Rüpelhafter, fauler Seniorrüde

  • Hallo,
    ich denke, ich brauche mal ein wenig Input. Mein Mann und ich haben vor knapp einem Jahr auf meinem Wunsch hin einen Hund von privat gekauft/übernommen. Herrmann ist ein nun 9jähriger, unkastrierter Mischlingsrüde und ist eigentlich grundsätzlich zum knuddeln, auch wenn er da gar nicht so wild drauf ist. Ein paar grundlegende Dinge konnten wir am Anfang leicht klären (nicht aufs Sofa oder ins Bett, nicht in die Küche, beim essen nicht betteln...), dass die Nachbarskatzen nicht gejagt werden sollen, hat länger gedauert, aber immerhin dürfen die jetzt grundsätzlich bis auf einen Meter ran, er dreht dann einfach seinen Kopf weg und gut isses. Wenn es ihm dann doch mal zu viel wird und er geifernd und bellend hintern ihnen herrennt, dann lässt er sich aber auch sehr gut abrufen.
    Seine Probleme (oder unsere mit ihm): Futterneid bei leckeren Sachen. Teilweise lässt er es zu, wenn man ihm was abnimmt, wirkt aber sehr angespannt. Zwei Mal hat er gebissen, als sein leerer (!!!) Napf, in dem was leckeres gewesen ist, hochgenommen wurde. Er war da wie von Sinnen, ist an meinem erwachsenen Sohn hochgesprungen, hat versucht, ihm ins Gesicht oder Hals zu beißen, hat ihm mit seinen Krallen heftige Striemen zugefügt....seitdem nehmen wir den Napf nur noch weg, wenn Herrmann nicht in der Nähe ist. Hat jemand was leckeres in der Hand und er sitzt sabbernd vor einem, genügt ein "nein", dann trollt er sich, legt sich hin und seufzt.
    Spazieren gehen: Ist nicht möglich. Sobald ihm ein anderes Tier (egal welches) begegnet, rastet er komplett aus und beißt wie wild um sich, springt an mir hoch und zerfetzt mir die Kleidung. Ich war jetzt schon seit Februar mit ihm nicht mehr spazieren, weil es eine einzige Tortur ist. Einzig wenn wir zu Feldwegen gekommen sind, ging es gut - solange er kein anderes Tier gehört oder gesehen hat. Vögel akzeptiert er aber noch. Wir haben zwar einen großen Garten, aber das kann ja nun auch nicht die Lösung sein. Ohne Ablenkung ist er übrigens super leinenführig und achtet auf mich.


    Und jetzt das größte Problem, weshalb ich obige Probleme nicht zu lösen vermag: Herrmann spielt nicht. Also nicht wirklich. Rennen findet er per se total blöd. Er springt zwar mal kurz wie ein Reh durch den Garten, wenn er einen Haufen gesetzt hat oder wetzt hinter einer frechen Katze hinterher, aber das wars dann auch schon. Hinter einem Ball, Stock, Seil, Futter (!) hinterherzurennen, ist ihm zu doof. Auch apportieren fällt damit komplett flach. Was einigermaßen geht, sind Versteckspiele, er setzt gern seine Nase ein. Aber wenn er etwas nicht auf Anhieb findet, dann denkt er sich wohl, dann halt nicht, geht auf die Terrasse und legt sich hin. Wenn ich eine Spur aus Futterstückchen lege, muss ich vorausgehen, ihn fast mit der Nase draufstippen, dann freut er sich auch, aber nach ein paar Metern hat er genug davon und trabt wieder zur Terrasse.
    Intelligenzspiele sind grundsätzlich interessant, müssen aber suuuper einfach sein. Futterstückchen unter einem von zwei Bechern verstecken und drauf zeigen geht noch einigermaßen, da ist er auch total dabei. Bei drei Bechern hörts auf und sowieso, nach 5-10 Mal verstecken hat er auch die Schnauze voll und trollt sich. Wenn er aus dem Stehaufmännchen-Kong nicht spätestens beim dritten Mal draufhauen Futter draus bekommt, legt er sich seufzend daneben.
    Sitz, Platz, Bleib und Rolle geht mittlerweile, aber auch nur in einer bestimmten Reihenfolge. Und nein, ich hab nicht alles zusammen mit ihm trainiert. Es ist aber unmöglich, ihn von Platz in den Sitz zu kriegen. Er will sich dann immer rollen und ist total verwirrt, wenn er feststellt, dass es dafür kein Futter gibt. Er probiert dann auch nicht mehr rum, sondern legt sich wieder seufzend hin. Für diese vier Befehle hab ich jetzt aber auch fast das gesamte Jahr gebraucht, in dem er jetzt bei uns ist. Das neueste ist "Bleib" und ist auch das einfachste bei dieser faulen Socke ;)
    Er hat im Übrigen keine Schmerzen beim gehen oder so. Er kann schon traben und laufen, hat aber null Kondition und ist halt auch einfach nicht mehr der jüngste.


