Massive Blutung, aber keine Gerinnungsstörung - was kann das sein?

  • Mein Nero wurde vor einer Woche kastriert. Eigentlich ein recht kleiner Eingriff, der im Normalfall komplikationslos verläuft. Nero war bisher gesund und fit und ist nun 3,5 Jahre alt.


    Leider verlief die OP nicht so gut. Er blutete auffallend viel aus dem Gewebe, aber die Stümpfe der Samenstränge konnten gut abgebunden werden. Die Ärztin warnte mich schon vor, der (erhaltene) Hodensack könnte durchaus etwas anschwellen, da es zu (kleineren) Nachblutungen kommen könnte. Das sei aber erst mal nicht schlimm. Das Blut gerinnt, würde dann abtransportiert und die Wunde heilt dann ganz normal.


    Von der Narkose hat er sich dann auch ganz gut erholt und wir nahmen ihn mit nach Hause.


    Leider wurde dann aber recht schnell klar, dass etwas nicht stimmt. Nero zeigte Schmerzanzeichen, die ich in dem Maße nicht erwartet hatte und als ich mir die Wunde 1-2 Stunden nachdem wir zuhause waren, ansah, war ich geschockt: der Hodensack hatte mittlerweile eine Größe von 1,5 Tennisbällen angenommen.
    Ich rief sofort die Praxis an und wir fuhren noch mal hin. Die Beule wurde punktiert, aber das Blut schien schon geronnen, so dass nur wenig abgesaugt werden konnte. Er bekam noch diverse Medikamente gespritzt und wir durften wieder nach Hause. Wir sollten abwarten.


    Weitere 2 Stunden später ging Nero mir vor Schmerz die Wände hoch, trotz hoher Dosis Schmerzmittel. Aus dem Loch der Punktion blutete es frisch, die Beule schien mir noch größer und auch aus der eigentlichen Operationsnaht begann es zu tropfen.


    Ich bekam Panik, wie fuhren in die Klinik. Unsere Ärztin kündigte uns dort an und gab alle Infos weiter.
    Es wurde Labor gemacht um seine Gerinnung zu testen. Das Blutbild war aber normal. Die Gerinnung hätte funktionieren müssen, ausreichend Thrombozyten waren vorhanden, sein Hämatokryt war ok.
    Ich befürchtete, eine Naht an den Stümpfen könnte aufgegangen sein, aber das tat man ab. Der Arzt dort schickte uns ebenfalls nach Hause, alle Werte seien ok, alle möglichen und nötigen Medikamente seien im Hund, die Voraussetzungen gut, der braucht Ruhe und dann MUSS das jetzt von allein aufhören.


    Die Nacht war furchtbar. Ich schoss Nero alle paar Stunden mit Schmerzmitteln ab, was aber nichts mehr half. Es blutete stetig, es tat ihm alles weh. Es war grausam.
    Am nächsten Morgen stand ich sofort wieder mit ihm in der Praxis. Zwei weitere Ärzte waren dabei, es wurde noch mal Labor gemacht. Werte ok. Man vermutete, durch die massive Schwellung laste zu viel Druck auf dem Gewebe, so dass die kleinen Äderchen immer wieder aufreißen und es deswegen so blutet. Es wurde ein Druckverband gelegt, damit die Beule entlastet wird, Nero wurde nochmals mit Schmerzmitteln versorgt und sediert.
    Wir sollten nach Hause.


    Die nächsten Stunden waren genau so grausam wie die Nacht zuvor. Es blutete, er war benommen vor Schmerz. Ich war so wütend, aber mittlerweile hatten wir mehr Zeit in Praxis und Klinik verbracht als zuhause und vier verschiedene Ärzte hatten gesagt, wir können da jetzt nichts machen und müssen warten.


    Die Nacht verbrachten wir wieder beim Hund, kühlten die Beule, ich gab ihm Schmerzmittel. Zu oft und zu viel, aber er hat es sonst nicht ausgehalten.


