AD(H)S beim Hund?

  • @straalster
    Ich gebe dir in weiten Teilen recht.
    Beim Namen nennen ist oft nicht schlecht.
    Was ich befürchte ist der Stempel oder die Schublade und gleichzeitig eine Befreiung von eigenem Tun und Abgabe von Verantwortung.


    LG, Friederike

    Und das passiert sehr oft, keine Frage.
    Warum gibt es bei Menschen seit 2010 die neuen Leitlinien? Weil genau das passiert ist. Kind hat bestimmt, wahrscheinlich, vermutlich AD(H)S - her mit dem Ritalin! (überspitzt gesagt) Andere Möglichkeiten wurden eben von vielen nicht versucht, weil die mehr Aufwand bedeuten als jeden Tag ne Tablette reinzustopfen.


    So wird das vermutlich auch noch ne Weile bleiben, weil viele Menschen lieber die einfache "Lösung" möchten. Das bedeutet eben Verantwortung abschütteln, anstelle potentiell schmerzhafter Selbstreflektion und Änderung.


    Ich finde es dennoch nicht grundlegend schlecht, dass es die medizinischen Schubladen gibt. Denn in diesen Schubladen gibt es auch ne Menge Positiv-Beispiele, Behandlungsmöglichkeiten und immer wieder neue Erkenntnisse - und die kann man den Leuten mit Ausreden vor den Latz knallen und damit Ansichten und Einstellungen ändern. So z.B.:


    Ehemalige Nachhilfe-Schüler von mir. Ich war spezialisiert auf Legasthenie und Dyskalkulie. Wirklich, wirklich clevere Kinder - die sogar von den Lehrern wegen ihrer "Blödheit und eingebildeten Krankheiten" gemobbt wurden.
    Aber sobald ich mit den Erfolge hatte (weil abgestimmte Methoden) und mich mit den Lehrern hinsetzte, um mal zu schauen, was denn schon versucht wurde, Studien vorlegte, Erfolge präsentierte - hmmmmm. Da ging das mit dem "die sind halt zu doof und zu faul" plötzlich gar nicht mehr so gut. Da musste eingesehen werden, dass hier eine Störung vorliegt, mit der sich aber extrem gut umgehen lässt.



    Und dieses Vorgehen hilft oft. Umso besser, je klarer die "Diagnose" ist. "Ihr Hund ist hyperaktiv? Oh, wie haben Sie das denn bemerkt? Wie kam die Diagnose zustande, wie managen sie das? Was haben Sie schon versucht? Da lässt sich ja sehr viel machen!" Wer das als Ausrede benutzt sagt: "Da kann man nichts machen". Wer wirklich hinterher ist, zählt vermutlich Maßnahmen auf. Die Schublade macht es mir als Außenstehender einfacher, darauf einzugehen und hier und da was zu ändern. Darüber darf natürlich nicht vergessen werden, dass jeder individuell ist. Aber das Vergessen der Individualität geschieht auch ohne medizinische Schublade.


    Wie gesagt, meine Hündin hat per definitionem eindeutig ADHS-Züge. So wie alle Menschen Züge von irgendwas haben (Narzissmus, Co-Abhängigkeit, Impulskontrollstörung, Suchtverhalten oder Zwänge...). Das heißt nicht, dass sie leidet. Das heißt nicht, dass sie eine Störung hätte. Es ist eben einfach eine Ausprägung. Und mit dieser muss ich anders umgehen, als mit meinem Schlaftabletten-Rüden. Und aus dieser Ausprägung ziehe ich auch Positives. Madame ADHS-Eichhörnchen bekommt alles mit. Sie kann multitasken. Sie hat verdammt viel Energie. Ich muss es eben nur in die richtigen Bahnen lenken. Wie immer im Leben....

    • Neu

    Hi


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    • Ist es eigentlich schlimm, wenn der Hund faul ist?

      Nur dann, wenn er dadurch nicht funktioniert wie gewünscht oder hinter der vermeintlichen Faulheit was anderes steckt. (Schmerzen, z.B.)


      Bei mir war das auch nur das Beispiel für eine oftmals verkannte und abgewertete Verhaltensweise/Charaktereigenschaft - bei der man selbst aus der Verantwortung raus ist.


      Wenn ich sage: Der ist halt faul. Dann macht der das ja sozusagen mit Absicht. Dann könnte er, wenn er denn wöllte. Wenn er aber unter- oder überfordert ist, Schmerzen oder sonstige gesundheitliche Probleme bestehen, dann muss ich als Halter tätig werden / mache bisher was falsch.



      Ich hab schon öfter erlebt, dass Hunde bei 30°C "faul" sind - weil sie nicht neben dem Rad herrennen wollen. Eindeutig ein Disziplinproblem beim Hund.
      Nicht über Hindernisse springen, plötzlich stehen oder liegen bleiben, sehr langsam laufen - alles Faulheit. Bis dann eventuell mal Probleme im Bewegungsapparat, Sehschwierigkeiten oder die Hitze berücksichtigt werden... Und dann sind medizinische Schubladen als Ausgangspunkt gar nicht so schlecht.

