Kontakt mit Reh - Problemstart?

  • Hallo zusammen,


    wir hatten hier heute eine Art Worst Case in Hinblick auf Wildkontakt. Ein Reh hat sich in unseren Garten verwirrt und entdeckt hat es meine Hündin. Sie ist normalerweise abends 10-20 Minuten alleine im (großteils) umzäunten großen Garten, direkt am Waldrand. Ich ließ sie hinaus, ein paar Minuten danach war ein Quietsch-Bellen zu hören, das auf eine sehr hohe Reizlage hindeutete. Ich habe sie erst gerufen und erst als eine Passantin mir von der Straße her zurief, dass wohl ein Reh im Garten ist, habe ich mich schnell angezogen und bin sie suchen gegangen. Sie stand bellend vor dem Reh, das sich im Zaun verheddert hatte. Auf meinen Abruf (hinlaufend, war noch 3 Meter entfernt) kam sie erst zu mir - das Reh nutzte das um zu flüchten, leider in den nächsten Zaun und der Hund hinterher. Rückruf war nichts, der Hund hat sich wieder kurz entfernt vom Reh auf meinen Ruf hin, es aber nicht bis zu mir geschafft. Ich habe sie dann am Nackenfell ins Haus gezogen und eingesperrt und mich um das Reh gekümmert.


    Der Hund war mindestens 3-5 Minuten mit dem Reh alleine. Die Erregungslage kann man als sehr hoch bezeichnen (milde ausgedrückt). Das Reh hatte leichte Verletzungen vom Zaun. Der Jäger wurde gerufen und konnte aber keine sonstigen Verletzungen feststellen (Bisse o.ä.). Wir vermuten, dass das Reh angefahren wurde und dann unsere lange Auffahrt in unseren Garten geflüchtet ist.


    Sorry für die vielleicht blöde Frage, aber denkt ihr diese Situation triggert nun den Jagdinstinkt deutlich?


    Wir haben hier sehr viel Wild, der Hund lief bisher zu 95% ohne Leine mit den Regeln "Verlasse nicht den Weg" und "Befolge den Rückruf". Sie riecht schon Wildspuren, ich sehe es dann an der Körperspannung und im Zweifelsfall leine ich dann kurz an. Es handelt sich um einen Appenzeller, der recht triebig, aber gleichzeitig stark an mir orientiert ist. Auch Hasen, die genau vor ihr hochgehen, werden vielleicht ein paar Meter verfolgt wenn sie am Weg rennen, aber bislang klappte der Rückruf und die "Wegtreue" saß bislang auch.


    Heute kam ich erst hinzu, als der Hund schon ziemlich in Fahrt war, dazu in ihrem Terrain und sie war auch danach noch deutlich angespannt (das Reh konnte man vom Haus aus sehen, es dauerte leider über 30 Minuten bis der Jäger da war). Die nächsten Male werde ich den Hund im Wald jedenfalls sichern um sie einzuschätzen. Denkt ihr, dass die heutige Situation bereits ein "Jagderfolg" war? Adrenalin hatte sie genug...

  • Das war ja ein sehr dramatisches Erlebnis für alle Beteiligten!


    Die Frage ist, ob sie das Reh im Garten eher als Eindringling angesehen hat und vertreiben wollte oder als Jagdbeute. Die erste Möglichkeit wäre natürlich die günstigere. Ein Hund, der den Postboten hasst und vertreiben will, wird dennoch nicht Menschen auf der Straße jagen.


    Ich finde es auf jeden Fall eine gute Idee, deine Hündin draußen vorerst mal zu sichern, dann kannst du beobachten, wie sie sich bei Anblick und Spuren von Rehwild verhält.
    Ich drücke dir die Daumen, daß die hohe Erregung der Revierverteidigung geschuldet war und nicht dem Jagdtrieb.


    Dagmar & Cara

  • Sorry für die vielleicht blöde Frage, aber denkt ihr diese Situation triggert nun den Jagdinstinkt deutlich?

    Ich würde mal sagen, es kommt darauf an wie alt dein Hund ist. Wenn er noch jung ist, also bis ca. 2 Jahre, dann könnte diese Situation schon ausgereicht haben um den Hund beim Gassigehen jetzt etwas aufmerksamer auf Wild(geruch) zu machen. Wenn der Hund aber schon älter ist, dann würde ich meinen, sein Verhalten draußen beim Gassi hat sich mittlerweile so gefestigt, dass ich "sowas" nichts ausmacht.
    Es kann aber auch sein, dass dein Hund sich außerhalb gar nicht verändert und sich verständlicherweise nur so aufgeführt hat weil ein Eindringling im Garten war.

  • Ich finde Du hast einen Superhund!


