Durchsetzungsvermögen vom Hund stärken

  • Beim Pferd nennt man sowas Learned Helplessness.
    Die erlernte Hilflosigkeit.
    Man bringt dem Tier bei, dass es keine eigenen Entscheidungen zu treffen hat.
    Beim Pferd ist das nicht mehr zu reparieren.
    Wie ist das beim Hund?

  • Beim Pferd nennt man sowas Learned Helplessness.
    Die erlernte Hilflosigkeit.
    Man bringt dem Tier bei, dass es keine eigenen Entscheidungen zu treffen hat.
    Beim Pferd ist das nicht mehr zu reparieren.
    Wie ist das beim Hund?

    Nicht unbedingt.
    Nur weil ein Hund immer glaubt gehorchen zu müssen, ist es nicht automatisch erlernte Hilflosigkeit =)

  • Der Hund hier macht es aber nicht einfach so, sondern hat es aber von klein auf so beigebracht bekommen.
    Wie würdest du das Verhalten denn nennen?

  • Ich habe ja immer in irgendeiner Form Tierschutzhunde und von daher eher das gegenteilige Problem und die folgende vielleicht bekloppte Frage.


    Agiert ihr denn ununterbrochen alleine mit dem Hund?


    Also abgesehen von den jeweiligen Vorgeschichten:


    Gehe ich Arbeiten - bin also einfach nicht immer da.
    Der Postbote klingelt, der Nachbar bohrt....
    Der Hund muss damit alleine zurecht kommen.


    Lebe, agiere ich (oft) in Gruppen - also die Hunde kennen andere Menschen, Kinder, Tiere oder lernen diese kennen, die ja dann alle ggf. auch was von ihnen wollen,
    mit Ihnen interagieren.
    Vor allem aber von mir, so dass ich selten zu 100 % beim Hund bin, sondern höchstens einen Blick drauf habe und ggf. Grenzen setze.


    Je nach Fähigkeiten (Überforderung) nehme ich sie zusätzlich bewußt in mein Leben mit.
    Gestern war ich z.B. das erste Mal mit Boris in einem Garten-Restaurant.
    Prompt haben ihn links und rechts die Leute angesprochen.
    Da muss er schon irgendwie reagieren. Ich habe zwar aufgepaßt (ihn geschützt, beobachtet), aber machen lassen.


    Das Pferd erlebt andere Menschen, Reiter, Pfleger, Tiere, Orte und Wege.... und vor allem über weite Strecken des Tage die Interaktion mit anderen Pferden ohne Mensch.


    Ich kann mir also gar nicht vor stellen, das Hund oder Pferd so unselbständig werden.


  • trainierst du alleine oder hast du einen guten Trainer der das Problem auch sieht?
    Ich hab hier auch schon solche Teams gehabt. Da hilft ganz kleinschrittiges Training mit wirklich ganz viel begeistertem Lob aber da sollte wirklich ein Trainer draufschauen um dich da zu unterstützen. Von aussen sieht man da viel eher wo es klemmt. Ansonsten ganz ganz wenig trainieren und auch nur wenn man wirklich Lust drauf hat und 100% bei der Sache ist

    Ja, habe einen guten Trainer, der das Problem auch schon erkannt hat. Sehe ihn jetzt länger nicht mehr und soll bis dahin natürlich weiter daran arbeiten.

  • Ich kann mir also gar nicht vor stellen, das Hund oder Pferd so unselbständig werden.

    du kennst keine Pudel... die meisten sind ihrem Menschen gegenüber sehr sehr sensibel und wollen einfach immer alles für ihren Menschen ganz richtig machen. Arbeitet man mit ihnen hat man sehr schnell Hunde die einen nicht mehr oder nur sehr schwer aus den Augen lassen. Ich hatte vorher eher eigenständige Hunde und mich hat das andere neue Pudelverhalten anfangs sehr erstaunt. Wenn man einen Pudel in der Ausbildung korrigiert reicht oft ein trauriges Schade um sie wirklich massiv zu beeindrucken. Klar können die auch frech werden und brauchen dann mal eine deutliche Ansage aber das ist mir bei meinem Andiamo 2x im 9jährigem Sporthundleben passiert. Mein Jüngster reagiert schon geknickt wenn er eine super erledigte Aufgabe die er gerade noch erlernt noch mal machen soll. Dann muss ja wohl etwas falsch gewesen sein. Er möchte sich dann in Luft auflösen und verweigert alles. Wenn man das weiß ist es gut dann macht man eben die Übung ein ganz klein wenig anders und freut sich danach auch wieder wie Bolle. Sie sind schon etwas anders die Pudligen... aber sehr sehr genial!