    • um mal auf helfstynas aussage einzugehen
      wir haben so einen hund mit physischer dysfunktion ,wie sie so schön schreibt....
      sam hat eine stoffwechsel fehlfunktion/störung im gehirnstoffwechsel,welche von einem spezialisten diagnostiziert wurde.


      der weg bis zu dieser diagnose war für uns schrecklich.....
      wir waren ersthundehalter und trotz alle bemühungen sind diverse hundeschulen und auch trainer u.a. 3 die nach aus dem tv(vorabend unterhaltungsporgramm auf vox) bekannten methoden arbeiten,gescheitert.


      man hat zwar erkannt das was mit unserem hund nicht stimmt,aber hilfe zu einen klitzekleinen ansatz ,konnte keiner geben.


      wie oft wurden wir beschimpft aufgrund von sam seinem verhalten... von trainern,anderen hundehaltern,spaziergängern u.u.u.


      die ersten 1,5 jahre haben ich so oft geweint ,weil ich einfach nicht weiter wußte und keiner auch nur ansatzweise hilfe geben konnte.
      man riet uns sogar den hund abzugeben.. er sei zu schwierig für uns als ersthundehalter... würde sein leben lang eine herausforderung bleiben.....


      wir haben diese herausforderung angenommen und nie bereut.


      wir haben sam dann tierärztlich komplett durchchecken lassen und ihm auch einen facharzt für verhalten vorgestellt.
      herauskam eine sd,ein herzklappenfehler,eine schwäche der linken hinterhand und etwas später eine neurologische auffälligkeit bei luftdruckwechsel.dazu ist sam hochgradig sensibel.


      der facharzt diagnostizierte dann diese fehlfunktion /störung im gehirnstoffwechsel.
      bei sam steigt der adrenalinspiegel bei aufregung zu schnell und zu hoch,sinkt aber nicht wieder ,bzw viel zu langsam.
      dadurch hate r eine blockade im kopf und nichts kommt mehr an.


      wir wurden zu einer hundeschule geschickt die sich mit solchen krankheitsbildern auskennt.


      nach 2 jahren haben wir endlich hilfe gefunden.


      wir haben die ernährung komplett umgestellt und es gibt nur ganz klare ansagen und regeln.
      all das hatten wir schon mit unseren kindern durch .beide hatten ads(nicht adhs).bei unserer tochter hat sich das mit der pubertät verabschiedet,unser sohn hats heute noch.


      heute ist sam fast 10 jahre alt,schwer krank und wird langsam wunderlich.
      diese blockade macht sich wieder öfter bemerkbar.


      trotz aller schwierigkeiten,vieler tränen und immer wieder großer sorgen..... wir lieben useren sam und sind glücklich über jeden tag dem es ihm gut geht ,den wir noch zusammen verbringen können.
      sam ist tatsächlich eine herausforderung geblieben, wie man uns gesagt hatte......wir haben diese nie bereut , sind an ihr gewachsen...


      lg

    • Wollen wir bitte die Begriffe korrekt trennen?


      Hyperaktivität ist etwas anderes als eine Aufmerksamkeitsstörung. Hyperaktivität kann als Begleiterscheinung einer Aufmerksamkeitsstörung auftreten, aber eine Hyperaktivität allein macht KEIN AD(H)S. Hyperaktivität beschreibt nur die Aktivität. Zum AD(H)S gehört zwingend eine Aufmerksamkeitsstörung.



      hab im Fernsehen einen Bericht über einen Zirkushundedompteur gesehen (wenn ich gerade jetzt an die Vorführung denke krieg ich Gänsehaut...), der sagte auf die Frage, welche Hunde dafür geeignet seien: genau solche hyperaktiven Hunde

      Diese "hyperaktiven" Hunde haben garantiert kein AD(H)S, das sind einfach nur sehr aktive Hunde. Denn mit einer Aufmerksamkeitsstörung würde ein Zirkushund keine 10Sekunden lang arbeiten können.

    • Als mein Sohn 4-5 Jahre alt war, dachte ich, bei uns läuft erziehungsmäßig was schief, oder mein Sohn ist hyperaktiv.
      Wir waren dann beim Hausarzt, der schickte uns zum Psychologen, dann mussten wir zur Ergotherapie und dort wurde festgestellt, dass wir kein Erziehungsproblem haben, sondern mein Sohn überdurchschnittlich intelligent ist und er mit den üblichen Sachen für 4-5-Jährige total unterfordert war und deshalb diese "Ausraster" hatte.
      Als ich dann Tipps bekam wie ich mit ihm umgehen soll und was ich mit ihm "spielen" soll, war mein Sohn zufrieden und nicht mehr hyperaktiv weil er einfach geistig ordentlich ausgelastet war.