    Habt ihr irgendwelche Ideen? Außer Standardfloskeln hab ich von zwei Hundetrainern bis jetzt nichts nützliches mitnehmen können. Erste Floskel: Den kriegen se nicht mehr hin. Zweite Floskel: Wenn der Rabatz macht an der Leine, einfach weitergehen.


    Er wirkt jetzt so, wie es ist, nicht total unglücklich. Aber wenn ich sehe, welchen Spaß er hatte, wenn wir mal zwei Minuten ungestört auf einem Feldweg spazieren gehen konnten, dann würde ich ihm das gern wieder ermöglichen. Dieses breite Grinsen ist halt einfach zu herrlich! Und irgendwann müssen wir ja sicherlich auch mal zum Tierarzt. Da graut es mir jetzt schon davor.


    Liebe Grüße, Simone

  • Warum nehmt Ihr ihm denn sein Futter weg ? Ok mit dem leeren Napf das würde ich trainieren und zwar über super tolle Belohnungen.


    Das er an der Leine so ausrastet ist natürlich nicht schön. Natürlich kann man das auch bei einem älteren Hund trainieren. Könnt Ihr bis dahin nicht mit dem Auto zu den Feldwegen fahren ?


    Das der Hund nicht spielt finde ich nicht schlimm, wahrscheinlich hat er es nicht gelernt. Mein Rüde spielt auch kein Bällchen oder ähnliches, macht doch nichts. Und wenn ich ihm 10 x etwas verstecke würde er mir auch einen Vogel zeigen. Ist doch toll wenn er es 3 x macht, hört auf wenn es am schönsten ist. Wahrscheinlich muss er auch lernen sich zu konzentrieren bzw lernen wie man lernt.


    Euer Beispiel das er nicht vom Platz ins Sitz kommt hört sich eher so an als ob er nicht verstanden hat worum es geht. Er bietet anderes Verhalten an , probiert sich aus und gibt sich Mühe. Die Leckerlies würde ich erst reduzieren wenn der Hund das Kommando perfekt beherrscht, ganz aufhören würde ich damit nie.


    Insgesamt finde ich das er doch schon einiges gelernt hat. Kondition müsst ihr langsam aufbauen, das geht nur durch Spaziergänge. 2 - 3 x eine Übung, das reicht völlig aus. Weniger ist beim lernen oft mehr.

  • Zuerst würde ich den Hund auf Spaziergängen vernünftig sichern, sprich mit einem Maulkorb.
    Denn genau, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann, sprich wenn ihr einem Tier begegnet, reißt dann mal was und der Ärger ist groß.


    Fakt ist - du hast richtig erkannt, dass du den Burschen nicht ständig im Garten halten kannst.
    Ist er seit Februar jetzt nur noch im Garten?


    Wie muss ich mir die Beißsituation mit dem Napf vorstellen? Stand der fröhlich in der Gegend herum, ihr habt ihn genommen und Herrmann wurde zur Bestie? Hat er grade leer gefressenen und ihr wolltet ihn aufnehmen? Oder war er am ablecken?


    Zuerst würde ich das Fressen nicht mehr aus dem Napf geben. Nimm einen Kong, einen Futterball, irgendwas und lass ihn machen. Wenn der Bursche Hunger kriegt, gibt er sich auch Mühe. Versteck sein Futter im Gras in einem kleinen Areal. Das ist super zum Einstieg.
    Wenn er den Napf so krass verteidigt als seine Ressource, würde ich die einkassieren.
    Ich bin kein Freund von ewigem „ich-muss-wegnehmen-können“, aber Falt ist: ich MUSS es eben im Notfall, bei Giftködern oder so aus dem Fang nehmen können.


