Genetische Vererbung von Verhaltensweisen?

  • Ich habe mal eine Frage, weil ich das sehr spannend finde mit der Epigenetik. Nehmen wir mal an, man hat einen nicht besonders triebigen Hund/Welpen (in Bezug auf die Arbeit für die er gezüchtet wurde), der aber im Laufe seines Lebens mit Training viel mehr Spaß an der Sache bekommt. Könnte es dann sein, dass er mehr Trieb weiter vererbt, als ihm selbst vererbt wurde.
    Bitte keine Diskussion, dass es Triebe nicht gibt, denke man weiß so am einfachsten was ich meine.



    Ach und hat jemand einen Literatur Tipp was Epigenetik angeht?

    Zumal man nicht weiß wieviel die Nachkommen vom Rest der Gene der Vorfahren mitbekommen.
    Bei einem einzelnen Welpen der als einziger im Wurf kein besonderes Talent zeigt, spricht es eher dafür das seine Nachkommen wieder weitestgehend die Veranlagung stärker haben, unabhängig davon ob der Hund später mehr Talent entwickelt hat oder nicht.

  • @Estandia
    Aber irgendwann bei viel Training, ist ja das Verhalten durchaus auch selbstbelohnend. Es kommt sicher auf den Hund und die Art des Trainings an, aber habe das schon häufiger beobachtet.

    Die Frage ist (meiner Meinung nach), wissen wir wirklich dass dieses oder jene Verhalten ab JETZT selbstbelohnend wirkt oder ist es eine Reihe an externen Faktoren, die da zusammen reinspielen?
    Wieviel haben wir durch Training noch an genetisch vorhandenem Potenzial "freigeschalten" durch die richtigen Einflüsse?

  • Ich liebe das Video von den Setterwelpen. Das ist einfach klasse :applaus:
    Da vermisse ich direkt mein winziges Welpi, das fleißig sein Vorderbeinchen hebt, weil auf dem Feld eine Krähe sitzt :lol:



    Frodos Mutter kam erst mit 6 Monaten zur Züchterin. Die Hündin hat es von Anfang an geliebt, wenn man sie auf den Schoß nimmt und knuddelt. Da hat sie sich sofort entspannt.
    Das hat sie beinahe an alle ihre Kinder weiter gegeben und die Züchterin hat mir beim Abholen auch gesagt - Wenn er sich aufregt, nimm ihn einfach auf den Schoß. Das beruhigt ihn.


    Die Welpen der anderen Zuchthündin zeigen das Verhalten übrigens nicht.

  • Epigenetik besteht aus Vernetzungen.


    Wenn wir beim Junkie bleiben: Wenn ein Hund aus 20 seiner Vorfahren zum Junkie wurde, dann ist das Risiko einer verstärkten Neigung seiner Nachkommen eher gering, da die Vernetzung der Gene auf die Masse gesehen, schwach ausgeprägt ist.


    Wenn aber alle 20 Vorfahren ebenfalls eine starke Neigung hatten solche Stereotypen zu entwickeln, dann ist, aufgrund der stärkeren Verknüpfung, das Risiko der Nachkommen entsprechend höher.


    Gutes Beispiel ist wohl der Border Collie aus Hüteleistungszucht dafür. Er wurde stark selektiert auf ein Verhaltensmuster über viele viele Generationen hinweg, seine Neigung ist also entsprechend hoch und es gibt wenige Ausnahmen die diese Neigung nicht zeigen.


    Geht man nun zur s.g. Showlinie, dann ist zwar die Basis noch da, da man so schnell die jahrzehntelange Selektion nicht rausgezüchtet bekommt, aber die Tendenz sinkt. Und gerade bei den Showlinien sieht man sehr oft eben die Vernetzung sehr gut. Die Hunde haben noch eine gewisse Veranlagung, können aber, aufgrund von fehlenden Vernetzungen, nicht mehr richtig damit umgehen. Mit viel Übung kann man vermutlich noch was "retten", aber wenn gewisse Gene bereits nicht mehr vorhanden sind, kann es auch einfach sein, dass es nichts mehr zum "umlegen" gibt.


    Da ich kein Wissenschaftler bin, sondern einfach nur ein interessierter Mensch, kann es sein das es so nicht passt.
    Für mich liegt aber die Vermutung nahe, dass Spezialisten wie der BC schlichtweg weniger veränderbare Gene mitbringt, wie beispielsweise der Australian Shepherd, der ewig auf Allrounder gezüchtet wurde und somit weitaus anpassungsfähiger ist.

  • Ich klink mich mal ein. Das Thema interessiert mich schon lange.
    Epigenetik war für mich bisher grob das an oder ausschalten von genetischen Dispositionen durch externe Faktoren. Das ggf, dann auch "an" oder " aus" vererbbar ist.
    Verantwortlich dafür sind m.e. die GABBA Inhibitoren und die DNA Methylierung. Es geht also nichts, was nicht schon genetisch vorangelegt ist. Es geht aber viel in Richtung "Prägung" von genetischen Lagen und nicht nur der sozialen Prägung/ Sozialisation.
    Jetzt muss ich mich erst mal wieder durch die hier angegebenen neuen Studien lesen.
    :bindafür:

  • Ich habe mal eine Frage, weil ich das sehr spannend finde mit der Epigenetik. Nehmen wir mal an, man hat einen nicht besonders triebigen Hund/Welpen (in Bezug auf die Arbeit für die er gezüchtet wurde), der aber im Laufe seines Lebens mit Training viel mehr Spaß an der Sache bekommt. Könnte es dann sein, dass er mehr Trieb weiter vererbt, als ihm selbst vererbt wurde.
    Bitte keine Diskussion, dass es Triebe nicht gibt, denke man weiß so am einfachsten was ich meine.



