Wie reagieren bei Wild ohne Sichtung?

  • Ich gehe mit entsprechend veranlagten Hunden (wobei ich da von Hütehunden rede und nicht von Vollblutjägern!!) ganz gezielt in der Dämmerung morgens/abends an Stellen spazieren, wo mit sehr viel Wild zu rechnen ist. Und übe ein, was ich an Verhalten erwarte. Damit fange ich beim sehr jungen Hund an, so dass das bestenfalls nie groß diskutiert wird. Ziel ist: Hund sieht Reh und kommt selbständig (!!) zu mir. Ist der Hund zuverlässig genug, darf er auch alternativ auswählen, zu glotzen.



    Grundlage ist Umorientierung mit klarem Ja-Nein-System, Impulskontrolle und ganz früher Beginn dieses Trainings beim Hund. Ich sehe es so: es ist viel schwerer, den Hund abzurufen, wenn er erst mal durchgestartet ist, voller Adrenalin und mit klarem Ziel, als den ersten Impuls zu ändern. Zudem übersehe ich Rehe auch leicht mal, da finde ich es sehr angenehm, die Hunde tun "von selbst" das richtige. Zur Not gehe ich aber auch täglich mit dem Junghund in Wildgebiete, bis das funktioniert (und noch mal: ich rede nicht von selbständigen Jägern, sondern in dem Fall von stark auf Bewegungsreize anspringenden Hütehunden). Hier funktioniert es jedenfalls so sehr gut.

    Die Bilder sind toll :cuinlove: :herzen1: So eine Art Training ist für uns leider nicht machbar, wir wohnen ja in der Großstadt und sind nicht täglich mit Wild konfrontiert (zumindest nicht diese Art :hust: ). Sprich wir haben so etwas nur am Wochenende und da sind die Rehe zeitlich "unberechenbar", wie bereits beschrieben. Die kommen unverschämterweise den ganzen Tag lang xD .


    Trotzdem würde mich interessieren: Wie trainierst du das denn? Spazierengehen zu diesen Zeiten mache ich ja auch, aber irgendeinen Trainingsansatz muss ich ja haben. Einen selbstständigen Jäger habe ich hier ja auch nicht, sondern ebenfalls einen Hund, der auf bewegliche Reize "anspringt".

  • ich schließe mich @Lucy_Lou an.


    Bei Mia habe ich das leider überhaupt nicht ernst genommen. 'Sie bekommt die Vögel doch eh nicht..'
    Ergebnis war ein Hund, der auf Sicht und Spur gejagt hat und als finalen Höhepunkt ne gute 3/4 Stunde Sichtlaut ein Reh gehetzt hat.
    Geht natürlich absolut gar nicht.


    Ich habe dann mit dem Training angefangen und mittlerweile zeigt sie absolut zuverlässig an. Vögel genauso wie Rehe oder Kaninchen.
    Sie zeigt Spur gleichermaßen an wie flüchtendes Wild.
    Meistens orientiert sie sich selbstständig um und kommt zu mir. Selten belohne ich die Anzeige verbal und sie wendet sich dann daraufhin ab.


    Aber das war viel Arbeit und hat lange gedauert. Die ersten Male stand sie hysterisch schreiend in der Leine. |)


    Ares hat dann gleich von Anfang an das Anzeigeverhalten gelernt. Er hatte nie groß Interesse an Wild und so kam er nie auf die Idee, dass es eine andere Möglichkeit gibt, als stehen zu bleiben bzw zurück zu kommen.


    Er zeigt allerdings nur sichtbares Wild an und auch nur, wenn es ihm ins Auge springt. Er hält danach deutlich weniger Ausschau, als das Mia macht. Auf Spur reagiert er gar nicht. Aber da er auch nicht hinter her rennt ist mir das ziemlich egal.


    Man sieht zwischen beiden Hunden einen deutlichen Unterschied im Anzeigeverhalten. Mia ist immer noch unter einer gewissen Spannung und hat einfach eine ganz andere Körpersprache.
    Ares zeigt ziemlich 'halbherzig' an und hat sichtbar kein weitergehendes Interesse.

