Inzucht, Reinfarbzucht, künstliche Veringerung des Genpools - Festgehalten in Zuchtordnungen

  • Hallo liebe Forengemeinde ;)


    Da im Qualzuchtthread wohl unangebracht, eröffne ich nun - nicht ganz bedenkenlos - einen neuen Thread dazu.


    Es soll hier um das Thema Zucht und Zuchtordungen, mit spezieller Sicht auf Farbzucht, Reinfarbzucht, Inzucht und der Hinnahme der Veringerung des Genpools und dessen Vielfalt - also im Grunde der Ahnenverlust - gehen.


    • Also, ab wann ist Inzucht und Ahnenverlust gesundheitsbedenklich?


    • Wie Zeitgemäß ist Farb- und vorallem Reinfarbzucht und wie kritisch seht ihr diese?


    • Macht es wirklich Sinn den Genpool und dessen Vielfalt aufgrund von äußeren Merkmalen wie der Färbung (bzw. Reinfarbe) künstlich klein zu halten?


    • Wie seht ihr Zuchtverbände und Züchter, die an diesen Methoden festhalten?


    • Was glaubt ihr wie es bei betroffenen Rassen anders gehandhabt werden müsste?


    • Ab welchem Zeitpunkt wird die gezielte verringerung des Genpools, trotz anderer Möglichkeiten, für euch zum Problem?





    Noch etwas greifbares, anhand des Fallbeispiels der (Groß-)Spitze.





    Bei den Spitzen ist es ja ein bekanntes Problem, dass die Linien so eng zusammen liegen. Inzuchtwerte über 25% und Ahnenverlustkoeffiziente unter 50% sind jetzt keine Seltenheit, wenn man sich die letzten 6 Generationen anguckt, dabei kann man in der Datenbank maximal 6 Generationen zurück schauen.


    "Die Inzucht- und Ahnenverlustberechnung erfolgt in der Datenbank-Deutscher-Spitz standardmäßig über 6 Generationen. Das bedeutet, dass alle IK und AV Werte in den Listenansichten sowie in den Stammdaten im Pedigree Ergebnisse einer 6-Generationen-Berechnung sind."


    Schaue ich stichpunktartig durch Pedigree's der letzten 10 Jahre, finde ich auffällig oft Ahnenverlust Werte um die 70% (also AVK 30%) und IK Werte um die 25-30%. Auch bei den neuen Generationen wohlgemerkt.



    Besonders die Ahnenverlust Werte finde ich persönlich bedenklich. Ein Blick auf die Reinfarbzuchtpolitik, lässt die Frage aufkommen, warum bei oben genannten Werten an dieser festgehalten wird.



    Wobei es diese Reinfarbzucht beim Spitz - für Deutschland gesehen - jetzt nur im Verein für Deutsche Spitze gibt. Daher werden ja die Dissidenzen IG Spitze und VSNH doch recht häufig empfohlen.



    Dh. bei Großspitzen dürfen nach aktueller ZO nur Schwarze, Braune und Weiße Spitze verpaart werden. Darunter nur gleichfarbige Spitze miteinander oder seit nun wohl 15.07.2015 zusätzlich dazu: Braun mit Schwarz oder Weiß mit Schwarz. (was definitiv ein Fortschritt ist, aber mMn lange nicht genug)



    ZO Vfdsp (15.07.2015) Allgemeines $3 Absatz 4.6:

    "Farbverpaarungen innerhalb des Größenschlages Großspitz sind erlaubt zwischen schwarz und braun; schwarz und weiß"


    "Farbverpaarungen innerhalb der Größenschläge Kleinspitze bzw.Mittelspitze sind erlaubt zwischen schwarz und braun; orange,graugewolkt und andersfarbig."

    - Dh. Auch bei Mittelspitzen dürfen Schwarze oder Braune nicht mit orange oder graugewolkt oder andersfarbig verpaart werden.



    Variätäten (zB Groß- mit Wolfsspitz) dürfen nicht miteinander Verpaart werden:

    "Verpaarungen der Größenschläge untereinander sind verboten"


    Betrachtet man jetzt, dass die Einschränkung auf diese Farben bei den Großspitzen erst seit 1959 so im Standard festgehalten ist - und dass zuvor sowohl die verschiedenen Größen der Spitze, als auch die verschiedenen Farben miteinander verpaart werden durften - stellt sich die Frage, ob diese künstliche Einschränkung auf einen geringeren Genpool - als der grundsätzlich vorhandene - in der Zucht einer vom Aussterben bedrohten Rasse Sinn macht.



    Zudem eine Inzuchtdepression ihre Folgen trägt und man dies verhindern hätte können, indem man den Standard wieder lockert, da die Änderung des Standards auf Reinfarben lt Recherchen des IG Spitze (IHV) eigentlich zu einer höheren Beliebtheit der Spitze in der Bevölkerung führen sollte. Gesundheitliche bedenken, hätte es durch einen nicht so engen Standard nicht gegeben.





