Labrador extrem triebig, aber rangniedrig

  • Hallo zusammen,


    Seit meiner Vorstellung aus 2007 hat sich unser Rudel verändert.
    Unser Pekinesenrüde Gismo wurde schwer krank und ist 2013 über die Brücke gegangen,- so long, mein Kleiner!


    November 2015 kam dann unser Labradorrüde (Showlinie schwarz, aus bester VDH Zucht) mit 10 Wochen zu uns.
    Die Welpenzeit und Pubertät war extrem anstrengend, wir hatten einen ADHS-Welpen. Aber einen mit gutem Charakter, sehr fröhlich und liebevoll, und das ist er bis heute.
    Die angenehme Leichtführigkeit des Labbis (die ohnehin eher ein Gerücht zu sein scheint, bei so vielen Haltern mit Problemen, die auch ich kenne) haben wir jedenfalls nie erlebt. Dabei war es nie das Problem, ihm etwas beizubringen, denn er lernt sehr schnell.
    Aber er ist auch stur und eigensinnig wie man es eher von einer Bulldogge erwarten würde. Sprich: ob er im konkreten Moment das sicher Erlernte umsetzt, ist grundsätzlich fraglich.


    Wir haben die Herausforderung jedenfalls angenommen, und SEHR viel Zeit in seine Erziehung investiert.


    Fehler wurden und werden dabei sicher auch gemacht, wie wahrscheinlich bei allen Hunden. Aber auch nicht mehr als bei anderen Hunden.
    Freunde, die selbst erfahrene Hundehalter mit (problemlosem) Labbimädchen und Großem Schweizer Sennenhund sind, bestätigen uns auch immer wieder mal, ein "besonderes Exemplar" erwischt zu haben.


    Also zum konkreten Problem: Er hat einen extremen Sexualtrieb entwickelt. Riecht er eine angenehme Hündin (nicht zwangsläufig läufig!), dann rennt er hin und springt drauf. Ohne zu fragen und penetrant. Auch mit "Fingerbiss" ist er nicht mehr zu stoppen. Ich muss ihn runter holen, anleinen und wegzerren. Jawohl, wegzerren! Denn gehen kann man das dann die nächsten 10-15 Minuten nicht nennen. Er zerrt zurück, und ist für keine Kommandos oder Korrektur mehr erreichbar.
    Abruf bereits in der Annäherung klappt noch, wenn man früh genug ruft. Man kann dann aber nur anleinen und auf Distanz bleiben. Weil er dann oft wie irre an der Leine zieht, lege ich ihn öfter mal ins Platz, bis die "Dame" vorbei ist. Eine Herausforderung! Denn dann liegt er vibrierend und manchmal fiepend da, um, wenn ich ihn nicht am Halsband festhalte, dann doch los zu stürmen.
    Außerdem: welcher Hundehalter geht schon vorbei? Statt dessen landet man oft in Diskussionen, warum man nicht ableint, etc.. Erhöht natürlich auch bei mir den Streßlevel, und er merkt es.


    Natürlich könnte man ihn kastrieren. Das würde das Problem der Triebigkeit sicher lösen.
    Dafür könnten wir bzw. er ein Anderes bekommen. Denn er ist eher rangniedrig, keine Spur von Dominanz oder Agression anderen Hunden gegenüber. Immer wieder wird er von ranghöheren Rüden dominiert, die aufreiten wollen. Er wehrt sich fast nie, immer wieder muss ich einschreiten, und die Situation beenden. Auch wird er immer wieder gemassregelt, und ergibt sich dann. Habe übrigens den Eindruck, dass viele Halter dominanter Rüden das offenbar so richtig gut finden...
    Durch die Kastration könnte sich dieses Problem natürlich noch deutlich verschlimmern.


