Hundeerziehung: Führung, Dominanz oder Laisser-faire... eure Meinung interessiert mich! :)

  • Hallo miteinander :winken:
    Mich würde eure Meinung zum Thema Hundeerziehung interessieren!


    In der letzten Zeit bin ich immer wieder mal über Nebendiskurse in Threads (mit ganz anderen Hauptthemen) gestolpert, in denen es um Führung, Unterordnung, Grenzen setzen oder eben nicht ging. Manche behandeln ihre Hunde so, wie sie sich vorstellen, als Hund selbst gern behandelt zu werden. Andere haben strengere Regeln. Manche trainieren Kommandos auf, andere knurren ihren Hund an, manche lassen sich von ihrem Hund anknurren und freuen sich über die Meinungsäußerung.


    Der Konsens war meist, dass Erziehung beim Hund notwendig ist, allerdings gehen die Meinungen sehr weit auseinander, wie diese Erziehung aussehen sollte, bzw. wie auf gar keinen Fall.


    Einig scheinen sich viele hier im DF zu sein, dass


    a) Rudel und Rudelführer ein alter Hut ist und quasi nicht existiert
    b) Dominanz bzw. Rangordnung eine menschliche Erfindung ist
    c) Unterordnung fordern ganz knapp am tierschutzrechtlich Relevanten vorbeischrammt


    Hab ich noch was vergessen? :???:
    Ach ja, dass d) wenn Dominanz existiert, die Hunde auch gleich die Weltherrschaft ergreifen möchten :lol:


    Ok, das war jetzt etwas übertrieben, aber mich würde wirklich eure Meinung interessieren... wie seht ihr das?


    (Dass Gewalt, Anschreien und dem Hund Schmerzen zu verursachen keine Erziehung ist, setze ich einfach mal voraus, da sind wir uns wohl alle einig)



    Bin sehr gespannt auf eure Postings!! :applaus: :hurra:



    PS: ....bitte in der gewohnten freundlichen Art des Austausches... wollte es nur mal vorsorglich erwähnt haben :roll: :klugscheisser: :smile:

  • Das kann ja ein interessanter Austausch werden, ich bin gespannt :rollsmile:


    Also ich bin Ersthundehalterin und hab noch keine Kinder - ich erwähne das mal, weil ich glaube das Erziehung auch viel mit gemachter Erfahrung zu tun hat. Ich arbeite allerdings in einer Wohneinrichtung für sieben Kinder mit einer (leichten) geistigen Behinderung.


    Ich erziehe Frieda so, wie ich auch die Kinder auf der Arbeit „erziehe“, ich hoffe dieser Vergleich ist für niemanden anstößig, so ist er nömluch nicht gemeint. Ich bin nur der Meinung das man einen Stil hat in der Erziehung egal ob Mensch oder Tier.


    Ich würde meinen Erziehungsstil als streng, aber sehr liebevoll bezeichnen. Ich habe Regeln aufgestellt, die eingehalten werden sollen ohne „Diskussion“. Frieda lernt diese Regeln ja quasi erst kennen, aber es gibt halt Dinge die mir wichtig sind und das diese auch eingehalten werden, dann kann ich bei anderen Dingen auch mal fünfe grade sein lassen.

  • Bei mir kommt das ganz einfach auf den Hund an der mir gegenüber steht.


    Fino führe ich quasi gar nicht. Er braucht keine klaren Regeln und Grenzen und auch kein Management oder sonstige Hilfe. Wir haben uns vor Jahren darauf geeinigt das er sich an die Grundregeln (Nicht Jagen, niemanden belästigen und zuverlässig kommen wenn es wichtig ist) hält und ich ihm im Gegenzug nicht ständig auf die Nerven gehe. Die Beziehung zu ihm würde ich spontan als die innigste und tiefste bezeichnen. Wir verstehen uns ohne Worte und respektieren uns gegenseitig. Ich habe vollstes Vertrauen in ihn und seine Fähigkeiten.