  • das Video ist schon was älter, aber da sieht man die Anzeige bei Nilgänsen.


    Man erkennt es aufgrund der Qualität schlecht, aber Mia steht mit deutlich mehr Spannung und erhobener Rute, während es bei Ares eher nach 'jo - da ist Viehzeug' aussieht.
    Mia läuft nach der Belohnung auch dicht bei mir, wogegen Ares desinteressiert über den Platz schlendert.





  • Ich habe leider einen Hund, der auf Sicht und vor allem auf Spur geht.


    Ich habe mir angewöhnt, durch die Augen meines Hundes zu sehen. Ich habe keinerlei Chance Wild vor ihm zu sehen, seine Nase ist perfekt.


    Aaaber.... er zeigt Wild immer vorher an. Bei ihm ist das an der Bewegung der Ohren und der Rute sichtbar. Inzwischen sehe ich daran sogar oft, um welches Wild es sich handelt.


    Ich habe von Anfang an sehr stark trainiert, dass Hund ausschließlich auf den Wegen bleibt. Das hilft sehr, es hemmt ihn. Ich habe anfangs jedes stehen bleiben und in den Wald gucken statt durchstarten sehr stark gelobt. Irgendwann kam dann statt in den Wald glotzen zu mir gucken. Das wurde ebenfalls *immer* belohnt. Jede Umorientierung zu mir gab Megalob. Bei Vögeln sind wir inzwischen auf dem Stand, dass er statt zum Vogel hin zu mir kommt. Von sich aus.


    Ich kann aber nie mit ihm träumend durch den Wald laufen, ich muss ihn immer im Auge behalten.


    Und er ist bei unbekannten Gebieten oder bekanntermaßen starken Wildgebieten immer an Schlepp oder Flexi. Er hat inzwischen eine gute Impulskontrolle und ich kann ihn aus vollem Lauf ins Halt (hinsetzen) bringen. Aaaber, wenn direkt was vor ihm durchstartet und erst recht ein Wildschwein, dann fürchte ich, bin ich chancenlos.

  • Ich fange ja früh an, nicht wenn der Hund erwachsen ist und sich manches schon festgefahren hat. Mal angenommen, da zieht der Sichtjäger ein erwachsen. Erst Mal muss der Hund einen Abbruch kennen. Also ein verbindliches "so nicht!". Ich bin ja sehr Wattebauschwerfer, hab aber auch sehr kooperative Hunde. Was ich erreichen möchte durch den Abbruch, ist Ansprechbarkeit. Also in erster Linie, dass der Hund mich anschaut, dass er "empfangsbereit" wird, einfach merkt, ich bin auch noch da und "kommunkationsbereit" ist. Sobald der Hund einen Ansatz zeigt, kommt eine große Belohnung. Der soll ganz klar den Unterschied merken, das geht nicht - das ist super. Zur Not würde ich aber auch absichern über die Schlepp, versuche das aber eher zu vermeiden. Das übt man ja nicht als erstes bei Rehen, das geht auch bei allen anderen Reizen, an denen der Hund Minimal-Interesse hat. Mir geht es auch gar nicht darum, dass der Hund ein ganz bestimmtes Verhalten zeigt, sondern eher darum, was ist für den Hund als Alternativverhalten gut. Bzw. ganz allgemein: ich fördere jede Umorientierung und ich erwarte Ansprechbarkeit. Die Reizintensität kann man dann ja steigern und wenn man gerne ein bestimmtes Verhalten möchte als Alternative, das eben gezielt belohnen/aufbauen.

  • der an der 15-Meter-Schlepp Usain-Bolt-mäßig durchstartet

    Stimmt, das ist lästig.
    Aber der Vergleich ist lustig. :bindafür: Und ich wette, unsere Vierbeiner sind sogar noch schneller.
    Schwierig ist es eben, die kleinsten Zeichen zu erkennen.
    L. G.
    Edit: Beim Vollblutjäger greift oft vieles nicht, was bei "Normalos" als Belohnung zieht.
    Bei Labradoren (oder GR?) dürfte es aber eine Chance geben.

