Mein Hund schreit

  • @Garfield69
    Ich kann den Gedanken nachvollziehen und er ist nicht abwegig. Ich finde es aber momentan, da er sich in so vielen Umbruchphasen befindet, mindestens genauso unfair ihn jemandem anzuvertrauen, dem ich keine Antworten mit auf den Weg geben kann, sondern nur Fragezeichen. Mal abgesehen davon, dass man so jemanden erst mal mühsam suchen und finden müsste. Und Menschen, die Hunde nehmen, die krank sind, Allergien haben, die nicht in der Innenstadt leben können, dafür aber einen Garten bräuchten, Opfer auf der Stirn stehen haben, weder mit Katzen noch Kindern noch Fremden können und ab und an mal panisch schreien wenn sie andere Hunde sehen, findet man eben nicht wie Sand am Meer und nicht mal eben bei Ebay Kleinanzeigen. Bei jedem der Henry sofort nehmen würde, würde ich mehr als nur ein bisschen zweifeln, ob derjenige meine Hinweise wirklich ernst genommen hat und entsprechend mit dem Hund umgeht bzw. arbeitet.


    @Lorbas
    Wir treffen jede Woche geplant und koordiniert ausgesuchte Hunde und Halter. Teils privat, teils über die Hundeschule. Trotzdem verbindet er fast jeden Hund, den er alleine trifft, bisher mit Stress, ob positiv oder negativ. Der verflüchtigt sich erst wenn das Treffen länger andauert und gut abläuft.

    • Neu

    Hi


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    • Ich bin so wahnsinnig verkopft und sehe gleichzeitig die Welt mittlerweile so sehr durch Henrys Augen.

      Sich in den Hund hineinversetzen zu können ist grundsätzlich ja auch sehr gut. Problematisch wird es nur, wenn Du seine Wertung der Situation übernimmst. Da reicht es eigentlich schon aus, beim Anblick eines fremden Hundes auf Entfernung das Gefühl zu haben, dass es gleich wieder eskalieren wird und dass der Plan fehlt, um die Situation gut zu bewältigen. Ein kurzes Zögern beim Laufen, ein kurzes Anspannen der Muskeln und damit verbundenes Straffen der Leine, das gar nicht bewusst abläuft, ein unbemerktes stärkeres Ausatmen und schon ist der Hund (der ebenfalls keinen Plan hat) mit in Alarmbereitschaft.
      Genau deshalb ist es so wichtig, dass der Knoten platzt und genau deshalb liegt ein großer Teil der Lösung nicht nur im Verhalten des Hundes, sondern primär in dem des Halters. Vieles, was der Mensch tut und ihm gar nicht bewusst ist, bekommt der Hund nämlich sehr genau mit und beeinflusst ihn.
      Ich musste früher oft an diesen platten Witz mit der Blondine denken, die auf der Straße eine Bananenschale sieht und weiß, dass sie gleich ausrutschen wird, denn exakt so ging es mir beim Anblick fremder Hunde.


      Die richtige Medikation hat bei meinem Hund übrigens nicht das Grundproblem gelöst. Denn das beruht nicht nur auf der hohen Erregungslage, sondern auch zu einem sehr großen Teil auf Veranlagung und erlerntem Verhalten. Die ärztliche Behandlung hat "nur" den Zugang zum Hund eröffnet und meinen Hund in höheren Erregungslagen ansprechbar gemacht. Sie hat die hohen Erregungslagen aber nicht generell genommen. Medikamente lösen das Problem nicht, sondern eröffnen Dir den Weg, das Problem zu bearbeiten. Und es ist eine ganze Menge Arbeit, die auf den Hund und in erster Linie auf Dich selbst zukommt. Die Gleichung "Tablette rein, Hund ruhig" (auf die ich auch sehr lange gehofft habe) geht also nicht auf.


      Spaziergänge mit meiner Bodenlenkrakete erfordern immer noch viel Konzentration, weil ich ihn schon beim Verlassen des Hauses an den Punkten abfangen muss, an denen er keine Lösung für kleinste Herausforderungen hat und hochdreht. Beginnend damit, dass er ruhig vor der Tür wartet, nicht hin- und herläuft, die Leine keine Spannung bekommt und sein Fokus bei mir bleibt. Das war anfangs hart, ist aber inzwischen Routine und macht sogar Spaß.
      Früher habe ich Spaziergänge bei schönem Wetter zu den Zeiten, zu denen erwartungsgemäß viele Hunde unterwegs waren, gemieden. Heute gehe ich ganz gezielt in der Hoffnung, möglichst viele Hunde zu treffen. Gestern sind uns innerhalb von wenigen Minuten 3 Hunde auf kuze Distanz begegnet. Eine Situation, die meinen Hund früher völlig überfordert hätte und einen halbstündigen Dauerschreianfall ausgelöst hätte. Früher hätte ich diese Situation um jeden Preis vermieden und wäre mit dünnem Nervenkostüm nach Hause gegangen. Heute suche ich solche Situationen ganz gezielt und die Bodenlenkrakete und ich feiern bei jedem Hund, den er ruhig anschauen kann, eine kleine Party und gehen gut gelaunt und mit dem Gefühl, Erfolg gehabt zu haben, nach Hause.


