Mit dem Hund zu einem Team zusammen wachsen

  • Hallo zusammen,


    Um mein Problem zu beschreiben muss ich etwas weiter ausholen.


    Mein erster Hund war ein Huskymischling und da ich mitten in der Stadt gewohnt habe realistisch gesehen eine Schnapsidee.
    Aber wir waren ein tolles Team, was habe ich diesen Hund geliebt. Er hatte seine Macken und hat mich oft in den Wahnsinn getrieben, aber ich hätte nichts ändern wollen.


    Das Schicksal war uns aber nicht sehr zugetan, er durfte nicht einmal 2 Jahre alt werden.
    Die Wochen danach war ich ein Wrack, ich hab nur auf die Uhr geschaut und darüber nachgedacht das Gassizeit ist.


    Meine bessere Hälfte wollte dann irgendwann einen neuen Hund.
    Ich war nicht sofort begeistert, aber ich erlaubte ihr zu suchen.


    Tja irgendwann zeigte sie mir Hunde und ich fand an jedem etwas auszusetzen.
    Aber bei Jessy fand ich nichts. Sie gefiel mir sogar. Ein Galgomix, ganz anders als mein alter Freund. Sehr ruhig (er war hibbelig), sehr verkuschelt (davon hielt er nichts)....


    Sie war komplett anders und darum wollte ich ihr eine Chance geben.


    Sie war ursprünglich aus dem Ausland und wahrscheinlich auch verprügelt worden. Sie war der unsicherste Hund den ich je gesehen habe.


    Wir haben alle Formalitäten geklärt, auch Vorkontrolle würde gemacht und sind sie abholen gefahren.
    Und als sie vor mir stand, überkam mich das erste Mal das Gefühl, dass wird nichts.


    Meine bessere Hälfte hingegen war heftig verliebt. Ich dachte mir OK den ersten Hund habe ich ausgesucht, den zweiten halt nicht, das war OK, man wird schon zusammenwachsen.


    Das war vor 6Jahren.
    Wir sind leider nur kein Team geworden.


    Sie hört wunderbar, ist sozialverträglich, macht wenig Ärger, will nur kurze Runden, lässt sich aber auch auf längere ein.
    Oft wurd uns gesagt was für ein wunderbarer Hund sie ist.
    Viel ausgeglichener als der Alte
    Viel verkuschelter/zugänglicher als der Alte
    Viel hübscher als der Alte
    Unkomplizierter, treuer...


    Das hat mich unglaublich verletzt.
    Sie ist für mich nicht besser, sie ist anders.


    Ich habe trotzdem immer mein bestes Gegeben mich auf sie einzulassen, ich mag sie ja auch.


    Sie lebt neben mir, auf meine Versuche mit ihr zu spielen, zu raufen, geht sie manchmal kurz ein, es langweilt sie aber schnell.


    Sie ist inzwischen ein sehr ausgeglichener Hund.
    Ich habe damals wahnsinnig viel mit ihr trainiert, weil sie so viele Macken hatte das sogar eine Abgabe Thema war. Ich habe gekämpft, damit sie bleiben kann. Sie Arbeitet gut mit mir und zeigt beim Training sogar manchmal Begeisterung.


    Bitte versteht mich nicht falsch, ich mag diesen Hund und ihre Bedürfnisse sind mir wichtig.


    Habt ihr Ideen und Tipps wie aus uns noch ein echtes Team werden kann.


    Mit meiner besseren Hälfte ist sie übrigens sehr eng, die beiden sind ein gutes Team.


    Prinzipiell habe ich kein Problem mit einem Hund zusammen zu finden, ich betreue hier regelmäßig Hunde von Bekannten und zu fast jedem davon konnte ich eine Beziehung aufbauen, das mir unser Hund so fremd bleibt beschäftigt mich wahnsinnig.


    Liebe Grüße

  • Ich kann dich sehr gut verstehen, da es mir mit einem unserer Hunde ähnlich gegangen ist. Es war ausgerechnet der Sohn meiner heißgeliebten, ersten Hündin, geboren quasi in meine Hand und aufgewachsen bei uns, der sich sehr früh entschied, dass er der Hund meines Vaters sein wollte - und sonst nichts.


