Hund und der Nachbarsjunge

  • Meine sehr beschränkten Erfahrungen mit Menschen aus deutlich anderen Kulturkreisen sind dass nicht mal kniehohen friedlichen Hunden wirklich sehr weit ausgewichen wurde, die Familie ist dafür auf den Grünstreifen neben dem Weg gegangen.

    Genau das sind auch meine. Plus Beschimpfungen aus der Ferne und wir wurden auch schon mit Stöcken beworfen - von einem Kind wohlgemerkt und die Mutter hat angefeuert. Genau deswegen finde ich es in dem Fall so seltsam, dass das Kind überhaupt in die Gelegenheit kommt, immer wieder zu einem Hund zu rennen.


    Vielleicht könnte der TE auch mal bei einer Sprachschule, Uni oder sonstigen Anlaufstelle für Flüchtlinge fragen, ob jemand dolmetschen kann? Irgendwie müssen sich die Nachbarn ja verständigen können. Dadurch ließe sich eventuell auf beiden Seiten Verständnis schaffen und eine Lösung finden.

  • Hier rennen die Kids auch oft ohne Aufsicht durch die Gegend, toben und spielen. Find ich schön, aber das Viertel hier erlaubt das auch :herzen1: Wobei das dann auch immer Gruppen von Kindern in unterschiedlichem Alter sind.

  • Also mir würden folgende Möglichkeiten einfallen. Entscheide selbst, was dir sinnvoll und umsetzbar erscheint:


    1. Dem Kind erklären, dass dein Hund Angst hat. Das er dir aber toll helfen kann, indem er ein paar Schritte zurückgeht, bis dein Hund ruhig ist und dann darf er ihm vielleicht Leckerchen hinwerfen oder so. Und dann macht ihr aus, dass ihr das jetzt so lange macht, bis dein Hundi keine Angst mehr hat.


    2. Wenn der Junge dafür noch zu klein/ unkooperativ ist könntest parallel mit Kindern aus deinem Bekanntenkreis üben, damit dein Hundi das nicht auf andere Kinder überträgt.


    3. Du musst deinem Hund zeigen, dass DU das regelst und nicht er. D.h. Hund hinter dich bringen und Jungen blocken. Ne ausgestreckte Hand und ein deutliches "Stopp" verträgt auch ein kleines Kind. Hundi belohnen wenn er ruhig bleibt nicht vergessen.


    4. Wenn du den Jungen siehst noch bevor das Kind Anlauf nehmen kann Hundi schnappen und schnell weg gehen / Hundi weg tragen.


    5. Wenn der Junge euch mal nicht entdecken sollte mit Hundi auf Abstand bleiben und ordentlich Kekse reinfüttern, damit Hundi den Jungen mit was Positivem verknüpft.

  • Spät, aber von mir kommt auch noch was :D


    Mein Mann und ich haben viel mit Menschen aus dem Nahen Osten zu tun, da wir beide persisch sprechen.
    Die Angst vor Hunden sowie der Vorbehalt, dass Hunde "schmutzig" (tatsächlich auch im Sinne von verkeimt), unrein und rituell verunreinigend sind, ist unheimlich tief verankert in den Köpfen vieler Menschen aus diesem Kulturkreis.


    Gleichzeitig üben besonders große, gefährlich aussehende Hunde und süße Wuschel eine unheimliche Faszination aus, so dass auch oft um Photos mit dem Hund gebeten wird.


    Vielleicht kommt hier beides zusammen, das Kind findet den Hund süß, die Eltern finden ihn unrein, gleichzeitig möchten sie sicher nicht, dass das Kind euch belästigt bzw. Du dich belästigt fühlst. Es gibt auch häufig Kinder, die retardiert sind aufgrund von Geburtskomplikationen o.ä., weil die medizinische Versorgung auf dem Land dort quasi nicht gegeben war. Solche Kinder reagieren dann krankheitsbedingt auch u.U. in der von dir beschriebenen Weise auf den Hund, und die Eltern ziehen es verschämt weg, weil sie sich für die Defizite ihres Kindes schämen.


    Viele Menschen aus dem orientalischen Kulturkreis beginnen mit der Kindererziehung übrigens erst wenn die Kinder schulpflichtig werden, besonders bei Söhnen. D.h. vorher wird den Kindern nichts erklärt oder beigebracht, und als allerletztes gäbe es Bestrebungen, einem Kind den Umgang mit einem Hund beizubringen. In vielen orientalischen Ländern leben Hunde an der Kette oder im Zwinger bzw. Als Straßenhund. Da erübrigt sich jeder Versuch der Kontaktaufnahme, da sonst Arm ab.


    D.h. ein sinnvoller und guter Umgang mit dem Hund wird weder von den Eltern vorgelebt noch können sie diesen ihrem Kind beibringen.


