Das Problem ist an diesem Ende der Leine ... die richtige Einstellung beim Training und wie lerne ich Konsequenz?

  • "Tschihihihi, "entspannt" spazieren und "die Seele baumeln lassen" kenne ich auch nicht beim Gassi gehen ich halte das ja für einen kompletten Mythos
    Mit der Zeit wirst Du ganz von selber wesentlich aufmerksamer. Du wirst die Gegend scannen ohne dass Du das noch bemerkst."
    (sorry, ich bin irgendwie zu blöd zum korrekten Zitieren)


    Ein wirklich interessanter Punkt: Genau das IST für mich die Enspannung, beim Hundespaziergang ebenso wie beim Reiten: dass du sozusagen in die Welt eines ganz anderen Lebewesens eintauchst und sie mit seinen Sinnen zu erfassen versuchst.


    Vielleicht baumelt die Seele dabei nicht, aber sie ist doch auf faszinierende Weise anderswo als im Alltag. Anstrengend ist das, glaube ich, nur am Anfang - je mehr man auf eine Wellenlänge kommt, desto selbstverständlicher wird es - und ich finde es auch nach Jahren immer wieder ein tolles Erlebnis, die Welt mit so anderen Augen zu sehen.

  • Auch wir haben einen Hund, der aus dem Tierheim kam und an der Leine gezogen hat auf Teufel komm raus. Im Tierheim wurde Emma täglich von wechselnden Gassigängern ausgeführt und da hat es niemanden gestört, dass sie solch enormen Vorwärtsdrang hat. Das lief über Monare so. Entsprechend fest war das Schema in ihr verankert.
    Wir hatten die ersten Wochen/Monate enorme Rückenprobleme. Unser Physiotherapeut hat sich gefreut. ;-)
    Emma kannte keine konsequente Führung. Sie jagte alles, Schmetterlinge, Schwalben, plötzlich auffliegende Enten..... Wenn man da vor sich hin träumte, was ich von unserem ersten Hund gewöhnt war, dann endete das oft schmerzlich. 27 in die Schlepp donnernde Kilo zerren schon gewaltig an den Sehnen.
    Wir haben monatelang an der kurzen Leine geübt (Stehen bleiben bei Zug und weiter bei lockerer Leine). Jetzt, nach über einem Jahr hat es endlich Früchte getragen. An der kurzen Leine darf sie auch nicht nach Schmetterlingen springen. Das hat Emma mit viel Leckerlis nun (fast) verinnerlicht. Es reicht meist ein "Nur gucken" und sie lässt die Leine locker. Ein enormer Fortschritt!
    Unterwegs zwischen den Feldern ist sie an der Schleppleine. Da gab es einige für Schulter und Rücken unangenehme Rucker. Wir haben uns dann einen Jogginggürtel zugelegt (schön breit und mit Ruckdämpfer). So war der Ruck nicht in Schulter und Arm, sondern wurde über die Hüfte abgefedert. Das hat super gegen Rücken- und Schulterschmerzen geholfen. Unser Physiotherapeut hat uns seitdem nicht wieder gesehen. :-)
    Wir haben lange mit super Leckerlis den Rückruf an der Schlepp geübt. Eine Schleppleine ist mittlerer Weile total hinüber. In den nächsten Tagen kommt eine neue aus Biothane. Die letzten Wochen kann ich die Schleppleine schon loslassen und Emma zieht sie so hinter sich her. Ich habe mir 2m vor dem Ende einen Knoten reingemacht. Sehe ich den Knoten vor mir, wird Emma per Kommando gestoppt. Reagiert sie mal nicht, trete ich auf die Leine und der Ruck holt ihre Aufmerksamkeit wieder zu mir. Aber meist bleibt sie auf Kommando stehen oder wartet von sich aus.
    Wir hatten uns auch sehr lange Stress gemacht. Aber das führt zu nichts. Meist überträgt sich das auf den Hund. Nachdem wir es akzeptiert hatten, dass Emma wohl immer an der Schleppleine bleiben muss, waren wir viel entspannter. Das hat auch Emma bemerkt und sie läuft nun viel besser.
    Nach ca. einem Jahr gab es einen deutlichen Schub in Emmas Gehorsam. Sie scheint nun endlich angekommen zu sein.


    Also lass Dir Zeit. Es wird. Irgendwann.


    Ich wollte Emma auch während der Spaziergänge bespaßen. Aber das hat sie nicht die Bohne interessiert. Sie macht ihr eigenes Ding, schnuppert, markiert, rennt vor und zurück. Das einzige, was wir unterwegs einbauen sind Sprung- und Kletteraktionen. Das ist so richtig ihr Ding. Jeder größere Findling wird so erklommen. Oben gibt es ein Leckerli. Jetzt werden die Strohballen an den Felder genutzt. Im Wald balanziert sie über liegende oder stark geneigte Stämme. Und freut sich wie Bolle, wenn sie gelobt wird. Als wir zur Hundeschule waren, ist sie dort in den Übungspausen über jedes Hindernis, wir mussten sie nicht dazu animieren. Also ist Klettern, springen und balanzieren jetzt ihre Belohnung.