  • Das halte ich für absolut unrealistisch, außer dein Hund ist ein reiner Sichtjäger.
    Man kann es häufig am Hund sehen, ob er was Interessantes wittert oder hört - bevor er durchstartet.
    Ohrenspiel, Muskeltonus,...
    Allerdings muss man dann sehr, sehr schnell reagieren.

    Sehe ich genauso. Wenn der Hund auf Witterung oder Spur (ist nicht dasselbe) abgeht, dann ist das Tier gar nicht zu sehen, da kann ich scannen was ich will.....


    Rhian geht nur auf Sicht und Lebendwitterung. Da habe ich meist recht gute Chancen, rechtzeitig zu reagieren - wird allerdings durch ihre zunehmende Schwerhörigkeit eingeschränkt.


    Splash geht auf alles, und bei Spur habe ich ganz schlechte Karten. Gebiete mit potentiell interessanter Witterung zeigt er mir aber meist zeitig genug an, dass ich die Zeichen lesen und ihn stoppen und sichern kann. Spuren werden stark differenziert, aber wenn er dann mal eine vielversprechende hat, ist er in Sekundenbruchteilen weg. Was halt bedeutet, dass er in interessanten Gebieten an der Schlepp ist...


    Er jagt nicht aus Langeweile oder einfach zum Spass - er jagt aus tiefsitzender, alles andere ausschliessender Passion. Entsprechend muss ich einfach viel managen, denn roboterhaften Gehorsam werde ich bei ihm nie erreichen, trotz vieler Fortschritte.

  • Ihr Lieben,


    vielen Dank für euren Input - ich merke, dass ich womöglich schon einige richtige Ansätze verfolge. Wahrscheinlich heißt das einfach für mich: In diesen Gebieten, wie auch dort erbeten, weiterhin Schlepp dran und am Waldrand noch mehr achtgeben. Vielleicht, vielleicht habe ich doch etwas übersehen gestern, womöglich war es aber tatsächlich auch das Ausnahme-Reh, das frecherweise mittags um halb zwei über den Feldweg gesprungen ist (und ich hab es wegen der Kurve nicht richtig sehen können).


    @miamaus2013 Das mit dem "ernstnehmen" bei Vögeln habe ich spätestens seit dem jüngsten Urlaub "drauf". Man sieht einfach, dass er in eine ganz andere Körperhaltung verfällt, das haben wir hier in der Stadt nur ganz selten (anfangs vielleicht noch bei Amseln und Eichhörnchen, das hat sich aber inzwischen gelegt). Ich bedanke mich trotzdem für jedes Anzeigen, also auch für das Anzeigen einer Amsel auf der Hundewiese, weil man ja in der Tat kleinschrittig anfangen und die Verknüpfung zwischen "Anzeigen und dann zu mir orientieren ist super" herstellen muss.


    Er schafft da auch schon einiges, neulich hatten wir bei einem Spaziergang am Flussufer auf der anderen Seite des Weges - also in nur wenigen Metern Entfernung - minimum 10 Wildgänse :shocked: . Die saßen bzw. liefen da einfach rum und ich dachte nur "ohgottohgottohgott". Nemo zeigte an, ich hab ihn dann absitzen lassen, er durfte kurz und ruhig gucken (war ja auch angeleint) und dann sind wir tatsächlich an lockerer kurzer Leine an den Wildgänsen vorbeigegangen. Da hat es natürlich Super-Leckerli geregnet.... :applaus:


    Aber auch hier die Frage: Wie genau hast du das mit Mia trainiert - "einfach" das Umorientieren belohnt oder noch etwas on top?


    @pauline31 Auch Nemo darf - aus den unterschiedlichsten Gründen - nur auf Wegen gehen. Die sind natürlich mal breiter, mal schmaler und mal nur schlecht zu erkennen. Aber einfach in den Wald reinstürmen darf er nicht, dann wird er zurückgerufen. So ist zumindest die gewünschte Theorie. Es gibt aber natürlich auch praktische Beispiele, wo das mal nicht funktioniert und er nicht beim ersten Ruf zurückkommt... Dann gibts die gelbe Karte und wenn es noch mal vorkommt, SL.