      Versteh mich bitte nicht falsch, ich will Dir damit nicht sagen, dass die Schuld für das Verhalten Deines Hundes bei Dir liegt. Ich will Dir sagen, dass die Lösung ein Weg und eine gemeinsame Entwicklung von Mensch und Hund ist, die alles andere als hart ist, sondern im Gegenteil sehr bereichernd sein und Spaß machen kann, wenn man sich darauf einlassen kann.

    • Bei jedem der Henry sofort nehmen würde, würde ich mehr als nur ein bisschen zweifeln, ob derjenige meine Hinweise wirklich ernst genommen hat und entsprechend mit dem Hund umgeht bzw. arbeitet.



      Andererseits hat Henry auch mit seinen Schwierigkeiten den Vorteil bei einer Vermittlung in ein passendes Zuhause, dass er kein Schäferhund ist sondern einer absoluten Moderasse angehört und auch keinerlei Aggressionspotential hat.


      Ich meine, sein Problem ist, dass er nicht gassi gehen kann. Das einfach wegzulassen bzw als "Kann-Option" zu Trainingszwecken zu machen und sonst nicht dürfte erheblich einfacher zu erfüllen sein wie ein gutes Zuhause für einen einen grossen Hund der bissig ist zu finden.


      Ich würde mich zwecks Abgabe in passende Hände nicht selbst auf die Suche machen sondern einen seriösen Tierschutzverein dazu suchen. Gibt ja für diverse Rassen "in Not" Vereine, die sich auch um die Vermittlung von Problemhunden kümmern, da Erfahrung haben, entsprechende Vorgespräche und Kontrollen machen.

    • Ich verstehe gerade irgendwie nicht warum zur Abgabe geraten wird oder warum das gerade diskutiert wird, wenn doch kürzlich aus nachvollziehbaren Gründen beschlossen wurde, dass Henry noch bleiben wird. :???:

    • Ich verstehe gerade irgendwie nicht warum zur Abgabe geraten wird oder warum das gerade diskutiert wird, wenn doch kürzlich aus nachvollziehbaren Gründen beschlossen wurde


      Weil sich Leute anscheinend gerne in Sachen verbeissen wo unter den vorhandenen Umständen eh maximal eine solala Besserung zu erzielen ist, aber keine wirklich auf Dauer befriedigende Lösung für das Tier.


      Der Hund hat keinerlei Möglichkeit sich stressfrei im Freien aufzuhalten. Und meiner Meinung nach gibt es für Panikproblematiken die derart ausgeprägt sind höchstens Besserung aber keine Heilung.



      Ich vermute mal, der Hund stammt von irgendeinem Hinterhofvermehrer und hat Aufzuchtbedingt Deprivationsschäden?

    • Der Hund hat keinerlei Möglichkeit sich stressfrei im Freien aufzuhalten. Und meiner Meinung nach gibt es für Panikproblematiken die derart ausgeprägt sind höchstens Besserung aber keine Heilung.

      Hast Du Erfahrungen mit genau dieser Problematik, die es Dir erlauben, ein solches Urteil abzugeben? Und mit "genau" meine ich auch "genau" und nicht ähnlich. Ich habe sie und kann Dir aus erster Hand sagen: Deine Einschätzung ist falsch.

      Ich vermute mal, der Hund stammt von irgendeinem Hinterhofvermehrer und hat Aufzuchtbedingt Deprivationsschäden?

      Auch das ist, mit verlaub, Blödsinn. Das lebende Beispiel dafür, dass Deine Vermutung unzutreffend ist, sitzt neben mir.

    • Der Hund hat keinerlei Möglichkeit sich stressfrei im Freien aufzuhalten. Und meiner Meinung nach gibt es für Panikproblematiken die derart ausgeprägt sind höchstens Besserung aber keine Heilung.

      Kann ich auch nicht bestätigen und schließe mich da @Juno2013 an. Mein Hund war ein absoluter Terrorzwerg (genau so wie Henry aktuell) und läuft jetzt sehr friedlich in Berlin durch den Stadtpark wo wir alle paar Meter fremde Hunde treffen. Ich sage nicht, dass er auf Hallo-Tschüss-Begegnungen steht, absolut nicht, aber solange ich dann keinen zu ihm hin lasse, ist es für ihn mittlerweile okay wenn da andere Hunde um ihn rum sind. Ich muss immer ein Auge drauf haben, aber es ist händelbar und für uns beide stressfrei vor die Tür zu gehen. Und das ist meiner Meinung nach auch bei anderen Hunden machbar und kein Einzelfall.

    • Es ist mal wieder Zeit für ein Update.
      Wir haben Dinge akzeptiert. Etwa, dass Henry eben, bedingt durch seine Rasse und damit verbundene Kopfform dazu in der Lage ist zu kreischen anstatt nur zu bellen/kläffen. Letzteres kann er auch, es schlägt halt innerhalb von Sekunden um.