    Ich würd auch nicht zu viel Wind um die Sache machen und es nicht zu viel Raum einnehmen lassen. Wichtig ist, dass DU es nicht als Wichtig empfindest. Wenn Du jetzt draussen anfängst, umherzugeiern ob vielleicht was sein könnte... wird Hundi das merken.
    Meinen Hund würde ich anleinen, paar Leinenspaziergänge machen, punktuell ableinen und gucken wie er sich verhält.
    Aber alles möglichst cool und easy.

  • Danke euch! Ja, wir waren alle ziemlich fertig gestern, ich erkundige mich heute mal wie es dem Reh geht (da nichts gebrochen war und sonst keine Verletzungen hat es der Jäger mitgenommen nach Rücksprache mit einer TA, vielleicht war es "nur" der Schock).


    Es war definitiv keine Revierverteidigung sondern hohes Bellen beim Verfolgen, das sie auch schon mal als Junghund beim Verfolgen eines Hasens gezeigt hat. Der Hund ist 3,5 Jahre alt. Sie hatte einen Mini-Blutfleck im weißen Fell, ich vermute sie hat das Reh beschnüffelt (das Reh hatte leichte Schürfwunden), war dann aber ratlos was weiter machen.


    Wenn ich jetzt drüber nachdenke, hat sie wohl nur beim kurzen Nachsprinten gebellt und nicht beim verhedderten Reh - darum musste ich auch erstmal suchen wo sie denn ist. Auf Bewegungsreize springt sie immer schon an, aber das haben wir eben ganz gut im Griff.


    Ihr habt sicher recht - durchatmen, wieder langsam starten und im Wald gut beobachten und dann weitersehen. Ich bin nur SEHR froh, dass sie das Reh nicht gebissen hat - ich weiß rational, dass Hunde Raubtiere sind, aber vom Gefühl her hätte ich damit wohl Mühe.

  • Aber wie hätte deiner Meinung nach der Hund reagieren sollen/müssen?
    Ich glaube kein Hund würde ruhig bleiben, wenn ein Wildtier in seinem Revier ist.
    Sie hätte das Reh auch reissen können, das hätte ich bedenklicher gefunden.
    Ich würd sie in Zukunft im Wald vorübergehend anleinen und schaun wie sich das weiter entwickelt bei Wildsichtung ausserhalb eures Grundstücks.

  • Rein objektiv weiß ich ja, dass der Hund ein Raubtier ist. Und ein junges Reh, das verheddert vor ihm liegt und nicht wegkommt - rein rational betrachtet wäre da sogar ein Reißen nicht unlogisch aus meiner Sicht. Aber emotional ist es einfach was ganz anderes.


    Richtig perfekt wäre der Zwerg gewesen, wenn sie auf den Rückruf zu mir gekommen und bei mir geblieben wäre. Aber ich weiß auch, dass das zu diesem Zeitpunkt schon sehr viel verlangt war - sie ist ja beim ersten Mal zu mir gekommen, nur leider dann dem flüchtenden Reh nach und beim 2. Mal halbe Strecke und hat sich dann abholen lassen.


    Das Reh hat übrigens die Nacht überlebt, es hat wohl Rippenbrüche (was die Theorie mit dem Auto bestätigt). Wir hoffen, dass es sich weiter gut erholt.

  • Grisu wäre bei uns auf dem Grundstück drauf gegangen, da bin ich mir sicher. Ich schätze so eine Mischung aus Reh darf sich hier so nicht benehmen und purer Beutetrieb. Smilla hätte zumindest verbellt und auch Joey wäre sehr aufgeregt drum herum gehüpft und hätte wohl nicht recht gewusst, was damit anfangen. Alle 3 sind im Wald bei Rehen problemlos (wir sehen sehr oft welche), aber bei uns auf dem Grundstück ein zappelndes Reh im Zaun :fear: , ganz sicher nicht! Das ist schon so richtig worst case und dürfte jedes Fitzelchen an "muss mich kümmern", Jagdverhalten und Territorialverhalten im Hund ansprechen.


    Ich rate auch: erst mal auf Verdacht sichern und das erwartete Verhalten bei Rehsichtung auffrischen. Ich persönlich würde Rehe an deiner Stelle suchen gehen (Dämmerung morgens/abends am Waldrand) und gezielt schauen was der Hund anbietet und das gewünschte einüben

  • Richtig perfekt wäre der Zwerg gewesen, wenn sie auf den Rückruf zu mir gekommen und bei mir geblieben wäre.

    Meine Hündin hätte garantiert nicht anders reagiert.
    Auf unserem Grundstück duldet sie, ausser anderen Hunden, überhaupt keine Tiere. Vögel, z.B., die sie beim Spaziergang total ignoriert, werden auf unserem Grundstück gescheucht.

  • Ich fürchte "Rehe suchen" ist hier nicht notwendig, wir haben hier wirklich sehr viele. Wir werden das morgen angehen und ich werde wirklich in nächster Zeit vermehrt darauf achten. Heute bin ich auch selber nicht mehr so durch den Wind und sehe es schon wieder etwas entspannter. Zumal der Zwerg so ist wie immer (logisch).


    Danke euch!

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