    Naikey ist das blanke Gegenteil er braucht immer noch unglaublich viel Führung und Hilfe. Viele Regeln und Grenzen die strikt und absolut Konsequent durch gesetzt werden (samt deutlichen Ansagen) sind sein Anker in dieser lauten und komplexen Welt. Er braucht permanentes Feedback (positiv wie negativ) von mir um sich sicher zu fühlen. Ihn einfach so wie Fino machen zu lassen wäre ihn allein im Regen stehen zu lassen.


    Newton ist ein Zwischending zwischen den Beiden. Er braucht Regeln und Grenzen und auch mal eine Ansage aber bei ihm kann man auch mal 5 grade sein lassen ohne das seine Welt zusammenbricht. Er sucht deutlich mehr Feedback als Fino ist aber auch in der Lage Selbstständig vernünftige Lösungen zu suchen und bei weitem nicht so schnell überfordert wie Naikey. Bei ihm stehen die Grundregeln in Stein gemeißelt und die werden auch vehement von mir eingefordert aber ansonsten ist vieles locker und frei von strenge.

  • Man muss die Methode finden die auch zum Hund passt. Denn es bringt mir nix wenn die Methode für mich gut klingt, wir aber nicht weiterkommen.


    Mein einer Hund braucht sehr viel Führung. Bzw naja "brauchen". Er würde sehr wohl auch ohne ganz gut klar kommen nur wäre das Ergebnis alles andere als gesellschaftstauglich.
    Mein anderer Hund genießt in manchen Sachen Narrenfreiheit. In anderen bekommt auch sie Führung. Aber im Vergleich viel weniger streng. Einfach weil sie ein ganz anderer Typ Hund ist der zB nie bewusst provozieren oder testen würde und weil von ihr keinerlei Gefahr ausgeht.

  • Ich bin eigentlich der Laissez-faire Typ "Mach was du willst, solange du damit niemandem weh tust." heißt für den Hund in Kurzfassung: Nerv keine Menschen, keine anderen Hunde, geh nicht ohne meine Erlaubnis jagen.
    So bin ich mit Finya jahrelang gut gefahren, nachdem sie ihre Menschen- und Hundeangst abgelegt hatte.
    Ich bin mit ihr quasi auf einer Ebene. Ich führe sie nicht, wir gehen als gleichberechtigte Freunde durch die Welt. Wenn sie eine andere Meinung hat als ich, diskutieren wir das halt aus und mal entscheidet sie und mal ich oder es gibt auch mal einen Kompromiss.
    Sie ist für mich kein Hund, dem man ständig sagen muss, was er zu tun hat. Dafür denkt sie zu selbstständig und zu problemlösend. Sie hat keine Regeln wie vor dem Napf warten bis ich das Fressen erlaube, sie muss nicht an Türen warten, darf liegen wo sie will, kann an der Leine laufen wo sie will, im Freilauf das gleiche, so lange sie Kontakt hält. Wenn sie bettelt, bekommt sie was von meinem Essen ab, wenn sie Mist baut, frag ich sie einfach nur, ob sie heute Morgen falsch aufgestanden ist. Sie ist komplett verzogen und nutzt das niemals aus.



    Und dann kam Frodo. Das komplette Gegenteil. Der bekommt alleine quasi gar nichts auf die Reihe, also musste ich komplett umlernen und mich damit abfinden, dass ich jetzt eben auch einen Hund habe, dem ich praktisch alles vorkauen muss.
    Frodo hat Regeln fürs Anziehen, fürs Rausgehen, fürs Fressen, für Menschen- und Hundekontakt, fürs an der Leine laufen, fürs Freilaufen, fürs ins Auto einsteigen, fürs aussteigen, fürs Rumliegen, also für wirklich alles. Ich finde es furchtbar, aber ihm tuts gut. Er ist dann entspannt und fröhlich und fühlt sich in seiner rosa Wattebauschwelt rundum wohl.
    Wenn ich ihm mal nicht sage, was er tun soll, läuft er immer wieder zu mir, um mich zu fragen, was er denn machen soll.
    Deshalb gibt es auch ein Kommando für "Du hast Freizeit, aber ich bin in der Nähe."
    Also Frodo will und muss geführt werden. Zu ihm habe ich eine ganz andere Beziehung, ich bin sein Felsen in der Brandung, sein Beschützer, wahrscheinlich sein Lebensinhalt.
    Er ist übrigens frech ohne Ende - ohne feste Regeln würde er mir schnell auf der Nase rumtanzen und das würde bei ihm schnell in einer kleinen Katastrophe enden^^