      Ich kann mir vorstellen, dass das bei manchen Hunden ähnlich sein könnte.

    • Nachtrag:


      Ich find es potentiell gefährlich, die medizinischen "Schubladen" zu verurteilen. Natürlich steckt darin ein Missbrauchs-Potential: "Hat halt die und die Störung/Krankheit, was willste machen?!" Es gibt auch viele, die sich hinter vermeintlichen Diagnosen verstecken.


      ABER: Das "Jaja, jetzt ist jedes Verhalten außerhalb der Norm plötzlich ne (eingebildete) Krankheit"-Denken, birgt auch Gefahren.


      Depressionen - "Jeder hat mal schlechte Tage und ist mal traurig - reiß dich halt zusammen."


      Endometriose - "Schmerzen hat doch jeder / nach dem ersten Kind wird's besser / hab dich nicht so!"


      Wochendbettdepression - "Wie kann man nur sein Kind nicht sofort lieben und stattdessen heulen?!"


      Suizidale Gedanken - "Der will doch nur Aufmerksamkeit."


      Angststörungen und Panikattacken - "Die wollen Aufmerksamkeit, reagieren völlig übertrieben, müssen sich halt mal beherrschen."


      Legasthenie und Dyskalkulie - "Die sind faul und müssten nur mal mehr lernen!"


      Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsdefizit - "Falsche Erziehung, falsche Behandlung/Haltung, muss sich halt zusammenreißen, diszipliniert werden, früher wurde mit so einem Zappelphilipp dies und jenes gemacht..."



      Genau diese Einstellung sorgt oft dafür, dass Menschen sich für Krankheiten, Störungen und Probleme schämen, nicht darüber reden möchten und sich damit allein, hilflos und falsch fühlen. Sei es, weil sie selbst betroffen sind oder weil sie vermeintlich Kinder und Tiere nicht richtig erzogen haben.


      Das ist also auch nicht das Wahre. Und vielen hilft es schon, wenn sie für das Problem endlich einen Namen/ eine Diagnose haben und danach gezielt Lösungen suchen können.

    • Das ist die eine Seite.
      Die andere ist Pathologisierung von völlig normalem Junghundverhalten. Das nicht als solches Annehmen zu können und wohlwollend erzieherisch darauf zu reagieren ist genauso schädlich und unfair.

    • Das ist die eine Seite.
      Die andere ist Pathologisierung von völlig normalem Junghundverhalten. Das nicht als solches Annehmen zu können und wohlwollend erzieherisch darauf zu reagieren ist genauso schädlich und unfair.

      Das war mein erster Punkt. Man kann die Richtung erkennen und es beim Namen nennen (Hat Züge von..., geht in die Richtung von....) ohne gleich zu pathologisieren. Und selbst wenn pathologisiert wird - Krankheiten sollte man behandeln, da gibt es viele Möglichkeiten. So richtig als Ausrede für eigene Untätigkeit können Krankheiten und Störungen nicht mehr herhalten, wenn jemand nachfragt, was denn an Behandlung schon erfolgte.

    • AD(H)S ist daher so eine beliebte Diagnose, weil sie das System in Ruhe lässt.
      Sie legt den Focus auf einen Symptomträger.... und alle anderen können sich entspannt zurücklehnen, weil sie keine Anteile haben und an ihrem Verhalten nichts ändern müssen.


      Als Beweis wird oft die Wirksamkeit von Methylphenidad angeführt. Konzentration und Aufmerksamkeit wird verbessert.
      Nun, das tut es bei jedem Menschen, daher wird es auch ganz gerne von lernenden Studenten eingenommen. Es ist ein selektiver Wiederaufnahmehemmer für Dopamin und Noradrenalin. Neurobiologisch tut es dasselbe wie Kokain, nur dadurch dass es langsamer anflutet fehlt das high-Gefühl, der Kick.


      Ich zweifle übrigens nicht an, dass es AD(H)S gibt, aber deutlich weniger häufig, als es diagnostiziert wird.

    • kenne ich bei Kindern so zum Glück gar nicht. In meinen Umfeld würde erst das Verhalten andere durch eine Diagnose geändert und dadurch den Kind erst geholfen.
      Aber es geht ja um Hunde. Menschen die nicht erziehen wollen brauchen keine Diagnose. Wird ja gerne die typischen Rasseneigebschaften als Ausrede genommen. Das ist ein Golden Retriever der läuft zu anderen Menschen das kann man nicht erziehen etc. Verantwortunsbewusste HH mit Hunden die eine Diagnose ADHS haben werden ihr Training eher dem anpassen. ( kürzere trainingsdauer, Ruhe lernen, in ruhiger Umgebungen Gassi gehen etc.)

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