Bullterrier - wie sind die so?

  • Meine weltbesten Hundesitter spielen mit dem Gedanken einen Bullterrier bei sich aufzunehmen.
    Es soll ein Nothund sein und aus der Welpen- und Junghundphase raus.
    Sie stehen noch ziemlich am Anfang der Überlegungen und wollten meine Meinung zu dem Thema hören.
    Zur grundsätzlichen Hundehaltungsthematik kann ich was sagen, aber ich hab so gar keine Ahnung von Bullys.
    Ich hab noch nie einen Standard-Bully getroffen, die paar Mini-Bully-Begegnungen kann ich an einer Hand abzählen und hab die Hunde als absolute Freuhunde erlebt, die total begeistert davon waren, dass ich ihnen Aufmerksamkeit geschenkt habe :herzen1:


    Ich hoffe mal wieder auf euer Schwarmwissen/Erfahrungen (ohne DF wäre ich teilweise wirklich dumm/unwissend was manche Hundethemen angeht) zu folgenden Themen und ruf schon mal @Ocarina und @Aoleon


    - Wie sind Bullterrier charakterlich so? Gibt es einen Unterschied zwischen Mini und Standard?


    - Tragen sie die Bezeichnung 'Terrier' nur als Zierde oder sind sie auch terriertypisch? (sorry falls die Frage dumm ist, aber ich hab echt keine Ahnung von diesem Typ Hund)


    - Was brauchen sie an Auslastung/Beschäftigung?


    - Wie ist es mit Wachtrieb und Jagdtrieb?


    - Verträglichkeit mit anderen Hunden?


    - Rassetypische Probleme?


    - Rassetypische Krankheiten?


    - Was sollte man unbedingt noch wissen, wenn man sich für die Rasse(n) interessiert?



    Danke schon mal für euren Input, der definitiv auf offene Ohren stoßen wird!



    Edit: ich habe gerade den Eiernasen-Thread gefunden und werde mich da mal durchlesen

  • Vom Handy schreibt es sich doof, aber ich versuche mal, so viel wie möglich aus meiner Sicht zu beantworten (bezogen auf einen Nothund). Ich mache es mal kürzer, wegen der Tipperei, gehe aber auch gerne noch näher drauf ein.


    Also erst einmal : Bullterrier in Not ist eine sehr gute Ansprechstelle. Die haben auf ihrer Seite auch faire, realistische Einschätzungen der Hunde. Kürzlich stand erst ein etwa 10 Jahre alter Bullybub drin, der auf Grund Tod des Halters dort landete.


    Unterschiede zwischen Mini und Standard gibt es meiner Meinung nach kaum. Nur die Größe. Man sagt den Minis nach, mehr Terrierblut in sich zu tragen und daher aufgeregter und aktiver zu sein. Die Standard eher Bulltypisch ruhiger und gelassener. Aber ich habe beides schon genau anders herum erlebt (Arren ist ja nun auch nicht gerade der Aktivste... Hihi). Ich würde also frech behaupten, dass tatsächlich nur die Größe eine Rolle spielt und Charakteristisch kaum ein Unterschied besteht. Allerdings sind Minis aktuell glaube ich (teilweise nur mit Papieren als Nachweis!)in allen Bundesländern erlaubt, während es für Standardbullys in vielen Bundesländern Auflagen gibt oder die Haltung eingeschränkt oder verboten ist.


    Bullys sind kleine Clowns, immer den Schalk im Nacken und man kann ihnen nicht so recht böse sein. Man sollte aber nicht zu weich sein, da sie schon ihre Grenzen brauchen. Sonst gehen sie über Tische und Bänke (Brot aus der Hand klauen, zwicken,...). Gleichzeitig sind sie aber sehr sensibel und brauchen viel körperliche Nähe. Das schlimmste für Benni ist, wenn ich ihn mal wegschicke.


    Auslastung : die meisten Bullys sind recht genügsam. Am Fahrrad mitlaufen... Ne... Joggen... Vielleicht. Lange Spaziergänge sind aber wieder völlig in Ordnung, solange sie ihr Tempo machen können. Da mal stehen, hier mal glotzen. xD
    Mit manchen Bullterriern kann man gut Tricks üben. Kommt auf das Exemplar an. Benni hat nach 5 Minuten keine Lust mehr.
    Wachtrieb hat Benni wenig, gebellt wird so gut wie nie. Kenne ich auch von anderen Bullterriern so. Ruhige Hausgenossen. Bis auf ihre wilden 5 Minuten. Die bekommen Bullterrier ihr ganzes Leben lang, nicht nur als Welpe. Da wird gehüpft, gesprungen, sich im Kreis gedreht wie irre.