    Woran es sicher NICHT liegt:
    Ein klinische Befund liegt nicht vor, er ist kerngesund.
    Mangelnde Auslastung ist es sicher nicht. Wir sind jeden Tag mit ihm 3-5 Stunden draussen. Öfter auch mehr. Wandern, Apportieren, Suchen, machen jeden Tag viele Übungen mit ihm (alle Standardkommandos und ein paar Tricks für die Galerie). Klappt insgesamt super, und er hat viel Spass daran, ist anschließend entsprechend müde und zu Hause recht ruhig.
    Daher ist es wohl auch nicht mangelnde, kontinuierliche Erziehung.


    Ich frage mich wirklich, was ich noch tun kann. Was nutzen die ganzen, tollen Methoden, seinen Hund zu führen bzw. zu korrigieren, wenn Du ein Exemplar erwischt hast, dem das alles nun wirklich vollkommen egal ist, sobald der Geruch stimmt? Der selbst unter der Folter nichts mehr merken würde, und bereit ist, absolut alles auf sich zu nehmen, nur, um sich vermehren zu können?


    Sind keine (gut riechenden) Hündinnen in der Nähe, ist er nahe am Traumhund: sensibel, lieb, absolut keine Agressionen, keine Territorial- oder Ressourcenverteidigung, kein Futterneid, und unsere 14-jährige Pekinesenomi ist unbestritten seine Chefin.
    Er hört auch gut. Abrufen von allem anderen, Interessantem klappt zu 99%. Wenn das eine Prozent eintrifft, wälzt er sich halt in irgendwas Ekligem. Oder haut mit irgend etwas Erbeutetem ab. Er ist halt ein Hund, kein Problem. Alle Grundkommandos sitzen ordentlich. Impulskontrollübungen klappen super (so lange es nicht um ne Hündin geht).
    Kleine Baustelle: Leinenführigkeit. Gelegentlich zieht er noch mal, lässt sich aber (meist,- Ausnahme ist oben beschrieben) gut korrigieren.


    Ich bin trotzdem ratlos, und es stresst mich so sehr, dass ich heute Nacht seit 0 Uhr wach liege. Denn gestern hat er es besonders toll getrieben.


    Was tun? Die Hundewiese meiden? Den Reizen aus dem Weg gehen? Den Job kündigen, um ihn 12 Stunden am Tag auszulasten?


    Ich bin für alle konkreten Tipps dankbar, die nicht "Hundetrainer" heissen. 3 mir bekannte Hundetrainer habe ich befragt.


    Der Eine sagte "ignorieren und weggehen". Prima! Der andere Hundehalter schreit Zeter und Mordio, und versucht seine Hündin zu retten, und ich laufe weg? Er macht nämlich munter weiter, so lange er "im Tunnel" ist. Erst danach heult er rum, weil ich weg bin. Hab ich schon probiert.


    Der Andere erklärte mir, dass ich ihn besser auslasten und beschäftigen müsse, damit auch ich interessanter für ihn werde. Nachdem er gesehen und gehört hat, was ich mache und in welcher Art und Intensität, wurde er ganz leise, und nahm die Aussage zurück.


    Und der Dritte kam zu meinem, o.g. Ergebnis: kastrieren. Allerdings, ohne auf meine o.g. Bedenken auch nur einzugehen. Mit Hundetrainern bin ich durch!


    Sorry für so viel Text. Die Not ist halt groß. Wir wollen nicht in die Wildnis umziehen müssen, um künftig Freilauf ermöglichen zu können.


    Gruß Thowie

  • Hallo,


    So bald wir aus der konkreten Situation weit genug raus sind (10 Minuten gegangen, ihn anderweitig beschäftigt, oder das Auto erreicht), ist alles normal.


    Zu Hause ist er eher ruhig, außer wenn Besuch "für ihn" kommt. Labbi halt!