    Am nächsten morgen rief ich wieder die Praxis an und bestand drauf, dass sofort etwas unternommen wird, der Hund stirbt mir und wir gucken zu. Mittlerweile hatten die wohl auch weiter beraten und eine auf gefäßchirurgie spezialisierte Ärztin aus einer anderen Klinik dazugeholt. Nero wurde mit drei Ärzten notoperiert.


    Bei der OP traten weiter massive Blutungen an Stellen auf, wo es gar nicht hätte sein dürfen. Die Nähte an den Stümpfen waren ok, wurden aber trotzdem erneuert. Er blutete einfach aus den winzigen Adern im Gewebe.
    Er verlor zu viel Blut, bekam Transfusionen. Die OP dauerte mehr als drei Stunden, bis die größten Quellen geschlossen werden konnten.


    Die nächsten 1,5 Tage waren kritisch. Die Wunde blutete nicht mehr, aber zwei OPs in drei Tagen, ewig lange Narkose, die Schmerzen, Blutverlust, Medikamente... er war sehr belastet und hat einen Tag gebraucht, bis er überhaupt den Kopf heben konnte.


    Seitdem geht es aber stetig bergauf. Ich bin so wahnsinnig froh.


    Warum mein Hund so blutet, kann sich niemand erklären. Es waren nun diverse Ärzte involviert und alle sagten, so etwas hätten sie noch nie gesehen. Die normalen Gerinnungswerte sind in Ordnung und er wurde noch auf die von-Willebrand-Erkrankung getestet. Das wäre eine genetische Gerinnungsstörung. Aber auch das hat er nicht.


    Für mich ist nun vordergründig wichtig, dass er wieder auf die Pfoten kommt und das zukünftige Vorgehen ist auch klar: man behandelt ihn so, als hätte er diese Erkrankung. Heißt, OPs nur im Notfall, Spenderblut ordern, jeder Blutung Aufmerksamkeit schenken, engmaschige Überwachung danach.


    Und trotzdem... ich rätsele, warum das so ist. Mir scheint, die Ärzte wollen nicht weitersuchen. Aber nu, wie auch, wenn man keine Ahnung hat, wonach man suchen soll...


    Habt ihr vielleicht eine Idee? Schon mal etwas gehört? Ähnliche Fälle?


    Ich bin für jeden Denkanstoß, den ich mitnehmen kann, dankbar.

  • Auf eine Gerinnungsstörung würde er getestet?


    Wobei es ja nach einer OP auch einfach so Nachblutungen geben kann ... schon krass.


    Ich hoffe es geht ihm schnell wieder gut!!

  • Ja, das wurde ausgeschlossen.


    Ich kann auch aus seinem bisherigen Leben sagen: er hat nie übermäßig geblutet. Weder beim Zahnwechsel, noch bei Verletzungen (wobei er nie mehr als Schrammen, mal eine abgerissenene Kralle... hatte). Nach Prellungen (und die hatte er sicherlich, grundsätzlich ist er nicht so der vorsichtige Typ) gab es nie Beulen oder Hämatome. Nichts, was mich im Vorfeld hätte stutzig machen können...


    Bekannt ist jedoch, dass er einige Unverträglichkeiten hat. Schwein, fettiges, weizenhaltigeeführen zu Durchfall und bei längerer Gabe zu Ausschlag am Bauch.
    Ich habe vor ein paar Jahren ein TroFu aus Lachs und Reis gefunden, womit er keine Probleme hat.

  • Ach du sch**** :shocked: Was für ein Horror!!!! :dagegen:


    Gott sei Dank ist er mittlerweile auf dem Weg der Besserung! Helfen kann ich nicht, aber ich wünsche alles Gute für deinen Buben!