    Er war total freundlich und problemlos, aber er ist zu keinem Familienmitglied eine wirklich enge Bindung eingegangen, während er sein Herrchen vergötterte. Was sehr an mir genagt hat, weil ich eigentlich ein Händchen für Hunde hatte, und diejenige war, die ihn hauptsächlich zu pflegen und zu erziehen hatte. Er hat auch alles artig mitgemacht, mir sogar besser gehorcht als seinem Chef - aber so "klick" wie zwischen seiner Mutter und mir hat es nie gemacht. Ich mochte ihn, er mochte mich nicht so besonders - und das war's.


    Besser wurde das erst, als ich mir das wirklich klar gemacht habe: Das ist nicht dein Hund, das Verhältnis zu ihm kann keine Wiederholung der Beziehung mit seiner Mutter bringen, zu der ich eine fast telepathische Verbindung hatte. Dieser Hund gehört einfach zu jemandem anders - was aber nicht nicht ausschließt, dass ich ihn als Familienmitglied trotzdem sehr mögen kann. Es liegt weder an meinem Versagen noch an ihm - es ist einfach Chemie.


    Kurz: Ich hatte keine Erwartungen mehr, die der Hund nicht erfüllen konnte, ich hatte Distanz, und damit entspannte sich die Situation sehr. Denn natürlich war es MEIN Problem, nicht seins.Ich hab diesen Rüden dann sehr gemocht, gerade weil er mir gezeigt hat, dass eine wirklich enge Bindung ein Geschenk ist, das man nicht einplanen, nicht einmal gezielt erreichen kann. Man bekommt es, oder eben nicht.


    Kannst du es vielleicht ähnlich sehen, und damit den Druck von dir selbst nehmen? Deinem Mann einfach von Herzen diese Beziehung gönnen, die du ja mit deinem ersten Hund auch gehabt hast, und von eurer Hündin (und dir!) nichts erwarten, was zwischen euch vielleicht einfach nicht sein kann?


    Es ist ja kein Versagen von deiner oder ihrer Seite - es ist wirklich einfach Chemie.

  • Das hat mich unglaublich verletzt.
    Sie ist für mich nicht besser, sie ist anders.

    Lebewesen miteinander zu vergleichen und zu bewerten ist unfair und das als Außenstehender zu tun erst recht. Verständlich, dass dich das verletzt.


    Ich bin in einer ähnlichen Situation (mit einem Pferd) und kenne das Gefühl, dass da "etwas fehlt" - die besondere Verbindung, das Innige und Vertraute.
    Normalerweise würde ich sagen - konzentriere dich auf die guten Eigenschaften, verbringe mehr Zeit mit dem Hund, erlebt gemeinsame Abenteuer ohne deine Partnerin und richtet euch 15 min "quality time" ein, in denen ihr zwei euch ganz aufeinander konzentriert und etwas macht, woran ihr Spaß habt.
    Aber bei dir klingt es so, als hättest du einen großen Teil der Erziehung übernommen und somit viel Zeit mit ihr verbracht und dich wirklich um sie bemüht. :smile:


    Bindung kann man nicht erzwingen wenn die Chemie nicht stimmt, aber nur weil die Beziehung nicht total eng ist, muss es nicht unbedingt schlecht sein. Eure Hündin hat sich wohl deine Partnerin als engere Bezugsperson ausgesucht und solange ihr beide euch mögt und gut miteinander klar kommt würde ich eher versuchen das zu akzeptieren. Regelmäßige Quality Time kannst du euch beiden ja dennoch gönnen, aber ich würde das ganze eher mit einer "alles kann, nichts muss" Einstellung angehen, sonst setzt du euch beide unter Druck.


    Mir geht es mit der Situation viel besser seit ich akzeptiert habe, dass ich zu besagtem Pferd nie eine enge Beziehung haben werde, einfach weil er nicht mein Typ Pferd ist.
    Aber das ist nicht schlimm! Wir mögen uns ja trotzdem und haben Spaß miteinander - es gibt im Leben ja zum Glück nicht nur schwarz und weiß!


    Der Unterschied ist, dass es nicht mein eigenes Pferd ist, der Hund aber bei dir lebt. Das könnte ich wohl auch schwerer akzeptieren und hätte an deiner Stelle wohl schon den Wunsch nach einem zweiten Hund, bei dem die Chemie besser passt und der dann dich als Bezugsperson hat. :pfeif:

  • Habt ihr Ideen und Tipps wie aus uns noch ein echtes Team werden kann.

