Angst - Panik - deprivierte Hunde - Vorgehensweisen, Erfahrungen etc.

  • Zitat

    Was ich jetzt aber kontruktiver fänd, wäre, mal zu schreiben, WIE man denn besser vorgehen sollte. Den Hund zwingen ist schlecht. Den Hund ewig da lassen ist auch schlecht. Wie kann man es denn erreichen, dass ein Hund von selbst seine "Komfortzone" verlässt?

    Vielleicht sollte man das in einem "neutralen" Thread noch einmal aufgreifen?

    Da der andere Thread geschlossen wurde, ich dieses Thema interessant und wichtig finde, starte ich einen neuen...



    "Wie man es erreichen kann, dass der Hund seine "Sicherheitszone" verlässt?"


    Zum obigen Zitat meine Ansicht:


    Ich denke, dass das nicht pauschal zu beantworten ist, was ein solcher Hund aber dringend benötigt, ist der Faktor Zeit - nach vier Tagen würde ich einen deprivierten Hund, der panisch reagiert, nicht aus der "Komfortzone" holen, erst recht nicht, wenn der Hund schon latente Fortschritte von alleine zeigt, indem er in nächtlichen Ruhephasen diese Zone verlässt.
    Meiner Meinung nach kann in dieser frühen Phase durch Druck mehr Schaden als Nutzen entstehen.
    Zwischen "ewig" und "ein paar Tage hocken" lassen, liegen schon Welten.


    LG Themis

  • Wo beginnt den die Komfortzone und die Pädagogische Zurückhaltung?


    Einen Hund freiwillig aus Bukarest in ein Berliner Wohnzimmer zu locken, halte ich dann für etwas übertrieben. Gleichzeitig ist es aber auch Augenwischerei, wenn ich so tue als ob hinter meinem Sofa die stunde null beginnt.

  • Wo beginnt den die Komfortzone und die Pädagogische Zurückhaltung?

    Wo die Komfortzone beginnt, hat im diskutierten Fall der Hund entschieden und wann die pädagogische Zurückhaltung beginnt, habe ich oben erläutert.
    Wobei du natürlich Recht damit hattest, dass durch einen Transport und eine Vermittlung der Hund längst aus seiner primären "Zone" geholt wurde.

    Einen Hund freiwillig aus Bukarest in ein Berliner Wohnzimmer zu locken, halte ich dann für etwas übertrieben.

    Sehe ich genauso, wobei das natürlich vom Hund abhängig ist.

    Gleichzeitig ist es aber auch Augenwischerei, wenn ich so tue als ob hinter meinem Sofa die stunde null beginnt.

    Für den Hund ist es der Augenblick der "Stunde Null" - wie würdest du vorgehen, wenn der Hund Tage in seiner Box hocken und sich nicht freiwillig herausbewegen und sich so gebärden würde?

  • Für den Hund ist es der Augenblick der "Stunde Null" - wie würdest du vorgehen, wenn der Hund Tage in seiner Box hocken und sich nicht freiwillig herausbewegen und sich so gebärden würde?



    Also ich hatte noch nie mit einem sehr ängstlichen Hund zu tun, aber zumindest von meinem Gefühl her würde ich den eher aus der Box "rausschütteln" indem ich sie aufstelle oder den Deckel abnehmen als ihn an Leine oder Geschirr rauszuziehen, weil nicht auch noch die Angst vor Halsband und Leine geschürt werden sollte.


    Wenn ich das richtig sehe sind doch viele Hunde aus dem Ausland von Hundefängern brutal mit Schlingenstöcken eingefangen worden oder haben, wenn im Heim aufgewachsen noch nie Halsband und Leine erlebt.



    Die Frage die hier zentral zu sein scheint ist doch, wenn man einen Hund zuerst mit Absicht durch Druckanwendung in ein "freeze" schickt, kann der Hund dann aus dem freeze rauskommen und eine echte positive Lernerfahrung machen, die mehr ist als eingeschüchtertes Aufgeben.
    Bei traumatisierten Menschen wird das auf keinen Fall funktionieren, der Effekt nennt sich da Retraumatisierung. Wenn du, mal ganz plakativ gesprochen, das Vergewaltigungsopfer gegen ihren Willen in ein Parkhaus schleppst und sie dort festbindest bis sie hoffentlich die Angst überwunden hat, dann hast du mit Garantie jemanden der hinterher noch mehr Angst hat als vorher. Die Frage ist, funktioniert sowas bei einem Hund?



    Da es für den Hund einen massiven Stress und damit Leiden bedeutet ist es für mich tierschutzwidrig, so eine Methode anzuwenden, wenn nicht vorher sanftere Methoden ohne Erfolg ausreichend lange ausprobiert wurden.



    Der Hund kann bei so einer Zuckerbrot-und-Peitsche Methode wo ich Zwang anwende und alleine das Aufhören des Zwangs die Belohnung darstellt intellektuell garnicht begreifen, was da passiert, von daher ist das eine ausgesprochen fies-manipulative Herangehensweise. Es ist eine Sache ein Tier zu bestrafen, das bereits trainiert ist und gerade heute mal keinen Bock hat, das zuverlässig auszuführen. Es ist was ganz anderes, ein Tier, das null Ahnung hat was da überhaupt los ist dafür zu bestrafen, seinem legitimen Überlebensinstinkt zu folgen.


    Am Schäferhundeplatz wird moniert, dass Leinenruck unzeitgemässe Anwendung von Gewalt ist, aber ein wenn ein verängstigter Hund an der Leine gezogen wird, sich evtl wehrt und echte Panik durchlebt ist das auf einmal dann akzeptabel weil therapeutisch notwendig?