  • Die normalen Gerinnungswerte sind in Ordnung

    Beim Lesen musste ich als ITS-Pflegekraft als Erstes an eine s. g. Verbrauchskoagulopathie/disseminierte intravasale Gerinnung denken, ein "Phänomen", mit dem man in der Humanmedizin nach OPs häufiger mal zu tun hat.
    Da gibts sehr verschiedene Verlaufsformen von - von sehr gemäßigt mit völliger Ausheilung bis hin zu hochdramatisch, das schreib ich für den Fall, dass Du das nachgoogelst extra dazu.
    In der Phase, in der die diffusen Blutungen ins Gewebe auftreten, sind die Laborparameter bzgl. der speziellen Gerinnungswerte da häufig noch gar nicht verändert.


    Auch, wenn ich davon ausgehe, dass die TÄ da auch dran gedacht haben und entsprechende Blutwerte kontrolliert haben, welche Gerinnungswerte sind denn bestimmt worden? Waren da auch AT III, Fibrinogen und Fibrinspaltprodukte dabei?


    LG, Chris

  • Ich habe leider nur das erste Blutbild aus der Klinik hier. Das wurde ca 6 Stunden nach der ersten OP gemacht, wo man noch dachte, das wären zwar ungewöhnlich starke, aber im „normalen“ Komplikationsrahmen mögliche Nachblutungen.


    So sieht das aus:
    618862.jpg
    Ein paar werte sind leicht aus der Norm, aber das schob man darauf, dass er gerade den Eingriff hatte und da schon mal etwas verrutschen könnte.


    Ich habe heut Nachmittag wieder einen Termin, dann frage ich, ob sie mir die anderen Laborergebnisse ausdrucken. Ich glaube, da wurde mehr getestet.

  • Jessas :shocked:


    Tut nix zur Sache aber ich war damals mit mehreren im Zimmer im Spital, und da war eine Dame die (mehr als einmal) "fast verblutet" ist nach einer OP.
    Soooo ungewöhnlich dünkt's mich jetzt auch nicht, auch wenn ich keine Ahnung habe, warum.
    Bei Menschen habe ich davon schon öfter gehört.


    Gute Besserung :streichel:
    Möchtest Du ein wenig Schoggi oder ein anderes Trösterchen oder so? ich schick' Dir gern was wenn's Dir gut tun würde.

  • Da würde man eine deutliche niedrigere PTT erwarten - wobei die sich auch erst zeitverzögert entwickeln würde. Gabs denn mehrere Verlaufskontrollen? Im Verlauf sind Blutwerte aussagekräftiger als Einzel-Untersuchungen.


    Wenn die von-Willebrand-Erkrankung ausgeschlossen wurde, gehe ich mal davon aus, dass da auch die anderen Gerinnungsparameter bei waren.


    Blöde Frage: ist es pures Blut gewesen? Oder mit Wundsekret verdünntes Blut? Der Unterschied ist mit blossem Auge gar nicht immer zu sehen, wir haben oft Proben ins Labor gegeben, um das definitiv bestätigt zu haben.


    LG, Chris

  • Das was aus den Wunden lief, war meiner Meinung nach pures Blut. Es war auch nicht „ein bisschen“, sondern ich hatte richtige Lachen zuhause. Kompressen waren nach wenigen Minuten tropfend nass, überall wo er lag waren Flecken... deswegen hatte ich ja so wahnsinnige Angst, dass er verblutet. Sooo viel Blut ist in so einem Hund ja nun auch nicht drin.


    Nach dem obigen Blutbild wurden noch 2 oder 3 weitere gemacht, seine Blutgruppe und den Faktor für die von-Willebrand-Erkrankung bestimmt.
    Das habe ich alles aber leider nicht hier. Ich frage nachher nach einem Ausdruck.

  • Ach du lieber Himmel, der Arme. Ich hoffe, er erholt sich schnell.
    Ich kann nicht wirklich etwas beitragen, bei Rita war es ja bei der TumorOP ähnlich, es hat wahnsinnig stark nachgeblutet und innerhalb von zwei Stunden hat sich unter der OP Wunde ein riesiger Bluterguss gebildet.


    Ich wünsche Nero alles Gute und eine schnelle Genesung. Und dass ihr herausfindet, was das hervorruft.

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