Welches Wissen braucht man für die Mehrhundehaltung?

  • Guten Abend,


    da es bei uns ja noch der Wunsch nach einem Zweithund besteht und wir uns ja nun auch Zeit lassen wollen, frage ich mich in letzter Zeit viel, ob ich geeignet für die Mehrhundehaltung wäre.


    Es ist so, dass unser Hund schon gut erzogen ist und ich schon sehe wenn er glücklich ist, wann er sich eher unwohl fühlt oder in welchen Situationen er Angst hat.
    Also diese Zustände kann ich schon erkennen.
    Aber wie würde das konkret mit 2 Hunden aussehen?


    Würde ich da zB. wirklich erkennen ob ein Hund den anderen unterdrückt oder ob es Spannungen unter den Hunden gibt ?
    Ich habe oft gelesen es sei wichtig bei der Mehrhundehaltung auf Kleinigkeiten zu reagieren, feste Regeln zu haben und auch Dinge zu unterbinden.
    Aber wie lerne ich denn so etwas beurteilen zu können?
    Muss man dafür erstmal Bücher wälzen?


    Wie habt ihr das denn gemacht?


    Als kleines Beispiel, Ersthund würde mit Welpen spielen und dieser liegt dann auf dem Rücken usw. woher weiß ich das ein Spiel zu weit geht und ich es unterbinde?
    Mische ich mich zu früh ein dann wäre es doch auch kontraproduktiv oder?
    (Ist eben nur mal ein Beispiel)


    Meine Angst wäre jetzt aus Unerfahrenheit Fehler zu machen die sich dann irgendwann rächen und zu Schwierigkeiten führen würden.


    Bin gespannt auf eure Antworten.


    Lg :winken:

  • Wie habt ihr das denn gemacht?

    By doing und mittendrin. Fehler machen, Sequenzen verinnerlichen, Besser machen, Fehler machen, Erfolge beurteilen, Fehler machen ;)


    Bücher waren nie mein ding. Die Lesen sich meist wie Gebrauchsanleitungen oder Lebenshilfen.

  • Ich muss gestehen, ich bin da ganz unverkopft ran gegangen und ohne Bücher oder so |) . Ich denke schon, man spürt und sieht es, wenn es einem Hund zu viel wird, wenn sich ein Hund nicht mehr wohl fühlt mit dem situativen Moment. Es ist so unterschiedlich, wie Hunde auf einen Neuzugang reagieren, wer da vielleicht überfordert ist, wen man etwas schützen/bestärken muss oder wer auch mal eine Ansage braucht. Da gibt es kein Patentrezept :ka: . Spiel z.B. ist für mich Spiel, so lange beide noch "Stopp" sagen können und das vom anderen akzeptiert wird. Also nicht ein Hund der nur noch fiddelt oder sich unterwirft und der andere macht dennoch weiter... aber ja, das erkennt man an sich, finde ich. Zurechtweisung lasse ich in der Regel laufen (außer bei Grisu, der muss in der Anfangszeit nur Anwesenheit des Welpen akzeptieren und wird im Gegenzug "geschützt" vor jeder Aufdringlichkeit, aber der ist auch speziell...)


    So wirklich mehr Regeln als mit einem Hund haben wir auch mit 3 - 4 Hunden nicht. Es ist ja immer noch dasselbe, was einem wichtig ist. Ich habe eher den Eindruck, ich sehe vieles immer lockerer :pfeif:


    Mir ist vor allem sehr wichtig, dass die Hunde alle lernen, sich in "besonderen" Situationen zu mir (!!) umzuorientieren. Egal ob Fremdhund, Reh, Reiter... es wird zu mir geguckt und nicht zu den anderen Hunden (auch wenn es hilfreich sein kann, wenn der Ersthund erwünschtes Verhalten vorlebt). Die Rudeldynamik darf man nicht unterschätzen.

  • Hey und danke für eure Antworten :winken:
    Also würdet ihr sagen das man vieles lernt durch seine Hunde?
    Ist warscheinlich genauso wie bei einem Menschen der noch keinen Hund hatte und dann das erste mal Hundebesitzer ist oder?


    Ich finde Bücher nur immer etwas schwierig, weil die Praxis ja dann doch anders aussieht und nur vom Lesen selbst werde ich ja noch kein Meister xD also ich jedenfalls nicht.

  • Aber wie würde das konkret mit 2 Hunden aussehen?

