Aggressives Abwehrverhalten gegen Fremde


  • Ignorieren bedeutet bei einem beschützenwollenden Hund nur, daß du die Gefahr nicht erkannt hast. Umso vehementer wird er darauf hinweisen.


    :headbash:
    Das stimmt total und das wusste ich sogar: Wenn sie in der Wohnung was verdächtiges meldet, geh ich darauf ein um ihr zu vermitteln, dass ich die Kontrolle hab. Wenn ich sie ignoriere gibt sie keine Ruhe, weil sie das Gefühl hat, eigenständige Entscheidungen wären jetzt nötig. Warum ich das bislang nicht auf Begegnungen mit Fremden übertragen hatte ist mir ein Rätsel...

  • Hallihallo :winken:


    Würde sie dich als ihren "Hirten" oder maßgebliche Instanz in der Situation wahrnehmen, würde sie sich anders benehmen. Vorausgesetzt, du hast deinem Hund schon mal gezeigt, was du denn von ihr konkret in der Situation erwartest und sie hat es verstanden. (Ein Sitz- Kommando, das sie selbst auflöst, um daraufhin wieder loszuspacken ist keine stabile Lösung. Eher ein ruhig hinter dir stehen ohne pöbeln, da braucht's gar kein Kommando dafür, eher ein "Is gut, ab hier übernehme ich, nicht dein Job", und wenn Hund ruhig ist, ein Superleckerli zügig verabreichen, in diesem Stil)


    Ich bin ein sehr großer Freund davon, den Hund durch seine eigenen Rückschlüsse und Versuch und Irrtum Dinge lernen zu lassen, aber manchmal dreht sich der Hund anlagebedingt oder durch fehlende Sozialisation auch im Kreis und kann den Konflikt nicht allein lösen. Dann braucht er jemanden, der ihm den Weg weist, ihm klar sagt, was erwünschtes Verhalten ist, und was auf gar keinen Fall geht.


    Eifersucht halte ich persönlich für Quark :smile: .


    Du hast dir mMn die Antwort schon selbst gegeben, ich hab sie fett hervorgehoben.


    Durch Erfahrungen oder Prägung, Anlagebedingt, da Wachhund und Fremden gegenüber mißtrauisch oder auch pubertätsbedingt findet deine Hündin, dass der nette Plausch mit fremden Menschen, die nicht bei euch wohnen, unnötig ist und unterbleiben sollte.


    Bist du anderer Meinung, musst du ihr das irgendwie verklickern.


    Ich würde das unbedingt mit einer Hundeschule oder Trainer und "Statisten" üben. Da ich deinen Hund nicht kenne und seine Körpersprache nicht beurteilen kann, wäre jemand vor Ort sehr hilfreich, der JETZT mit euch dran arbeitet. Ich hatte schon 2x einen DSH, und ich weiß, dass besonders bei dieser Art Hund in dem von dir beschriebenen Alter die Weichen für später gelegt werden (bei anderen Hunden auch, aber bei Hunden wie Schäferhund, Dobermann etc. Sind halt die Folgen u.U. gravierender, wenn's schiefläuft).


    Möchtest du später einen beherrschten und relativ toleranten Hund im Kontakt mit Kindern, Fremden, unbekannten Dingen haben, musst du jetzt die Grundlage dafür legen.


    Ich wünsche euch viel Erfolg dabei! :winken:

  • Ich wünsche euch viel Erfolg dabei! :winken:


    Vielen dank für die ausführliche Antwort. :)


    Genau diesen Kreis, in dem der Hund sich wegen der wackeligen Sozialisation im Shelter jetzt bewegt, hatte ich befürchtet, weil mein Ansatz ja im Prinzip ganz wie deiner ist. Wenn es geht, soll sie sich Zusammenhänge selbst erarbeiten.


    Die Kommunikation zwischen uns funktioniert eigentlich gut, es ist auch nicht so, dass ich keine Erfahrung mit dieser Art Hund hätte, aber ich werde da vorsichtshalber mal einen Trainer draufschauen lassen in solchen Situationen. Mit ausgeprägtem Schutztrieb hatte ich es bislang dann auch noch nicht zu tun.
    Bis dahin: Gibt es nebst hinter mich bringen und Beruhigung zügig belohnen noch konkrete Empfgehlungen? Haltet ihr es für sinnvoll, der vermeintlichen Gefahr kurz den Rücken zuzudrehen, nachdem ich sie zur Kenntnis genommen habe, oder wird sie dann doch eher wieder denken, ich ignoriere die "Bedrohung" einfach? Ich tippe da eher auf "Ohnein jetzt muss ich ihn ja erstrecht verteidigen", aber vielleicht hat ja schon jemand andere Erfahrungen gemacht...

