Verhaltensveränderung ggü. Baby beim Dackel

  • Hallo liebes Forum,
    unser Rauhaardackelrüde Henry ist 4,5 Jahre alt, seit drei Jahren wegen sexuellem Dauerstress kastriert. Er ist mit anderen Hunden verträglich, geht gerne in den Hundepark und lässt sich dort bevorzugt jagen oder macht sein Ding. Hündischen Problemkandidaten geht er aus dem Weg, wir vertrauen seinem Gespür voll und ganz. Wird ihm jemand trotz mehrmaligem drohen zu aufdringlich oder geht ihn gar an, wehrt er sich und setzt dann auch nach. Das kommt aber zum Glück wirklich äußerst selten vor, ist für seine Charakterbeschreibung aber denke ich wichtig. Er verteidigt Ressourcen, Futter und Spielzeug teilweise ggü. anderen Hunden und Menschen, d.h. er bellt und schnappt drohend. Starken Jadgtrieb hat er, insbesondere ggü. Tieren mit Fell (Katzen, Hasen etc.). Im Haus ist er sehr ruhig, lässt sich gerne streicheln, liegt die meiste Zeit rum und döst. Er hat eine hohe soziale Intelligenz und nutzt jede Möglichkeit seinen Willen durchzusetzten. Grundsätzlich stellt er (fast) alle Kommandos in Frage, sobald man einmal nachlässig war. Wenn man nicht 100% hinter seinem Kommando steht, wird er es ignorieren. Privilegien wie Sofa oder Bett haben wir schon lange abgeschafft, das steigt ihm gleich zu Kopf und er igonriert alles. Recht typisch Dackel, würde ich sagen. Ansonsten ist er ein toller Hund, der jetzt schon seit über drei Jahren bei mir (und später uns) ist. Eigentlich kenne ich ihn in und auswendig, aber die neue Situation ist auch mir nicht ganz klar.


    Wir haben ein neunmonatiges Kind, dem gegenüber er sein Verhalten verändert hat. Gleich nach der Geburt hat Henry mit Jagdlust auf das Baby reagiert, er wollte draufspringen, knabbern/zwicken und hat stark fixiert. Ziemlich genau, wie er sich den Katzen meiner Mutter ggü. verhält. Wir haben geübt und nach ca. 8 Wochen hatte er sich an das Baby gewöhnt und wir konnten es auch mal auf den Boden legen und Henry blieb unbeeindruckt oder schnüffelte ruhig. Das wurde immer besser, so dass wir an einem Punkt waren, an dem er das Kind (beaufsichtigt) leicht anstupst, an ihm leckt (leider insbesondere das Gesicht, was wir jedoch nicht wollen und dann auch dazwischen gehen - ohne Erfolg) und sonst kein großes Interesse an ihm hat. Das Baby kann durch die Wohnung krabbel und dabei quiecken oder schreien wie es will, Henry stört das nicht. Wir waren so sehr überrascht und stolz auf ihn, weil er immer schon Schwierigkeiten mit kleinen Kindern hatte (bellen, hin-/anspringen, wenn sie sich zu schnell und zu nah an ihm bewegen, einschränken der Bewegungen durch in den Weg stellen, anstoßen). So, nun plötzlich wird seit ein paar Tagen sein anstupsen immer gröber, er will am Baby kratzen und teilweise auch leicht knabbern. Ich habe das Gefühl, dass er versucht sich zwischen mich und das Baby zu drängen (da der Kontakt zwischen Baby und Hund nur stattfindet, wenn wir in armeslanger Reichweite sind). Heute hat er zweimal je einmal gebellt und einen Satz nach vorne gemacht, als sich das Baby ihm auf seinen Decken näherte. Beim ersten Mal kann ich es noch verstehen, weil er ein Kauohr hatte. Beim zweiten Mal war das Ohr schon weg und er hatte auch sonst nichts, was er verteidigen könnte (außer natürlich seinem Platz). Das Baby darf nicht auf seine Decken, wir fangen sie in 95% der Fälle vorher ab, jedoch krabbelt es sehr oft auf ihn zu. Das war bisher aber kein Problem. Nach den zwei Situationen heute hat er das Baby permanent beäugt und wollte immer hin zu ihm.


    Ich frage mich, woher diese plötzliche Veränderung kommt. Kann es Eifersucht sein (die Zeit und Aufmerksamkeit, die er bekommt hat sich nach der Geburt definitiv spürbar verringert, wir arbeiten aber dran, ihm wieder gerecht zu werden)? Aber warum dann erst jetzt? Wird es ihm zu viel, dass das Baby so sehr interessiert ist an ihm? Er ist da mit Hunden ein bisschen komisch, er fordert Aufmerksamkeit und Interesse immer wieder ein, tut dann aber so, als würde es ihn nerven und dann nochmal von vorne. Klingt komisch, ist aber tatsächlich schon lange sein Verhalten. Wir sind uns nicht ganz schlüssig, wieso er sein Verhalten ggü. dem Kind verändert hat.