    Ich denke nicht, dass er wirklich leinenführig ist. Wenn ihr zufällig in seine Richtung geht, kommt er brav mit, sonst macht er dir klar, dass ihm das nicht gefällt.


    Wie steht es mit der Impulskontrolle bei ihm? Kann er vor dem Napf abwarten?

  • Was für ein "Mischling" ist er denn?


    Auch bei Mischlingen kann man doch ungefähr beschreiben, was für ein Hunde-Typ er ist. Dann könnte man vielleicht eher noch Vorschläge machen.


    Erzähl doch etwas genauer, was für ein Hund er ist, oder noch besser, zeig ein Photo von ihm.

  • Euer Beispiel das er nicht vom Platz ins Sitz kommt hört sich eher so an als ob er nicht verstanden hat worum es geht.

    Das könnten durchaus auch Schmerzen sein.
    Auch die geschilderten Ausraster könnten(!) durch Schmerzen indiziert, oder zumindest verstärkt werden.
    Bei einem 9 Jahre alten Hund wären Schmerzen im Bewegungsapperat o.ä. ja keine Seltenheit.


    @Liszi Wurde Herrmann denn schon mal komplett tierärztlich durchgecheckt?
    Also Bewegungsapperat, großes Blutbild, Herz usw.?

  • Wenn aber sonst Sitz und Platz klappen und sogar eine Rolle, denke ich bei Platz-Sitz doch eher noch nicht gelernt. Aber klar tierärztlich sollte das abgeklärt werden.
    Und natürlich muss das mit dem Napf trainiert werden, aber ich weiß ja nicht ob man hier daran gearbeitet hat oder einfach den Napf weggenommen. Es fehlen eben noch viele Informationen. Erzähl mal bitte ein wenig mehr über deinen Hund und wie ihr bisher trainiert habt.

  • @Ninma Ich denke da halt nur an meine Sitterhündin.
    Die konnte auch vom Sitz ins Platz und auch Rolle. Aber vom Platz ins Sitz war mega schwer. Sie konnte generell auch schwer aufstehen. Warum? ED beidseitig :( :


    Wäre dann halt interessant zu wissen, wie der Hund sich generell bewegt, ob er sonst Probleme irgendwo hat.

  • @Ninma Ich denke da halt nur an meine Sitterhündin.
    Die konnte auch vom Sitz ins Platz und auch Rolle. Aber vom Platz ins Sitz war mega schwer. Sie konnte generell auch schwer aufstehen. Warum? ED beidseitig :( :


    Wäre dann halt interessant zu wissen, wie der Hund sich generell bewegt, ob er sonst Probleme irgendwo hat.

    Seh ich ähnlich....als bei Sammy die Spondylose anfing, ging es los, dass „Sitz“ ihm unheimlich schwerfiel. Platz ging noch gut. Daran haben wir überhaupt erst bemerkt, dass was im Gange war

  • Hallo,


    lieben Dank für euer Interesse. Herrmann geht wohl am ehestens Richtung Sennenhunde, Entlebucher, Appenzeller, so in dem Dreh, könnte auch ein bisschen Labrador drin sein, sowohl vom Aussehen, als auch teils vom Benehmen her - Bekannte haben einen Labbi aus der Arbeitslinie und die ist manchmal eine Kopie vom Herrmann, der auch wie ein Jungspund herumspringen kann und halt dieses kieseln und winden etc., vor allem, wenn geliebter Besuch kommt.


    Schmerzen würde ich jetzt wirklich ausschließen. Wir waren direkt nach der Übernahme mit ihm beim Tierarzt, aber der konnte nicht wirklich was machen, weil Herrmann ihn kaum ranließ. Beim Setzen vom Tassochip ist er komplett ausgetickt. Ich hab den Eindruck, als ob er bei der Vorgängerfamilie auch eher nur auf dem Hof und im Haus gelebt hat. Die haben ihn ja abgegeben, weil sie in eine Stadt ziehen wollten und er dann nicht mehr auf dem Hof sein konnte. Ich hab leider nie genau nachgefragt.


