Jagdhunde in Nichtjägerhand - möglich, sinnvoll?

  • Hallo,


    mal so in die Runde gefragt, gerade auch an die Jagdhund-Besitzer hier: Was haltet ihr davon, Jagdhunde in Privathand zu halten?
    Meint ihr, es gibt da gewisse Abstufungen, was gut machbar ist und was nicht? Beispiel: Golden und Labrador sind ja auch Jagdhunde, aber werden, ich würde mal sagen vorwiegend, in Privathand gehalten. Manche machen vielleicht Dummytarining, aber die allermeisten machen wohl gar nix. Oder Dackel.
    Und dann gibt's ja noch die 'anderen' Jagdhunde wie zB Deutsch Kurzhaar, Großer Münsterländer, Pointer usw. Da sieht man (zum Glück?!) ja kaum welche einfach bei Max Mustermann nebenher laufen.


    So, meine Frage ist jetzt, ob es eurer Meinung nach möglich ist, sich als Nichtjäger einen Jagdhund anzuschaffen und mit ihm so zu leben, dass Hund & Mensch glücklich sind. Also die Frage geht auch dahin, ob eventuelle Ersatzbeschäftigungen wie Fährten, Mantrailing, Apportieren, Rettungshundearbeit usw. ein adäquater Ersatz zum jagdlichen Führen sind. Also eher in die Richtung, ob man dem Hund gerecht werden kann.
    Die andere Seite wäre dann der Mensch: Welche Einschränkungen hat man mit so einem Hund bzw. worauf muss man sich einstellen? Kann man offline-Spaziergänge im Wald oder Gebieten, wo es eben Wild geben könnte, gänzlich vergessen?


    Würde mich über ein paar Meinungen freuen. :winken:

  • Ich denke, es kommt auf den Einzelfall an. Also auf den Hintergrund des Halters (Fähigkeiten, Umfeld, Wissen um die Eigenschaften des Hundes, den er sich ins Haus holt und seine Bereitschaft, darauf ein- und damit umzugehen) und auf den Hund (Rasse, Linie, Charakter, Spezialisierung).
    Grundsätzlich ist der Jagdtrieb eines Jagdhundes kontrollierbar, ansonsten wäre er ja für die angedachte Aufgabe nicht brauchbar. Aber ob das jeder Halter (mit jedem Hund) tatsächlich schafft, steht auf einem ganz anderen Blatt geschrieben.

  • Meine Schwester hatte einen deutschen Jagdterrier aus dem Tierheim. Er war 8 Monate als sie ihn bekommen hat und eine Westfalenterrierhündin, die sie sozusagen von einem "Züchter" geschenkt bekommen hat, da er nichts mehr mir ihr anfangen konnte. Da war sie ca. 3 Jahre alt. Meine Schwester geht eigentlich nur im Wald spazieren und beide Hunde liefen frei. Der DJT hat eigentlich nie Jagdambitionen gezeigt. Deshalb ist er wahrscheinlich auch im TH gelandet. Die Hündin hat schon Spurlaut gegeben und hat auch mal versucht einer Dame ihre Kaninchenfelljacke auszuziehen |) , aber nachdem die Bindung eng genug war, konnte sie auch ohne Leine laufen. Die beiden haben Mantrailing gemacht und der DJT war auch ziemlich begeistert. Die Hündin eher weniger. mittlerweile hat meine Schwester einen Brackenmischling aus Kroatien. Der war auch jagdlich sehr ambitioniert, aber jetzt nach 2 Jahren kann er auch ohne Leine durch den Wald. Momentan arbeitet meine Schwester mit ihrem Zweithund daran, dass man nicht jagen darf. :smile:

  • So, meine Frage ist jetzt, ob es eurer Meinung nach möglich ist, sich als Nichtjäger einen Jagdhund anzuschaffen und mit ihm so zu leben, dass Hund & Mensch glücklich sind.

    Ja, das ist möglich, kommt aber immer auf das Hund-Halter-Gespann an und was man bereit ist zu "tolerieren".
    Das sag ich jetzt mal mit meinem 3. Dackel. :D

    Also die Frage geht auch dahin, ob eventuelle Ersatzbeschäftigungen wie Fährten, Mantrailing, Apportieren, Rettungshundearbeit usw. ein adäquater Ersatz zum jagdlichen Führen sind. Also eher in die Richtung, ob man dem Hund gerecht werden kann.

