Hilfe bei 4-jährigen Hund (Auslastung, Traumas, etc - Ersthundehalter hier!)

  • Hallo ihr lieben!


    Ich habe heute ein wenig durch die Threads hier geschaut und mich angemeldet, weil ich auf etwas Hilfe hoffe. Seit zwei Tagen (Montag) habe ich meinen ersten Hund, namens Tama. Eigentlich war nie einer geplant, aber ich habe ihn bei meinem Urlaub in Ungarn gesehen, und von seiner Besitzerin erfahren, dass sie gerade auf dem Weg zum Tierarzt wäre, weil sie ihn einschläfern lassen möchte. Nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern einfach "weil er nicht hört". Deswegen habe ich ihr mein letztes Geld gegeben und den Hund direkt von ihr abgekauft. Es ist ein reinrassiger Berger Blanc Suisse Rüde, 4 Jahre alt. Stammbaum oä habe ich nicht, da sie schon so ziemlich alles verbrannt hat :dead:


    Naja, jetzt bin ich also hier mit einem Hund und weiß nicht so recht, was ich tun soll. Ums nicht zu lang zu machen, schreibe ich kurz die "Probleme" des Hundes auf:

    • Er kann ausschließlich "Sitz" und "Platz", ist dabei sehr Futtergesteuert
    • Ballspielen oä tut er nicht, er nimmt den Ball, läuft damit weg und erwartet wohl, dass ich mit ihm Fangen spiele
    • Spazierengehen ist ein Drama. Er ist gegenüber Menschen, Autos, Fahrrädern sehr aggressiv und hört erst mit Bellen auf, wenn diese aus seinem Sichtfeld verschwunden sind. Angeblich war er Mal ein unsicherer Welpe und hat die Unsicherheit in Aggression verwandelt (er LIEBT aber andere Hunde! ist da überhaupt nicht aggressiv, auch wenn er angepöbelt wird und will einfach nur schnuppern oder spielen)
    • Er zieht an der Leine, teils mit so einem Ruck (Fahrräder/Menschen), dass es mich schon mehrmals auf die Nase geworfen hat


    Von der Erklärung der Besitzerin (die sich sehr in Grenzen hielt, weil sie ihn einfach loswerden wollte), war er immer nur im recht großen Garten zum Pinkeln. Der Garten war an einer Hauptstraße, was das Problem mit Menschen/Autos/Fahrrädern erklärt. Er saß teils stundenlang am Zaun und "jagte" die vorbeifahrenden Autos von links nach rechts und vice versa. Gespielt wurde mit ihm nicht, er war einfach nur da und wurde oft gekuschelt, was er sehr mochte (und noch immer liebt). In einer Hundeschule waren sie, wurden aber rausgeworfen, "weils eh nix bringt" und die anderen Hunde immer abgelenkt wurden.


    So... was tue ich nun? Ich habe selbst ein Haus mit 1500qm Garten, vielen Bäumen aber leider auch an einer befahrenen Straße in einem sonst eher ruhigen Ort.

    • Wie laste ich ihn am Besten aus? Oder wielange genau muss ich mit ihm Tricks üben, bis er ausgelastet ist? Laut Besitzerin brauche ich es mit dem Clicker gar nicht erst versuchen, weil er dafür zu "doof" sei. Er beobachtet gerne Leute und hat sie beim Clickertraining immer ewig angestarrt, statt Bewegungen zu zeigen, mit denen sie "shapen" hätte können. Generell saß er oft neben ihr oder in einer Ecke und hat sie eine Stunde lang einfach angesehen, direkt ins Gesicht (ich dachte Hunde schauen nicht gerne in die Augen?) und total regungslos. Wie eine riesige, flauschige Stoffpuppe :lol:
    • Soll ich ihn lieber nicht in den Garten lassen, damit er eben nicht die Autos jagt? Dabei hätte er es draußen so schön... also zum entspannen, nicht zum pinkeln.
    • Wielange/wie oft soll man mit dem Hund Gassi gehen? Wir sind erst seit heute morgen zurück vom Urlaub und der erste Versuch (20min) scheiterte, weil er einen Menschen gehört und hinstürmen wollte. Hin hingefallen und wurde ein paar Meter mitgeschleift, ehe er sich netterweise umdrehte :ugly: Ist hier vielleicht eine Flexileine besser, weil ich mich so besser aufs loslaufen einstellen kann und nicht so abrupt weggezogen werde?
    • Gibt es denn eine Hoffnung, dass er quasi alles aufholt, was er die letzten Jahre lerntechnisch verpasst hat? Oft habe ich gelesen, dass unausgelastete Hunde quasi verdoofen und alte Hunde generell nicht mehr wirklich viel lernen können.