    Meine Vorschläge an dich:


    Konzentriere dich komplett auf deinen Hund.
    Kind kommt herangerannt, du siehst es schon kommen, nimmst den Hund an der abgewandten Seite kurz und gehst mit ihm zügig aus der Situation.
    Wenn der Hund in der Lage ist, auf Ansprache zu reagieren, kannst du ihn natürlich über ein Schau- Kommando und Belohnung ablenken.


    Ich würde das Kind komplett ignorieren, nicht stehen bleiben und es nicht ansprechen. Ich würde es komplett ignorieren, das zeigt deinem Hund, dass sein Geschreie der Aufregung nicht "wert" ist, sondern alles ok ist, und das Kind wird sich schneller zurückziehen, wenn es nicht beachtet wird.
    Zudem: Besonders als orientalische Frau läuten schnell alle Alarmglocken, wenn ein Mann das eigene Kind anspricht.
    Es kommt in den betreffenden Ländern einfach sehr sehr oft zu Kindesentführungen bzw. Missbrauch, und oft kommt es nur sehr langsam im Kopf der Geflüchteten Menschen hier an, dass nicht jede Kontakt Aufnahme mit (schlechten) Hintergedanken verbunden ist.


    Solltest du einmal auf den Vater des Kindes treffen, kannst du ihm evtl. sagen, dass das Schreien des Kindes bei eurer Sichtung dich stört.
    Dass es auch deinen Hund stört, wird u.U. nicht begriffen werden, da die Gefühlswelt von Hunden von Kriegsflüchtlinge, nun ja, eher nicht als so maßgeblich wahrgenommen werden könnte, da sie selbst oft sehr traumatisiert sind und Furchtbares erlebt haben.


    Dass dein Hund das Kind nicht mag, erscheint mir übrigens unter den von dir genannten Vorzeichen mehr als verständlich... ein unkontrolliert rennendes und herumschreiendes Kind wird wenige Hunde kalt lassen... egal, ob der Jagdtrieb angesprochen wird oder der Hund kontrollierend eingreifen möchte oder sich bedroht fühlt...


    Ich hoffe, ihr findet einen guten Weg für euch! :smile:

  • und dann darf er ihm vielleicht Leckerchen hinwerfen oder so

    Das ist schon immer mein Standardvorgehen bei fremden Kindern. Hilft natürlich nur, wenn der Hund auch entsprechend verfressen ist, dann aber ein tolles Mittel: Die Kinder sind stolz wie Bolle, weil sie was zu tun haben, und versuchen dann auch gar nicht mehr den Hund anzufassen. Sie konzentrieren sich erst mal mehr auf dich, weil du ja die Kekse übergibst und die wichtige Aufgabe erklärst - das schafft Vertrauen bei deinem Hund, dass du die Situation managen kannst. Und vor allem werden Kinder dadurch zu einer tollen Sache. (Da würde ich auch gar nicht mal warten, bis der Hund ruhig ist. Gleichzeitig leckere Kekse fressen und Alarm machen funktioniert schlecht, und so wird das meist schnell emotional gegenkonditioniert. Vor allem dann, wenn der Hund in seinem Alarm erst mal nicht groß beachtet wird während die Kekse dem Kind ausgehändigt werden.)


    Ganz super übrigens, wenn der Hund sogar Kekse aus der Luft schnappen kann. Lustig für die Kinder, prima Abstand, und ein Hund der sich auf die Flugbahn der Kekse konzentriert ist geistig weit weg vom Alarm.

  • @DerFrechdax - ich kann leider nur einmal liken. Wow, sehr informativ und gut erklärt, vielen Dank :bindafür:

    Ich pflichte bei!! Das wusste ich alles nicht!


    Ich war einmal mit dem Pü im Ort unterwegs, habe da aber ganz gegenteilige Erfahrungen mit Flüchtlingen gemacht. Ein kleiner Junge ist total begeistert auf ihn zugerannt und nachdem ich ihn nicht abblocken konnte, versuchte ich, ihm zu zeigen, wie er ihn richtig streichelt - klappte weniger gut, aber die Sprachbarriere halt xD Das Interessante: Seine kleine Schwester kam auch schnell dazu, und verhielt sich kichernd sehr vorsichtig, den Hund anzufassen - ganz, als würde sie etwas verbotenes tun, aber ich dachte, sie hätte nur Respekt vorm großen Hund, was gut sein kann. Und dann kam die Mama hinzu, TOTAL begeistert, samt Kleinstkind zum Gucken und Streicheln. Die Männer blieben fern.


    Liegt das jetzt daran, dass es ein weißer Hund war? Der weiße Königspudel ist hier schon ungewöhnlich, aber dass das solche kulturellen Dinge überwindet, verwundert mich fast?

