Leckerli-fixierte Hündin und extreme Aufgeregtheit - Obedience-Training unmöglich?!

  • Hallo allerseits!


    Ich hatte 13 Jahre lang meinen Malinois-Mix Luca bei mir, der ein Traum von einem Hund gewesen ist. Sehr folgsam, leicht zu erziehen, absolut nicht dominant. Leider hat er mich im Frühjahr 2017 verlassen und ich wollte einfach nicht ohne Hund sein. Also dachte ich mir, geh doch mal im Tierheim vorbei, da gibt es sicherlich viele nette Hunde, denen du ein Zuhause geben könntest. Nach langen Gesprächen mit der Leiterin der Hundestation und einigen Gassigängen entschied ich mich für Agila, eine 2 Jahre alte Schäferhund-Boxer-Mischlingshündin, die aus schlechter Haltung kam.


    Die Pflegerin sagte mir, dass z.B. Obedience ideal für sie wäre, da sie angeblich sehr gern und schnell lernt. Da ich mich ohnehin dafür interessierte, meldete ich uns, nachdem sie 4 Monate bei mir war, total euphorisch zu einem Kurs an, und, was soll ich sagen, trotz aller Bemühungen seitens der Trainer und mir sind wir bisher kläglich gescheitert. Ich schaffe es nichtmal, Agila die Grundstellung beizubringen, völlig egal, ob ich nun zuhause übe, irgendwo auf einer ruhigen Wiese, auf dem Hundeplatz und es ist auch egal, ob sie davor gefressen hat, bereits ausgelastet wurde mit Spielen / Freilauf oder nicht: Sie lernt es einfach nicht.


    Sie sollte zur Grundstellung ja neben meinem linken Bein sitzen und mich anschauen. Sie ist aber jedesmal, sobald wir mit Leckerlis üben, dermaßen auf das Zeug fixiert, dass sie weder mich anschaut, noch irgendwelche Kommandos zu hören scheint. Sie versucht einfach nur um jeden Preis, an das Futter zu kommen. Dabei beisst sie mir teilweise richtig heftig in die Finger, springt an mir hoch, läuft plötzlich wie eine Rakete los und wieder zurück, springt wieder an mir hoch und benimmt sich einfach nur unmöglich.


    Anfangs dachte ich mir, ist ja perfekt, dass sie so fixiert ist auf Fressen, das macht das Trainieren leichter. Bei ihr scheint sich aber irgendein Hebel umzulegen, sobald sie Futter sieht oder riecht, sodass sie nicht mehr ansprechbar ist und einfach nur stur und ohne Rücksicht auf Verluste versucht, an das Essen zu kommen. :omg: Ohne Leckerlis üben funktioniert übrigens auch nicht, da hat sie natürlich auch keinerlei Anreiz, irgendwas zu tun, was ich möchte. Selbst Grundkommandos wie "Sitz!", die sie laut ihrer Pflegerin "aus dem FF beherrscht", führt sie nur aus, wenn sie was dafür bekommt. Und selbst da springt sie instant wieder aus dem Sitz auf, sobald sie das Leckerli bekommt und ich muss sie ausnahmslos jedesmal korrigieren.


    Ich dachte eigentlich, dass Obedience ein gutes "Grundgerüst" bietet, dass der Hund auch im Alltag leichter zu führen ist und eher auf mich hört, da er sich an mir orientiert. Bei ihr scheint das aber unmöglich zu sein. Die Trainer in der Hundeschule haben mir auch schon nahegelegt, "was anderes" zu versuchen, da es bei ihr ja offenbar nicht klappt. Wie aber soll ich sie denn auch nur annähernd erziehen, wenn sie sich nicht konzentrieren kann? :ka: Spielzeug als Anreiz habe ich übrigens schon versucht, dafür interessiert sie sich null.