    Jeder Hund ist ein Individuum und reagiert auf Dinge unterschiedlich. Grundlegende Dinge sind zwar immer ähnlich, haben aber auch ihren eigenen Akzent. Wenn du also bei Hund 1 gelernt hast auf Körpersprache und Verhalten zu achten, wirst du das auch bei Hund 2 können.

    Würde ich da zB. wirklich erkennen ob ein Hund den anderen unterdrückt oder ob es Spannungen unter den Hunden gibt ?

    Wenn du es wirklich beobachtest, wirst du es erkennen. Nur Achtung: Wenn du selbst mit Anspannung an die Sache ran gehst, wird es unweigerlich auch Spannung bei den Hunden erzeugen. Wie sich die Spannung entlädt, kommt dann auf die Charaktere der Hunde an.



    Ich habe oft gelesen es sei wichtig bei der Mehrhundehaltung auf Kleinigkeiten zu reagieren, feste Regeln zu haben und auch Dinge zu unterbinden.
    Aber wie lerne ich denn so etwas beurteilen zu können?
    Muss man dafür erstmal Bücher wälzen?

    Erst einmal ist die Hundehaltung ein Geflecht auch Grenzen und Privilegien. Egal ob du einen oder 10 Hunde hältst. Wichtig ist, das du auch bei mehr als einem Hund deine Grenzen deutlich und verständlich aufzeigst. Bei uns zum Beispiel darf zu Hause nicht mit einander getobt werden (dafür sind beide Hunde zu groß und einer auch zu tollpatschig). Dieses Verbot gilt immer und ist eines der wenigen, die ich auf die Mehrhundehaltung anwenden muss. Alleine hätte mein erster Hund nie getobt. Schnauzenfechten (also beide Hunde liegen und man kabbelt ein wenig) ist erlaubt. Entsteht daraus mehr, gibt es ein "Hört auf!" und sie hören auf. Ich musste das auch nie irgendwie durchsetzen, offenbar reicht da mein Tonfall. Bücher gelesen habe ich in meiner Jugend. In meiner aktiven Hundezeit greife ich darauf eigentlich gar nicht zurück. Ich lerne durch Beobachtung meiner und fremder Hunde.



    Als kleines Beispiel, Ersthund würde mit Welpen spielen und dieser liegt dann auf dem Rücken usw. woher weiß ich das ein Spiel zu weit geht und ich es unterbinde?

    Glaub mir: Wenn du auch nur den Hauch eines Gespürs für deinen Hund hast, WIRST du es erkennen. :D Auch ohne Stadium. Wenn der Welpe auf dem Rücken liegt, ist das nichts woran du einen Spielabbruch durch dich fest machen solltest. Ein Hund kann so unterschwellig mobben und kontrollieren, dass es vielen nicht auffällt. Aber wenn du das Gefühl auch für den Zweithund bekommst, wirst du merken, wenn es kippt. Dazu musst du aber auch zulassen können, dass du auf dein Gefühl hörst. Wenn du denkst: Oh, das sieht aber unentspannt aus... dann unterbreche es.


    Mehrhundehaltung ist keine Wissenschaft. Es sind 2 Hunde, die unter deinem Dach leben, deine Regeln zu beachten haben, die DU in ihrem Wesen akzeptierst und respektierst und die sich untereinander respektieren.


    Manche Hunde (so wie meine Beiden die aktuell hier wohnen) gehen eine sehr enge Bindung ein. Man liegt zusammen, sucht die Nähe zu einander, möchte beieinander sein und sich gegenseitig körperlich spüren. Auch jetzt liegen sie in Körperkontakt hier, obwohl sie auch woanders liegen könnten und nicht zusammen sein müssten.
    Dann hast du Hunde (wie bei mir die erste Konstellation mit meinem Rüden und der ersten Hündin), die akzeptieren sich und respektieren sich, können aber auch ohne einander. Pauli und Poco haben nie zusammen gelegen, haben nie die Nähe des anderen gesucht.
    Und als Mensch lernt man sehr schnell zu erkennen, ob die Interaktion zwischen den beiden Hunden friedlich ist, oder ob sie kippen könnte. Mein Traumpaar hat auch mal eine Meinungsverschiedenheit. Dann wird sich kurz angemotzt und alles ist wieder gut. Da schreite ich nicht ein. Sollte ich merken, dass diese Meinungsverschiedenheit aber ausgedehnt wird, ein Hund den anderen versucht einzuschränken, schränke ICH ein und teile mit, was ich davon halte.


