Werde ich meinem "Angsthund" noch gerecht?

  • Hallo :)


    Ich muss mich leider mit einem sehr schwierigen Thema mal wieder hier im Forum einbringen... Seit einem Jahr wohnt die Entlebucher Sennenhündin Bounty nun schon bei uns - sie ist am 14.07. 1 Jahre alt geworden und hat sich super bei uns eingelebt und sie ist wirklich mein kleiner Schatz. Dennoch gibt es ein großes Problem - schon von Anfang an war sie sehr unsicher und ängstlich. Fremde Menschen, besonders Kinder, viele Menschen auf einmal und sie will einfach nur weg. Ich habe von Anfang an eng mit einer Hundetrainerin zusammen gearbeitet und sowohl Einzeltraining gemacht, als auch verschiedene Hundeschulgruppen besucht. In der Hundeschule hat Bounty auch riesen Fortschritte gemacht und auch Zuhause konnten wir dank des täglichen Trainings einige Fortschritte erkennen.


    Im April war Bounty das erste Mal läufig und einige Wochen später hatte sie eine akute Gebärmuttervereiterung und musste in einer Not-OP kastriert werden. Zum Glück haben wir durch die Kastration aber keine Veränderungen bei ihr bemerkt.
    Ihre Angst schwankt dennoch immer wieder stark und es gibt häufig starke Einbrüche, was laut unserer Trainerin jedoch normal ist.


    So viel zur Vorgeschichte - jetzt ist es leider seit einigen Wochen so, dass es mir gesundheitlich nicht sehr gut geht und ich das Training mit Bounty stark eingeschränkt habe, was man dann auch direkt wieder an der stärkeren Angst merkt.
    Da ich momentan nicht absehen kann, wann es mir besser geht und ob ich nicht sogar einen Reha-Aufenthalt einschieben muss, frage ich mich nun, ob ich Bounty überhaupt noch richtig gerecht werden kann mit ihren sehr individuellen Bedürfnissen und Anforderungen...


    Sie ist einfach unheimlich wichtig für mich und ich liebe sie über alles und trotzdem steht ihr Wohl für mich an erster Stelle. Und ich habe einfach Angst, dass ich ihr Lebensqualität nehme, wenn ich nicht so intensiv mit ihr trainiere, wie sie das braucht und sie deshalb im Moment auch deutlich weniger draußen ist!
    Sie ist ein unglaublich aktiver Hund und liebt es draußen zu rennen und zu toben - auf Grund ihrer großen Angst kann ich sie im Park aber eigentlich nie los machen und tagsüber komme ich zu Fuß auch nicht in den Wald, weil ich dann ein kurzes Stück an der Straße gehen müsste...


    Ich mache mir starke Vorwürfe, dass ich ihr vielleicht nicht gerecht werden könnte und sie bei jemand anderes vielleicht besser Chancen und ein besseres Leben hätte...


    Wie seht ihr das? Stand jemand vielleicht schon einmal vor einer ähnlichen Entscheidung?


    Ich bin für jede Hilfe dankbar!


    Viele Grüße,


    Bounty16

  • Ich kann leider nicht wirklich helfen... Ich möchte dir nur sagen, wie toll ich es finde, dass du so selbstlos über die Situation nachdenkst. Das zeigt meiner Meinung nach, wie sehr du deinen Hund liebst. Ich hoffe, dass ihr eine Lösung findet und dass ihr zwei zusammenbleiben könnt :smile:

  • Liebe Bounty16. Geh in dich und überlege, ob es deinem Hund wirklich so schlecht geht, oder ob es vielleicht nicht eine Projektion dessen ist, was du selbst gerade durch machst.


    Es ist manchmal wie ein Teufelskreis. Frauchen macht sich Sorgen, der Hund bekommt das mit und es schlägt ihm selbst auch aufs Gemüt.


    Auch wenn ich es gut finde, dass du dir Gedanken über die Zukunft machst, denke dich bitte nicht in ein Loch. Die meisten von uns hatten schon mal schlechte Zeiten und sind am Ende mit erhobenen Kopf aus der Sache raus gekommen und hatten ihren Hund, trotz aller Probleme, noch immer an ihrer Seite. :D

  • Käme sie evtl in einem Zuhauase mit einem selbstsicheren Hund den sie mag besser zurecht?