    Jagdtrieb... Ja, je nach Exemplar. Benni ist extremer Sichtjäger. Nur in Gebieten, in denen ich alles überblicken kann, läuft er frei. Das kann aber auch an meiner verkorksten Erziehung liegen. Ist ja mein erster Hund. xD


    Andere Hunde... Wieder je nach Exemplar. Beim Züchter wird schon sehr darauf geachtet, dass die Tiere verträglich sind. Benni findet beinahe alle Hunde überflüssig. Er ignoriert sie einfach (bis auf Labradore, aber das ist nur bei Benni so). Oder er findet sie toll (Welpen, verspielte Hunde, Weibchen,...). Das ist jetzt sehr auf Benni eingestellt, aber die meisten Bullterrier finden andere Hunde ok, brauchen sie aber nicht unbedingt. Mensch ist mindestens genauso gut.


    Probleme sehe ich da bei Tieren aus dem Tierschutz mit unbekannter Herkunft. Da kann es schon starke Aggressionen gegenüber Artgenossen geben. Oftmals werden Bullterrier auch von anderen Hunden gemobbt, weil diese sie nicht immer lesen können.


    Krankheiten: vor allem nervöser Magen, Hautprobleme, Probleme mit den Pfoten, schiefes Krallenwachstum und solche Sachen. Minis haben verstärkt das Problem der gelähmten Luftröhre und deswegen häufige OPs um das atmen zu erleichtern (ist seit einigen Jahren auf dem Vormarsch, ein Gentest ist in Arbeit). Kehlkopflähmung heißt der Mist. Bei einem "gebrauchten" Hund aus seriöser Quelle sollte so etwas aber bekannt sein.


    Ansonsten :je nachdem in welchem Bundesland man wohnt, kann man schon ganz schön angefeindet werden, vielleicht nicht in Gaststätten oder so gehen wegen des fiesen Kampfhundes. Ich habe das aber in 11 Jahren wenig erlebt. Aber solche Gegenden gibt es. Auch Urlaub könnte komplizierter sein.


    Mehr fällt mir gerade nicht ein. xD

  • Ich habe sowohl Standard als auch Mini Bulli als recht genügsam in punkto Auslastung erlebt, teilweise sogar als richtig faul. Auf Hundesport oder lange Wanderungen hätten die, die ich kennen gelernt habe, keinen Bock gehabt. Jagdtrieb war unterschiedlich ausgeprägt, von kaum vorhanden bis ziemlich stark.


    Ansonsten sind das sehr menschenfreundliche und -bezogene Hunde, verkuschelt, charakterlich ziemlich cool, selbstbewusst, keine Befehlsempfänger und ziemlich stur. Wobei die Standards durchweg gelassener und weniger flippig waren als die Minis.


    Die Verträglichkeit mit Artgenossen ist nach meiner Erfahrung der Knackpunkt bei der Rasse. Ich habe etliche erlebt, die absolut unverträglich waren und wirklich ernst gemacht hätten. Genauso aber auch welche, die sich über jeden Artgenossen einen Ast gefreut haben. Nur leider neigen viele Bullis in solchen Momenten zu einem geradezu überschäumenden Ausbruch der Begeisterung. In Kombi mit ihrer Grobmotorik ist das ein Verhalten, das andere Hunde oft nicht sonderlich toll finden.


    Insgesamt schon eher spezielle Hunde, die man so nehmen können muss wie sie sind.

  • - Wie sind Bullterrier charakterlich so? Gibt es einen Unterschied zwischen Mini und Standard?

    Ja, an sich gibt es denn. Ausreißer gibts halt immer, aber an sich sind die Standards echt gechillte Hunde, die Minis eben flippiger.
    Arren ist halt die Ausnahme. :lol: Der ist so faul, das würd für 3 Standards reichen!


    Generell sind Bullterrier, egal ob Standard oder Mini, vor allem eines: Toll!
    Und anders. Sehr anders. Alle brauchen wirklich viel Zuwendung, Menschen sind das allergeilste und alle Menschen haben einen lieb. Das es nicht so ist, das verstehen sie nicht.
    Die Konzepte "Vorsichtig" und "Distanz" existieren in ihrer Welt nicht. Sie sind alle trampelige Panzer, Grobmotoriker vom Feinsten. Damit muss man können, also das man ständig irgendwo blaue Flecke hat, Zahnabdrücke, beim Schmusen Sterne sieht, etc. Die meinen das nicht so, die sind einfach echt so.
    Distanz ist auch unbekannt. Es gibt nur nahe, noch näher, am nächsten, in einen reinkriechen.
    Und das nicht nur bei Menschen! Auch bein Hunden! Und die sind damit oft überfordert wenn da so ein Panzer angeflogen kommt (weil langsam geht dann auch nicht) und ihnen wortwörtlich voller Liebe mitten ins Gesicht springt.