    Ach und hat jemand einen Literatur Tipp was Epigenetik angeht?

    wie schon gesagt, meines Wissens geht es dabei schon um sehr viel elementarere Erlebnisse und Epigenetik wirkt sich nicht auf irgendwelche einzelnen Handlungen aus. Ein Beispiel was beim Menschen da gerade z.B. Sehr stark erforscht wird ist die psychische Stabilität von Kindern von traumatisierten Eltern - wobei auch da die Einwürfe kommen, dass die Kinder ja nicht nur die Genetik mitbekommen, sondern auch mit den Eltern aufwachsen.



    Zu deinem Beispeil: meiner Erfahrung nach legt man sich mit so einer Vermutung eher auf die Schnauze. Will ich Gebrauchshunde züchten, dann muss der Hund möglichst viel selbst mitbringen. Wenn der Hund dann durch viel Förderung doch noch irgendwann zufriedenstellendes Verhalten zeigt, dann kommt das böse Erwachen meistens wenn er Nachzucht hat.



    Es gibt da ja durchaus die Ansicht, dass Belastbarkeit, Härte, Triebbeständigkeit sich im Durchschnitt immer weiter verschlechtern, seitdem die Ausbildung „besser“ wird.

  • Die Aufmerksamkeit sehe ich, aber wird der dann das Vorstehen später noch zeigen?Spannend. (Ich versteh ja gar nix davon.)


    Was machst du mit einem Hund, der "voll bei der Sache" ist, aber letztendlich doch nur rumsitzt und die Schafe passiv beobachtet? :D Ich weiß ja nicht, wie das Zuchtziel beim Setter ist, aber nur passiv interessiert dreinschauen, aber dann doch lieber beim Hundeführer den Po platt sitzen, sehe ich jetzt nicht als das größte Talent. Wäre vielleicht gut, den Hund mal alleine zu sehen. Ggf. ist er seeehr rangniedrig und traut sich nicht zwischen die anderen. Aber das ist manchmal auch nicht die beste Eigenschaft, wenn der Hund nicht selbstständig selbstbewusst agieren mag. Ich finde das Video toll, weil es echt wirklich viel angeborenes Verhalten zeigt.


    Ich stimme @flying-paws voll zu.
    Außerdem wissen war ja gar nicht, wie der Hund sich sonst verhält. Das ist ein winziges Video. Vielleicht war der Hund den ganzen Tag schon so dermaßen aktiv unterwegs, dass er jetzt platt ist und eben sitzt. Aufmerksam ist er trotzdem. Zudem scheinbar am Führer orientiert, was auch ein großer Vorteil sein kann, wenn der Hund nicht direkt überall der erste ist und überlegt. Bei 1:50 bewegt er übrigend auch mal seinen Hintern. Dabei bleibt er aber beim Menschen. Auch, als das Teil (ist es ein Flügel?) neu ausgerichtet wird versichert er sich erstmal beim Menschen und bleibt wieder in seiner Nähe. Also ich finde den super |)
    Kann sein, dass er vielleicht später deutlich lenkbarer ist, als die, die so dicht ranziehen. Vielleicht ist er aber auch ganz genau so, nur gerade müde :ugly: Ich bin mir aber sicher, dass er sich mit voranschreitendem Alter sicher noch mehr als genug vom Menschen lösen wird.

  • Es vererben sich auch weit weniger "allgemeine" Sachen als z.B. nur das Vorstehen.


    Die Nachzuchten von Dash' Vater - mit unterschiedlichen Hündinnen aus unterschiedlichen Würfen - zeigen z.B. fast alle als Übersprungshandlung das Ausrupfen von Gras :ka:

    Kalles Vater bringt z.B. Hunde, die auf Korrekturen von 'Fremden' sehr deutlich reagieren. Egal aus welcher Huendin, seine Nachkommen legen auf sowas keinen Wert (abgesehen davon, dass es durch die Bank Hunde sind, die nicht grad sehr einfach sind)..

  • Vielen Dank für die vielen, sehr hilfreichen Antworten!!
    Wirklich tolle Videos und für mich persönlich schon sehr beeindruckend so junge Hunde so klar agieren zu sehen.


    Ich finde es auch spannend, dass manche Verhaltensweisen bei meinem Hund vielleicht gar kein Resultat meiner Erziehung, sondern der Genetik sein könnte. Bsp.: Wegtreue. Haben beide Appis hier schnell intus, ich fand das einfach ein normales Ergebnis bei einem lernwilligen Hund.
    Letztens las ich mal wieder einen Artikel über die Rasse mit einem Passus aus 1904 in dem beschrieben wurde, dass die Appis u.a. auch die Wege nicht verlassen und beim Wagen zwischen den Hinterrädern bleiben sollten. Da frage ich ich schon, ob mein "Wegtreue"-Training (wenig trainiert, wurde eh gemacht) nicht wirklich ein Training war, sondern einfach auf eine günstige genetische Grundlage hier trifft?


    Ist eine akademische Frage, aber es steht z.B. kaum in einer Rassebeschreibung drin (im Gegensatz z.B. zur Hoftreue, die auch beide Hunde sehr stark zeigen). Wenn einem das Wissen der genetischen Grundlagen fehlen, zieht man vielleicht ganz falsche Schlüsse.


    Die Links werde ich mal in Ruhe durchlesen, beim Überfliegen war da schon einiges sehr interessantes dabei.

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