Hund entwickelt leinenaggression

  • Hallo, ich bin Jennifer 16 kahre alt und wir haben seit etwa einem halben Jahr ein neues Familienmitglied. Pollux, ein nun fast 2 jähriger golden retriever. Beim vorbesitzer wurde er immer frei laufen gelassen und nie an der Leine geführt. Sie wohnten sehr abgelegen wo es fast nur Felder gab, wenig laute Geräusche und wenig hunde. Wir wohnen direkt am Wald und haben ihn dort anfangs immer laufen lassen, allerdings hört er kaum, weshalb er nun fast nur noch, außer zum spielen und rennen, an der Leine geht. Da er das nicht kannte, zieht er sehr stark an der Leine, was ich durch richtungswechsel einigermaßen in den Griff bekomme. Er war anfangs immer sehr lieb zu anderen Hunden und sehr passiv und abwartend. Seit einigen Wochen entwickelt er leinenaggression, er knurrt fast alle Hunde an und will dort hin. Ich hatte ihn vorgestern nochmal von der Leine und dort hat er zum ersten Mal seine aggression auch im Freilauf gezeigt. Er knurrte, tat sonst nichts. Sonst hat er immer lieb dagestanden egal wie der andere sich verhalten hat. Meine Eltern meinen sie können da auch nicht helfen und ich beschwere mich immer dass sie mal helfen sollen. Aber da es mein Hund ist muss ich mit ihm gehen. Allerdings wird es immer schlimmer und ich will keinen aggressiven hund bekommen. Ich versuche es mit ignorieren und weitergehen, sobald die Leine auf Spannung kommt fängt er an zu knurren. Durch sein nicht gelerntes gehen an der Leine ist das fast unvermeidbar. Mit leckerchen kriegt man ihn auch nicht, da er dass dann nicht annimmt und den Hund fixiert. Das starren versuche ich zu korrigieren, aber reden und anstoßen bringt nix. Wenn ich mich vor ihn stelle macht ihn das noch wilder. Was kann ich da machen ? Hilfe ... Ich lese oft, dass man keine Ferndiagnose geben kann und man zum guten Trainer muss, aber es muss etwas geben was oft hilft oder was ich versuchen kann ... Wäre sehr dankbar für Hilfe.

  • Du reagierst nur - also bist Du zu spät dran. Du mußt aktiv werden, bevor der Hund nimmer aufnahmefähig und hochgedreht ist oder fixiert. in dem Moment, wo der den andren Hund wahrnimmt, sag ihm, was er tun soll, und setz das durch. Das kann ein einfaches "Weiter!" sein, oder ein "Fuß" - was auch immer er halt schon zuverlässig kann (was er nicht gut kann, wird er unter so starker Ablenkung sicherlich erst recht nicht zeigen können!). Oder Du sagst einfach "Komm mit!" und drehst um und weichst aus, bis Du mit ihm im Training so weit bist, daß er sich auf Dich konzentrieren kann unter Ablenkung.


    Der Hund knurrt, weil er sich nicht wohlfühlt in der Situation. Eigentlich ist das ein Versuch, aus der Situation rauszukommen - der andre Hund wird angemault, damit er geht (weil Deiner kann net, ist ja angeleint!). Dann laß ihn doch gar net erst in so eine Situation kommen!


    Zeig ihm ein Alternativverhalten, mit dem er aus diesem Unwohlfühlen rauskommt, damit er nicht erst rumzupöbeln oder zu knurren braucht. Das kann sein, daß er hinter Dir am Fremdhund vorbeilaufen soll, daß Ihr zusammen nen großen Bogen macht um andere Hunde, daß Ihr umdreht und weggeht (BEVOR der Hund Anzeichen von Aggression zeigt - denn der Hund knurrt, weil er sich nicht wohlfühlt, und wenn Du ihn dann erst aus der Situation rausnimmst, ist das Rausnehmen quasi ne Belohnung fürs Knurren. Er hat dann mit Knurren einen Erfolg und wird damit dann erst recht weitermachen. Daher VORHER das Alternativkommando geben und ausführen. Timing ist hier also gaaaaanz wichtig, damit Du nicht das Rumknurren förderst, statt des Alternativverhaltens!


