Ein Roadtrip durch die Jahreszeiten

  • Tag 19, am nördlichsten Punkt Europas


    Der neue Tag begann, wie der alte aufgehört hatte. Mit Regen. Und Nebel. Einen Moment kuschelten wir uns nochmal ein, um der Kälte zu trotzen. :weihnachtslicht: Es half jedoch alles nix, wir huschten auf eine kurze Pullerrunde und danach huschte ich mit Zahnputzbecher und Wasserbottichen in die Nordkaphalle. Morgentoilette mit warm Wasser. Ein erster Lichtblick an diesem Tag. Mit vollen Wasserbehältern huschte ich zurück und fand der Nebel lichtete sich langsam. Na vielleicht.. :applaus:


    Nach einem Frühstück -im Schlafsack- regnete es weiterhin. Also ein Frühstücksschläfchen mit Hundekuscheln. :herzen1: So wild war dass mit dem Regen irgendwie grad gar nicht. Ein bisschen Erholung tat ganz gut. Wenns draußen schön ist, kann ich ja schlecht still sitzen, so hatte ich ein Alibi. xD


    Als eine Regenpause kam und der Nebel sich verzog, machten wir uns auf eine größere Runde übers Kap. Hunde mussten ja sicher mehr als nur pullern. So wars. Auf dem Rückweg sind wir noch zum Pflichttermin am Globus vorbei gegangen. Inzwischen nieselte es wieder und Rouvens Laune war im Eimer. :lol: Nasse Nase- bäh. So guckte er auch, als ich ihn und Josy zum Fotoshooting platzierte. Sehr zum Amüsement der umstehenden, wenigen Menschen. Zum Glück verdeckt das neblige Wetter diesen Ausdruck auf den Bildern und es sind einfach nur zwei stolze, etwas nasse Hunde unterm Globus, am Ende Europas. :herzen1:


    Da der Regen und der Nebel sich wieder breit gemacht hatten, kuschelten wir uns nochmal ein, etwas aufwärmen, bevor ich den Film in der Halle gucken ging. Regen hätte mich zum wandern nicht so gestört aber der Nebel bereitete mir Kopfzerbrechen. Nicht nur, wegen der dann fehlenden Aussicht aufs Nordkap, auch wegen Weg finden und behalten.
    Der Film war wirklich grandios. :bindafür: Nur in Bildern und mit Tonuntermalung gab er einen Einblick in das Leben und den Wandel der Natur so weit oben, im Laufe des Jahres. Eine größtenteils kalte, weiße und sturmgepeitschte Natur, mit einem kurzen Sommer. Ich glaubte, man muss hier geboren sein, um dass zu mögen, zu wollen. Faszinierend, wunderschön, ja aber sicher auch ein hartes Leben.


    Als ich raus kam, noch im Rausch der Bilder und Eindrücke, hatte der Nebel sich weitestgehend verzogen und der Regen aufgehört. Rasch packte ich alles zusammen und wir fuhren das Stück bis zum Wanderparkplatz. Als wir parkten war ein Schnee- und Hagelsturm in Gange. :ugly: Nun gut. Aber kein Nebel. :klugscheisser: Konnte sich zwar schnell wieder ändern aber ich ließ mich jetzt nicht mehr abhalten. Es war schon kurz nach eins, die Tour würde sicher 4-5 Stunden brauchen und ein bisschen fahren wollten wir auch noch.