  • Ein schönes Clickerspiel gerade für solche Hunde ist das Shapen, ohne dass man selbst etwas bestimmtes vorhat. (Bei einem sehr unselbständigen Hund würde ich da auch tatsächlich nur den Clicker nehmen, und kein Markerwort oder ähnliches, um es so neutral wie möglich zu halten!)


    Dazu nimmst du irgendeinen harmlosen Gegenstand und clickst zuerst mal jegliches Interesse daran. Für deinen Zweck wichtig: Den Keks nach dem Click nicht aus der Hand geben, sondern einfach kommentarlos hinwerfen. Gerade bei Hunden, die extrem nachfragen, würde ich mich bei den ersten Übungen möglichst weit raus halten. Ist er so weit, dass er anfängt mit diesem Gegenstand etwas zu tun, läuft die Zeit: Je nach Tempo des Hundes eine bis maximal drei Minuten lang alles clicken, was er damit tut; dabei aber mitzählen, wie viele Aktionen mit der Schnauze und wie viele mit der Pfote stattfinden. Die meisten Hunde haben da klare Vorlieben. Dann eine kleine Pause, auch diese je nach Hund wieder eine bis drei Minuten. In der nächsten Runde clickst du dann nur noch die Aktionen, die der Hund auf die von ihm bevorzugte Art macht. Hat er also zuerst vor allem mit der Schnauze gearbeitet, dann wird nun alles mit der Schnauze geclickt; war zuerst die Pfote bevorzugt, dann nun alles mit der Pfote. Und wieder beobachten: Was genau macht er am liebsten? Pfote drauf, oder scharren, oder schubsen, oder... Je nach dem, was er am häufigsten anbietet, wird das in der nächsten Runde weiter verfolgt.


    Ziel dieses Spiels ist es, den Hund in einer sehr überschaubaren Situation an das eigene Probieren heranzuführen, und dabei möglich viele Erfolgserlebnisse zu verschaffen. (Was man dadurch erreicht, dass eben der Hund die Richtung bestimmt in die er probieren möchte.) Dadurch wächst mit der Zeit das Vertrauen, dass es sich lohnt selbst etwas zu probieren. Klappt das, kann man mit einfachen Intelligenzspielen anfangen, egal ob gekauft oder selbst gebastelt. Immer eher einen Ticken zu leicht als zu schwierig! Und, so blöde es auch klingt: Bei diesen Geschichten würde ich mich zumindest anfangs mit verbalem Lob völlig raushalten, das käme erst ganz zum Schluss am Ende der Übung. Und zwar aus dem einfachen Grund, dass der Hund eben nicht verleitet wird, sich ständig wieder am Menschen zu orientieren.


    Wären jetzt zumindest meine ersten Ideen zu diesem Thema.

  • Der Hund hier macht es aber nicht einfach so, sondern hat es aber von klein auf so beigebracht bekommen.
    Wie würdest du das Verhalten denn nennen?

    Das Ergebnis mag das gleiche sein, aber der Weg dorthin nicht und wenn es wirklich nur daran liegt, dass der Hund einfach pudeltypisch sehr sensibel ist, dann kommt man da auch wieder raus.



    Wie @Lockenwolf schon geschrieben hat, sind viele Pudel von Beginn an so sensibel und so darauf bedacht, ihren Menschen glücklich zu machen, dass sie sich dafür selbst aufgeben würden. Und gerade wenn man selbstständige Hunde gewöhnt ist und dann einfach sicher gehen will, dass der junge Hund gut erzogen wird (oder einfach allgemein von einem durchschnittlichen Hund ausgeht, auch beim ersten), tappt man schnell in diese Falle.
    Zumindest mein Pudel hat absolut das Zeug zum Roboterhund und er würde sich dagegen niemals wehren.
    Der Großteil der Menschheit sieht das nicht mal. Die sehen einen spitzenmäßig erzogenen Hund und gratulieren mir dazu. Dabei bricht für ihn nur schlicht eine Welt zusammen, wenn er meine Missgunst auch nur in sehr schwacher Form auf sich zieht, sprich der Punkt, wo Strafe für ihn beginnt, ist sehr viel früher als bei anderen Hunden. Das kann man sich mit normalen Hunden (was ich keinesfalls abwertend meine, ich hab ja auch noch einen normal sensiblen Hund) nur schwer vorstellen.

  • Aber wie läuft das denn konkret im Alltag?


    Ihr habt doch sicher nicht immer nur definierte Situationen.
    Ich weiß z. B. ja hier vom Forum, dass du Oregano - eine "kleine" Rundreise gemacht hast.
    Also andere Orte, Menschen, Situationen - viele Hunde.
    Fand ich damals super toll.