    Meine Version mit meinem Bossi war, daß ich, sobald er nen Hund entdeckt hat, seinen Quietscheball gezückt habe und damit gequietscht habe - das Ding ist für ihn supertoll! So hat er verknüpft, daß es total toll ist, wenn andre Hunde in die Nähe kommen, weil er dann seinen Ball bekommt. (Aber ACHTUNG, nochmal: der Ball muß da echt da sein, bevor (!) der Hund aggro-Verhaltensweisen zeigt, weil Du diese sonst bestätigst, siehe oben!)


    Anschließend habe ich angefangen, die Übergabe das Balls an Bossi immer weiter rauszuschieben, bis wir am andren Hund vorbei waren. Also mit Ball am andren Hund vorbeigelockt, nachdem er diesen wahrgenommen hatte (Letzteres ist wichtig - wenn er den andren Hund net vorher sieht, ist das nix als Ablenken des Hundes von der Situation, und dabei lernt er nix, weil er sich mit dem Thema "Fremdhund in Sicht" nicht auseinanderetzen muß! Er muß also schon den Fremdhund bereits wahrgenommen haben - da muß man schnell agieren.). Irgendwann hatte ers kapiert, daß Fremdhund Balli bedeutete. Dann saßen wir mal im Café, freilaufender Malteser näherte sich - und Bossi klaute sich den Ball aus meiner Bauchtasche und war glücklich. Kein Gepöbel, der andre Hund war unwichtig geworden.


    Wenn man das so macht, muß man aber aufpassen - wenn Fremdhund dicht rankommt, könnte man ne Prügelei um die Ressource Ball provozieren...


    Insofern ist ein Vorbeigehen, Weitergehen, sicherlich besser, und ich habe dann auch irgendwann den Ball erst dann überhaupt rausgezogen, wenn der andre Hund schon vorbei war. Weil Bossi wußte ja schon, daß es den Ball gibt, weil er den Hund gesehen hatte, und hat mich so lange fixiert und auf den Ball gelauert, bis wir am andren Hund vorbei waren. Heute weiß er, wenn wir vorbei sind, gibt´s Balli/Leckerlie/Bestätigung, und kann ohne Lockmittel vor der Nase vorbeigehen.


    PS: Beim Weggehen o.ä. versuch, mit der Stimme zu arbeiten, 35 Kilo Retriever kriegst sonst net vom Fleck *gg Am besten, bevor Dein Hund stehenbliebt zum Fixieren, sag freudig "heyyyyyy, komm mit!", dreh dabei schon um und geh zurück, also bleib in Bewegung, daß der keine Chance hat, stehenzubleiben oder gar sich zu setzen. Sonst brauchst wahrscheinlich nen Kran, um ihn noch wegzubewegen *ggg Oder "Heyyy, komm weiter!" und bieg mit ihm zusammen ab. Wenn er grad rechts von Dir läuft, am besten nach rechts abbiegen, sodaß er mitgehen muß, wenn er nicht über den Haufen gelaufen werden möchte von Dir. Oder beschleunige Deinen Schritt - mach einfach irgendwas, das die Aufmerksamkeit Deines Hundes auf Dich lenkt. Kannst auch mitm schlüsselbund klappern oder so, wenn er dann guckt. Wenn Du plötzlich zu rennen beginnst oder ein ungewohntes Geräusch machst, guckt der nämlcih erstmal zu Dir ("He- was macht die??")- und das ist der Moment, in dem Du seine Aufmerksamkeit hast, in dem er mit dem Kopf bei Dir ist, den mußt Du nutzen für Deine Aktion, Dein Kommando etc.

  • Es tut mir echt leid, dass deine Eltern dich im Regen stehen lassen. Sie sollten einen Trainer für dich besorgen!


    Du allein kannst im Grunde erst mal nur den Abstand zum Auslöser vergrößern und loben, wenn er ruhig bleibt.
    Zuhause würde ich anfangen Blickkontakt zu trainieren.