    Ich denke schon, dass man auch einen Jagdhund mit einer geeigneten (m.E. irgendwas mit Nasenarbeit) Ersatzbeschäftigung gut "auslasten" kann.
    Ich mache mit meinen Dackeln gar nichts, außer Gassi gehen. Allerdings dürfen sie auf den Feld-/Wald- und Wiesenwegen an der langen Leine Spuren verfolgen - ich arbeite nicht komplett gegen den Jagdtrieb. Ich achte nur darauf, dass sich der Dackel nicht zu sehr reinsteigert und in seiner eigenen Welt versinkt, sondern schon noch einigermaßen ansprechbar bleibt während er seiner Spurensuche nachgeht.

    Die andere Seite wäre dann der Mensch: Welche Einschränkungen hat man mit so einem Hund bzw. worauf muss man sich einstellen? Kann man offline-Spaziergänge im Wald oder Gebieten, wo es eben Wild geben könnte, gänzlich vergessen?

    Das kommt m.E. auf den Charakter des Hundes an.
    Mein Dackelrüde konnte gezielt öfter mal frei laufen, meine letzte Dackelhündin konnte überall (auch im Wald) frei laufen, denn sie war 100%ig abrufbar und hat die Kaninchen/Rehe nur angeschaut und blieb dann nach entsprechendem Kommando bei mir.
    Wohin der Weg mit meiner jetzigen 10 Monate alten Hündin führt weiß ich noch nicht, das muss ich abwarten. Bisher ist sie jagdlich sehr ambitioniert und kann nur sehr, sehr selten frei laufen - ich habe sie allerdings erst 4 Monate und sie war anfangs ziemlich ängstlich, dann gleich läufig, dann scheinschwanger und vor 4 Tagen wurde sie kastriert. Und jetzt kann es dann endlich mal in Ruhe richtig losgehen.

  • Ich sage: Ja, das geht. Aber sicher nicht bei Hinz und Kunz. Wie ihr ja auch schon sagt, ungezügelt jagen dürfen auch jagdlich geführte Hunde nicht, insofern müssen die auch kontrollierbar bleiben. Ich bin also durchaus der Meinung dass man auch Spezialisten mit entsprechender Ersatzbeschäftigung glücklich machen kann, aber das muss dann auch der Spezialrichtung angepasst sein. Ich hätte zum Beispiel nie einen Retriever ohne Dummyarbeit probiert zu haben und niemals einen Pointer oder Bretonen oder wasweißich ohne aqäquate Nasenbeschäftigung. Im Alltag muss man dann natürlich auch ziemlich auf den Grundcharakter der Rasse achten- ein Weimaraner hat z.B. eine Schärfe, die einem Setter komplett abgeht. Das sollte man zu handeln und zu nutzen wissen. Daher finde ich es zwingend, dass man sich vorher sehr genau überlegt, wie diese spezielle Art von Jagdhund zufrieden sein könnte. DJT die fromm wie ein Lamm sind, sind rar gesäht- und das soll ja auch so sein. Ich würde also schon versuchen, die Schärfe nicht einfach zu deckeln sondern für die Arbeit zu nutzen. Aber das erfordert Organisation und einen Plan- und zwar im Vorfeld, damit man einfach einen Weg hat. Dann jedoch: Klar! Ich bin nicht grundsätzlich der Meinung, dass manche Jagdhunde nur in Jägerhände gehören. Solange man weiß, was man da hat.

  • Ich glaube das kommt vor allem auch auf die jagdliche Nutzung des Hundes an. Die in Deutschland auf eine bestimmte Gegenheit des Jagens selektierten Rassen halte ich für gut erziehbar, solange ihre Selektion auch auf Zusammenarbeit mit dem Menschen gerichtet ist. Ich habe viele Vorsteher kennengelernt, bei denen es nun wirklich gar kein Problem gibt.


    Dagegen sind eben Hunde die Sequenzen alleine erledigen selbstständiger, weniger kooperativ und damit schwerer zu modellieren. Und dann gibt es noch individuelle Unterschiede :D
    Ich kenne viele Whippets, die frei laufen können wenn der Mensch das Gelände kennt, selbiges bei Dackeln, Viszlas u.a. Einen Jagdterrier kenne ich, den man am Besten schon im Zimmer anleint, dessen Jagdtrieb ist sogar noch extremer als bei meiner.
    Eine bestimmte Rasse bescheinigt ja nur die Wahrscheinlichkeit, wie sich ein Hund verhalten wird, gibt aber keine zuverlässige Versicherung.