    Gruß Thowie

  • Ich würde über eine chemische Kastration nachdenken. Durch die Spritze könntest du testen, ob es bei dem Problem hilft und ob es sonst Probleme geben würde. Und es wäre keine endgültige Maßnahme, falls es nicht so wirkt, wie gehofft. Falls dann alles ok ist, kannst du immer noch überlegen zu Kastrieren

  • Als Testlösung hätte ich dir jetzt auch Spritze oder Chip empfohlen. Aber wenn er so schnell aus dem "Tunnel" wieder raus ist und aufgrund des Alters denke ich, du hättest auch gute Chancen darauf, das aussitzen zu können. Auch wenn das natürlich für dich/euch erstmal sehr anstregend ist.


    Zumindest ist er ja nur sehr kurz extrem triebig.

  • Warum wird der Hund ohne funktionierenden Grundgehorsam über eine Hundewiese geschliffen?
    Meinst du wirklich er hat zwischen den Übersprungshandlungen anderer Hunde und dem Nachsstellen fremder Hündinnen wirklich Spaß?


    Der Hund ist gestresst bis über beide Ohren. Geh vernünftig spazieren, laste ihn qualitativ gut aus und arbeite vernünftig am Grundgehorsam in verschiedenen Erregungszuständen.
    Ihr werdet so mehr Spaß miteinander haben, auch wenn rumpfuschen im Hormonsystem natürlich erstmal einfacher klingt.

  • Mangelnde Auslastung ist es sicher nicht. Wir sind jeden Tag mit ihm 3-5 Stunden draussen. Öfter auch mehr. Wandern, Apportieren, Suchen, machen jeden Tag viele Übungen mit ihm (alle Standardkommandos und ein paar Tricks für die Galerie).

    Für mich klingt es nicht nach mangelnder Auslastung sondern nach viel zu viel. Das Ruhe Bedürfnis von Hunden liegt bei 17 - 20 Stunden am Tag, 1 - 2 Stunden Auslastung und der rest Kontaktliegen, fressen etc. Ich würde das Programm ehr runterfahren.

  • Die Welpenzeit und Pubertät war extrem anstrengend, wir hatten einen ADHS-Welpen.

    Es gibt keine ADHS Welpen, sie werden dazu gemacht.

    Er wehrt sich fast nie, immer wieder muss ich einschreiten, und die Situation beenden. Auch wird er immer wieder gemassregelt, und ergibt sich dann.

    Du greifst viel zu spät ein.
    Dein Hund muss und sollte nicht zu jedem Hund Kontakt haben müssen.

    Mangelnde Auslastung ist es sicher nicht. Wir sind jeden Tag mit ihm 3-5 Stunden draussen. Öfter auch mehr. Wandern, Apportieren, Suchen, machen jeden Tag viele Übungen mit ihm (alle Standardkommandos und ein paar Tricks für die Galerie).

    Er ist überlastet und reizüberflutet, das wahrscheinlich von Anfang an.

    Daher ist es wohl auch nicht mangelnde, kontinuierliche Erziehung.

    Eher "Übererziehung" - zu wenig Ruhe.

    Was tun? Die Hundewiese meiden? Den Reizen aus dem Weg gehen?

    Ja, genau.

    Den Job kündigen, um ihn 12 Stunden am Tag auszulasten?

    Das würde es nur schlimmer machen.


    Die "Hypersexualität" sehe ich hier als Symptom, eher eine Übersprungshandlung eines überdrehten Labradors.
    Von der chem. und chir. Kastration rate ich hier ab.


    Nicht mehr zur Hundewiese schleppen, weniger Programm, Hundekontakte auf bekannte, souveräne Hunde beschränken und das sich immer wiederholende Erziehungsprogramm stark reduzieren.


    LG Themis

  • Wir sind jeden Tag mit ihm 3-5 Stunden draussen. Öfter auch mehr. Wandern, Apportieren, Suchen, machen jeden Tag viele Übungen mit ihm (alle Standardkommandos und ein paar Tricks für die Galerie).