    Was mich eben ärgert, ist, dass sie auch im Alltag sehr oft ungehorsam und respektlos ist in ihrem Verhalten. Sie darf z.B. aufs Sofa, aber nur, wenn ich es ihr erlaube. Schicke ich sie auf ihren Platz, sitzt sie sofort wieder auf der Couch, kaum dass ich ihr den Rücken zudrehe. Ich korrigiere sie immer und immer wieder, es nützt nichts. Beim Gassi gehen zieht sie wie verrückt an der Leine, was ich versucht habe, mit Blockieren zu ändern. Aber außer dass sie an mir vorbeidrängelt, passiert da aber nicht viel. Richtungswechsel beeindrucken sie ebensowenig. Sie zieht einfach sofort in die Richtung weiter, in die wir ein paar Schritte laufen.


    Sie ist übrigens sehr sportlich, springt aus dem Stand hohe Mauern hoch etc., darum lasse ich sie auch möglichst viel freilaufen oder jogge mit ihr, damit sie sich auspowert. Unsere Gassigänge gestalten sich folgendermaßen: Morgens 30 min joggen, nachmittags 1,5-2h eine Mischung aus Freilauf und an der Leine gehen üben, abends 30-45 min normales Gassigehen.


    Ich bin echt ratlos. :(

  • warum musst du denn Futter in der Hand halten? Würde ich nicht machen.
    Vielleicht brauchst du gar kein Futterlob, und wenn, würde ich mit Marker arbeiten (Clickern) - und zuallererst Höflichkeit üben.


    Boxermischling, 2 Jahre - das sind totale Clowns und Körperkläuse ... lach drüber.
    Biete ihr neben Auspowern auch noch spielerische Auslastung für den Kopf an, aber ohne ständig zu korrigieren, Sachen, die ihr Spaß machen, wo sie was richtig machen kann - das Rumgehampel klingt auch nach Unsicherheit, nach "Ich weiß nicht was ich machen soll". Könnte das sein?
    Und lieber klar sein - Sofa oder nicht, aber dieses Mal so mal so liegt auch nicht jedem Hund.


    Bei der Leinenführigkeit musst du vermutlich konsequenter sein. Wenn du nach 10mal sagst "funktioniert nicht" und aufgibst - joa, dann funktioniert es auch nicht...
    Respekt und Gehorsam verdienst du dir mit Ruhe und Konsequenz.


    Zu diesem Typ Hund haben hier andere User mehr beizutragen, die kommen sicher noch...

  • Hallo :smile:


    Einerseits sagst du, du hast es schwer ihr was beizubringen, andererseits ist der Hund ungehorsam. Wenn sie etwas nicht gelernt hat kann sie nicht ungehorsam sein. Da musst du einfach am längeren Hebel sitzen und es ihr angemessen neu beibringen.
    Ich seh bei dem Futterproblem die Problematik, dass der Hund gelockt statt gelobt wurde...
    Ansonsten finde raus, was sie extrem gut, mäßig gut oder nur schwach belohnend empfindet. Damit lässt sich gut arbeiten und der Hund dreht nicht sofort hohl.

  • Naja, nach 10 mal sage ich natürlich nicht "Oh, klappt nicht, der Hund zieht immer noch!". Sie ist ja jetzt seit 5, bald 6 Monaten hier. Die ersten 3 Monate habe ich stur mit stehenbleiben gearbeitet. Sie kam dann zwar immer sofort zurück und von selbst an meine linke Seite, aber sobald es weitergeht, zieht sie eben wieder. Dann dachte ich mir, okay, vielleicht hat sie das einfach nicht verstanden und nun versuche ich es seit ca. 1-1,5 Monaten mit einer Mischung aus Richtungswechsel und Blockieren.