  • Du führst den Hund nicht sondern unterstützt durch deine Passivität seine Unsicherheit.
    Am besten wäre es, wenn dir ein Fachmann zeigt, wie es richtig geht.

  • Hallöchen nochmal. Ich möchte nur gerne nochmal einen kleinen "Statusbericht" machen.
    Ich habe die letzte zeit stark mit Polle geübt, vor allem das vergebliche bei Fuß Training. Wenn er zieht oder noch bevor, drehe ich und sage oft vorher "Hey!" Oder ähnliches um ihn aufmerksam zu machen. Wenn er anfangen will zu ziehen und ich sage wieder etwas, wird er automatisch meistens schon langsam. Manchmal, aber selten, guckt er mich auch direkt an und es gibt große Freude ;) .
    Dann mit anderen Hunden. Ich mache immer wenn ich einen doggie sehe, dann versuche ich Richtung zu wechseln. Wenn ich mal am anderen vorbei muss, bringe ich meinen vorher ins Sitz und wir "beobachten" dann den anderen der an uns vorbei geht. Pollux kann die Situation meiner Meinung nach besser einschätzen und starrt ihm nur hinterher. Oft ist er dann auch ruhig, manchmal wenn er aber noch sitzt und ich ihn schon weiter rufe oder an der Leine leicht ruckel, kommt er in meine Richtung und knurrt trotzdem. Das obwohl der Hund schon weg ist. Habt ihr da noch ein paar Tipps? Mache ich ihn wieder unsicher weil er noch konzentriert beim Hund ist und ich sollte besser länger warten ? Wenn er knurrt und ich sage nein oder drehe weil er zieht etc, fängt er noch mehr an zu knurren und weint. Ich weiß nicht ob er das dann noch mit dem anderen hund verbindet.
    Ich finde auf jeden Fall dass es durch das Sitz besser wird. Wenn ich aber zu spät warte und er sich nicht setzt, knurrt er wieder direkt.

  • Ich würde warten, bis der Hund sich selbständig von der Situation löst. Du gibst ja wieder Druck in die Situation und das sorgt dafür, dass er knurrt.


    Lobst Du ihn, wenn er ruhig nach anderen Hunden schaut? Das erwähnst Du nicht und würde ich definitiv machen.
    Jedes erwünschte Verhalten immer bestätigen.

  • Ich sage ihm fein und streichel seinen Kopf. Aber wenn ich etwas zu ihm sage, bekommt er häufiger diese Situation wo er danach wieder knurrt.
    Leckerchen nimmt er nicht an.

  • Ich kenne deinen Hund nicht, aber über den Kopf streicheln empfinden die meisten Hunde eher nicht als Belohnung, sondern als unangenehm.
    Schau mal genau hin, ob er die Augen zumacht, gähnt, blinzelt oder züngelt. Das könnten alles Zeichen dafür sein, dass er das nicht so toll findet.
    Das wäre dann etwas negatives, das er wieder mit dem anderen Hund verbinden kann, weswegen er dann öfter knurrt.

  • Ach und was für Leckerchen nutzt Du?
    IdR funktionieren stark riechende Sachen oder Sachen wie Leberwurst, gekochtes Fleisch etc. besser, als trockene Leckerchen oder gar Trockenfutter.


    Auch mit Spielzeug kann man einen Hund belohnen.
    Man muss selber herausfinden, was für seinen Hund das Richtige ist. Da ist jeder Hund unterschiedlich.
    Könnte mir bei einem Retriever gut vorstellen, dass er auf Dummys abfährt.


    Wenn Du Dir sehr unsicher bist und deine Eltern Dir nicht helfen können/wollen, solltest Du mal drüber nachdenken, Dir einen Hundetrainer zu suchen, der zu euch nach Hause kommt.
    Ein Trainer hilft nicht nur bei bereits bestehenden Problemen, sondern arbeitet auch vorbeugend, damit es gar nicht erst zum großen Knall kommt.
    Achte dann darauf, dass der Trainer nur mit positiven Methoden arbeitet und sich ganz auf euch und eure (entstehenden) Probleme einlässt.

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