    Unsere ersten Schritte:
    - Eine Decke kommt ins Arbeitszimmer, dort kann er uns noch hören und bekommt so akustisch mit, was los ist, das Baby ist aber nicht ständig in seiner Nähe. Dort soll er sich erstmal von sich aus zurückziehen können, ggf. schicken wir ihn auch dort hin.
    - Direkter Kontakt zum Baby ist erstmal verboten.
    - Mehr ungeteilte Aufmerksamkeit von uns.


    Vielleicht fällt hier jemandem noch etwas ein.


    Vielen Dank!
    Dacheltierchen

  • Hallo Dackeltierchen,
    die Veränderung wird das Baby in Gang gesetzt haben - so ab dem 7. Monat werden die Kinder aufmerksamer und mobiler.


    Ich hatte immer nur große Hunde - wenn mir jemand einen großen Hund so beschrieben hätte wie du deinen Dackel, hätte ich geantwortet : Geht gar nicht mit Baby/Kleinkind.
    Die beiden kann man ja keine Minute aus den Augen lassen und sobald das Kind mobiler wird, ist es auch mal schnell außer Sichweite. Du kannst ein Kind ab einsetzendem Laufen nicht ständig kontrollieren (das ist auch für das Kind nicht gut).
    Inwiefern ein Dackel nun einem Kind gefährlich werden kann, kann ich nicht beurteilen.
    Mir war es sehr wichtig, dass der Hund gegenüber den Kindern nachsichtig ist - z.B habe ich meinen Großen mal dabei ertappt, dass er mit dem Hund zusammen Trockenfutter aus dem Hundenapf gefuttert hat - er hat immer wieder seine Händchen in das Futter gesteckt, was rausgezogen, angesabbert und dann dem Hund hingehalten. Ich habe ihn da natürlich sofort weggeholt (!), aber wichtig ist, dass der Hund das geduldet hat.


    Natürlich beaufsichtigt man Kind und Hund, aber lückenlos ist das unmöglich.

  • Ich finde ihr macht das mit Kind und Hund richtig gut ...
    Mein Sohn ist nun 16 Monate und unser Hundeprinz mag keinen Körperkontakt mit dem Kind. Nur wenn es ans Essen geht, dann wird der Hochstuhl belauert und es fällt immer was ab.
    Ich hoffe, die Situation wird irgendwann besser. Jedenfalls hat sich das Verhalten vom Hund immer mit den Entwicklungsschritten vom Kind geändert - krabbeln, laufen usw.
    Eifersucht spielt bestimmt auch eine Rolle ...
    Macht weiter so, Hund und Kind strikt beaufsichtigen, für den Hund Ruhezonen einrichten und reine Hundezeit einplanen ... vll werden die beiden nie beste Freunde aber wenn sich jeder an die Regeln hält, klappt das auch so ...

  • Heute hat er zweimal je einmal gebellt und einen Satz nach vorne gemacht, als sich das Baby ihm auf seinen Decken näherte.

    Das sollte nicht passieren dürfen. Der Dackel verteidigt hier seine Ressource "Decke".

    Das Baby darf nicht auf seine Decken, wir fangen sie in 95% der Fälle vorher ab, jedoch krabbelt es sehr oft auf ihn zu

    Einem Kleinkind kann man Annäherungen nicht verübeln. Sie machen einfach. Das muss auf jedem Fall vermieden werden.

    Ich frage mich, woher diese plötzliche Veränderung kommt.

    Die Veränderungen bringt das Kleinkind mit, das vom Baby ins Krabbelalter gewechselt ist und noch weitere Veränderungen bringen wird.


    Ich würde empfehlen ein Kinderschutzgitter zwischen die Zimmern aufzustellen und dem Dackel seinen eigenen Freirraum und Sicherheit zu geben. Dort sind Hund und Kind voreinander sicher, wenn Du selbst mal keine Zeit zum Aufpassen hast.


    Natürlich müssen Kind und Hund weiterhin Kontakt haben, aber eben nur dann, wenn Du 100%ig die beiden beaufsichtigen kannst. Während des gemeinsamen Zusammenseins sollte der Hund sein Spielzeug oder Kauartikel nicht zur Verfügung haben. Das bekommt er dann in seinem gesicherten Bereich.

  • Ich würde dem Dackel seine Decke in einem Raum anbieten in den das Kind nicht von alleine kommt, sodass er sich dorthin zurückziehen kann und nicht immer heftiger seine Decke verteidigen muss, sonst kann es dazu kommen, dass der Dackel das Kind bald anknurrt und nach ihm schnappt wenn er sich durch das Kind "bedroht" fühlt, weil es ständig auf ihn zu krabbelt.

  • Hallo alle,
    danke für die Antworten.


    Ans abgeben denken wir erstmal nicht. Klar, ist uns bewusst, dass es notwendig werden kann, sollten wir die Sicherheit und das Wohlergehen von Kind und auch Hund nicht gewährleisten können. Aufgrund der ausgesprochen positiven Entwicklung seit der Geburt des Babys, sind wir jedoch zuversichtlich, dass wir an den aktuellen Schwierigkeiten arbeiten können.