    Einzeltraining bei einer Hundeschule habe ich am Freitag, recht begeistert klang der Herr am Telefon aber nicht.Würde mich sehr über Hilfe freuen. Wenn ich mit Tama alleine bin, ist er wirklich ein total süßer und kuschelt sich gerne an mich ran oder schläft genüsslich ein, wenn ich ihn kraule. Gerade weil er mir so viel vertrauen entgegen bringt, würde ich ihn gerne behalten und ihm helfen :streichel:



    LG
    Sarah & Tama

  • Im Moment musst du dir um die Auslastung noch keine Sorgenmachen. Lass den Hund erst mal ankommen.


    Clickern macht nach meiner Erfahrung jedem Hund Spaß aber der Hund muss erst „angeclickert“ werden, er muss also wissen dass der Click ihm anzeigt, dass das was er tut richtig ist.


    Nicht jeder Hund zeigt aber beim Shapen etwas. Ein sehr unsicherer Hund wird lieber gar nichts tun als etwas Falsches. Das kann ein Halter dann schon als „zu doof“ werten oder der Hund zeigt nur sehr wenig und der Halter erwartet mehr „Action“.


    Wenn der Hund die Halterin angesehen hat wird er vermutlichvon ihr erwartet haben, dass sie zeigt was er tun soll, z.B. „sitz“ oder „platz“.


    Das ruhige Ansehen der Menschen hätte die erste Halterin clickern können denn das ist doch mehr erwünscht als bellen und ausrasten.


    Die Spaziergänge würde ich sehr kurz gestalten, wenn du nur 50 Meter von Zuhause weg kommst ist das erst mal so. Such dir eine ruhigeGegend sofern möglich und sorg für so viel Abstand zu allem was der Hund anbellt. Ich weiß das geht nicht immer und wenn er bereits bellt halt ihn sogut wie möglich fest.


    Ruhiges Ansehen von Menschen, Autos usw. kannst du clickern wenn der Hund in diesen Situationen Fressen annehmen kann.


    Ich würde den Hund erst mal nur mit Schleppleine in den Garten lassen. Wenn er dann anfängt zu bellen führst du ihn mithilfe derSchleppleine wortlos zurück ins Haus.


    Hunde können in jedem Alter lernen und mit vier Jahren ist dieser Hund ja auch noch nicht „alt“.

  • Seit zwei Tagen (Montag) habe ich meinen ersten Hund, namens Tama.


    Naja, jetzt bin ich also hier mit einem Hund und weiß nicht so recht, was ich tun soll.


    Ich habe selbst ein Haus mit 1500qm Garten, vielen Bäumen


    Wie laste ich ihn am Besten aus?


    Einzeltraining bei einer Hundeschule habe ich am Freitag, recht begeistert klang der Herr am Telefon aber nicht.

    Da es dein erster Hund ist, auch noch mit einer Vorgeschichte, finde ich es richtig, einen guten Hundetrainer hinzuzuziehen.
    Wenn der Trainer am Telefon nicht recht begeistert klang und du ein merkwürdiges Gefühl hast, suche dir umgehend einen anderen Trainer:
    Trainieren statt dominieren - Unterstützer
    Hundeschulen | Internationaler Berufsverband der Hundetrainer
    Hundeschulen findenMarkertraining
    Sie suchen eine gute Hundeschule? | Chakanyuka


    Da du den Hund erst seit zwei Tagen hast, brauchst du an Auslastung in den nächsten 4-6 Monaten nicht zu denken.
    Bis du einen Trainer gefunden hast, würde ich in den nächsten Tagen mit dem Vierbeiner nur angeleint in den Garten gehen.