    Ja.
    Hör auf darüber nachzudenken :smile:


    Du machst alles richtig! Dein Hundeli hat's gut bei Dir, Du bist da für sie, Du arbeitest mit ihr und lässt sie aber auch in Ruhe.
    Sie holt sich von Dir was sie von Dir braucht und holt sich von Deiner Partnerin was sie von ihr braucht.


    Weisst es gibt diese "Seelenhunde", ich nehme lieber den englischen Ausdruck dafür: one in a thousand oder one in a million.
    Eben dieser eine Hund wo's einfach passt!
    Hatte ich als Kind, ich habe mich in diesen einen Hund verliebt und dieser eine Hund in mich (sage ich jetzt einfach so). Dieses Verhältnis hatte ich so nie wieder. Ähnlich gut, anders gut aber DAS? Einmalig!
    Dann gab es Hunde die halt bei mir lebten :ka: Wir hatten's gut aber so wirkling eng waren wir nicht.
    Das musste ich akzeptieren lernen, war für mich bestimmt härter als für den jeweiligen Hund :smile:


    Lass los, hör auf zu zweifeln!
    Du machst alles richtig.

  • das mir unser Hund so fremd bleibt beschäftigt mich wahnsinnig.

    Eigentlich ist es ganz einfach; dein erster Hund war dein Seelenhund. Die Hündin, die jetzt bei euch lebt, magst du wahrscheinlich auch auf irgendeine Weise, aber dein Seelenhund wird sie wohl nie werden.
    Ich hab sowas auch schon erlebt.

  • Du musst deine Vergleiche zu deinem vorherigen Hund ablegen, du vergleichst die beiden Hunde.
    Ja, sie ist ein anderer Hund. Sie ist anders.
    Du musst dich auf diesen anderen Hund einlassen, auf ihre Art, auf ihr Wesen, auf ihren Charakter.
    Auch sie ist jetzt dein Hund, sie zeigt dir das auf ihre weise.
    Jeder Hund ist anders und das ist schön, denn das macht sie einzigartig. Sehe diesen Hund mit deinen Augen, wie sie ist und nicht wie dein vorheriger Hund war.

  • Ich habe lange dieses Seelenhund- Ding nicht verstehen können.


    Dann hatte ich diesen einen Hund. Leider hatte, er ist nicht mehr.


    Nun leben hier zwei andere, die ich ungeheuer mag, mit ihnen Spaß habe, sie fördere und fordere (und umgekehrt).
    Und weißt Du was?
    Das ist ganz wunderbar.
    Ich hatte diesen einen Hund.
    Das tut aber meiner Liebe zu den zwei anderen Kröten hier keinen Abbruch- selbst wenn es eben nicht diese Seelenhunde sind. Das ist ja auch eine vollkommen menschliche und etwas verschwurbelte Vorstellung- den Hunden ist das wohl ziemlich egal.


    Lass los, hör auf zu zweifeln!
    Du machst alles richtig.

    So isses. Mach Dir nicht so einen Kopf.

  • Ich denke mal, Du rennst einem Glück nach, das sich so nicht mehr wiederholen läßt.
    Ich hatte einen Husky, er ist nun seit über 11 Jahren tod, ich kann heute noch nicht wirklich über ihn reden ohne daß mir Tränen kommen und ich träume heute noch oft von ihm. Ob man das nun Seelenhund nennt oder sonst wie, es ist eben wie mit allem Leben: Manchmal passt es einfach auf beiden Seiten absolut und man kann gar nicht genau sagen, warum.
    Ich hatte auch eine Hündin, mit der bin ich nie zu 100% warm geworden, ich habe sie sehr sehr gemocht, aber ihr Grundcharakter war halt nicht wirklich meins, aber für sie war ich das Glück dieser Erde und deswegen war es richtig so wie es war.

  • Ich habe damals wahnsinnig viel mit ihr trainiert, weil sie so viele Macken hatte das sogar eine Abgabe Thema war. Ich habe gekämpft, damit sie bleiben kann. Sie Arbeitet gut mit mir und zeigt beim Training sogar manchmal Begeisterung.

    Kann es sein, dass sie Dich durch das viele Training einfach als stressig abgespeichert hat und deswegen meidet?


    auf meine Versuche mit ihr zu spielen, zu raufen, geht sie manchmal kurz ein, es langweilt sie aber schnell.