    Neben dem Charakter des Hundes spielt dann auch noch die Umgebung eine Rolle, wildreich, wildarm, wildfrei. Und wie motiviert ein Hund ist, dieses wildfrei zu überprüfen :D (Stichwort buddeln, Mäuse kann man im Notfall überall finden^^ ).


    Ich glaube daher nicht mal, dass man manche Jagdhunde (Weimeraner, ich hatte hier schon längere Gespräche mit verschiedenen Haltern) nur an Jäger geben sollte, zumindest nicht rassespezifisch sondern charakterspezifisch.

  • Ich bin ein Fan davon, wenn jemand weiß, was er sich für einen Hund holt und dann mit allen Konsequenzen umgehen kann, um dem Hund, der Umwelt und sich selbst ein möglichst gutes Leben und Miteinander zu ermöglichen.


    Es gibt ja auch genug Jäger, bzw. eher Jagdschein Inhaber, die -überspitzt gesagt- alle 3 Monate mal auf einen Ansitz fahren und ansonsten versauert der Jagdhund völlig ohne Zuwendung. Und dann gibt es Besitzer ohne Jagdschein, die sich bemühen den Hund anlagengerecht zu fördern und Rücksicht nehmen.


    Prinzipiell ist es natürlich immer an schönsten, wenn ein Hund seiner "Berufung" nachgehen kann. Und eine Jagdhunderasse so zurecht züchten zu wollen, dass sie als Begleithund durch das Leben geht, sehe ich höchst kritisch.
    Aber wie immer gibt es nicht nur schwarz und weiß, sondern hängt von den jeweiligen Individuen ab.

  • wir sind keine jäger und haben eine klm(kleiner münsterländer) hündin als 2. hund.unser althund ist ein border/altdeutscher hütehund mix mit recht gutem jagdtrieb :-)


    mein mann und ich haben uns bewußt für die kleine entschieden,auch wissend was für einen hudn wir da haben.
    wir haben einen aktiven,nicht überzüchteten hund gesucht........
    meiner meinung ist es da völlig zweitrangig ob es ein jagdhund ist,wenn mensch bereit ist sich den anforderungen eines solchen hundes zu stellen.


    nur sollte man sich intensiv mit den eigenarten der betreffenden rasse auseinandersetzen.
    so ist der klm in erster linie zur zusammenarbeit mit seinem menschen gezüchtet,nicht zum eigenständigen jagen.
    je mehr man sich informiert umso besser.
    es gibt gute literatur dazu; jagdhund ohne jagdschein ,v. sabine middlehaufe,jagdhund ohne revier v.ina hildebrand und zeitgemäße jagdhundführung im alltag unf im revier von anke lehne,sowie die bücher von anton fichtlmeier.


    auch ein jäger hat seinen hund nicht im dauereinsatz... oft verbringen jagdlich geführte hunde in jägerhand ihren alltag im zwinger... und jagdsaison ist nicht das ganze jahr.


    unsere kleine stammt aus jägerhand,beide eltern jagdlich geführt.
    die kleine selbst ist nicht jagdtauglich.sie hat eine angeborene blasenschwäche(hab davon berichtet),hat angst vor schüssen ,gewitter........
    bisher zeigt sie wenig ausgeprägten jagdtrieb mit fast 11 monaten(ich weiß das kann noch kommen). die nase wird halt super gut eingesetzt(ich weiß auch das ist schon jagdtrieb).. wir scherzen immer ; "änni bemerkt den hasen erst wenn sie ihn mit der nase anstößt" :-)


    ziel ist es in dieser richtung was mit ihr zu machen ,z.b. dummyarbeit,mantrailing(macht der althund auch),o.ä.


    sicher,sie ist ein lebhafter junger hund,aber das sind alle jungen hunde (oder gibt es rassen die als junghund träge sind? )....und lernt sehr schnell...


