Durchsetzungsvermögen vom Hund stärken

  • Genau da bin ich ja voll bei Dir.


    Und meine Idee wäre eben, ehe ich wieder über eine Aufgabenstellung/ Trainingssituation und letztlich ist das ja auch Klickern - erstmal Lockerheit und Selbstständigkeit in den Alltag bringe.
    Und dann erst viel später wieder eine geeignete Sportart suche.


    So frei nach dem Motto.
    Die Engländer sollen ja zum Schluß mit Quitsche-Entchen trainiert haben.
    Ich denke, die wären auch nicht Weltmeister geworden, wenn sie stattdessen verbissen Ausdauer trainiert hätten oder nochmal Elfmeterschießen.


    Oder wenn beim Pferdetraining irgendwas nicht klappt - einfach dem Pferd mal ´ne Koppelpause gönnen oder Spaßritte im Gelände machen.

  • Ja! Mantrailing fällt mir dazu noch ein. Der Hund arbeitet selbständig und orientiert sich nicht am Hundehalter, dieses Verhalten ist erwünscht

    Nur, wenn man einen erfahrenen Trainer zur Hand hat, der einem so unselbständigen Hund in mikroskopischen Schritten erklären kann, worum es geht. Und als Hundeführer muss man sich auch auf dieses extrem Kleinschrittige einlassen können - während andere Anfängerhunde in wenigen Trainings grosse Schritte machen. Es ist eine delikate Balance zwischen Freiraum geben und genauer Erklärung der Aufgabe - denn der Hund braucht viel Sicherheit durch viele vorerst recht triviale Erfolgserlebnisse.


    So ein Hund wird sich anfangs auch beim Mantrailing extrem am Hundeführer orientieren. Manchmal auch ohne dass es HF oder Trainer es merken.

  • Ich finde beides wichtig.
    Das Clickern bringt dem Hund bei seinen Verstand zu nutzen und hilft ihm zu erkennen, dass seinem Menschen wichtig ist, was er denkt und vor allem dass sein Mensch sich auf seine Ideen auch einlässt.
    Quasi eine Trockenübung für die Realität.
    Das heißt ja nicht, dass man das jetzt täglich intensiv machen soll. 2x in der Woche kurze Einheiten reichen ja erstmal. Es geht ja nur drum, dass er ein anderes Gefühl bekommt, nicht dass er wirklich etwas lernt.
    Ich shape mit meinen zB nur so Sachen wie "Mach irendwas mit dem Pappkarton/Postkarte/Klorolle/etc." Also irgendwas, was sie auch kaputt machen können oder so. Lernen in dem Sinn ist das eigentlich nicht.


    Einfach Lockerheit in den Alltag bringen, sagt sich leicht, aber für uns war das zum Beispiel harte Arbeit, eigentlich das Schwierigste überhaupt. Frodo ist jetzt 3 und so richtig den Dreh raus hatten wir erst diesen Frühling, also auch nicht weit weg von 2,5 vom Hund der TE. Davor waren lockere Spaziergänge, wo jeder seinen Gedanken nachhängt bzw. der Pudel Hundedinge tut ohne hochzudrehen (bzw. ohne dass ich regulierne musste) dann doch eher selten.
    (bei jemandem, der sich mit solchen Hunden auskennt, wäre es ja gar nicht so weit gekommen schätze ich, aber ich hatte halt keine Ahnung^^)

  • Ich würde das gerne aus ihm raus bekommen, weil es mir wirklich leid tut ihn so zu sehen.

    Ja, das ist auch nicht so schön ...



    Ich würde zunächst Sport und Alltag klar trennen. Keine Beschäftigung in die Gassigänge einfließen lassen. Dort nur das an Gehorsam abfragen, was wirklich wegen der Situation notwendig ist. Sonst nichts.
    Auch keine Versuche starten den Hund zu motivieren sich vom Menschen zu lösen. Das führt bei solchen Modellen meist zum Gegenteil.
    Bei ganz extremen Fällen kann man auch Belohnen, wenn der Hund Eigeninitiative zeigt - wenn er zum Beispiel relativ weit weg läuft um zu Schnüffeln. Aber Vorsicht! Bei solchen Hunden ist man ganz schnell dabei einen Trick zu üben. So passiert es schnell, dass der Hund zum "Pseudoschnüffeln" läuft, um belohnt zu werden. So soll das nicht enden.


    Beim Thema Beschäftigung fällt mir als erstes Mantrailing ein. Da muss ja der Hund bestimmen wo es hingeht. Allerdings brauchst Du einen Trainer, der mit so "unselbständigen" Modellen kann. Viele haben da so ihre Mühe mit ...
    Freiverlorensuche wie beim Dummytraining wäre auch eine gute Idee. Das hat gegenüber der Zielobjektsuche noch den Vorteil, dass der Hund sich mehr bewegt - das erlebe ich oft als zusätzlich motivierenden Faktor.