  • Wackelige Sozialisation braucht es dafür meines Erachtens nicht.
    Ich kenne das so, daß die Unsicherheit vor allem darin beruht, was Hundi unternehmen soll und nicht darin, daß etwas zu unternehmen ist. :smile: Davon ist er eigentlich ziemlich überzeugt- sind ja Fremde- man weiß nicht , wen man da vor sich hat, also auch nicht, ob er nicht fiese Absichten hat. Hund beobachtet genau und speichert ab.


    Fremde sind, weil sie ja selber Fremde vor sich haben auch etwas unsicherer. Der Unsicherheitsgeruch macht noch skeptischer.


    Also: in Ermangelung wohlerprobter gemeinsamer Umgangsstrategien geht Hund lieber auf Nummer sicher um Abstand zu kriegen, d.h. beim Schäferhundtypus meistens nach vorne.


    Hast du dich mal mit Zeigen&Benennen beschäftigt? Falls nicht, würde ich das unbedingt nachholen.
    Das Prinzip sich wechselseitig über einen Auslöser zu verständigen greift auch in solchen Situationen. :gut:


    Was wäre so eine wohlerprobte gemeinsame Umgangsstrategie?
    Was man schon gemeinsam geübt hat- erstmal mit Dummy-Fremden :D
    Der Rest richtet sich ziemlich nach dem Hund und dir. Ich finde ja "Moment bitte"(zum Fremden)/1 Schritt zurücktreten (mit Hund)/"Keine Sorge, der(Draufzeigen) ist harmlos", "Sitz", Wurst (zum Hund) ganz gut umsetzbar. Zumindest wenn der Fremde plötzlich auftaucht.
    Besser ist es natürlich, wenn man den von Weitem sieht, dann kann man den Hund schon vorher einweisen.

  • Wenn mich (für sie) Fremde auf der Straße ansprechen flippt sie aus. Sie knurrt dann sehr eklig, geht heftig in die Leine, springt angespannt rum und schnappt sogar manchmal nach dem "Bösewicht". Das ist natürlich nicht so schön. Gestern traf es sogar eine Nachbarin, die sie eigentlich kennt und bei den vorherigen Treffen zwar suspekt fand, aber nicht wirklich schlimm.
    Während sie so tobt lässt sie sich aber abrufen, wenn sie denn will. Wenn ich sie zu mir beordere (an der kurzen Leine ist sie sowieso) kommt sie dann zu mir, tippt meine ausgestrecke Handfläche an, was ich ihr als "Ziel" des Rückrufkommandos beigebracht habe, blickt mich freudig wedelnd an und lässt sich auch absetzen, das gibt natürlich alles auch ordentlich Lob und Belohnung.

    Dir ist klar, dass Du Deinem Hund, der vermutlich über eine hohe genetische Komponente zum Abwehren allem Fremden gegenüber mitbringt, gerade die Verhaltenskette "Beiß ihn, kommt zurück - gut gemacht!" beibringst?


    Meide alle Menschen, such Dir einen Trainer und fang das noch mal ganz anders von vorne an.

  • Gibt es nebst hinter mich bringen und Beruhigung zügig belohnen noch konkrete Empfgehlungen? Haltet ihr es für sinnvoll, der vermeintlichen Gefahr kurz den Rücken zuzudrehen, nachdem ich sie zur Kenntnis genommen habe, oder wird sie dann doch eher wieder denken, ich ignoriere die "Bedrohung" einfach? Ich tippe da eher auf "Ohnein jetzt muss ich ihn ja erstrecht verteidigen", aber vielleicht hat ja schon jemand andere Erfahrungen gemacht...

    Ich würde es mir nicht so schwer machen... alle neuen Situationen werden von mir souverän "durchgestanden", kläffende Hunde zb werden von mir (und damit auch Hund) ignoriert, geht mein Hund drauf ein, kommt eine Korrektur von mir, ist der Hund ruhig, gibt's Lob.
    Damit er es nicht so schwer hat, läuft mein Hund fast immer hinter/neben mir, besonders, wenn ich sehe, da kommen Leute oder andere Hunde auf mich zu. Schafft es mein Hund nicht, ruhig zu bleiben, lasse ich ihn abgewandt sitzen, stehe zwischen Auslöser und Hund, lasse ihn auf mich schauen, lobe ihn, bis der Trigger vorbeigegangen ist.