    Beispielwerte aus der Spitzdatenbank – gerechnet mit 6 Generationen:




    Es wäre wirklich toll, wenn hier ein informativer Thread entstehen würde - ohne, dass sich hier einzelne echauffieren müssen, dass das Ganze nur VDH bashing sei. Ist es nicht und wenn ihr das nicht glauben mögt: Ist es wirklich nicht. Dankesehr ;)

  • Ich lese in jedem Fall sehr interessiert mit, da das Thema mich interessiert und ich in letzter Zeit auch einiges damit zu tun habe, auch wenn ich noch lange nicht zu den Fachleuten gehöre.


    Bei der Hündin, die in wenigen Tagen bei mir einziehen wird (mit Hinblick auf Zucht), war mir ein sehr niedriger IK wichtig - der ist leider alles andere als selbstverständlich bei den Deerhounds.

  • Ich kenne mich bei den Spitzen im besonderen nicht aus. Aber grundsätzlich gebe ich zu bedenken, dass die Linienzucht, bei kleinen Zuchtpopulationen, sehr sinnvoll sein kann, um der Homogenisierung des Genpools entgegen zu wirken.
    Allerdings nicht auf Farbigkeit, sondern auf Erhalt einer genetischen Vielfalt (eben der verschiedenen Linien). So wie bei den Erhaltungszuchten von bedrohten Wild- oder Haustierarten ein Zuchtbuch geführt wird.


    Verpaart man wild alle möglichen Linien erhält man nämlich schnell eine genetische Verarmung, weil eben alle Individuen der Population gleich (gemischt) sind.

  • Ich kenne mich bei den Spitzen im besonderen nicht aus. Aber grundsätzlich gebe ich zu bedenken, dass die Linienzucht, bei kleinen Zuchtpopulationen, sehr sinnvoll sein kann, um der Homogenisierung des Genpools entgegen zu wirken.
    Allerdings nicht auf Farbigkeit, sondern auf Erhalt einer genetischen Vielfalt (eben der verschiedenen Linien). So wie bei den Erhaltungszuchten von bedrohten Wild- oder Haustierarten ein Zuchtbuch geführt wird.


    Verpaart man wild alle möglichen Linien erhält man nämlich schnell eine genetische Verarmung, weil eben alle Individuen der Population gleich (gemischt) sind.

    Ist auf jeden Fall ein sinnvoller Punkt, danke :bindafür: sollte man also zudem auch noch beachten .


    Mir ist bewusst, dass das ein komplizierteres Thema ist, ich bin dennoch gespannt, was andere da noch beitragen können.

  • Ich kenne mich bei den Spitzen im besonderen nicht aus. Aber grundsätzlich gebe ich zu bedenken, dass die Linienzucht, bei kleinen Zuchtpopulationen, sehr sinnvoll sein kann, um der Homogenisierung des Genpools entgegen zu wirken.
    Allerdings nicht auf Farbigkeit, sondern auf Erhalt einer genetischen Vielfalt (eben der verschiedenen Linien). So wie bei den Erhaltungszuchten von bedrohten Wild- oder Haustierarten ein Zuchtbuch geführt wird.


    Verpaart man wild alle möglichen Linien erhält man nämlich schnell eine genetische Verarmung, weil eben alle Individuen der Population gleich (gemischt) sind.

    Dafür brauch man aber erst mal verschiedene Linien. Bei manchen Rassen sind solche im Grunde ja gar nicht mehr vorhanden. Da tauchen in allen "Linien" die selben Hunde auf.


  • Ich bin jetzt kein Genetiker oder Tierarzt und fände es mal interessant zu hören, welche Werte von denen genannt werden.
    Mein jetziger Hund ist aus einer Outcrossverpaarung. Dafür habe ich mich bewusst entschieden. Bisher ist er gesund und der erhoffte Traumhund. Allerdings ist mir bewusst, dass auch er ein erhöhtes Risiko für bestimmte Erkrankungen haben wird, deren Veranlagung wohl ein Großteil der Rassevertreter in sich tragen.


    Ich persönlich finde Reinfarbenzucht unsinnig.
    Ich meine, ein guter Hund hat keine Farbe. Hunde die alle nur einfarbig weiß oder schwarz sind, finde ich eh langweilig.
    Wahrscheinlich wollte man sich anfangs mit der Zucht auf reinfarbige Hunde (z.B.) bei den Spitzen von Mischlingen abheben? Heute macht das für mich keinen Sinn.


    Zuchtverbände, die daran festhalten, auch wenn man heute weiß, dass es der Rasse mehr schadet als nutzt, wären für mich keine Option.
    Ich persönlich bin der Meinung, man müsste bei vielen Rassen gezielt andere Rassen einkreuzen, da der Ahnenverlust einfach schon zu groß ist.
    Ich möchte einen gesunden, geistig fitten Hund haben und keinen degenerierten Klonhund.


    Ob bei mir noch mal ein Rassehund einziehen wird, da bin ich mir momentan sehr unsicher.

  • Ich kann leider nicht von Genetikern oder Tierärzten sprechen, dazu findet man irgendwie schwierig Aussagen von diesen, aber zumindestens bei den Spitzen stößt man immer wieder auf die Werte IK sollte nicht höher als 6% sein und AV nicht über 15% (im umkehrschluss der AVK nicht unter 85%).



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