    - Tragen sie die Bezeichnung 'Terrier' nur als Zierde oder sind sie auch terriertypisch? (sorry falls die Frage dumm ist, aber ich hab echt keine Ahnung von diesem Typ Hund)

    Och, das sind schon Terrier. Niemals aufgeben, niemals Schmerzen zeigen.
    Da muss man als Halter wirklich aufpassen, die haben null Sinn für Gefahr und bringen Sachen... Da fasst man sich echt an den Kopf!


    - Was brauchen sie an Auslastung/Beschäftigung?

    Wenig. Wirklich wenig. Gib denen ein Sofa, ein Bett, lass sie überall dabei sein und die Hunde sind glücklich.


    - Wie ist es mit Wachtrieb und Jagdtrieb?

    Ja und Ja. Selbst Arren hat Wachtrieb, der meldet ab Einsetzen der Dämmerung gerne und klingt dann wie ein großer böser Hund. Das hab ich von Anfang an gefördert weil ich das mag. Reinlassen tut der eh jeden, würd hier mal wer einbrechen ist die größte Gefahr die von Arren ausgeht die das man über ihn stolpert und sich den Hals bricht.


    Der Whippet hingegen ist da ernsthafter und sobald der Whippet keinen Spaß mehr versteht schaltet auch Arren um.
    Das finde ich immer hochinteressant, denn obwohl Arren alle Menschen liebt wird der ernsthaft sobald der Whippet ihm sagt das der Mensch jetzt richtig gruselig wird.
    Haben wir in den 5 Jahren mit beiden erst 2mal gehabt.


    Jagdtrieb haben wohl viele. Arren ist zu blöd dazu.


    - Verträglichkeit mit anderen Hunden?

    Teils teils. Es gibt viele die Hunde toll finden, so wie Arren. Aber ebenso viele die mit dem Erwachsenwerden andere Hunde scheiße finden.
    Man darf ihre Geschichte halt nicht vergessen.
    Und sie sind Terrier: Wenn sie loslegen, dann richtig.
    Egal ob im Spiel oder im Ernst, kleine Panzer ohne Bremse.


    - Rassetypische Probleme?

    Uff... Kommt drauf an was man als Problem sieht.
    Von anderen Hundehaltern höre ich ab und zu mal wie anstrengend Arren doch sei, für mich ist das so normal das mir das nie auffällt.
    Halt eben dieses Hals über Kopf, ihr Stursinn und ja, wenn die nicht wollen dann wollen die nicht. Bisher sind fast alle Bullies von denne ich weiß totale Weicheier was das Wetter angeht. Arren auch, bei Regen stirbt der. Wenn man also gerne im Regen spazieren geht, joah, muss man alleine machen. :lol:
    Die wilden 5 Minuten werden von anderen auch gerne als problematisch bezeichnet, ich find sie toll! Da gehen die Hunde ab wie Luzi, pesen wie die Gesenkten durch die Bude, Steilwandrennen an der Sofalehne, mit der Seite gegen Wände springen und so Sachen. Ich muss auch nach 6 Jahren mit Arren jedesmal lachen wenn der loslegt und liebe diese wilden Minuten sehr.


    WICHTIG:
    Bullis sind absolute Schlinger. Und zwar alles. Futter, Spielzeug, Fußleisten, Schmutzmatten....
    Wenn man sich mit 10 Bullihaltern unterhält hat man immer mindestens 5 dabei deren Hunde schon ne Not-OP hatten weil sie was verschluckt hatten was normale Hunde nichtmal angucken würden.
    Dessen muss man sich absolut bewußt sein, Bullterrier sind Zerstörer!
    Besonders bei Spielzeug und Kauzeug muss man aufpassen, die kriegen alles klein und alles kaputt. Die schlucken schon wenn andere noch kauen.
    Darum ist grad bei Kauzeug wichtig das es groß ist, wirklich groß. Ich kaufe nur noch bei Köbers, weil ich da passende Größen kriege. Rinderkopfhaut fast halb so groß wie Arren ist genau das Richtige.


    UND:
    Röhren! Viele stehen total auf Röhren und das kann richtig gefährlich werden! Die kleinen Biester sind schneller im Kanal als man gucken kann... Stecken dann irgendwann fest und man hat den Salat!
    Da muss man wirklich aufpassen, ich habe das Glück das Baby Arren so beeindruckt von meinem Wutanfall war das er sich seitdem von Röhren fernhält.