    Ich zog mir meine Wind- und Wachsjacke übereinander, dünnen Pudel und Regenhut drauf, Regenhose an und die Hunde bekamen auch ihre Regenmäntel. So stapften wir in die sumpfigen Weiten. Stäbe und kleine Steinhaufen gaben die Richtung in weiten Abständen vor- im dichten Nebel, definitiv nicht erkennbar. Das Gelände ging leicht auf und ab, Steine, Felsen, Wasserlöcher, Bäche, Sümpfe alles dazwischen noch unglaublich feucht und schmierig. Hüpften wir nicht von Stein zu Stein, schlitterten wir umher oder versanken bis zum Knöchel im Matsch. :hust: Teilweise gab es auch kleine Bohlenstege aber grundsätzlich war man wohl der Überzeugung, dass ein authentischer Eindruck der Bedingungen vor Ort wichtig ist. Wir waren einfach zu früh, die Schneeschmelze war noch in vollem Gange, teilweise querten wir sogar Schneefelder. Trotzdem eine traumhafte Natur. :cuinlove: Von einer wilden Schönheit und Weite und Unberührtheit, die seinesgleichen sucht. Der Schnee ließ übrigens nach 20 Minuten nach und nach einer halben Stunde hatten wir teilweise sogar ein paar Sonnenstrahlen. Gluckskinder. :applaus: Zwischendurch erhaschte man immer wieder mal einen Blick aufs Nordkap - absolut beeindruckende Ausblicke. Kein Nebel, klare Sicht, das Warten hatte sich gelohnt. :applaus: Zum Knivsjelodden musste man als Schlussinstanz noch einen ganz steilen, rutschigen Abhang hinunter- ich dachte mit Grauen, auch wieder hinauf :fear: - und nach einem kurzen Weg über eine Wiese, öffnete sich dann der finale Blick über Atlantik und Nordkap. Ok, dass war den Aufstieg und 9km Matsch und Schlamm und Steine allemal wert. Atemberaubend. :herzen1: :herzen1: :herzen1: Nebelfrei. Und ich glaubte sogar einen Hauch Sonne zu erahnen. Ein wenig blau war auf jeden Fall am Himmel zu sehen. Ein kleines Hundeshooting musste sein und aus angeschwemmten Holzresten bastelte ich ein provisorisches Stativ, so konnten wir auch ein Familienbild am nördlichsten Punkt der Insel mittels Selbstauslöser schießen. Wir blieben eine ganze Weile an diesem zauberhaften Ort und genossen den Zauber des Moments. Den Frieden an diesem kalten Ort, der für uns ein wenig Wärme und Sonne parat gehalten hatte.


    Der Rückweg war noch mühsamer als der Hinweg, vor allem der erste Aufstieg. Fast senkrecht nach oben auf Schmierseife hat schon seinen speziellen Charme. |) Die Füße waren wohl einfach schon etwas müde, vom rutschen und hüpfen. Worüber ich mir keine Sorgen mehr zu machen brauchte, war, die Schuhe trocken zu halten. Der Drops war gelutscht. xD Da waren ein paar Wasserlöcher zu tief gewesen. Obacht galt nur weiterhin, nicht vom Weg abzukommen und im Kreis zu laufen oder in einem Sumpfloch stecken zu bleiben. Wieder mal erfuhr ich, dass die maximalen Streckenlängen hier oben für mich definitiv kürzer ausfallen müssen als auf normalen Waldwegen. Kleine Schauer kamen noch auf dem Weg zum Auto aber nix schlimmes. Die Vorsorge mit der guten Kleidung hatte dem Wetter wohl die Freude am ärgern genommen.


    Am Auto war ich für den Tag erledigt. Nicht so schlimm wie bei der drei Gipfeltour im Pallasjärvi aber es reichte. Auch die Hunde waren müde und freuten sich übers trocken gerubbelt werden um sich dann in ihre Kissen einzukuscheln. Ich hängte alles was feucht war über das Heckgitter und die nassen Schuhe kamen in den Beifahrerfußraum, wo die Heizung sie beim fahren trocknen konnte. Überhaupt tat die Heizung unterwegs wohlig gut. Nächster Stopp - Talvik. Nur rund 270km weiter aber vier Stunden Fahrt. Die Küstenstraße schlängelt sich eben immer um die Fjorde, dass gibt diese atemberaubenden Aussichten aber es kostet auch Zeit.


    Ein Stückchen des Weges führte diesmal allerdings auch übers Hochland. Einsam bekam da selbst für nordnorwegische- und finnische Verhältnisse nochmal eine neue Dimension, Kargheit ebenso und von Frühling war hier auch noch kein Hauch zu erahnen aber wenn ab und an ein Sonnenstrahl die Szenerie erleuchtete, dann war die Landschaft vollendens wie verzaubert. :herzen1: Wie nicht von dieser Welt. Wie auf irgendeinem fremden Planeten. :herzen1: Autofahren in Norwegen ist wie träumen und zum Glück ist der Verkehr so ruhig, dass es folgenlos bleibt. Ich bewunderte und beneidete auch ein wenig im stillen die Menschen, die hier oben wohnten. Diese Ruhe, diese Weite, diese karge Schönheit, dass hatte definitiv etwas. Aber das raue Klima, ich bin ja eher ein Frostbeulchen.. Obwohl es ja manchmal vielleicht nicht schlecht ist, auch im Juni noch Wollpulli tragen zu können und knabberte grinsend einen Schokobutterkeks, meine Verpflegung während der Fahrt.


    In Talvik folgte der zweite Lichtblick des Tages. Eine Toilette mit warm Wasser an einer Shell Tankstelle. :hurra: In die Dusche kam man nur mit Karte aber mit warm Wasser war die Welt auch in Ordnung und so wusch ich den Dreck des Tages ab, richtete die Frisur und frisch und fröhlich krabbelte ich um nachts um eins in meinen Schlafsack. Während es draußen stürmte und schüttete.