    Habt Ihr mal versucht, das Pensum zu reduzieren?
    Ein Verhaltenstierarzt und zwei recht bekannte Trainer haben im Rahmen von Vorträgen die Aussage getroffen dass sie die wenigsten Verhaltensauffälligkeiten bei Hunden sehen, die aktiv rund 1 1/2 Stunden pro Tag ausgelastet und beschäftigt werden. Das deckt sich auch mit meiner Erfahrung.
    Wenn ich mit meinem Hibbelhund 3-5 Stunden oder mehr pro Tag aktiv unterwegs wäre, würde er völlig am Rad drehen.


    Gerade Training und der Kontakt zu gut riechenden Hündinnen erfordern von Deinem Hund Impulskontrolle. Die ist aber endlich und wird im Rahmen des Tages und gerade auch im Rahmen des Trainings verbraucht. Wie eine Wasserflasche, aus der Du über den Tag verteilt immer wieder einen Schluck nimmst.
    Wenn Du von Deinem Hund viel forderst, ist sie schnell leer und der Hund hat keine Chance mehr, aufzutanken.


    Ich würde versuchen, das Pensum runterzufahren. Das wird anfangs aufgrund der hohen Erwartungshaltung, die er inzwischen hat, vermutlich ein wenig schwierig werden, wäre aber mein erster Ansatz.

  • Für mich klingt es nicht nach mangelnder Auslastung sondern nach viel zu viel. Das Ruhe Bedürfnis von Hunden liegt bei 17 - 20 Stunden am Tag, 1 - 2 Stunden Auslastung und der rest Kontaktliegen, fressen etc. Ich würde das Programm ehr runterfahren.

    Für mich klingt es auch nach etwas zu viel Programm.
    Euer Rüde ist jetzt 2.. meiner war in dem Alter auch ähnlich, wir hatten immer wieder Hormonchaos mit Hündinnen, ebenfalls unkastriert.
    Die Problematik mit dem unterbuttern lassen von anderen Rüden ist mir ebenfalls bekannt.


    Ich habe meinen auch aus diesem Grund nicht kastrieren lassen, erstens weil es unnötig ist, da er keinerlei Probleme damit hat und weil er generell, auch drin, eher ruhig ist und ich nicht wollte, dass er aufgrund fehlender Klöten zum Schlafmützendepp für alle wird.


    Ich kann dir nur raten, weiter üben. Eventuell findest du (u.a. auch im Netz) in der Gegend einige Hündinnenhalter, die, wenn ihr das Programm und die Erwartungshaltung etwas runtergefahren habt, mit euch später die Begegnung des "Aromas" üben können (statt Training und echt in kleinen Dosen..) und du kannst dann vl. mit Zeigen und Benennen oder etwas, was einfach toller ist als die Hündin (Dummy, Keks) deinen Rüden soweit bringen, geistig bei dir zu bleiben. Verlang nicht zu viel und gib ihm seine Ruhe, bis zu 5h Programm sind echt viel.


    Bei meinem hat es sich (er ist jetzt 5) in den letzten 2,3 Jahren dahin entwickelt, dass er echt nur mehr reagiert, sobald läufige Hündinnen unterwegs sind, die anderen sind neutral, aber nicht uninteressant. ich kann ihn mittlerweile dahingehend sehr gut lesen und lasse die Situation gar nicht erst eskalieren. Dennoch kein Vergleich zu seinem Verhalten als zweijähriger. Ebenso ist seine Stellung in Hundegruppen nach wie vor anfangs etwas höflicher, aber wenn probiert wird, ihn zu unterbuttern oder aufzureiten, wehrt er anfangs fein aber dann sehr deutlich ab. Dies hat ihm wiederum Selbstsicherheit gegeben.


    Gib ihm Zeit, dem Teeniealter zu entwachsen und mit seinen Hormonen klarzukommen und nimm ihm in einigen Situationen raus und zu dir, sodass du für ihn die Entscheidung triffst.


    Alles Gute!

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