      Ein Gespräch mit einer Züchtern auf unserer großen Runde brachte dann den Aha-Moment. Ein paar Tage später endeckte ich hier im Forum einen Thread mit verlinktem Beispielvideo und klickte mich auf Youtube von einer schreienden Französischen Bulldogge zur nächsten....braucht kein Mensch dieses Gekreische, ist aber nunmal da und Konsequenz des kurzen Kopfes. Ok. Irgendwie hilft es zu wissen, dass der Hund in der Hinsicht nicht einfach nur verhaltensgestört ist. Wohl hat dieser Laut auch nicht zwangsläufig bei jedem Bully etwas mit Hysterie zu tun oder einer sehr hohen Erregungslage, zeigt sich aber bei uns nur in solchen Momenten. Massiver Frust ist auch nur Stress.


      Wir hatten auch einen Schrei-Rückfall nach nun drei Monaten, als wir den blöden Husky wieder trafen, der Henry die Panikattacke seines Lebens bescherte. Konnte ich aber gut nachvollziehen.


      Ich bin recht stolz auf mich, weil ich wirklich ruhig reagiert habe. Hund aufn Arm, Blickkontakt versperrt, um die Ecke gegangen, ein ruhiges aber bestimmtes "Nein" und der Möppel war still. Das war schon fast routiniert und ich war auch von ihm positiv überrascht. Es hat wohl auch geholfen, dass diesmal an dem Husky eine Leine dran war und ich nicht ebenfalls kopflos wurde :ugly: Nun, da ich zu ihm durchdringe, bin ich aber unsicher, ob ich das Geschreie überhaupt unterbinden sollte oder ob er das "braucht". Wenns nunmal zum Rassebild gehört aber ganz schön scheiße klingt, was dann?


      Wir haben die letzten anderthalb Monate so gestaltet, dass ich nur noch in Ausnahmefällen mit Henry gegangen bin und mein Mann 85% der Runden mit ihm übernommen hat. Ich wollte wissen, ob sich etwas ändert. Ob es wirklich an meiner Person liegt. Kurz...er ist nicht weniger gestresst. Kein Stückchen entspannter. ABER Er bellt und knurrt, bzw. "meldet" bei meinem Mann bedeutend häufiger gruselige Dinge/Geräusche. So mit richtig normalem Hundebellen. Machte er bei mir quasi nie. Kann ich jetzt auch ehrlich nicht einordnen. Ich habe ihn nie fürs Bellen bestraft, eher noch nachgefragt "Na, was hast du da hinten gesehen?". Ich steh aufm Schlauch. Ist er bei mir gehemmter oder bei meinem Mann unsicherer?


      Sein Gekläffe beschränkt sich weiter auf laufende/hüpfende Kinder und laut polternde Autos oder welche die durch Pfützen fahren. Wir klickern ihm andere Hunde schön, versuchen es zumindest. Er ist noch weeeeeit entfernt von entspannt aber ab und an schafft er es sich durchs Klickern umzuorientieren.


      Ob das für uns grundsätzlich the way to go ist, weiß ich allerdings nicht. Das Motto lautet dabei ja, ihn selber agieren zu lassen, anstatt ihn wie bisher immer in Schutz zu nehmen bzw. zu bremsen. Bei Autos, Kindern und ähnlichem geht das überhaupt nicht klar. Das überfordert ihn maßlos und er geht dann mit absoluter Sicherheit nach vorne. Entsprechend werde ich das bei der nächsten Einzelstunde ansprechen und wir müssen dafür einen anderen Weg finden.


      Die Kräutermischung, die seine Nerven beruhigen sollte verträgt er leider nicht. Seine SDU Werte sind nun im oberen Referenzbereich und wir dürfen jetzt an der Ernährung schrauben und schauen ob und in welchem Maße wir ihn über Tryptophanhaltige Lebensmittel und/oder Futterzusätze entstressen können. Da muss ich mich aber noch einlesen.


      Zusätzlich arbeiten wir konsequent mit Adaptilspray auf Halstüchern, die er draußen um hat. Drinnen hat er jetzt eine kuschelige Box, damit er sich bei Bedarf gänzlich zurückziehen kann. Die findet er gut aber eine Offenbarung war sie nicht. Und jeden Abend "arbeiten" wir mit einer Ruhedecke daran, zu lernen ihn gezielt runterzufahren.


      Puh...und ich hab früher gedacht Leinenführigkeit sei ein riesen Ding. :lol:

    • Ich habe diesen Thread gerade entdeckt und gespannt gelesen. Ich habe mit unserer 5monatigen Hündin ein ähnliches Problem. Draußen wird alles angebrüllt. Radfahrer, andere Menschen und vor allem andere Hunde. Puh. :fear:


      Ich habe hier jetzt von der Möglichkeit des Hochnehmens gelesen und wollte nochmal wissen, ob hier jemand dazu mehr sagen kann?


      Im Moment versuche ich allen stressigen Situationen aus dem Weg zu gehen, denn ich merke, dass es einfach zu viel wird für die kleine Maus und man dann gar nicht mehr zu ihr durchdringen kann. Aber immer klappt das ja nicht, deshalb wüsste ich gern, ob das Hochnehmen einfach die Zeit bis sich Training und Alterativverhalten verfestigt hat.

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