    Kein Problem, aber seltsam und rassetypisch: Rückwärts ist so ne Sache... Die können nur vorwärts, umdrehen geht auch. Aber rückwärts? Kriegen viele kaum hin. Wenn sie irgendwo im Wahn sind gehts oft, aber sobald sie nachdenken ist Rückwärts anscheinend sowas wie Astrophysik, einfach zu hoch für die Hohlbirnen.


    - Rassetypische Krankheiten?

    Da hat Ocarina ja schon geantwortet.


    - Was sollte man unbedingt noch wissen, wenn man sich für die Rasse(n) interessiert?

    Das man als Hundesitter da echt Probleme bekommen kann.
    Sei es weil der Hund eben andere Hunde scheiße findet, aber vor allem weil viele Menschen einfach Vorurteile haben und einem so die Kunden weglaufen können.
    Man wird je nach gegend echt oft blöd angemacht, aber es finden sich zum Glück auch immer Leute die ernsthaft nachfragen und eben auch Fans die sich freudestrahlend und quietschend auf den Hund werfen.


    Bullterrier sind fantastisch!
    Dennoch, Arren wird der einzige sein. Zum Großteil natürlich weil er halt doch ne special little Snowflake ist und ich jeden anderen an ihm messen würde.
    Aber eben auch weil es doch etwas anstrengend ist. Der kommt auf Sachen... Typisch Bulli eben. Er ist toll so wie er ist, aber nochmal möchte ich das nicht. Nicht permanent aufpassen wo der Hund ist, auf welche blöde Idee der wieder gekommen ist, ob er wieder irgendwo feststeckt, etc.
    Nun, wer weiß, vermutlich werde ich diese groben Zärtlichkeiten, die Clownerie, diesen Überschwang, diese Freude und dieses unfassbar große Herz irgendwann so sehr vermissen das ich doch nochmal losziehe um mir einen weiteren Bullterroristen zuzulegen.

  • Vielen Dank für die ausführlichen und superinformativen Antworten!
    Werde mir das alles nochmal heute Abend durchlesen und weitergeben, dann kommen sicher noch mehr Fragen!



    Wie ist es mit dem Alleinbleiben?








    Das man als Hundesitter da echt Probleme bekommen kann.
    Sei es weil der Hund eben andere Hunde scheiße findet, aber vor allem weil viele Menschen einfach Vorurteile haben und einem so die Kunden weglaufen können.

    Sie sitten nur meine Hündin und da werden zwei Hundetypen aufeinandertreffen, die leider nicht kompatibel sein werden (dazu kenn ich meine SchwarzWeiße zu gut) und dementsprechend werde ich mich nach was neuem umsehen müssen :(

  • Wie sind Bullterrier charakterlich so?

    Wenn ich den Bulli meines Bruders und den in der Nachbarschaft kurz beschreiben müsste:


    Das sind 2 äußerst liebenswerte treudoofe Grobmotoriker.

    Gibt es einen Unterschied zwischen Mini und Standard?

    Vom Charakter her denke ich nicht.

  • Wie ist es mit dem Alleinbleiben?

    So toll finden sie es nicht, geht aber eigentlich problemlos. Wenn man wiederkommt ist die Freude riesengroß!
    Und das hier oft propagierte "Erst ignorieren bis der Hund ruhig ist" würde bei allen Bullis die ich kenne zu totaler Konfusion bis hin zu immer extremeren Tobereien führen. Sowas geht bei der Rasse eigentlich garnicht, also ignorieren. Da kommen die nicht klar mit.
    Richtig klare Ansagen sind wichtig und vor allem, oben ganz vergessen: Körperlichkeit! Die verstehen das sonst oft nicht. Ein Stubs für den Bulli ist ein fester Knuff für andere Hunde.... Die sind selbst absolut körperlich und schätzen das auch.


    Wenn ich mit Arren wild tobe sieht das immer aus... Der Hund wird geschubst, geknufft, manchmal so hart geschubst das er umfällt... Und er findet das so geil, tobt violler Freude herum, soringt mich an, hängt mir im Ärmel...
    Sieht gruselig aus, ist aber für den Hund das beste Spiel überhaupt!
    Dann muss ich ihn halt wieder etwas runterholen, weil er rassetypisch kein Ende kennt. Und dann liegt er halb auf mir drauf und schnarcht zufrieden vor sich hin. :herzen1:



    Wegen deiner Hündin: Ich würds probieren. Bisher haben alle Hunde die wir getroffen haben eine unendliche Langmut bewiesen wenns um Arren geht.
    Hunde bei denen der Whippet grad mal atmen darf, während der Mini ihnen freudestrahlend auf den Rücken hoppst und dafür noch als Belohnung ein kleines Rennspiel bekommt...
    Keine Ahnung wie der das immer macht. :ka:
    Klappt natürlich nicht immer, aber einen Versuch isses wert.

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