    Es liegt an dir, dem Hund verständlich zu machen, dass du derjenige bist, der festlegt, was eine Gefahr ist und was nicht. Dazu braucht es Vertrauen und Bindung, und sowas braucht Zeit und auch eine gewisse innere Gefestigtkeit von dir als HH. Also kein "Oh Gott, da kommt schon wieder die Nachbarin Frau XY, jetzt tickt er gleich aus..." sondern ein "Ja, da kommt Frau XY, ich hab's gesehen, es ist ok, mit der wird jetzt kurz gesprochen und Hund wird das tolerieren".


    Also, "Gefahren" ignorieren im Sinne von echtem Ignorieren und Vorbeigehen, als gäbe es sie nicht, ist eine Strategie, oder ein drauf eingehen und dem Hund zeigen, dass es sich nicht um eine Gefahr handelt, eine andre... es gibt immer mehrere Wege nach Rom... :smile:

  • Mit dem Trainer stimme ich ja voll zu.
    Alle Menschen zu meiden finde ich aber bei solchen Hunden verkehrt, vor allem, wenn es auf eine längere Phase hinausläuft. (Eine Trainersuche dauert manchmal länger, wenn man nicht gleich den Richtigen erwischt. :/ )
    Die denken dann "Ah das gehört so" und verbellen noch weiträumiger.
    Lieber einen verläßlichen Abstand garantieren als weiträumig zu meiden finde ich da sinnvoller (evtl. war "alle Menschen Meiden" ja auch so gemeint).

  • Hallo :winken: ,
    Lexi (Malinois, ursprünglich aus Griechenland, in Deutschland seit sie ca. 4 Monate ist) hat sich ähnlich verhalten. Fremde Menschen waren (sind) generell blöd und besonders, wenn ich oder sie selbst angesprochen wurde. Ich hab gemanagt, und Alternativverhalten beigebracht. Gemanagt: unkontrollierte Begegnungen vermieden, großräumig ausgewichen, Lexi immer an der Schlepp. Alternativverhalten: An meine rechte Seite kommen und ruhig vorbeigehen/absitzen. Keks falls es klappt, rigoroses Unterbinden von allem was nicht "ruhig an der rechten Seite ist". Lexi kann allerdings auch super gut ruhig fixieren....auch das habe ich unterbunden.


    Zwischenzeitlich ist sie 2. Sie findet Fremde immer noch sehr unnötig und wird in dieser Hinsicht immer Management brauchen. Aber in normalen Begegnungssituationen verhält sie sich entspannt und ruhig.
    Ich war mit ihr nicht bei einen Trainer (wohne sehr ländlich, daher keine guten Trainer, Hundeschule abgebrochen). Es ging auch so. Wenn du einen guten Trainer vor Ort hast, würde ich dir trotzdem empfehlen, einen Trainer bei zu ziehen.

  • Danke @flying-paws, das hätte ich jetzt auch geschrieben, auch mein Rat wäre der gleiche gewesen.


    Mein Handling ist jetzt, nach langem Training, folgendes - Hund hat keine Zeit seinen Schutztrieb einzuschalten, ist bei entgegenkommenden Menschen im Fuß und bei Ansprache im Sitz. Anfangs hat das natürlich nicht gleich geklappt, aber dann gabs auch keine Belohnung. Hier hat "etwas tragen dürfen" anfangs sehr geholfen.

  • Dir ist klar, dass Du Deinem Hund, der vermutlich über eine hohe genetische Komponente zum Abwehren allem Fremden gegenüber mitbringt, gerade die Verhaltenskette "Beiß ihn, kommt zurück - gut gemacht!" beibringst?
    Meide alle Menschen, such Dir einen Trainer und fang das noch mal ganz anders von vorne an.


    Nachvollziehbare Argumentation, aber ein bisschen feinfühliger als das jetzt den Eindruck erweckt gehe ich mit solchen Situationen schon um. Die Gefahr, versehentlich das falsche Verhalten zu festigen ist mir hier durchaus sehr bewusst.
    Deswegen stimme ich wie bereits gesagt dem Plan mit dem Trainer durchaus zu und bin schon auf der Suche, aber bis dahin alle Begegnungen zu meiden halte ich in dieser Entwicklungsphase auch für alles andere als sinnvoll. Das festigt dann doch eher den Eindruck, dass das Ausbleiben von Begegnungen der Normalzustand ist und schlimmstenfalls bringt sie das dann mit ihrem neuerlichen Verhalten in Verbindung -> Erfolg. Wenn ich heute Nachmittag 'nen Trainer finde und der Montag Zeit hat wäre das vielleicht eine Möglichkeit, aber ansonsten kommt mir das nicht klug vor.

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