    Vielleicht mag sie eher passive Ansprache.


    Nimm bei Dir den Druck raus, die Beziehung erzwingen zu wollen.
    (Das spürt die Hündin.)
    Biete Kontakt an, aber versuche nicht, die Situation total zu kontrollieren.


    Nur so meine Ideen dazu. ;)

  • Hallo ihr lieben,


    Danke für die Antworten, es hilft mir ungemein zu wissen, dass ich mit diesem Problem wohl doch nicht ganz alleine bin.


    Ich versuche sie zu akzeptieren, wie sie ist :)
    Aber ich bin ehrlich wenn der eigene Hund selbst stärker am Nachbarn hängt wie an mir, ist das manchmal schwer. ( Sie ist wenn "nur ich" da bin tatsächlich auch schon zum Nachbarn getürmt und war da nur schwer wieder weg zu bewegen, dafür wollte sein Hund unbedingt mit :D)


    @froilleinvomamt
    Du hast einen sehr guten Punkt gemacht das Training war unglaublich stressig. Jessy wollte aus unserer Wohnung fliehen, als ginge es ums nackte Überleben. Oft habe ich sie grad noch so an einem Körperteil zu fassen bekommen, nachdem ich alle Einkäufe reflexartig auf den Boden geschmissen habe. Es war ein Kampf in und aus der Wohnung zu kommen. Unsre Haustür musste erneuert werden, so stark hat sie die zerlegt. Dann noch ihre Unterwürfigkeit, wenn sie die Leine sah schmiss sie sich auf den Boden und bepinkelte sich selbst, es war tiefster Winter und sie konnte so unmöglich raus, also musste ich sie zumindest kurz trockenrubbeln. Ich bin eher von grober Statur. Ich stapfe friedlich durchs Leben, aber ich bin keine Elfe ich bewege mich sehr ruppig, das hat ihr natürlich auch wahnsinnig Angst gemacht, auch wenn ich mir wahnsinnig Mühe gegeben habe mich langsam und wenig furchteinflösend zu bewegen. Meine Frau hatte hier aufgegeben, die Probleme waren eine Nummer zu groß.
    Draussen zeigte sie die komplette Bandbreite Angstagression, da sie durch die Leine nicht fliehen könnte und sich anders nicht mehr zu helfen wusste. Alle Hundetrainer der Umgebung hatten uns abgelehnt, einen so alten Hund könne man nicht mehr trainieren. (Inzwischen weiß ich daß es bessere Trainer gibt)


    Inzwischen ist sie übrigens ein unglaublich selbstbewusster Hund, keiner glaubt uns das ausgerechnet Jessy ein Angsthund gewesen sein soll.


    Ich verbringe viel Zeit mit ihr, am Wochenende sind alle Spaziergänge meine Aufgabe, in der Woche zumindest die große Abendrunde. Das wurde eingeführt damit sie sich freut wenn ich Heim komme und funktioniert ganz gut, vorher hat sie wenn "nur ich" kam nichtmal den Kopf gehoben. Ich lasse sie auch viel in Ruhe, nach 6 Jahren hat man ja auch seine Routine und unsere Routine ist halt sehr distanziert.


    Vorher hatte ich auch die Morgenrunde, die habe ich nun aber nicht mehr.


    Ich habe tatsächlich schon oft mit dem Gedanken zweiter Hund gespielt ;) aber unser Vermieter erlaubt nur einen. Das ist aber ok, ich weiß nicht ob wir das packen würden


    Es ist schade das man daran nicht arbeiten kann, aber ich werde das wohl einfach akzeptieren müssen.


    Ich habe für mich daraus gelernt, das es wenig bringt den Hund kaufen zu gehen der rational perfekt passt, die Chemie kann kein Tierheimprofil wiedergeben ;)
    Sie ist trotzdem ein toller Hund. Sie hat all das mitgebracht was ich verlangt habe, und dass ist wahnsinnig viel. Ich bin immer wieder beeindruckt wie gut sie sich in unser Leben einfügt, da wir eigtl kaum Einschränkungen durch sie haben.
    Ich habe normal keine Probleme mich auf Hunde einzulassen, im Gegenteil hier in der Nachbarschaft sind allein schon drei Hunde zu denen ich eine sehr innige Beziehung aufgebaut habe :)


    Liebe Grüße

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!