    Kommandos wie "Sitz, Platz etc." sind noch unwichtig.
    Der Hund muss sich erst einmal eingewöhnen, Vertrauen und Bindung zu dir aufbauen sowie sein neues Umfeld in Ruhe kennenlernen.


    LG Themis

  • Lass den Hund erstmal ankommen.
    Mit Klickern oder Tricks würde ich gar nicht anfangen. Viel zu viele Eindrücke jetzt am Anfang.


    Da Spaziergänge ja schlecht gehen, mache in einiger Zeit einfache Futtersuchspiele mit ihm. Das Verfressensein kannst Du gut nutzen.
    Das beschäftigt ihn kopfmäßig und ist wichtiger als das der Hund ausgepowert ist (Hunde müssen nicht jeden Abend totmüde ins Bett fallen- wir Menschen laufen ja auch nciht täglich einen Marathon).


    Ein Bitte: Lass die Flexileine am erstmal bleiben. Ein Hund der mit ca. 30(?) Kilo 5-8m Anlauf nimmt- keine gute Idee.
    Auch an der Fleixleine müssen Hunde den Radius einhalten.
    Ich würde als erstes ein Geschirr nutzen, damit der Hund sich nicht stranguliert und dann kurze aber gaaaaanz lange ruhige Bummelspaziergänge machen. Du musst keine "Strecke machen".
    Lenke Deine Aufmerksamkeit weg von allem was ihn aufregt. Dreh Dich mit den Schultern, dem ganzen Körper weg, von einem Hund oder Fahrrad, was in der Nähe ist. Zähle Ameisen oder Blätter um Deinen Fokus auf etwas langweiliges zu lenken. So merkt er, dass Dich der Reiz nicht interessiert. Das musst Du sicher einige Male machen- sobald Du den reiz bemerkst, ruhig umdrehen und Gänseblümchen zählen.


    Alles weitere finde ich aus der Ferne sehr schwierig.


    Suche Dir doch auch mal noch ein bis zwei andere Trainer.
    Das der Herr schon unbegeistert klingt, obwohl er den Hund live nicht kennt, finde ich schon etwas "Schubladendenken".


    Viele Grüße,
    Florian

  • Vielen Dank euch allen! Das hilft mir schon sehr, dann werde ich Tama erstmal ein wenig in Ruhe lassen. Seitdem wir heute Zuhause angekommen sind, schläft er eigentlich die meiste Zeit oder tapst mir hinterher.


    Ich werde nachher noch zu Fressnapf oder so fahren, weil ich bis auf das Halsband+Leine überhaupt nichts für Hunde Zuhause habe. Ein wenig Spielzeug oder Leckerlis brauche ich wahrscheinlich auch... und Bücher, damit ich mir ein wenig Grundwissen aneignen kann. Fühle mich gerade ein wenig hilflos, weil ich alles richtig machen will :/


    Und langweilt sich ein Hund nicht, wenn er jetzt 4-6 Monate nicht ausgelastet wird? Also unter Auslastung verstehe ich Spielen, Dinge suchen, Tricks lernen - bitte korrigiert mich, falls ich etwas falsch verstehe.



    EDIT: Noch eine Frage - wenn ich Tama beim kurzen Spaziergang festhalte (damit er mich nicht wieder umhaut), spürt er doch die "Anspannung", auch wenn ich Grashalme zähle, oder? Wie zeige ich ihm denn Gleichgültigkeit, wenn ich die Leine festhalte?

  • Ruhe lernen ist viel wichtiger. Lass ihn ankommen, schlafen und such dir einen kompetenten Trainert. Glaub mir, er wirds dir danken.


