Ich kann keine Bindung zu meiner TH-Hündin aufbauen

  • was soll das mit Bindung zu tun haben? Und warum versuchen soviele Hundetrainer, solche Dinge mit "Bindung" oder "Mensch regelt weil Chef" zu erklären?
    Für mich klingt es so, daß Du viel zu nah an Hunden und Menschen vorbeigehst. Das überfordert sie, was Du ignorierst und dann kann sie gar nicht anders. Was soll sie denn machen? "Gehorchen", nur weil Du es möchtest?
    Ich finde Leinenpöpeln auch keine Unart, sondern eine Antwort des Hundes auf eine Situation, mit der er nicht zurechtkommt. Da muß Mensch auch nichts regeln. Was denn? Was soll Mensch denn regeln bei Passanten?
    Abstand halten, zeigen und benennen und vor allem aufhören, moralisch zu werten.


    Dass ich zu nah vorbeigehe weiß ich, ich habe halt manchmal keine andere Möglichkeit. Grade morgens vor der Arbeit habe ich natürlich auch nicht die Zeit, die Gute ins Auto zu packen und mit ihr irgendwohin zu fahren, wo es ruhiger ist.


    Wir treffen auf der Morgenrunde halt den ein oder anderen Hund, und wenn links die befahrene Straße ist und rechts ein Häuserblock, gibt es nicht viele Möglichkeiten, der Situation auszuweichen. Wenn ich die Zeit habe, drehe ich um oder wechsele die Straßenseite. Aber es kommt auch schon mal vor, dass plötzlich ein Hund um die Ecke geschossen kommt und dann sind halt alle gleichermaßen überrascht und kurz darauf geht von Debby das Gezerre und Gebelle los.


    Ich finde es aber interessant, dass du schreibst, dass das mit mangelnder Bindung nix zu tun hat, wie der Trainer es mir ja erklärt hatte. Denn für mich klang das absolut logisch. :/

  • Nun... 'Bindung' ist immer so eine Sache, mit der manche Trainer gerne um sich werfen, wenn sie keine Alternative mehr kennen.


    Nach sechs Monaten würde ich aber schon davon ausgehen, dass sich noch kein wirklich tiefes Vertrauensverhältnis zwischen euch aufgebaut hat. Vielleicht hat deine Hündin in der Tat das Gefühl, dass du sie in Situationen, die für sie schwierig und aufregend sind, nicht genügend stützt. Manche Hunde brauchen länger, um ernsthaft zu vertrauen- und dann auch nur, wenn sich der Hundehalter als souverän und berechenbar darstellt. Bis sich ein mißtrauischer Hund auf dich verlässt, kann es schonmal dauern- sechs Monate sind da wirklich noch nichts, bei uns dauerte es über ein Jahr. Wenn du am Vertrauensverhältnis arbeiten willst, empfehle ich dir folgendes Buch:



    Das ist wirklich großartig und die Autorin weiß wirklich, wovon sie spricht. Sie hat auch selbst eine Hundeschule und man kann sie auch anrufen und um eine Beratung bitten.

  • Hi, schön, dass Ihr Euch dieses Hunds annehmt. Bindung und eine gemeinsame Sprache des Mensch/Hund Teams wachsen. Deine Hündin musste im Tierschutz vermutlich erstmal lernen, dass Menschen und Hunde sich überhaupt miteinander zu verständigen wissen. Und hat dann eine wichtige Bezugsperson verloren, was ja auch wieder Unsicherheit reinbringt.


    Also - Gebt Euch Zeit. Dazu haben Dir ja schon einige geschrieben.


    Darf ich ein Bissel was zum Alltag fragen? Wie handhabt Ihr es mit Gassigängen, Beschäftigung? Was sind so Eure Spiele? Das Training, war das Einzeltraining und/oder auch Gruppentraining? Wo schläft der Hund?


    Neben „Zeigen und Benennen“ bin ich ein großer Fan von gemeinsamen Suchspielen mit Leckerchen, bei denen Hund/Mensch Teamwork mit Erfolg belohnt wird.


    Ansonsten ist Eines ganz wichtig, gerade bei einem ängstlichen Hund mit Sozialisationsschaden: Freude an den kleinen Fortschritten. Dass sich der Hund in der Wohnung problemlos zeigt und sich freut, Dich zu sehen, ist schonmal toll und ein Riesenschritt für einen unsicheren Hund.


    Und für Draußen wäre erstmal mein Tipp: Schau, ob Du Dir die Situation leichter machen kannst. Z. B. mit Doppelsicherung an Halsband und Geschirr, ggf. Maulkorbtraining mit ihr und nen Maulkorb anziehen (falls Du Angst hast, dass sie dochmal zuschnappt).


    LG Nicole

  • Grade morgens vor der Arbeit habe ich natürlich auch nicht die Zeit, die Gute ins Auto zu packen und mit ihr irgendwohin zu fahren, wo es ruhiger ist.