    zur zeit wird die kleine nicht so sehr bewegungstechnisch ausgelastet weil der althund sehr krank ist und im moment uns mehr beansprucht.
    aber sie ist immer mit dabei und das scheint ihr auch das wichtigste zu sein.
    zwischendrin gibt es immer mal kurze zeiten mit kopfspielchen und schnüffelspiele,die liebt änni.
    und wir üben im alltag immer mal "apport" und sachen tragen(dies macht sie oft auch von allein).
    es gibt toberunden und wenns warm ist ein wasserbecken im garten..........
    und wenn ich unsere kleine so ansehe ,dann macht sie nicht den eindruck das sie unglücklich ist,nur weil sie nicht jagdlich geführt wird.


    wir erleben hier täglich einen glücklichen zufriedenen jungen hund der sehr mit seinem kleinen hundeherz an seinen menschen und hundekumpel hängt.


    sicher brauchen bei uns als nichtjäger einige dinge länger bis sie "sitzen",dafür arbeiten wir ohne "ohrenziehen"o.a. "hilfsmitteln"... sie muß ja nicht mit einem jahr alle prüfungen haben wie so mancher hund in jägerhand....aber wir haben ja alle zeit der welt :-)


    wenn änni ausgewachsen ist möchten wir probieren ob sie spaß am ziehen ,dogscooter, hat.. damit hätte sie eine aufgabe ,als nur so nebenher zu laufen.


    lg kirsten

  • Wir hatten immer jagdlich geführte Hunde (mein Vater war Förster). Mein erster eigener Hund war, wie sollte es anders sein, auch ein Jagdhund, ein großer Münsterländer aus dem Tierheim. Und der wurde NICHT jagdlich geführt, sondern stromerte mit mir durch Wald und Wiese und war glücklich damit. Mantrailing war damals so unbekannt wie ein Smartphone :D Fährtensuche habe ich mit ihm auch nie gemacht. Mein Vater hat ihn mal ab und an mitgenommen, dass war es dann aber auch. Der Hund brauchte auch nicht mehr.


    Ich denke es hängt zum einen entscheidend davon ab, was der Hund für Anlagen mitbringt. Nicht jeder Jagdhund ist zwangsläufig ein heißblütiger Jäger, der als solcher ausgelastet werden muss. Zum anderen ist wichtig, dass so ein Hund ausreichend Bewegung und Beschäftigung bekommt. Wichtig ist also in erster Linie, welche Rasse es ist (kooperativ oder selbständig) und aus welcher Zucht der Hund kommt. Es ist auch nicht pauschal jeder Jagdhund für jeden Jäger geeignet.


    Trotzdem verfolge ich mit Argwohn, wie viele jagdlich ambitionierte Rassen, allen voran der Weimaraner, mittlerweile tatsächlich von Hinz und Kunz gehalten werden und zunehmend Probleme machen. Das gleiche mit den Ridgebacks, die irgendwann meist im Junghundealter, auffällig werden und in irgendwelchen ....in-Not-eVs Pflegestellen landen. Traurig.

  • Ich bin ein Fan davon, wenn jemand weiß, was er sich für einen Hund holt und dann mit allen Konsequenzen umgehen kann, um dem Hund, der Umwelt und sich selbst ein möglichst gutes Leben und Miteinander zu ermöglichen.


    Es gibt ja auch genug Jäger, bzw. eher Jagdschein Inhaber, die -überspitzt gesagt- alle 3 Monate mal auf einen Ansitz fahren und ansonsten versauert der Jagdhund völlig ohne Zuwendung. Und dann gibt es Besitzer ohne Jagdschein, die sich bemühen den Hund anlagengerecht zu fördern und Rücksicht nehmen.


    Prinzipiell ist es natürlich immer an schönsten, wenn ein Hund seiner "Berufung" nachgehen kann. Und eine Jagdhunderasse so zurecht züchten zu wollen, dass sie als Begleithund durch das Leben geht, sehe ich höchst kritisch.
    Aber wie immer gibt es nicht nur schwarz und weiß, sondern hängt von den jeweiligen Individuen ab.


    So sehe ich das auch.
    Zumal nicht jeder Jäger gleich auch ein guter Jagdhundeausbilder ist. Auch solche können mit einem Jagdhund dann doch überfordert sein.
    Ich denke als Züchter steht man da immer vor der selben Problematik: man muss die Käufer einschätzen und kann Ihnen nicht in den Kopf gucken. Egal ob Jagdhund oder Hütehund oder 'nur' Begleithund - man hofft, dass der Welpenkäufer wirklich weiß worauf er sich einlässt und den Hund entsprechend fördert und auslastet. Egal ob Jäger, Trainer, Hundesportler oder oder oder.

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