  • @oregano


    Ich bin bei dir und Finya.
    Paula ist auch die Sorte Hund, bei der es so sehr gut klappt.
    Bei meinem ersten Hund war es anderes, der brauchte eine feste Hand, klare Regeln und auch mal eine Ansage.
    Meine vorherige Hündin war auch sehr pflegeleicht in Sachen Erziehung.


    Ich empfinde Hündinnen einfacher zu erziehen .

  • Ich denke auch, dass es auf den Hund ankommt.


    Neville ist da wie Frodo. Der braucht Regeln. Aber er kommt auch nie auf die Idee irgend einen Blödsinn zu vernstalten. Er rennt nicht einfach weg, generell entfernt er sich nie aus meinem unmittelbaren Dunstkreis, er geht nicht jagen, er zertört nichts. Trotzdem braucht er in seiner rosa Seifenblasenwelt Regeln, die ihm Halt geben.
    Z.B. Fuß laufen, wenn Menschen entgegen kommen, erst Kontakt zu anderen Hunden suchen, wenn ich es erlaube, Fressen erst nach Erlaubnis, ganz viele kleine Dinge. Aber er findet es auch einfach richtig geil mir zu gefallen.


    Mir reicht prinzipiell auch als Ziel der Hundeerziehung: ein funktionierender Rückruf, lockeres an der Leine laufen und andere Lebewesen nicht zu belästigen. Mehr müsste es gar nicht sein.


  • a) Rudel und Rudelführer ein alter Hut ist und quasi nicht existiert
    b) Dominanz bzw. Rangordnung eine menschliche Erfindung ist
    c) Unterordnung fordern ganz knapp am tierschutzrechtlich Relevanten vorbeischrammt


    Das Problem sind einfach die Begrifflichkeiten und die Wortwahl.


    z.B. "Rudel + Rudelführer".
    Einige hängen sich ja da dran auf, dass es zwischen Mensch und Hund kein Rudel gibt. Punkt aus.
    Das timmt - dennoch weiß jeder was mir "Rudel" gemeint ist und das ist für mich wichtiger als eine exakt wissenschaftliche Bezeichnung.


    Mich (und viele andere auch) stört viel eher, dass mit "Ruelführer" oder auch "Dominanz" etwas völlig anderes impliziert wird.


    Es sind auch heute noch sehr negativ besetzte Worte.
    Wenn ich jemandem Rate "sei der dominante Rudelführer" versteht der sehr wahrscheinlich "der Hund hat nix zu melden, DU musst alles betimmen und musst die absolute Macht und Kontrolle innehaben! Mit Leckerchen klappt das nie! Macht und Kontrolle bekommt man nur durch Härte und der Peitsche". Und diese Ansicht ist nun mal veraltet.


    Und gerade wenn ich im Forum sachen lese wie "Der Hund tanzt dir auf der Nase rum, du musst ihm zeigen dass du das Sagen hast" - ist der Sachverhalt mitunter richtig - aber die Wortwahl löst beim Hilfesuchenden ein sehr ungutes Gefühl aus.
    Denn als Mensch möchte man niemals, dass einem auf der Nase rumgetanz wird - schon gar nicht von eigenen Haustier. Und mit schlechten Gedanken schaut derjenige dann den Hund an und beurteile sein Verhalten. Man kommt zu dem Schluss:
    "Der Hund will mich äfgern, mich unterbuttern, mich dominieren ..." dann ist das Gift für die Beziehung.
    Niemand lässt sich gerne von wem anderes unterbuttern.