    Mir ist schon klar, dass der Hund noch keine großartige Bindung zu mir aufbauen konnte und ja, sie ist definitiv sehr unsicher, vor allem draußen ist sie ständig damit beschäftigt, die Umgebung zu scannen, Leute zu fixieren um dann vor ihnen weglaufen zu wollen (sie hat Angst vor Männern und Kindern), aber ich denke schon, dass ich ihr gegenüber klare Anweisungen gebe. Die scheinen nur nicht so ganz bei ihr anzukommen, weil da wie gesagt immer irgendeine Sicherung durchzuknallen scheint, wenn sie Futter sieht. ;)


    Edit: Das mit dem Futter in der Hand halten wurde mir in der Hundeschule so beigebracht, dort macht man das Ganze ausschließlich mit Futter, das dann, wenn der Hund das Ganze sicher beherrscht, langsam abgebaut wird.

  • Arbeitest du mit Futterlocken allein oder mit dem Clicker und danach erst gibts das Futter? Letzteres wäre natürlich günstiger, weil das Futter nicht so direkt als Ablenkung im Spiel ist.
    Hast du es schon mit eher unatraktivem Futter versucht, kalorienreduziertes Trofu, Gurken- oder Apfelstückchen oder so etwas?



    Obedience ist eine Sportart und keine Erziehung für den Alltag. Erwarte in dieser Hinsicht besser nichts.
    Um eine Bindung aufzubauen, eignet sich jede andere Beschäftigung mit dem Hund ebenso gut, bei der Hund und Halter Spaß und Erfolgserlebnisse miteinander haben.

    Was mich eben ärgert, ist, dass sie auch im Alltag sehr oft ungehorsam und respektlos ist in ihrem Verhalten. Sie darf z.B. aufs Sofa, aber nur, wenn ich es ihr erlaube. Schicke ich sie auf ihren Platz, sitzt sie sofort wieder auf der Couch, kaum dass ich ihr den Rücken zudrehe. Ich korrigiere sie immer und immer wieder, es nützt nichts.

    Aus Hundesicht gibst du den begehrten Platz frei, wenn du ihn nicht benutzt und ihn auch nicht im Blick behältst (kontrollierst).
    Das ist eigentlich nicht respektlos, sondern normales Hundeverhalten, wenn sie ihn dann benutzt.
    Respektlos würde ich es nennen, wenn sie dich vom Sofa aus anknurrt, wenn du auch drauf willst.


    Dagmar & Cara

  • Stehenbleiben als Methode funktioniert bei den allerwenigsten Hunden.


    so wie du es beschreibst, ist sie viel zu aufgeregt um irgendwas abzuspeichern. Das wird von 10 Mal stehenbleiben nicht besser.


    Machst du Richtungswechsel an einer kurzen Leine? Das ist sehr schwer. Mach eine mind. 5 Meter Leine dran, besser 10 (auf jeden Fall ans Geschirr, NICHT Halsband!!) und übe damit. Wichtig: Konzentrier dich nicht auf den Hund, sondern geh einfach ein paar Meter in die eine Richtung, dann rechter Winkel und weiter - egal was der Hund macht. Nicht gucken, nicht rufen, nicht warten. Beobachte nur aus den Augenwinkeln, damit du immer eine Kehre oder Kurve machst, BEVOR Zug auf die Leine kommt. Denn wenn du wartest, bis sie zieht, stammt sie sich dagegen, das hat sie schon so gelernt. Das ist deine aufgabe - bevor sie in den Zug gehen kann, wechselst du die Richtung, und zwar zackig und mit deutlicher Körpersprache v.a. Blickrichtung! Das ist ganz wichtig. IMMER dahin gucken, wo du hinwillst, NICHT auf den Hund.
    Da habe ich schon verblüffende Ergebnisse gesehen, oft ist der Hund nach 2, 3 Richtungswechseln schon aufmerksamer. v.a. für so "Büffel" ist das prima. Die hat halt gelernt, den Zug zu ignorieren, weil ihr nie jemand was besseres gezeigt hat. Dann ganz langsam Leine verkürzen, aber sobald sie auf Zug geht, Leine wieder ganz lang geben und stramme Wechsel.


