Den richtigen Zeitpunkt nicht verpassen, ihn in frieden gehen zu lassen

  • Camu ist inzwischen etwa 14 Jahre alt und bekommt seit 6 1/2 Jahren Nierendiät, Ipakitine(zur unterstützung der Nieren), etwas gegen seine Inkontinenz, Herz- und Schilddrüsentabletten, womit es ihm lange Zeit gut ging. Seit Monaten kann ich beobachten, dass der alter Herr immer weiter abbaut. Inzwischen bekommt er noch Tabletten gegen Bluthochdruck, Schmerzmittel mit Kortison und etwas gegen Gleichgewichtsstörungen.


    Laufen geht derzeit einigermaßen und er zeigt immer noch Interesse am Zeitungslesen. Er trinkt und frisst, freut sich auch noch über eine besondere Leckerrei, doch hier fängt mein aber an, weshalb ich mich frage ist das für Camu noch lebenswert.



    Seit etwa zwei Wochen kann er meistens nicht mehr ohne Hilfe aufstehen, er versucht es, richtig verzweifelt, bis ich ihm aufhelfe. Das er seit monaten mehr Nähe braucht ist nichts neues mehr, aber er kann nur selten ohne mich irgendwo ruhig liegen. Bei seinem Nähebedürfniss überracht es natürlich nicht, dass er sehr gestresst ist wenn ich außer Haus bin. Camu ist nie ein Hund gewesen, der mutwillig etwas kaputt gemacht hat, vor zwei Wochen hat er aber vor lauter stress, als ich weg war, den Bambusteppich zerrisssen. Mir tut es in der Seele weh wenn ich daran denke, wie gestresst der arme Kerl gewesen sein muss und bin froh, dass er sich am zersplitterten Bambus nicht verletzt hat. Da ich zu dem Zeitpunkt im Praktikum gewesen bin und somit nicht bei ihm Zuhause bleiben konnte, habe ich ihn dann zu Freunden nach Darmstadt gebracht, die er sehr gut kennt, genau wie die Umgebung und da sie aktuell Zuhause ist, ist er dort dann nie alleine gewesen.


    Jetzt habe ich Camu seit einer Woche wieder Zuhause. Wenn er nicht weiß wo ich bin läuft er total gestresst, hechelnd durch die Gegend und wenn er mich gefunden hat ist er so lange gestresst bis ich ihn nehme und neben mich lege. Zwischen durch bei seinem rumgetiegere schart er einen Teppich zusammen und zieht ihn mit den Zähnen zurecht ( manchmal 15-20 Minuten lang) und macht anstalten sich hin zu legen, dann zögert er, wirkt verwirrt und geht wo anders hin. Nachts schlafe ich inzwischen auf meiner Matratze im Wohnzimmer, damit er neben mir liegen kann, sonst ist er Nachts sehr unruhig.


    Ich bin derzeit für ab Oktober auf Arbeitssuche und bin ab Montag zwei Wochen zum Probearbeiten in einer Firma, deshalb muss ich ihn leider wieder zu meinen Freunden bringen, damit er nicht alleine bleiben muss, dabei fällt es ihm immer schwerer von mir getrennt zu sein und ich wäre gerne für ihn da so wie er es braucht. Das richtige Problem beginnt aber nach den zwei Wochen. Meine Freundin geht dann selbst arbeiten, kann ihn dann nicht nehmen und wo anderes, bei jemand anderes mag er nicht bleiben, da kommt er überhaupt nicht zur Ruhe, das habe ich ausprobiert. Die letzte Septemberwoche habe ich meine Prüfungswoche, da kann ich nicht bei ihm bleiben und wenns im Oktober mit dem Job klappt, habe ich ein richtiges Problem, weil Camu der leidtragende ist. Seine Ärztin meint, dass ich ihm etwas pflanzliches zur Beruhigung geben soll, aber ich frage mich, ist dass alles dem Opi noch zuzumuten und was soll ich ihm noch alles an mittelchen einschmeißen? Ist es irgendwann nicht genug mit lebenserhaltenden Mitteln, wenn die Lebensqualität des Tieres immer mehr sinkt? Mitte der Woche habe ist mir aufgefallen, das an der linken Hüfte eine Zubildung gewachsen ist(Handflächengroß), die wahrscheinlich bei weiterer Zunahme ihn beim Laufen noch mehr behindert, er belastet so schon seit etwa 2 1/2 Monaten diesen Hinterlauf kaum noch. Die rechte Hüfte trägt somit sehr viel Gewicht, dabei ist diese durch eine falschverheilte Fraktur ansich die schlechtere. Ich habe zudem das Gefühl, dass seine innere Unruhe von Tag zu Tag mehr wächst, ihn so zu sehen tut mir in der Seele weh..... Währe froh über Meinungen von Usern, die schon ähnliche Erfahrungen gemacht haben

  • Ich mag dir gerne mal erzählen wie es bei uns war.