    Mit Vorwürfen hat das nichts zu tun. Du hast immerhin eine Menge probiert und da kann man ja nicht absehen, wie viel Erfolge sich einstellen werden.


    Ich denke es gibt viele Lebenssituationen wo es mit einem so aufwenigen Hund nicht mehr so gut klappt.


    Meiner Meinung nach braucht so ein Hund ein Zuhause wo er auch ohne Erziehungsorgien, einfach so wie er ist schon mal eine gute Grund-Lebensqualität hat. Bedeutet für mich, andere, vertraute Hunde und gute Bewegungsmöglichkeiten in sicherer Umgebung im eigenen Garten, sodass alle Aktivitäten Ausserhalb und Begegnungen mit Fremdem ein zusäztliches Kann sind, aber keine Notwendigkeit für ein gutes Leben.


    Ich würde mich also zuerst mal fragen, wie sähe dieses potentiell sinvollere Zuhause für sie aus?

  • Vielen Dank schon einmal für die Antworten!!!

    Ich kann leider nicht wirklich helfen... Ich möchte dir nur sagen, wie toll ich es finde, dass du so selbstlos über die Situation nachdenkst. Das zeigt meiner Meinung nach, wie sehr du deinen Hund liebst. Ich hoffe, dass ihr eine Lösung findet und dass ihr zwei zusammenbleiben könnt :smile:

    Vielen Dank für die lieben und aufmunternden Worte, JuleBule!! :)



    Liebe Bounty16. Geh in dich und überlege, ob es deinem Hund wirklich so schlecht geht, oder ob es vielleicht nicht eine Projektion dessen ist, was du selbst gerade durch machst.


    Es ist manchmal wie ein Teufelskreis. Frauchen macht sich Sorgen, der Hund bekommt das mit und es schlägt ihm selbst auch aufs Gemüt.


    Auch wenn ich es gut finde, dass du dir Gedanken über die Zukunft machst, denke dich bitte nicht in ein Loch. Die meisten von uns hatten schon mal schlechte Zeiten und sind am Ende mit erhobenen Kopf aus der Sache raus gekommen und hatten ihren Hund, trotz aller Probleme, noch immer an ihrer Seite. :D

    Das habe ich auch schon einmal überlegt... Ich kann es gerade selber schlecht beurteilen, ob ich da vielleicht Sorgen sehe, die gar nicht notwendig wären, aber ich habe halt ein bisschen Angst, dass ich es irgendwie verpasse ihr zu helfen...
    Aber ja, diesen Teufelskreis kann ich gut nachempfinden und kann mir auch schon vorstellen, dass das vielleicht auch eine Rolle spielt!



    Also ich denke schon, dass ihr ein selbstsicherer Hund helfen könnte. Und sonst sollte es jemand sein, der viel Erfahrung mitbringt und auch Lust hat sich mit dem Hund zu beschäftigen, also sie auch vom Kopf her auszulasten - ich habe häufig Mantrailing mit ihr gemacht, außerdem mache ich Dummy-Training mit ihr und mache viel Nasenarbeit. Sie ist ein intelligenter Hund und braucht so eine Beschäftigung meiner Meinung nach auch wirklich. Ansonsten sollte es vielleicht ein ruhiges Grundstück sein mit Garten. Dennoch sollte man oft auch mit ihr in den Wald gehen/fahren können, damit sie ordentlich rennen kann!
    Naja und sie ist einfach sehr sehr stark an eine Person gebunden - mehrere Personen im Haushalt sind okay, aber sie "hängt" sich eigentlich an einen Menschen und kann da gar nicht genug Nähe bekommen!


    Das fühlt sich total komisch an, dass so aufzuschreiben... Aber ja, ich denke, dass so ein "potentiell sinnvolleres" Zuhause aussähe!


    Dieser Gedanke, den du da beschreibst, dass sie ein Zuhause mit "Grundlebensqualität" braucht, der steckt auch bei mir dahinter, dass ich mir gerade diese Sorgen mache...

  • Habe ich das richtig gelesen? Der Hund ist von Welpenpfoten an bei dir? Hat er schlechte Erfahrunge gemacht?


    Es ist ungewöhnlich, dass echte Angst so lange "hält"in dem Alter und ohne nennenswerte Möglichkeit für schlechte Vorerfahrungen.