  • 1. Ohne den zu Recht vielgepriesenen "souveränen Ersthund" würde ich mir keinen solchen Hund ins Haus holen.
    2. Sicherung. Bei Icaro hatte ich damals ein Sporenriemchen als Verbindung zwischen Endloswürger und Geschirr - als Absicherung, falls eines von beiden wider Erwarten aufgeht.
    3. Meinen Hund konnte ich im Freeze-Zustand "anziehen", brauchte also keine Hausleine, die aber bestimmt in vielen Fällen Gold wert ist.
    4. Keine Box, eher Körbchen, vielleicht auch nicht bei mehreren Etagen in der Wohnung alle nutzen lassen.
    Mein Hund ging irgendwann, als er sich die Treppen hochtraute, nach oben. Habe ihn gelassen. Nach drei Tagen kam er das erste Mal freiwillug herunter. War sehr gerührt.
    5. Meiner fand den Garten gruselig. Am Anfang nur angeleint. Irgendwann wurde es besser, aber ich bin jeden Tag einmal mit ihm in den Garten gegangen, auch wenn er es unheimlich fand.
    6. Hier war bebautes Gebiet (Häuser) doof. Sobald er im Grünen war, fühlte er sich in seinem Element. Da war ich erstmal nur Leinenhalter.
    Männer oder Mülltonnen waren in seinen Augen Gefahr für Leib und Leben.
    Mülltonnen: Großer Abstand im Bogen, der immer kleiner wurde.
    Männer: Gewöhnung von "Hund steht an ausgefahrener Schleppleine mitten im Feld" zu alle Männer, die ihm hier begegnen, sind ungefährlich, weil sie zunächst nichts von ihm wollen". Bei Männern mit Hund ging's besser.
    7. Zeit, Zeit, Zeit und nochmals Zeit!
    8.

    , wobei das natürlich vom Hund abhängig ist.

    Bei mir war's so ein Mischmasch, allerdings war der Fall, wegen dem wir uns hier austauschen, vielleicht auch noch schlimmer bzw. wäre mit einem anderen Hund dabei evtl. nicht ganz so schlimm gewesen? :ka:
    L. G.
    P.S. Schussfest ist (immer noch) das Gegenteil von meinem Hund. Er möchte gezielt durch Gräben geduckt laufen oder sich hinter Gesträuch tarnen. Er war vorher bei einem Jäger in Italien, anschließend drei Jahre im Canile, wo ihn andere Hunde töten wollten.
    Seine Ängste sind begründet, nach nun Jahren aber besser bzw. teilweise weg (Männer, Mülltonnen, orangefarbene Neonwesten an Menschen bei Sichtung über weit hundert Meter z.B.). :tropf:
    Kein Vergleich mehr zu früher. Er wird nie ein Draufgänger werden, aber er ist aufgeschlossen.


    P.S. Schussfest ist (immer noch) das Gegenteil von meinem Hund. Er möchte gezielt durch Gräben geduckt laufen oder sich hinter Gesträuch tarnen. Er war vorher bei einem Jäger in Italien, anschließend drei Jahre im Canile, wo ihn andere Hunde töten wollten.
    Seine Ängste sind begründet, nach nun Jahren aber besser bzw. teilweise weg (Männer, Mülltonnen, orangefarbene Neonwesten an Menschen bei Sichtung über weit hundert Meter z.B.).
    Kein Vergleich mehr zu früher. Er wird nie ein Draufgänger werden, aber er ist aufgeschlossen

  • Huch, Schluss doppelt. Sorry! Wollte die Mitleids-Story verspoilern, die ich ungefragt ergänzt habe. :D
    Hat wohl nicht so geklappt. |)
    L. G.

  • Mir ist noch etwas eingefallen, was hilfreich war, da Fenster und Scheiben als gefährlich eingestuft wurden: Futter ausstreuen und suchen lassen. Das machte ihn mutiger.
    Man vergisst viel, wenn das schon so lange her ist. Für mich ein sehr schönes Zeichen.
    Den Hund vom Anfang erkennt man kaum noch.
    Das "Anziehen" ließ er sich gefallen/über sich ergehen. Ob das wirklich "Freeze" war, weiß ich nicht gewiss, ich glaube, die Übergänge sind da fließend.
    Zumindest war das damit verbundene "Rausgehen" für ihn scheinbar irgendwie positiv.
    L. G.

  • Ich habe meinen deprivierten Hund oft getragen, weil er auch in Schockstarre verfällt. Er durfte dann allein zurücklaufen zu seinem Rückzugsort oder an einen Punkt an dem er sich wohl fühlt. Irgendwann hat er gemerkt, dass es gar nicht so gruselig ist und hat sich dann allein getraut.
    Das hätte ich z.B. auch mit dem besagten Hund gemacht, wenn er sich nicht hätte führen lassen an einer Hausleine. Ich hätte allerdings in der Wohnung angefangen und nicht so viele "Ausflüge" gemacht. Dazu hätte ich aber noch 1-2 Wochen gewartet, weil er ja recht neugierig war und nachts sowieso auf Erkundung ging. Ich bin der Meinung, dass dieser Hund sowieso von alleine Fortschritte gemacht hätte. Da ist meiner ganz anders.

  • Für den Hund ist es der Augenblick der "Stunde Null" - wie würdest du vorgehen, wenn der Hund Tage in seiner Box hocken und sich nicht freiwillig herausbewegen und sich so gebärden würde?

    Vorweg: Für mich ist eine Box ein Transportwerkzeug. Ist ein Hund nach einer Stunde noch nicht draußen und verharrt in dieser, heb ich sie von hinten an und kippe ihn vorsichtig hinaus. Herzlich willkommen!

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