    Warum nicht? Ich sehe es genauso wie @Cindychill du konfrontierst einen unsicheren/ängstlichen Hund mit einer Situation, in der er sich eingeengt fühlt und entsprechend reagiert. Das hat für mich auch überhaupt nichts mit Bindung zu tun, sondern damit, dass der Hund, der erst seit 6 Monaten bei euch ist und offensichtlich als "Angsthund" vermittelt wurde, mit eurer direkten Umgebung aktuell völlig überfordert ist.


    Gib deinem Hund die Zeit, sich an fremde Reize, egal ob Mensch oder Hund zu gewöhnen. Dazu bleibt es nicht aus, sich ruhigere Gegenden zu suchen.

  • ich finde nach deiner Schilderung, dass ihr schon mega viel erreicht habt in relativ kurzer Zeit. Mein "Problemfall" ist knapp 8 Monate hier und geht auch laut knurrend nach vorne, wenn ihm etwas gruselig ist. Das liegt bei ihm definitiv nicht an der Bindung zu mir, er mußte sich halt früher alleine durchschlagen.


    Bei ihm hilft es möglichst Abstand zu dem anderen Hund (oder gruseligem Menschen) zu halten und diesen auf Entfernung anschauen zu dürfen. Weitergehen klappt in solch einem Moment bei einigen Hunden, aber eben nicht bei jedem Bei manchen rastet er einfach aus. Abharken, auch wenn es nervt und bei nächsten Mal vor raus schauender sein.


    Du bist also nicht alleine mit solch einem Problem. Nur Mut, dass wird schon mit der Zeit, du bist ja auf einem guten Weg, finde ich

  • Ich sehe da kein Bindungsproblem. Leider gibt es einige Hundetrainer, die gern mal eine fehlende/schlechte Bindung diagnostizieren, auch in Fällen, wo das Problemverhalten des Hundes völlig andere Ursachen hat.


    Eure Hündin ist gerade mal seit 6 Monaten bei euch! Sie hat eine scheinbar nicht gerade tolle Vergangenheit gehabt und vieles ist ihr neu und fremd. Sie wird in der Spaziergangs-Situation einfach überfordert sein und wie schon erwähnt, kann ein Hund, der gerade sehr angespannt und erregt ist oder Angst hat, sich gar nicht auf Dich konzentrieren.


    Ich würde dir zu Einzelstunden bei einem qualifizierten Hundeverhaltenstrainer raten. Auf der Homepage z
    B. von http://www.trainieren-statt-dominieren.de findest du gewaltfrei arbeitende TrainerInnen.


    Im Alltag wird dir keine andere Möglichkeit bleiben, als erst mal großzügig auszuweichen, wenn euch Menschen und insbesondere Hunde entgegenkommen. Die richtige Distanz zum Auslöser zu finden ist im Training essentiell. Dann kann deine Debby dich noch auf dich konzentrieren, was du sofort bestätigen und belohnen kannst. Ich würde auch dazu raten daas du dich mal in Zeigen und Benennen und Click for Blick einliest =)

  • Dass ich zu nah vorbeigehe weiß ich, ich habe halt manchmal keine andere Möglichkeit. Grade morgens vor der Arbeit habe ich natürlich auch nicht die Zeit, die Gute ins Auto zu packen und mit ihr irgendwohin zu fahren, wo es ruhiger ist.


    Wir treffen auf der Morgenrunde halt den ein oder anderen Hund, und wenn links die befahrene Straße ist und rechts ein Häuserblock, gibt es nicht viele Möglichkeiten, der Situation auszuweichen. Wenn ich die Zeit habe, drehe ich um oder wechsele die Straßenseite. Aber es kommt auch schon mal vor, dass plötzlich ein Hund um die Ecke geschossen kommt und dann sind halt alle gleichermaßen überrascht und kurz darauf geht von Debby das Gezerre und Gebelle los.


    Ich finde es aber interessant, dass du schreibst, dass das mit mangelnder Bindung nix zu tun hat, wie der Trainer es mir ja erklärt hatte. Denn für mich klang das absolut logisch.


    Schau, Du gibst dir die Antwort ja schon selbst :) Also lass dir keinen Floh ins Ohr setzen, der Dich an Dir zweifeln läßt.
    Ich erzähl kurz von Chilly und mir. Ich habe schon viel Erfahrung mit Hunden, aber aus verschiedenen Gründen hat mich Chillys Leinenpöpelei (er wiegt 33 kg) anfangs völlig überrumpelt und komplett überfordert. Das war irgendwie Omnipresent, sobald ich die Wohnung verlassen hab, war in meinem Kopf ein 'oh gott bitte keine anderen Hunde' und wie das so ist, zieht man mit so einer Stimmung alle Tutnixe und Katastrophenhalter an :ugly:
    Die Veränderung kam von mir. Und ein Schritt war das Akzeptieren seiner Pöpelei. Klingt nun doof, war aber eine wunderbare Erleichterung. Weil dadurch mein Selbstbewußtsein wieder kam. Und die Zuversicht, daß wir das durchstehen werden.