    Mein Gedanke ist, da muss der Hund doch auch in gehörigem Maße selbständig agieren und sich zurechtfinden.
    Und dann eben in/ aus solchen Situationen heraus die Selbständigkeit zu bestätigen und die eigenständige Problemlösungen zu fördern.
    Und dann erst viel später auf Training/ Leistung übertragen.


    Damit ich nicht nur besserwisserisch quatsche.
    Max war ein ziemlich extremer Angsthund, der keine Umweltreize kannte und mit Gewalt aufgewachsen ist.
    Da mußte ich wegen seiner Angst/ Panik viel managen und manche Sachen gingen bis zum Schluß einfach nicht.
    Aber wann immer es sich irgendwie anbot, habe ich ihn ausprobieren lassen und damit kam dann auch Selbstsicherheit und ein gewisses Maß Eigeninitiative.

  • Aber wie läuft das denn konkret im Alltag?


    Ihr habt doch sicher nicht immer nur definierte Situationen.
    Ich weiß z. B. ja hier vom Forum, dass du Oregano - eine "kleine" Rundreise gemacht hast.
    Also andere Orte, Menschen, Situationen - viele Hunde.
    Fand ich damals super toll.

    Ich weiß nicht genau was du meinst, aber ich schreib dir mal, was mir dazu einfällt.


    Frodo agiert nur in sehr geringem Maße selbstständig (kommt halt immer drauf an, woran man das misst, nicht?).
    Meine Hündin ist zB der geborene Reisehund. Die Welt ist ihr zu Hause. Sie ist flexibel und kommt mit fast allem klar. Da wo ich parke und mit ihr aussteige, ist ihr Revier. Die hat einfach eine "Ich bin da" Einstellung. Sie denkt selbstständig. Sie weiß, dass sie eine Persönlichkeit ist, die Rechte hat und die setzt sie durch, wenn ich nicht darauf achte. Andere nennen das stur :D



    Frodo nicht. Ohne meinen Halt geht gar nichts. Er braucht immer jemanden, an dem er sich orientieren kann. Wenn er diesen Jemand hat, dann kommt er auch überall klar, aber eben nur mit meiner Hilfe. Ist bis dahin noch nicht unbedingt schlimm, ist halt ein Begleithund.
    Aber Selbstständigkeit bedeutet bei ihm, dass er sich auf einem Spaziergang wie ein normaler Hund verhält.
    Dass er einfach mal stur stehen bleibt, weil es an der Stelle so gut riecht, dass er in eine andere Richtung zieht, weil dort was Spannendes ist, dass er im Freilauf auch mal zurück bleibt bzw. dass er sich allgemein aktiv mit seiner Umwelt auseinandersetzt und nicht nur mich anguckend neben mir herläuft.
    Frodo musste erst lernen, dass seine Meinung wichtig ist und dass mir wichtig ist, dass er die auch kundtut (ob er dann auch seinen Willen bekommt, ist ja wieder eine andere Geschichte - Pudel verarschen letztlich ja auch gerne, wenn sie die Chance dafür sehen xD )
    Als er jünger war, habe ich oft gejammert, dass Frodo keine eigene Meinung hat. Er hatte außer mir absolut keine Interessen am Spaziergang (okay außer Vögel, die fand er von kleinauf spannend).
    Problemlösung sah für ihn so aus, dass er einfach stehen geblieben ist und mich angeguckt oder losgebrüllt hat.
    Jetzt kann er selbst Probleme lösen. Er braucht mich nicht mehr für alles, auch wenn er sicher nie eine "Leck mich am Ar***" Einstellung bekommen wird, aber die soll er ja auch gar nicht haben. Ich schätze seinen hohen Willtoplease ja sehr!


    Es tut Hunden einfach nicht gut, wenn sie nur für ihren Menschen leben. Dabei verpassen sie so viel.
    Ich habe ihn angefeuert, als er sich das erste Mal ohne vorher Rücksprache mit mir zu halten in einem toten Tier gewälzt hat oder in Matschlacken gesprungen ist. Auch als er das erste Mal (und einzige Mal) den Pfiff überhört hat, hab ich ihn (okay da nur innerlich) gefeiert. Wenn er tote Wildtiere findet (darin ist er sehr gut), lobe ich ihn auch jedes Mal und dann freut er sich und macht es beim nächsten Mal noch gezielter und das hat er dann ganz alleine ohne mein Einwirken gemacht. Er führt mich ja letztlich hin.



    Ein gutes Hundeleben beinhaltet einfach, dass ein Hund auch mal Mist baut und ich arbeite hart daran, dass Frodos Liste noch ein bisschen länger wird :D

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!