    Alles Gute

  • Tama ist erst mal völlig damit ausgelastet das Leben außerhalb des Gartens kennen zu lernen und du vermutlich damit an dem Bellproblem zu arbeiten. ;)


    Warte mal ein paar Wochen ab ob sich das Verhalten beim Gassigehen ändert und wie sich eure Bindung entwickelt. Dann kannst du immer mit ihm "Pfötchen geben" üben oder ihn Leckerchen suchen lassen.


    Ein guter Trainer sollte sich erst den Hund ansehen und nicht schon am Telefon "nicht begeistert" klingen.

  • Wie laste ich ihn am Besten aus? Oder wielange genau muss ich mit ihm Tricks üben, bis er ausgelastet ist?

    Im ersten Jahr gar nicht und dann muss man mal in Ruhe schauen. Bitte nicht zum Balljunkie machen.

    Soll ich ihn lieber nicht in den Garten lassen, damit er eben nicht die Autos jagt?

    Jede Hetzjagd, die er macht, wird Dir das Training kaputt machen. Ich würde im Garten erst Mal das vernünftige an der Leine laufen üben und ihn anbinden, wenn Du draußen mit ihm sitzen willst.

    Wielange/wie oft soll man mit dem Hund Gassi gehen?

    Ich würde erst Mal nur im Garten gehen bis ein Trainer Dir gezeigt hat wie man das draußen in ganz kleinen Häppchen anfängt zu üben.

  • Ich würde Ihn auch nicht mit Spielzeug überhäufen und wer weiß wie wild spielen. Putscht Ihn unnötig hoch und er hat dann permanent einen hohen Adrenalinspiegel.


    Das Eingewöhnen ist erstmal Auslastung genug.


    Definiere am besten schonmal für Dich feste Regel,was er darf im Haus und was nicht. Struktur geben ist wichtig, damit er nicht selber Regeln aufstellen muss.


    Bezüglich des Festhaltens beim "Nichtbeachten"- zur Not an einem Baum oder Laterne festbinden wo Du dich direkt daneben hockst.
    Nicht beruhigend einreden, einfach den Herd der Aufregung wie Luft behandeln und gaaaaanz konzentriert die Pflastersteine oder sonst was zählen.


    Es wäre klar von Vorteil erstmal ruhige, wenig frequentierte Wege auszuwählen um die "Langeweile" gegenüber Reizen zu üben.


    In dem Link geht es um Jagdverhalten, welches er ja auch mit Rädern und Autos macht. Die Autorin hat ein tolles Buch zum Thema Freilauf geschrieben, bei mir hat es auf das komplette Zusammenleben mit Hund EInfluss gehabt:
    Jagen

  • Okay, dankeschön. Dann lasse ich ihn jetzt erstmal entspannen und versuche zu Zeiten mit ihm Gassi zu gehen, wenn wenig los ist. Das Dorf hier ist zwar klein (ca. 50 Häuser), aber es fahren ja doch hin und wieder Autos durch oder die Nachbarn tratschen irgendwo an einem Zaun. Einen ruhigen Weg habe ich hier eigentlich nicht (außer ich fahre mit ihm weiter weg); Gegenüber vom Haus über der Straße ist zwar ein Acker, aber der ist von Häusern und der Bundesstraße umringt.


    Mir ist vorhin aufgefallen, dass Tama auf seine Art "meldet", wenn er raus muss. Dann sitzt er komplett regungslos und stumm an der Tür, die zur Haustür führt (ist quasi ein Flur im Flur) und wartet solange, bis ich ihn bemerke. Kein fiepsen, gar nichts. Irgendwie schön, solche Details bei ihm zu bemerken :)


    Nach einem anderen Trainer schaue ich noch. Ein Verwandter von mir hat zwar selbst Hunde und hat mal eine Hundeschule geleitet, aber der nutzt bei Welpen schon ein Stachelhalsband... da möchte ich auf seinen Rat lieber verzichten. Generell scheinen hier am Land die meisten Hundeschulen nur von "Abrichten" zu sprechen und weniger von einem Training, das auf den Hund zugeschnitten ist. Das Buch übers Jagdverhalten werde ich mir noch genauer ansehen, danke auch dafür!

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!