  • Ich pflichte bei!! Das wusste ich alles nicht!
    Ich war einmal mit dem Pü im Ort unterwegs, habe da aber ganz gegenteilige Erfahrungen mit Flüchtlingen gemacht. Ein kleiner Junge ist total begeistert auf ihn zugerannt und nachdem ich ihn nicht abblocken konnte, versuchte ich, ihm zu zeigen, wie er ihn richtig streichelt - klappte weniger gut, aber die Sprachbarriere halt xD Das Interessante: Seine kleine Schwester kam auch schnell dazu, und verhielt sich kichernd sehr vorsichtig, den Hund anzufassen - ganz, als würde sie etwas verbotenes tun, aber ich dachte, sie hätte nur Respekt vorm großen Hund, was gut sein kann. Und dann kam die Mama hinzu, TOTAL begeistert, samt Kleinstkind zum Gucken und Streicheln. Die Männer blieben fern.


    Liegt das jetzt daran, dass es ein weißer Hund war? Der weiße Königspudel ist hier schon ungewöhnlich, aber dass das solche kulturellen Dinge überwindet, verwundert mich fast?

    Also, es gibt natürlich nicht DIE Orientalen oder DIE Flüchtlinge, die dann alle gleich ticken und alle über Hunde die gleiche Meinung haben.


    Es kann viele Gründe geben, warum die Mama mit den Kindern deinen Hund mochten.


    Ich habe eine Frau kennengelernt, die hat mir erzählt, da wo sie herkommt, ist die Hundehaltung strengstens verboten. Hunde, die gefunden werden im Haus, werden von Ordnungshütern getötet. Trotzdem haben sie einen Kleinhund in der Wohnung gehalten und sind dann nachts heimlich im Dunkeln mit ihm Gassi gegangen.


    Oft sind auch zumindest die Kleinkinder in einer Familie die wahren Chefs :D , besonders, wenn der Vater nicht da ist.
    Wenn also die Kinder Freude dran haben, deinen weißen, ergo sauberen und gut riechenden Hund zu streicheln, erlaubt sie es vielleicht eher als wenn es ein schwarzer, haarender, vielleicht böse schauender Schäferhund gewesen wäre ;)


    Vielleicht kommt die Frau auch aus einer westlich eingestellten Familie, und findet Hundehaltung per se nicht verwerflich.


    Vielleicht hat sie auch noch nie die Gelegenheit gehabt, einen Pudel zu streicheln, die haben ja schönes und sehr weiches Fell, das ist auch haptisch ein absolutes Highlight. Und du hast ihr diese schöne Erfahrung ermöglicht, was ich sehr nett finde :gut: .
    Die Assoziation zu einem Schaf ist ja nicht ganz weit hergeholt, vielleicht erzählen die Kinder am Abend, sie hätten heute jemanden getroffen, der hatte ein Schaf an der Leine, das sie streicheln durften


    Und schlussendlich, vielleicht wollte sie auch nur dich nicht brüskieren, weil sie als Gast in deinem Land das Empfinden hat, wohlerzogen und freundlich weitgehende Zugeständnisse machen zu müssen.


    Manche finden es auch einfach mal cool, fern von der sozialen Kontrolle, wenn niemand aus ihrem Kreis in Sicht ist, mal was "Verbotenes" zu tun ;)


    Gründe gibt es also wie Sand am Meer =)

  • Was ich bei sowas tue:
    Mit Wienerwurst ausstatten, dem Kind das nächste mal sagen: Klar, kannst du den Hund mal streicheln ,aber erst mal brauche ich dich, um den Hund auszubilden. Der kennt nämlich keine Kinder und muss dich erst mal kennen lernen.


    Dann Kind und Hund beibringen, wie mal sich nett vorstellt. Also f+r das Kind erst mal: Stehen bleiben, Wurststück abbrechen und hinwerfen. wiederholen.
    Wird vermutlich schnell gehen, dass der Hund die Situation umdeutet. dann steht dem Kennen lernen nix mehr im Weg.


    Statt stoppen ist es immer leichter, ein Alternativverhalten zu trainieren. Bei Hunden ist das so und bei Menschen auch.
    Ps:g erade in so einem Fall, wo das Umfeld des Kindes evtl. nicht so hundreich ist, fänd ich es gut, wenn das Kind lernt, dass Hunde nett sind, und auch lernt, wie man Hunden begegnet. Und der Hund lernt ja ebenso. Also eine sehr gute Gelegenheit.

  • @Wurli
    kann auch tatsächlich rasseabhängig sein. "normale" Hunde sind m.e. in den Herkunfstländern oft sich selbst überlassen und träger von Parasiten, Krankheiten oder garstig.In manchen (Herkunfts-) ländern werden routinemäßig Ruten oder Reitpeitschen mitgenommen oder steine geworfen, um sich gegen streunende oder sonswas schützende Hunde ggf wehren zu können.


    Ein eindeutiger Luxushund dagegen wird oft genaus war genommen, wie überall, nämnlich mit ogottwiesüüüßdarfichdenmalstreicheln.

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