    Hier kommen sehr gute Tipps zusammen. Den Tipp von @lemming mit dem Umklipsen von Halsband auf Geschirr werde ich heute nachmittag sofort umsetzen. Da wir oft mit Schleppleine Zuhause starten, zieht Emma erst mal los. Also lasse ich nun zusätzlich das Halsband drum und für die Strecke an der Straße kommt die (kurz zusammengenommene) Schleppleine da dran. Danke für diesen Tipp. Eigentlich eine kleine Sache, aber ich kann mir gut vorstellen, dass das eine große Wirkung hat.

  • Nochmals vielen Dank für alle weiteren Antworten. Ich kann nicht auf jeden einzelne eingehen, aber alles hilft uns super weiter.


    Was mir jetzt schon ganz klar geworden ist und was ich im ersten Schritt umsetzen werde:
    Wir brauchen unbedingt eine neue Ausrüstung, es ist hier schon mehrfach angesprochen worden. Wir laufen seit Beginn mit einem schlecht sitzenden Brustgeschirr und einem labbrigen Halsband durch die Gegend, das sich bei jedem Zug ausweitet - also hänge ich die Leine dort sowieso niemals an, weil ich Angst habe, dass der Hund rausschlüpft. Das Halsband hatten wir nur deswegen, weil dort der GPS Tracker raufpasst, aber Gio wird in nächster Zeit sowieso hauptsächlich an der Schleppleine sein und nicht im Freilauf, daher brauchen wir den Tracker erst mal nicht.


    Wir werden uns ein breites Halsband, ein stabiles, hochwertiges Geschirr mit Brustring und einen Ruckdämpfer besorgen!


    Und dann werden wir das alles richtig einsetzen. An den Brustring nur, wenn wir an kurzer Leine Leinenführigkeit üben, und nur kurze Einheiten, oder dann am Halsband. Und ansonsten hängt er wie gewohnt am Rückenring vom Geschirr, an der Schleppleine. Leinenführigkeit können wir außerdem auch gut im Garten kurz üben und dann ein schönes Spiel machen.


    Und bei den Spaziergängen werden wir jetzt alles ein wenig lockerer angehen :smile: spielen lassen wir erst mal weg, ich werde ihn weiterhin belohnen, wenn er mich anguckt, ansonsten viel entspannen und bummeln, und vor allem Gio auch sein Ding machen lassen. Dazwischen auch kleine Übungseinheiten, aber nicht übertreiben. Und dass er eine Weile noch ziehen wird, das kann ich jetzt auch akzeptieren. Es geht halt einfach nicht von heute auf morgen, und erzwingen kann ich es schon gar nicht.


    Außerdem ist mir jetzt durch eure Beiträge klarer geworden, dass manches eben Teil seines Charakters ist, weil er einige Merkmale von einem Hirtenhund hat. Und das muss man auch so akzeptieren, ich finde es ja auch toll so. Einiges bildet sich gerade erst heraus bei ihm. Er verliert langsam seine Unsicherheit und wird eigenständiger, läuft mir nicht mehr ständig hinterher und schafft es inzwischen, einige Stunden freiwillig allein draußen im Garten zu schlafen, ohne Trennungsangst zu haben. Vor ein paar Monaten wäre das noch undenkbar gewesen. :applaus: Bin daher auch ganz stolz auf ihn, dass er das so schafft und sich so super entwickelt.


    Also wir werden jetzt erst mal alles entspannter angehen und uns Zeit lassen, und der Rest kommt dann schon :smile:

  • Wichtig ist, daß Du Dich selbst sicher fühlst, auch sicher, ihn halten zu können. Chilly wiegt 33 kg und hat beim Leinepöpeln, und manchmal läßt sich halt nicht alles vermeiden, zum Berserker gewechselt, er hat mir einen Finger mal gebrochen und einmal hat er nach hinten weggezogen, weil ich nicht gesehen hab, daß von hinten ein Hund kam :roll: . Mich hats so hingelegt auf den Hinterkopf, daß mir schwarz vor Augen wurde und ein Passant hat mir dann aufgeholfen und ich hatte echt Angst daß noch schlimmeres passiert ist.
    Daraufhin hab ich Chilly am Rückenring vom Geschirr normal eingehängt und wenn ein Hund kam zusätzlich mit dem anderen Ende der Leine vorne an der Brust.
    Das war dann ein Kreislauf: Dadurch konnte er nicht mehr die Kräfte entwickeln, ich wurde sicher, ich wurde entspannt, dadurch souverän und dann war das irgendwann gar kein Thema mehr. Er geht jetzt sehr ordentlich an der Leine.

  • Wichtig ist, daß Du Dich selbst sicher fühlst, auch sicher, ihn halten zu können.

    Da hast du recht, sicher fühle ich mich derzeit noch nicht, aber mit all den Tips hier werde ich das hoffentlich bald erreichen.


    Daraufhin hab ich Chilly am Rückenring vom Geschirr normal eingehängt und wenn ein Hund kam zusätzlich mit dem anderen Ende der Leine vorne an der Brust.

    Das ist auch ein super Hinweis, danke. Kann mir sehr gut vorstellen, dass man den Hund so viel besser unter Kontrolle hat und er einen nicht mehr so leicht aus dem Gleichgewicht bringen kann :gut:

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