    Wohl aber gibt es Projektion (und die Intensität mit der du schreibst, lässt darauf deuten, dass die "Angst" deines Hundes für dich das zentrale Thema im Leben ist - vielleicht ein bisschen dein "Sinn"?) und Strategie Hundeseits. Also was ich sagen will, ich habe auch "Angsthunde" kennen gelernt, die keine sind, sondern sich nur der Ausdrucksweise bedienen, weil es ihnen die Dinge bringt oder fernhält, die sie wollen oder eben nicht wollen. Was einfach sauschlau ist.


    Ich merke, wie wichtig es dir ist, bitte versteh das nicht falsch. Ich nehm deinen Wunsch schon ernst. Aber ich würde mich anschließen und sagen: Denk dich nicht in ein Loch - lass ein bisschen los, kümmer dich um dich und dann wird das schon.


    PS: Leider ist auch nicht jeder Trainer der fitteste auf dem Gebiet Angsthund. Die meisten haben schon - meiner Erfahrung nach - Probleme die echten Angsthunde zu erkennen zwischen denen, die nur bestimmte körpersprachliche Signale nutzen. Könnte also auch seni, dass dir ein anderer Trainer evtl etwas anderes sagen würde.

  • Das sehe ich ähnlich wie Hummel. Gerade ängstliche Hunde nehmen Stimmungen sehr fein auf.
    Ich habe ja einen Angsthund und auch schon einige Angsthunde in Pflege gehabt, eigentlich ist da weniger mehr. Und es bekommt diesen Hunden sehr gut es langsam angehen zu lassen. Aufgrund seiner Ängste kommt meine Rüde auch nach Jahren nur selten von der Leine, Beschäftigung gibt es auch zuhause oder unterwegs. Hundeschule, klar auch, aber da auch in kleinen Gruppen. Natürlich muss man mit diesen Hunden trainieren, doch nicht jeden Tag und nur kleine Einheiten. Meine Hündin, die ohne Ängste ist, braucht viel mehr Zeit.
    Die Rückschritte die du beschreibst können auch darin begründet sein, das es dir derzeit nicht gut geht. Besteht denn langfristig die Möglichkeit das ihr in euren Alltag zurückkehrt ?


    Und noch eine Frage ... ist dein Hund wirklich ängstlich oder ist es eher das rassetypische Misstrauen des Entlebuchlers ?

  • Ich fand es sehr spannend deinen Beitrag zu lesen, weil ich mir vor einigen Monaten die selbe Frage gestellt habe, wenngleich nicht unbedingt, weil es mir körperlich nicht gut ging, sondern in erster Linie, weil ich mir nicht sicher war, ob ich als wenig selbstbewusster Mensch einem so extrem unsicheren Hund überhaupt gerecht werden kann.


    Man kann versuchen sich das schönzureden aber unsichere Hunde bedeuten eben, genau wie du es beschrieben hast, Mehrarbeit. Sorgenloses ableinen im Park geht nicht, man ist wachsamer unterwegs, achtet auf den Hund, seine Reaktionen, das Umfeld etc., übt zusätzlich zum Grundgehorsam noch vieles andere (Stichwort "hinter mir einordnen/verstecken") und das eigentlich immer, weil das Gefühl der Sicherheit für einen Angsthund das höchste Gut ist.


    Ich habe mich letztlich entschieden Henry zu behalten und einfach krass an mir selbst zu arbeiten, um die Halterin zu werden, die er braucht. Auch wenn mich das wirklich viel Überwindung kostet.
    In deinem Fall ist das natürlich anders...körperlich eingeschränkt bzw. krank zu sein ist ja nichts wobei man sich einfach zusammenreißen kann. Unter diesen Umständen fände ich, zumindest übergangsweise eine "Pflegestelle" mit souveränem Ersthund auch nicht komplett verkehrt, vorausgesetzt du hättest vor dir deine Maus perspektivisch wiederzuholen.
    Es kommt aber auch wirklich darauf an wie dein Hund momentan auf die Situation reagiert und wie sehr er die Routine eurer Übungen und Auslastung braucht, nicht nur mag sondern braucht. Und ob du es schaffst, dir vielleicht ein bisschen weniger Vorwürfe zu machen, weil du eben gerade nicht zu 100% belastbar bist. Sei gnädig dir selbst gegenüber. Dein Hund steckt nun auch nicht mehr in der allerwichtigsten Prägephase...je nachdem wie lange deine Genesungsphase andauert kann ich mir vorstellen, dass euch das nicht so krass zurückwirft. Und was die körperliche Auslastung angeht sind viele Hunde wenns drauf ankommt überraschend genügsam wenns eine Zeit lang nicht anders geht...selbst wenn sie sonst gerne Vollgas geben. Aber das kannst nur du selbst realistisch beurteilen.