    @Lucy_Lou Das mit dem Abbruch für Alternative sehe ich genauso. Ein schlichtes Abbruchsignal, ohne die Möglichkeit, etwas anderes zu tun - also zum Beispiel sich zu mir zu orientieren, halte ich dauerhaft nicht für sinnvoll. (Um-)Orientierung belohne ich generell, auch da glaube ich, dass das kleinschrittige Aufbauen langfristig zum gewünschten Erfolg führt. Sprich, schaut der Hund mich beispielsweise an und geht an kurzer lockerer Leine neben mir, wird das belohnt. Bei Hundebegegnungen sind wir inzwischen soweit, dass er sich oft von alleine hinsetzt und mich im besten Fall anschaut. Ich bau dann immer mal wieder auch eine Mini-Target-Übung ein, um die Konzentration auf etwas anderes zu lenken. Das funktioniert in der Stadt, ob es auch in Wald und Wiese funktionieren würde, weiß ich noch nicht.


    @Rotbunte Jau, Wienerle und noch mehr Käse ziehen bei dem jungen Mann. Zufällig habe ich heute im Netz etwas über einen Super-Rückruf gelesen, wo als Kommando "Kääääse" benutzt würde. Richtig aufgebaut, würde das vielleicht auch bei Nemo (=GR) funktionieren :lachtot:


    @naijra Da hab ich wahrscheinlich doch noch Glück. Ich würde mal vermuten, dass das Rennen Nemos tiefste Passion ist (also natürlich ohne Wild) und dass das Jagen etwas ist, was wir im schlechtesten Fall managen können und im besten Fall trainieren können. Hoffe ich mal.

  • Hi,


    Rinja war ne kleine Jagdsau und ist sowohl auf Fährte als auch auf Sicht gegangen. So als Eigenbeschäftigung.


    Wir hatten sehr früh mit ihr Rückeuf trainiert, und später dann Dummytraining (Freiverloren-Suche) begonnen.


    Damit konnte ich sie begeistern und sie hat darüber das Interesse an Wild ein Stück weit verloren. Hieß bei ihr aber viermal in der Woche für 2-4 Stunden raus und dabei 3-4 Trainingsrunden mit bis zu 8 Suchgegenständen. Da ich damals nur 18 Stunden in der Woche gearbeitet habe ging das ;)

  • ich kann mich lucy_lou anschließen.
    ich habe einen hütehund der extrem auf bewegundsreize reagiert und auch ich habe im ganz frühen alter angefangen bewußt wild mit ihm zusammen zu beobachten und nebenbei gelernt meinen hund einzuschätzen was wildsichtungen angeht.
    er zeigt dies oft viel eher an als es zu sehen ist.verhält sich das wild dann ruhig,ist nichts los und wir können es minutenlang beobachten
    aber wehe es läuft :-) dann habe ich einen hüpfendes "känguruh" an der leine :-)


    im freilauf habe ich grundsätzlich immer meinen hund im auge und abruf klappt eigentlich gut.. nur ein einziges mal ist uns ein reh direkt vor die füße gesprungen,da hat dann doch der jagdtrieb gewonnen... obwohl sam bei meinem" halt" minimal gezögert hatte.... auf halben weg über die wiese ist er dann auf ein "zurück zu mir" umgedreht und gekommen,hat aber dann den weg abgesucht ob noch mehr kommt.


    aber es geht auch ohne jegliches anzeigen... und zwar bei katzen.....das geht in bruchteilen von sekunden.... aber wirklich nur bei katzen... ist 2x bei bekannten passiert und das obwohl sam die katzen im haus ignoriert hatte.


    änni ist da ganz anders,die rennt wild eher um weil sie die nase so stramm am boden hat.
    sie ist halt typisch münsti.... auch bleibt sie bei sichtungen immer stehen,vorstehhund halt....ist das tier dann ausser sicht,wird der weg abgesucht.
    deswegen ist unser bestreben das vorstehen zu festigen,damit wird sie kontrollierbar am wild.


    vor rehwild hat sie eher angst,ihr geht es eher um kleintiere und federwild,wobei sie vor krähen auch angst hat.


    lg

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