    Noch eine Idee: Den Sport mal eine Weile komplett weglassen. Mal raus aus der Spirale. So lange, dass Dein Hund tatsächlich beginnt Langeweile zu schieben und deshalb beim Gassi damit beginnt sich mehr mit der Umwelt zu beschäftigen.


    Die erlernte Hilflosigkeit.

    Der Begriff stammt nicht aus der Pferdeszene, sondern ist ein allgemeingültiger. Allerdings ist damit was anders gemeint als Du beschreibst. Erlernte Hilflosigkeit zeigt ein Lebewesen, wenn es auf eine Situation hin keine Handlungsmöglichkeit mehr gibt. Der Hund hier hat Handlungsmöglichkeiten - eben welche, die sich ändern sollen, aber es gibt sie. Und das ist auch gut so, denn ein Tier, das in die Erlernte Hilflosigkeit geraten ist, ist mental völlig am Ende.

  • Auch wenn ich so ein Modell nicht habe, mal aus meinem eigenen Erleben:


    Meine kleine Jagdsau hat durchaus Suchtpotenzial. Mit ihm habe ich früh angefangen Jagdtraining zu machen (unbelebte Beute = Dummy), weil er ohne lenkbare Jagdmotivation keinen Freilauf genießen könnte.


    Ob nach kleinen oder größeren Übungseinheiten - dieser Hund hat an mir geklebt, um mich zu weiteren Jagdaufgaben zu motivieren. Er hat dann wirklich ALLES andere Erleben ausgeblendet, und war nur noch darauf fixiert, weitere Aufgaben von mir zu erhalten.


    Ich habe ihn dann angeleint und bin einfach meines Weges gegangen ... bis dieser Hund realisiert hatte: "Okay - es GIBT keine weitere Aufgabe mehr!"
    Dann hat er wieder Umweltinteresse gezeigt (fing an am Wegrand wieder zu schnüffeln, z. B.) - und diesen Moment habe ich genutzt und ihn kommentarlos ganz nebenbei wieder abzuleinen, und bin dann einfach weitergeschlendert.


    Am Anfang war das absolut zäh, es hat bis zu 10min gedauert, bis er endlich anfing nicht mehr an meinem Knie zu kleben und mich zu fixieren:"Gib mir ein Dummy, gib mir ein Dummy!!!".


    Diese Anleinzeiten wurden langsam immer kürzer, aber es hat 3 Monate konsequentes Handeln gebraucht, bis ich meinen Hund nicht mehr anleinen musste, sondern das Wegpacken des Dummy und ein freundliches: "Abmarsch, geh Pippi." oder ein freundliches: "Nein, ist gut jetzt, geh wieder." ausreichte um ihm zu signalisieren: Es gibt keine weitere Aufgabe, beschäftige dich selber.


    Jetzt muss ich allerdings sagen, dass ich jegliches Explorationsverhalten bei meinen Hunden schon von Welpe an gefördert habe.
    Ich habe sie immer motiviert, sich mit der Umwelt auseinander zu setzen und habe sie ermutigt.
    Wobei ich natürlich ziemlich sorgfältig auf die Umweltbedingungen geachtet habe und das uninteressant werden ließ, wofür sie sich besser nicht interessieren sollten (Jogger und Radfahrer z. B. :D ).


    Meine Hunde haben so gelernt, tun und lassen zu dürfen, was sie tun und lassen möchten - WENN ich mal meine Meinung berücksichtigt haben möchte, dann SAGE ich das.
    Solange ich nix sage, ist Alles im grünen Bereich.


    Neugier habe ich immer gelobt. Wo ich keine Neugier wollte (zumindest keine unkontrollierte), habe ich für Kontrolle gesorgt (angeleint; an Pferdeweiden z. B.; da durften sie gerne schauen, waren aber gesichert. Freilaufende Hunde zwischen Pferden und Kühen auf der Weide finde ich nicht so prickelnd).


    Mut macht stark - gibt es bei deinem Hund Dinge/Situationen, bei denen er skeptisch ist?
    Diese würde ich gezielt nutzen, um seine Kreativität im Umgang mit solchen Reizen zu fördern.


    Wie viel Interesse hat dein Hund an anderen Hunden?
    Auch (sorgfältig gewählte!) Interaktionen zwischen Hunden können das Selbstbewusstsein zu eigenen Handlungen aufbauen.


    Ich glaube, dass das Ignorieren eines solchen Hundes diesen eher verunsichert. Wohlwollende Aufmerksamkeit, ohne selber Impulse (Handlungsvorschläge) zu geben, halte ich hier für zielführender.


    Gezieltes Apportiertraining - dazu zählt die Frei-Verloren-Suche - bringt den Hund dazu, seinen eigenen Kopf einzusetzen.


    Mir gefällt, dass dein Trainer dieses Problem auch als Problem erkannt hat.


    Gibt leider immer noch welche (Trainer und Hundehalter), die dieses Ergebnis, welches du bei deinem Hund derzeit hast, immer noch als das "höchste Ziel" bei der Hundehaltung ansehen...

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!