zu managen und wenn sie bei so einer Begegnung die ersten körpersprachlichen Zeichen von Unwohlsein beginnt zu zeigen machst du ihr einen Vorschlag. Schickst sie auf ihren Platz, hinter dich, zwischen deine Beine, irgendwo wo sie sich sicher fühlen und beruhigen kann.
    Aggression ist nicht der Lieblingszustand deines Hundes und einen Weg ihr auszuweichen wird er akzeptieren, wenn er ihn versteht.

    Danke für den guten Tipp...denn der Ansatz funktioniert bei uns auch schon in vielen anderen Bereichen, also ein Alternativverhalten aufzuzeigen. Werde das bei meiner Trainerin ansprechen.

  • Die Kollegin hat ihn freundlich angesprochen, er ist neugierig auf sie zu und dann hat sie ihn recht überfallartig am Kopf getätschelt.

    Ich kenne einige Hunde, die nicht möchten, dass man sie am Kopf überfallartig antatscht.
    Da kann der Hund noch so neugierig davor reagiert haben.


    Wer weiß, welche Erfahrungen Dein Hund schon gemacht hat, in seinem Leben (siehe Zitat unten).

    Mein Hund hat nur noch ein Auge, er ist aus dem Tierschutz und seit ca. 10 Monaten bei mir

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    Ich sah wie er plötzlich stocksteif wurde [...]

    Ich würde daher zukünftig genau aufpassen, wie Dein Hund bei fremden Personen und Kollegen reagiert und speziell ein Auge darauf haben.
    Denn eines hat er getan, er hat sich stocksteif hingestellt.
    Pech war nur, dass Du es (scheinbar?) zu spät realisiert hast und dadurch nicht mehr eingreifen konntest.


    Außerdem würde ich mit den Kollegen sprechen.
    Dein Hund ist sehr unsicher, Dein Hund mag es nicht, wenn man urplötzlich seinen Kopf anfasst (vielleicht hat es mit dem fehlenden Auge auch zu tun?) und deshalb bittest Du sie daraum, darauf Rücksicht zu nehmen.

  • Ich würde nicht spekulieren, ob sie die Situation mit dem Verlust ihres Auges in Verbindung bringt. Das wird man sowieso nie herausfinden und ich habe für mich persönlich bei unseren ersten beiden Tierschutzhunden beschlossen, sowas gar nicht so genau wissen zu wollen. Damit hilft man sich nicht, dem Hund zu helfen.


    Was ich aber auch sehr stark annehme ist, dass das fehlende Auge und die dadurch ja beschränkte Tiefenwahrnehmung einen Einfluss auf das Verhalten des Hundes in so einer Situation hier hat. So fällt es ihm definitiv schwerer Bewegungen vorherzusehen und einzuschätzen. Darauf sollte man unbedingt Rücksicht nehmen. Hände plötzlich von oben zum Kopf finden schon Hunde mit 100% Sehvermögen meistens überhaupt nicht gut und das kann man ja auch nachempfinden.

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