    Hab keine Angst. Man lernt es!

  • Es gibt ein tolles Buch von Thomas Baumann über Mehrhundehaltung



    Ich finde eines der wichtigsten Stichworte in Punkte Mehrhundehaltung Rudeldynamik! Das kommt natürlich sehr stark auf den Ersthund an, aber manche nicht alle verändern sich mit nem Kumpel in Punkto Jagdverhalten und bei Begegnungen

  • .......Wie habt ihr das denn gemacht?


    .....

    Ich hab einfach den 2. dazugeholt. Später hab ich dann *Zwei Hunde - doppelte Freude* von Führmann/Franzke gelesen. Aber das war da schon nimmer so aufregend, weil ich die ersten eigenen Erfahrungen gemacht hatte. V.a. kommts auf die jeweiligen Hunde an. Bücher können nur schreiben, auf was man alles achten sollte. Aber was davon dann tatsächlich auch einen selbst und die eigenen Hunde betrifft, steht nirgendwo. Deswegen kann ein Gutteil der in solchen Büchern gegebenen Tips für Dich in Deiner Situation umsonst sein (aber natürlich lieber einmal zu viel aufgepaßt, als daß es dann so richtig kracht, und der Welpe erstmal völlig verschüchtert ist....).


    Bei manchen Hunden gibts zB Probleme mit Ressourcen. Will heißen, man sollte kein Spielzeugs rumliegen lassen. Wenn jetzt aber die Hunde überhaupt kein Problem mit Ressourcen haben - warum sollt ich dann nix liegenlassen..... Trifft ja auf mich gar nicht zu in dem Fall.


    Oder wenn man weiß, der Ersthund ist futteraggressiv, dann sollte man das Welpi vielleicht besser extra füttern, zu eigenen Zeiten, am eigenen Platz, und in der Zeit den Ersthund sichern. Und auch keine Brotkrümel unterm Küchentisch liegenlassen, die Letzterem Anlaß zum Ausrasten geben könnten. Aber das betrifft auch wieder nur Leute mit Hunden, die eben futteraggressiv sind - muß nicht bei jedem zwangsweise gemacht werden, der sich nen Zweithund holt.


    Man sieht es schon, wenn einer der Hunde nimmer mag. zB wenn der Ersthund versucht, sich zurückzuziehen ins Körbchen oder gar andres Zimmer, dann wars ihm zu viel. Oder wenn er anfängt, den Kleinen wiederholt heftig zu maßregeln - dann hat der wohl das gesunde Maß an Dreistigkeit oder Toleranz vom Ersthund gerade überschritten. Oder wenn der Kleine zB nach einer Korrektur des Ersthundes völlig panisch kreischend wegläuft und nie wieder (ok zumindest stundenlang) Kontakt aufnimmt zum Ersthund - dann hat Ersthund offenbar reichlich überreagiert, weils ihm gelangt hat. Da muß man dann echt gucken, daß man selbst dazwischengeht, bevor der Hund sich erneut genötigt sieht, sich so heftig zur Wehr zu setzen. Wenn einer dauernd grummelt, wenn der zweite näherkommt. Dann würde ich für Abstand sorgen, zB Körbchen für jeden fest zuweisen und für den andren tabuisieren. Aber eben nur, wenn nötig.


    Solange die beiden Hunde sich gegenseitig zum Spiel auffordern (abwechselnd!), beide Spaß zu haben scheinen, keiner völlig erschöpft vom Spielen ins Eck kriecht, und keiner total hochdreht durchs Spielen und immer heftiger wird, und auch keine Löcher entstehen *gg, ist doch alles ok. :-)

  • Wenn ein neuer Welpe da ist, übernehmen unsere erwachsenen Hunde einen Großteil der Erziehung. Wir mussten da bisher nie groß regulierend eingreifen. Ich würde es an deiner Stelle, einfach mal auf dich zukommen lassen.

  • Wenn du im Vorfeld noch etwas lesen möchtest:


    Einmal Meutechef und zurück, von Patrica McConnell


    Ist ein kleines Büchlein mit guten Anhaltspunkten über die Mehrhundehaltung. Auch mit ein paar guten Tips, wie man manches entspannt angehen kann.
    Es gibt einen schönen Einblick in die Themen, die einem mit mehreren Hunden begegnen können.

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