    Und mit Worten kann man sehr viel anrichten - man kann das Bild vom eigenen Hund beeinflussen.
    Sage ich also "Dein Hund tanzt dir auf der Nase rum, er will der Boss sein" - löst das schlechte Gefühle aus.
    Sage ich hingegen "Dein Hund braucht Regeln und Strukturen damit er sich sicher fühlt - du musst ihm zeigen dass du die Verantwortung übernehmen kannst, damit er das nicht zu tun braucht" - ist der Sachverhalt der gleiche - aber es ist ganz anders und (mMn) deutlich produktiver rübergebracht.
    OHNE dass ich zwischen Hund und Halter einen Keil treibe.



    Ich habe kein Problem damit, mich in meiner Beziehung zum Hund als "Ranghöher" zu bezeichnen oder manchmal "Unterordnung" einzufordern.
    Denn ich neige dazu, mit meinem Hund sehr vermenschlicht umzugehen.


    Ich versuche ihn so zu behandeln, wie ich mein Kind behandeln würde.
    Auch als Mutter bin ich "Ranghöher" - auch als Mutter erwarte ich in manchen Situationen "Bedingundlosen Gehorsam" ohne dass groß diskutiert wird. (Kommt natürlich aufs Alter an)


    Das erreiche ich jedoch nicht durch Unterbuttern, Machtspielchen, Gewalt, Härte usw.
    Dass ereiche ich durch Verantwortung, Zuneigung, Konsequenz, Freiraum geben, Bedürfnissbefridigung, Sicherheit geben, berechenbar sein usw.


    Und so ist es auch bei Hunden (natürlich gibt es nochmal Unterschiede - der eine Hund ist "fügsamer" der andere "aufmüpfiger" -
    das bei Kindern ja nicht anders ;) )


    Nur wenn ich sage "Als Mutter bin ich Ranghöher" versteht man im allgemeinen "ich habe als Mutter die Verantwortung und muss daher Entscheidungen treffen".
    Sage ich bei Hunden "Als Hundehalter bin ich Ranghöher" verbinden viele Leute es mit "Ich habe Macht und Kontrolle über meinen Hund".
    Und da spalten sich dann die Lager in die zwei Extreme "Oh Gott wie kannst du nur!!" und "ja, genau richtig, man muss dem Hund zeigen wo der Hammer hängt!!!"



    Übrigens:
    soweit ich das mitbekomme sind sich hier im DF auch (fast) alle einig dass:
    a) Leckerchen schmeißen kein Allheilmittel ist und nicht zu jedem Hund/Halter passt
    b) Clickern/Marker gute Methoden sind aber falsch angewandt auch gar nix bringen - jeder ist sich bewusst das es ein wenig mehr ist als nur "Leckerlie rein und klappe zu"
    c) dass auch in der positivsten Hunde-dutzi-du-Erziehung gestraft wird (Wenn man Strafe "wissenschaftlich" betrachtet)


    Das nur mal - um auch andere Gemeinsamkeiten hervorzuheben ;)

  • Sage ich also "Dein Hund tanzt dir auf der Nase rum, er will der Boss sein" - löst das schlechte Gefühle aus.
    Sage ich hingegen "Dein Hund braucht Regeln und Strukturen damit er sich sicher fühlt - du musst ihm zeigen dass du die Verantwortung übernehmen kannst, damit er das nicht zu tun braucht" - ist der Sachverhalt der gleiche - aber es ist ganz anders und (mMn) deutlich produktiver rübergebracht.

    Ich sehe da überhaupt keinen identischen Sachverhalt.
    Kein Hund "tanzt einem willentlich auf der Nase rum oder will der Boss sein", aber jeder Hund braucht Regeln und Strukturen!
    Der Eine mehr und der Andere weniger.

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