    Henry hat zu Beginn auch sein Futter und teilweise Platz ggü. meinem Mann verteidigt. Das Problem haben wir damit aus der Welt geschafft, dass mein Mann ihm Tricks beigebracht hat und sie so eine Beziehung aufbauen konnten. Henry verteidigt auch nicht immer und gegen jeden. Dieses Verteidigungsverhalten kommt vorallem aus Unsicherheit, d.h. müssen wir insbesondere mit ihm arbeiten, damit er wieder weiß "Alles ok, Frauchen und Herrchen passen auf." Seit der Schwangerschaft und noch mehr seit der Geburt meint Henry leider, dass ich das gar nicht mehr im Griff habe (insbesondere wenn ich gestillt habe, sah er mich als schwach). Wir sind seitdem zweimal umgezogen und waren einen Monat weg, es war also alles sehr viel für ihn im letzten 3/4 Jahr. Und ja, das Baby krabbelt seit 3 Wochen, das war natürlich nochmal eine große Veränderung.


    Seine Decke ist umgezogen und heute verhält er sich dem Baby gegenüber z.B. auch wieder ganz normal (schnüffelt sanft). Wir lassen nun erstmal das Baby nicht an den Hund, wenn Henry von sich aus kommt ist leichtes Schnüffeln/Lecken erlaubt. Sollte er gröber werden, wird auch das verboten. Das Baby ist total vernarrt in den Hund und findet es lustig, wenn er an ihr schnüffelt und stubst. Henry aus seiner Sichtweite zu bringen sollte schonmal helfen.


    Wir werden sehen. Er war seit Beginn der Pubertät immer ein besonderer Hund, bei dem man einiges beachten muss. Mit vielem können wir leben und umgehen, er ist halt einfach so und ehrlich gesagt habe ich dadurch sehr viel über Akzeptanz und Toleranz gelernt. Die Sicherheit für das Kind ist am wichtigsten, aber auch Henry soll sich bei uns wohlfühlen. Daran müssen wir arbeiten. Vielleicht fällt noch jemandem etwas ein, ansonsten würde ich hier ab und zu unsere Fortschritte dokumentieren.


    Danke!

  • Hallo Dackeltierchen,


    ich finde den Vorschlag von Grinsekatze1 mit dem Kindergitter super. Wenn Henry ein unsicherer Hund ist und auch noch verteidigt, muss man ihm Zeit geben sich daran zu gewöhnen, dass Euer Baby mobiler wird. Ganz wichtig auch, Euerm Baby beizubringen, dass Henrys Spielzeug und Futter Tabu sind (zumindest vorerst). Ein Kindergitter hilft auch, wenn Euer Spross anfängt zu laufen. Stell Dir vor, er/sie (?) fällt auf Henry und dieser schnappt aus Angst zu. Oder Euer Spross lässt was fallen (Trinklerntasse etc.). Nee, dann lieber auf Abstand am Familienleben teilhaben lassen und Kind und Hund gemeinsam ein Team werden lassen. Wenn Ihr dabei seid, kann ja Henry mittendrin wuseln. Ansonsten gebt Henry einfach Zeit. Er muss auch erst lernen, so einen krabbelnden "Windelpupser" einzuschätzen. Toi Toi Toi :gut:

  • Hallo,
    ich wollte mich nochmal melden. Unsere Situation hat sich sehr verbessert und ist fast wieder beim "alten", also bevor Henry seine, ich sage mal "grummelige Eskapade" hatte. "Fast wieder beim alten" heißt, dass wir wachsamer und leitende sind, im Kontakt zwischen Kind und Hund. Henry's primären Schlafplatz in das angerenzende Schlafzimmer zu bringen war die wichtigste Änderung, dort geht er selbst gerne hin und wir schicken ihn auch aus der Bahn, wenn wir merken, dass es ihm langsam zu viel wird. Beim Füttern kommt das Baby in seinen Laufstall oder geht in ein anderes Zimmer, damit Henry in Ruhe fressen kann. Kauartikel gibt es nur noch, wenn das Baby nicht zu Hause ist. Außerdem wird der kleine Hund nun intensiver von uns Großen bekuschelt. All das hat dazu geführt, dass Henry wieder sanfter zum Baby ist, sich auch gerne neben es auf den Rücken oder die Seite legt oder im Spielmodus zu ihm hin robbt.


    Der Zwerg ist mittlerweile auch nicht mehr ganz so verrückt nach Henry und krabbelt nicht mehr sofort los, wenn es ihn sieht. Allerdings schenkt es ihm sehr gerne sein Spielzeug und so bekommt Henry ständig kleine Bauklötze oder Tierchen vor die Nase gelegt. :)


    Vielen Dank für eure Beiträge und Vorschläge! Wir haben uns übrigens (zunächst) gegen eine Kindergitter entschieden, weil wir Henry nicht ausschließen wollen (aufgrund des Schnitts underer Wohnung könnte er uns nicht mehr sehen). Unser Baby ist ohnehin so agil, dass wir permanent ein Auge drauf haben müssen. Wenn nötig, schaffen wir später Gitter an.

  • Das klingt super :applaus: So managen wir das hier auch und es wird immer besser ... also weiter so und viel Spaß mit Hund und Kind.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!