    Wenn du die Möglichkeit hast dann lass dich mal filmen, was Du so treibst wenn dir ein Mensch oder Hund naht. Man gibt nämlich unbewußt schon soviele Signale der Überforderung, gerade wenn es eng wird, daß man den Hund zusätzlich verunsichert.
    Such trotzdem nach Möglichkeiten auf Distanz. Steh in der Früh 15 Minuten früher auf, dann ist alles relaxter, glaub mir, die ruhigeren Gassis werden dich positiv bestärken und bald ist das Routine für Dich :)


    Chilly würde in seinem Revier nach wie vor pöpeln. Er kann da um sich herum andere Rüden nicht ertragen. Ist so. Respektiere ich. Er muß keinen mögen. Aber ich möchte, daß er sie im Abstand von 20 Metern vorbeigehen läßt. Tut er auch. Manchmal ein bisschen schnaubend, aber ruhig stehend/gehend. Ob da näher bei uns je gehen wird? Bestimmt. Aber es ist nicht mein Ziel.


    Ich finde, das wichtigste ist: Zeit. Es eilt nicht. Es geht in dem Tempo voran, das es braucht.


    Und dann noch was ganz anderes. Mach eine Liste, was dein Hund schon alles toll kann, keine Kunststücke sondern zb spielen, fröhlich sein, betteln, lachen - alles Dinge, die für einen normalen Hund ganz normal sind, für einen Hund mit Vergangenheit aber nicht unbedingt.


    So das war jetzt ein langer Text, ich hoffe ein wenig davon war auch hilfreich

  • Sie ist jetzt wie gesagt seit November bei uns, das sind ja nun auch schon sechs Monate.

    Wie die anderen schon geschrieben haben: Das ist keine Zeit.
    Lass Dir und ihr 2 Jahre; so lange dauert das meiner Erfahrung nach (und der anderer TS-HH).
    Das Vertrauen muss man sich erarbeiten, durch Respekt vor den Ängsten des Hundes.
    Meiden, schützen, wenig fordern.

  • Die Frage ist ja, wie definiert man Bindung? Über den Gehorsam eines Hundes? Wohl eher nicht.


    Daher, mach dir nicht so viele Gedanken über eure Bindung. Bindung entsteht unbewusst und kann nicht erzwungen werden. Durch gemeinsame Erlebnisse, durchgestandene Situationen, Kontaktliegen, Bewältigen von Herausforderungen, Spiel, Spaß und Spannung usw.


    Ich finde, Erziehung und Bindung schließen sich gegenseitig nicht aus, Ergänzen sich wunderbar, sind aber keine Voraussetzung für das jeweilige andere.


    Du hast ja schon einige tolle Links und Stichworte bekommen. Besonders das zeigen und Benennen möchte ich dir ans Herz legen. Oh, und das Buch Leinenrambo. Dieses Büchlein erklärt super gut, was im Kopf des Hundes vorgeht und wie dort Z&B helfen kann bzw. wieso.


    Meine Hündin kommt aus dem Ausland und hat Deprivationsschäden. Das heißt, sie hat so gut wie gar nichts kennen gelernt. Zusätzlich dazu war Angriff die beste Verteidigung für sie. Dank Zeigen und Benennen sind wir nach 4 Jahren soweit, dass wir weitestgehend ein normales Leben leben können und nicht jedes andere Lebewesen als potenzielle Bedrohung angesehen wird. Bindung zueinander hatten wir dagegen schon relativ früh.


    Du siehst also, manchmal ist der Weg das Ziel, und sei er noch so lang.

  • Ich glaube keineswegs dass das ein Bindungsproblem ist. Das ist immer ein Schwachsinn mit dem viel Verunsicherung geschaffen wird. Fühlt man sich als unbdedarfter Hundehalter gleich schlecht und minderwertig. Dabei ist es großer Unfug. Der Unterschied von Bindung zu Beziehung ist, dass die Bindung eine spezielle Form der Beziehung ist, bei der der Beziehungspartner nicht durch einen gleichwertigen (Geschlecht, Status, etc) austauschbar ist. Und das bist du für deinen Hund. Natürlich bist du das, Hunde binden sich.


    Dass dein Hund an der Leine mit Dingen, wo er einen Konflikt hat, ausklinkt, ist doch ein ganz anderes Thema. Da hat der Hund die Not. Und das Ganze ist zu einem Reiz-Reaktions-Schema geworden. Hier würde ich sowohl über Grenzen und Führung (der Hund darf nicht) aber ebenso über Gegenkonditionierung - mit welchem Tool auch immer - arbeiten und damit das grundsätzliche Gefühl ändern. Und zu guter Letzt auch dafür sorgen, dass weder Mensch noch Hund in den Meter um euch kommt. Also: Hund darf nicht austicken, Hund braucht auch nicht austicken (du lässt keinen hin) und Hund WILL auch nicht mehr austicken (du änderst das Gefühl).


    Dazu braucht es leider einen sehr komptenten Trainer - davon gibts nicht viele. Die meisten hängen in einer Schablone fest. Wo wohnst du?

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