    [Externes Medium: https://youtu.be/1Pb47iFYdiA]
  • Hier noch ein paar weitere nördlichste Punkt Europas:
    Wir haben uns auch schon mit dem Thema auseinander gesetzt als wir in der Gegend waren..


    – nördlichster Punkt des europäischen Festlands: „Kinnarodden“ auf der Nordkinnhalbinsel
    – nördlichster Besichtigungspunkt mit Straßenanschluss: das Nordkap auf der Insel Magerøya
    – nördlichster Punkt auf der Insel Magerøya: die Landzunge „Knivskjellodden“
    – nördlichster Landpunkt Europas: Franz-Josef-Inseln
    – nördlichster Punkt der Europäischen Union: Lappland in Finnland
    - nördlichste größere Siedlung Europas (und der Welt): Longyearbyen auf Spitzbergen (♁78° 13′ N, 15° 38′ O) mit 2040 Einwohnern.

  • Gigantisch! - Bis jetzt meine Lieblingsetappe, obwohl Litauen/Estland/Lettland schon fast nicht zu toppen waren!

    Als ich raus kam, noch im Rausch der Bilder und Eindrücke, hatte der Nebel sich weitestgehend verzogen und der Regen aufgehört.

    Das liest sich wie eine Einladung.

    Atemberaubend.


    Den Frieden an diesem kalten Ort, der für uns ein wenig Wärme und Sonne parat gehalten hatte.

    Hat sich doch gelohnt, quasi extra für Euch.

    vor allem der erste Aufstieg. Fast senkrecht nach oben auf Schmierseife hat schon seinen speziellen Charme.

    Hierzulande wird das künstlich angelegt und heißt dann womöglich Hard Hunter oder irgendwas mit "canis". :lol:

    Kleine Schauer kamen noch auf dem Weg zum Auto aber nix schlimmes. Die Vorsorge mit der guten Kleidung hatte dem Wetter wohl die Freude am ärgern genommen.

    Gewusst wie, ausgetrickst! :D


    Die Musik passte wunderbar.


    Das Stativfoto habe ich vermisst (oder übersehen?), dafür gab's unerwähnte Rentiere zu sehen.
    Auch schön! :gut:
    Sorry für den monsterlangen Beitrag, aber musste sein, ging nicht anders. Irgendwie sah's da sehr majestätisch aus, besonders da


    und da

    .
    L. G.




    L. G.

  • @Zorro07 Kinnarodden hatte ich auch sehr überlegt aber die Tour beträgt ab Startpunkt 20km bis zum nördlichsten Punkt und dann muss man wieder zurück. Geht nur mit Biwak und die Strecke soll größtenteils noch unwegsamer und weniger markiert sein als zum Knivsjelodden. Dass bei den Bedingungen die wir hatten- das war mir alleine zu heikel. Vier, fünf Wochen später, wenn alles etwas abgetrocknet ist, dann wäre es sicher toll, da die Ecke wohl absolut menschenleer ist. :herzen1:


    Rotbunte vielen Dank für den langen Beitrag. :applaus: Ich freu mich doch, wenn ich Begeisterung auslösen kann und du ein bisschen von daheim reisen kannst. Hab ich das Gruppenfoto vergessen? Warte mal ich lad es mit deien deinen Favoriten mal seperat hoch. Obwohl ich da ein bisschen schräg guck :lol: , ein wenig eingefroren und mit Hut und so. :xmas_kilroy:


    Die Rentiere waren vom Auto aus, gleich hinter der nächsten Kurve, nachdem wir los gefahren waren. Musst ich natürlich nochmal anhalten. :cuinlove: Und diese Tour war jeden Zipfel nasse Kleidung mehr als wert. Solch Natur hats bei uns einfach nicht und so oft kommt man so hoch in Norden ja auch nicht.

  • Super! *Mund wieder zuklapp*
    Wie heißt denn jetzt genau das Felsmassiv hinter Eurem Gruppenfoto?
    (Das, was da im Hintergrund im Meer ist.)
    Das fand ich am beeindruckendsten.
    L. G.

  • Das ist das Nordkap. Der Knivsjelodden ist noch einen Tick nördlicher als das Kap, weil das Kap aber spektakulärer ist, würde dieses als nördlichster Punkt deklariert. :D Man hat vom Knivsjelodden einfach einen fantastischen Blick zum Nordkap, muss dafür allerdings ein paar Kilometer durch die Wildnis stampfen und wenn man Pech hat, kommt man an und das Kap verschwindet im Nebel - wie fast üblich. :lol: Von daher hatten wir wirklich unglaubliches Glück.

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