    Ich wünsche euch auf jeden Fall alles Gute!

  • Ich muss jetzt leider direkt mal fragen, was bedeutet denn das genau inwiefern du dich dem Hund nicht mehr so widmen kannst ? Hunde können sich unglaublich anpassen, wenn du als Hundehalter klare Signale gibst. Wenn du nur noch......normal mit dem Hund laufen gehen kannst, ist es doch auch ok, vielleicht tut das sogar deinen Hundi gut. Vorausgesetzt du hast kein schlechtes Gewissen dabei, und ihr könnt die kürzere Zeit auch geniessen.
    Das du zum Wohl des Tieres denkst, finde ich schon sehr gut. Aber auch Hürden gemeinsam zu überschreiten kann sehr positiv für euch beide sein.
    Ängstlich ist nicht immer ängstlich, oft ist es Unsicherheit gepaart mit der Unsicherheit des HH, was das noch verschlimmern kann.
    Das Training jetzt mal zu lassen, könnte je nachdem auch gar nicht so negativ sein wie du es selbst siehst.
    Vertrauen ist eine sehr sehr wichtige Voraussetzung ....Ich drücke euch die Daumen :streichel:

  • Ich habe mit Frieda den dritten "Angsthund" bei mir. Du musst der Sache einfach Zeit geben. Frieda ist jetzt 5 Jahre alt und sie ich nach wie vor nicht "normal", aber sie macht immer noch Fortschritte. Vor 3,5 Jahren als ich sie bekam hatte sie Angst vor allen Menschen, abgesehen vor mir. Wir haben uns Stück für Stück an die Sachen rangearbeitet und ich habe sie sehr viel einfach selber machen lassen und jede Kleinigkeit, die sie selbst erarbeitet hat sehr sehr geschätzt.
    Manchmal übersieht man Entwicklungen. Ein kleines Beispiel: Frieda hat am Anfang immer irgendwo drunter gelegen, wie eine Schnecke zusammengerollt. Nach und nach kam es dann so, dass sie auf dem Sofa liegen wollte. Durfte sie bei mir. Dann entrollte sie ihren Schlaf, dann ließ sie sich am Bauch kraulen... Und jetzt.... naja, ich gucke mal nach rechts, da liegt eine faule Hündin auf dem Rücken wie ein Hähnchen, alle Viere von sich gestreckt neben mir und schnarcht. Das mag profan klingen, aber dafür hat sie bald 2 Jahre gebraucht.
    Wichtig ist, dass man nicht zu viel Druck aufbaut und dem Hund einfach nur Sicherheit gibt. Frieda musste nie alle Menschen mögen. Sie hat auch heute noch Leute die sie nicht mag. Ihr hat es zum Beispiel geholfen, wenn die Leute die sie neu kennenlernte , sie nicht ansprachen und sie selber entscheiden konnte dass sie zu ihnen gehen kann.
    Heute, im Alter von vier Jahren ist Frieda um 180° gedreht... Letztes Wochenende hatten wir hier großen Besuch. Sie hat sich von jedem Kraulen lassen und letzten Endes bei einem Menschen, den sie gar nicht kannte auf dem Schoß geschlafen.
    Vor 3,5 Jahren war das ein Ding der Unmöglichkeit.
    Die Frage ob du ihr das bieten kannst was sie braucht, musst du dir nicht stellen. Du hast sie und sie hat dich. Gib ihr Zeit, lerne selber ruhig zu sein und vor Allem lerne zu sehen, was dein Hund täglich für Fortschritte macht. Frieda macht immer noch Fortschritte. Sie sind zwar klein, aber sie sind da. Man muss lernen das zu sehen und man muss vor Allem akzeptieren, dass solche Veränderungen nicht zu erzwingen sind und Zeit bedürfen...

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