    Kurze Leine ist einfach viel viel zu schwer für einen Hund, der über lange Zeit schon das Ziehen drin hat. Sie kann es ja nie richtig machen, wird durch blocken und beschränken ständig mehr verunsichert (ich hab nix gegen das blocken grundsätzlich - Blocken würde ich hier nicht gegen das Ziehen anwenden, sondern um ihr klar zu machen: nicht kreuzen, bleib auf einer Seite. Das hilft oft auch schon. Aber nach vorne blocken ist schwer zu verstehen für den Hund.).



    Ich denke, es braucht viel Geduld und vor allem eine positivere Einstellung. du bist sehr auf der Schiene "sie hört nicht sie will nicht sie macht nicht". du fixierst dich auf die Fehler, du korrigierst, du ärgerst dich. Damit kriegt ihr beide nur Frust, der Hund wird immer unsicherer... Denk lieber: Wie kann ich ihr helfen?


    Ich könnte mir vorstellen, dass ihr mit Clickern weiterkommt. Dabei musst du deinen Fokus auf das richten, was sie gut macht.


    Mit Futter locken finde ich immer blöd, und bei einem Hund, der sich so aufregt, schon erst recht.

  • Sie sollte zur Grundstellung ja neben meinem linken Bein sitzen und mich anschauen. Sie ist aber jedesmal, sobald wir mit Leckerlis üben, dermaßen auf das Zeug fixiert, dass sie weder mich anschaut, noch irgendwelche Kommandos zu hören scheint. Sie versucht einfach nur um jeden Preis, an das Futter zu kommen. Dabei beisst sie mir teilweise richtig heftig in die Finger, springt an mir hoch, läuft plötzlich wie eine Rakete los und wieder zurück, springt wieder an mir hoch und benimmt sich einfach nur unmöglich.

    Kriegt der Hund für so ein rüpeliges Verhalten auch eine entsprechende Rückmeldung?


    Solange der Hund die Aufmerksamkeitsspanne einer Fliege hat ist Obedience-Training mMn noch nix. Zumindest nicht als Gruppenkurs...


    Kennst du diese lustigen Spiele aus dem Welpen 1x1? Leckerlies in die Fäuste und warten bis der Hund aufhört an der Hand zu knabbern, usw? Das funktioniert auch prima beim älteren Hund. https://youtu.be/4PvlUZm31F0
    http://markertraining.de/in-der-ruhe-liegt-die-kraft/
    Damit würde ich anfangen. Dauert in der Regel auch nicht besonders lange, wenn der Hund begriffen hat, dass es sich lohnt zu warten und man über Drängelei nichts erreicht. Ich würde da auch gar keinen Weg suchen das Problem mittels weniger schmackhafter Dinge zu umgehen... ein 2 Jahre alter Hund sollte es eigentlich bereits beherrschen nicht sofort hochzudrehen, kann er es nicht, ist es höchste Zeit das zu lernen.


    Zitat von Annemarie84

    Ohne Leckerlis üben funktioniert übrigens auch nicht, da hat sie natürlich auch keinerlei Anreiz, irgendwas zu tun, was ich möchte. Selbst Grundkommandos wie "Sitz!", die sie laut ihrer Pflegerin "aus dem FF beherrscht", führt sie nur aus, wenn sie was dafür bekommt. Und selbst da springt sie instant wieder aus dem Sitz auf, sobald sie das Leckerli bekommt und ich muss sie ausnahmslos jedesmal korrigieren.

    Ja, da hilft aber nur Konsequenz. Viele Leute verstehen unter "Sitz" auch nur ein kurzes hinsetzen des Hundes... vielleicht hat sie nie gelernt, dass SITZ sitzen bleiben heißt.
    Dann ist da noch ein Trainingsfehler drin - der Hund sollte nie wissen, wann er was bekommt bzw. sollte die Erwartungshaltung immer hoch genug sein, dass der Hund Kommandos gern ausführt - so das Ideal. :D
    Wenn der Hund weiß, was das Kommando bedeutet und augenscheinlich in der Lage ist das Kommando auszuführen (nicht krank, nicht stark abgelenkt/gestresst), würde ich die Ausführung auch einfordern.

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