    Bei der einen Futtersituation war ich direkt nebenan, Herrmann hatte längst fertig gefressen und lag ca. 1,5 Meter daneben auf seiner Decke. Er ist dann sofort geifernd aufgesprungen und wild beißend und krallend an meinem Sohn hochgesprungen. Bei Knochen wegnehmen ists ja so ähnlich. Herrmann hat fertig gekaut, das Teil liegt neben ihm, ich wills nehmen und wird mindestens stockesteif, greift MICH aber nicht an (die anderen trauen sich aus verständlichen Gründen nicht). Mit gegen Leckerchen tauschen klappt es einigermaßen, aber er ist sehr wenig erfreut darüber, auch wenn er das Leckerchen annimmt. Sobald der Knochen o.ä. aber in meiner Hand ist, ists auch gut. Wenn ich den dann wieder auf den Boden lege, Herrmann will ran und ich sage "nein", akzeptiert er das, ohne zu murren. Dann springt er ein paar Schritte zurück, guckt mich eher neugierig an und legt sich seufzend hin, kann darüber hinaus sogar einschlafen. Aber wenn ich ihm den dann erstmal gegeben habe, gibt er ihn nur sehr, sehr ungern wieder her und aus dem Maul nehmen könnte ich den garantiert nicht. Beim normalen Trockenfutter ist das kein Problem. Auch da kann er warten, egal ob das Futter auf dem Boden liegt oder einladend auf meiner offenen Handfläche. Erst wenn ich "jetzt kannste" sage, geht er hin und nimmt es. "Jetzt kannste" übrigens bei egal was und wahrscheinlich auch, egal wie lange.
    Beim Kong wegnehmen, wenn er damit fertig ist, geht im Grunde genommen auch, aber da wirkt er auf mich schon wieder eher misstrauisch. Drauf zeigen, anstupsen etc., um ihn zum rumprobieren zu animieren, kann ich aber problemlos, da ist er nur neugierig.


    Zu Feldwegen fahren bräuchte ich ja nicht mal, sind direkt hinter unserem Haus. Aber es sind halt überall Tiere. Hier hoppeln die Hasen, grasen Pferde und Rindviecher, streunen Katzen herum oder eben auch mal andere Hunde. In den anderen Dörfern sieht es genauso aus. Es ginge also, wenn überhaupt nur nachts und damit mein ich wirklich eher so Mitternacht rum. Wenn er da dann aber wieder was hörte, war direkt wieder Terror angesagt.


    Im Garten ist ER wirklich leinenführig. Wirklich er, nicht ich :) Da stören ihn dann auch keine Nachbarskatzen oder vorbeitrabende Pferde. Durch letztere kommt er zwar mal kurz aus dem Tritt, aber wenn ich ihm dann auf die Füße latsche, weil er nicht auf mich geachtet hat, ist er sofort wieder bei mir, macht alle Richtungs- und Tempowechsel mit und grinst in einer Tour, weil es ihm solchen Spaß macht. Übrigens komplett ohne Futterbestechung, weil wir die Suchspiele ohne Leine machen. (Er braucht im Garten ja gar keine Leine, ist ja eh alles umzäunt, ist ja nur zum üben, was aber für die "reale" Welt nichts bringt.


    Mein Eindruck ist, dass Herrmann sehr lernfähig ist, auch wenn nicht hundetypische Verhaltensweisen bei ihm sehr lange brauchen. Ich habe aber gar keine Idee, wie ich ihm beibringen kann, an der Leine nicht auszuticken. Jetzt einfach wieder rausgehen trau ich mich ehrlich gesagt auch nicht, weil allein sein kratzen schon massiv weh tut.


    Meine Idee war ja, da er absolut kein Verständnis dafür hat, einen Futterbeutel, Ball etc. ins Maul zu nehmen und damit loszugehen, dass ich einen Kauknochen werfe, den er apportieren könnte. Weil mit Kauknochen rennt er stolz wie Bolle rum. Das scheitert aber daran, dass er den nur sehr ungern eintauscht. Ich dachte halt, wenn ich ihn draußen mit apportieren beschäftige (so richtig Rütter-mäßig halt), dass er dann darüber hinaus vergisst, sich geifernd in die Leine zu legen. Denn Angst schien er damals nicht gehabt zu haben. Wenn die Situation vorbei war, hat er mich schwanzwedelnd und breit grinsend angeguckt und hat sich auch nicht davon beeindrucken lassen, dass ich mich dann von ihm abgewendet habe. Er hat sich dann einfach für sich selbst weitergefreut. Komischer Kauz.


    Liebe Grüße, Simone

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