    Bruno war bis er 14 1/2 war mit Ausnahme kleiner wehwehchen und der Lebensmittelvergiftung immer top fit.
    Im Dezember erlitt er eine Art Schlaganfall (Vestibular), er verbrachte 3 Tage in der Klinik, die Ärzte sagten,wenn er nach 3 tagen nicht selbstständig aufsteht und Lebenswillen zeigt müsste man nachdenken, ob man ihn nicht schlafen lässt.


    Aber am dritten Tag stand Bruno von alleine auf.
    Bis auf die Kopfschiefhaltung und ein wackeliger Gang erholte er sich gut, wir machten nochmal am Strand Urlaub, gingen nochmal mit seinem besten Freund Gassirunden und feierten im Juni seinen 15. geburtstag.
    Eine Woche nach seinem Geburtstag, war ich mit Bruno Fotos machen, es mag blöd klingen, aber für mich waren es die letzten Fotos die ich von ihm machte, frag mich nicht warum ich es ahnte, aber tief im inneren wusste ich es.


    Bruno´s Zustand verschlechterte sich, er konnte schlecht laufen und hatte sich im Rücken etwas eingeklemmt.
    Da er bis dato nur karsivan und etwas für sein Herz bekam versuchte ich es noch mit Schmerzmitteln, diese bekam er 5 Tage, es ging gut damit er lief wieder besser. Bis er erneut einen Schlaganfall erlitt.


    Da wusste ich, dass die Zeit da ist, ich sah es in seinen Augen. Und ihn nochmal in die Klinik stecken, nochmal Stress, nochmal von mir getrennt sein, nein, das hatte diese treue Seele nicht verdient. Da er aufgrund des Schlaganfalls weder laufen noch stehen noch fressen oder trinken konnte, schnappte ich mir meine Decke, legte mich in seinen Korb und so lagen wir den ganzen Tag zusammen beieinander , er lächelte im Schlaf, er war wieder glücklich, Ruhe und schlafen und kein Leid.


    Mein Entschluss, so schmerzhaft er auch war, stand fest. Am 30.6.16 um 18.30 Uhr ist Bruno ein kleiner Engel geworden.


    Auch wenn andere vielleicht anderes erlebt haben, ich habe gemerkt, dass es soweit ist, ich finde man sieht es dem Tier an, wenn es nicht mehr will, man sieht es in seinen Augen. Ich hab es bei Bruno gesehen, diese leeren traurigen Augen die sagten "Bitte hilf mir, los zu lassen".


    Ich hatte mich seit dem ersten Anfall auch immer mit der Frage beschäftigt "wann ist der richtige zeitpunkt?".
    Ich kann sie für mich damit beantworten: "Wenn die Zeit da ist, weiß man es."


    Ich weiß nicht ob die Antwort dir hilft, aber ich wollte dir gerne einmal erzählen, wie es bei uns ablief, vielleicht findest du ein wenig Ratschlag, Hilfe, Erfahrungen darin.

  • Auch wenn andere vielleicht anderes erlebt haben, ich habe gemerkt, dass es soweit ist, ich finde man sieht es dem Tier an, wenn es nicht mehr will, man sieht es in seinen Augen. Ich hab es bei Bruno gesehen, diese leeren traurigen Augen die sagten "Bitte hilf mir, los zu lassen".


    Ich hatte mich seit dem ersten Anfall auch immer mit der Frage beschäftigt "wann ist der richtige zeitpunkt?".
    Ich kann sie für mich damit beantworten: "Wenn die Zeit da ist, weiß man es."


    Ich weiß nicht ob die Antwort dir hilft, aber ich wollte dir gerne einmal erzählen, wie es bei uns ablief, vielleicht findest du ein wenig Ratschlag, Hilfe, Erfahrungen darin.

    Das kann ich unterschreiben, hier war es genau so. Ich habe das noch nie vorher erlebt und kann nur sagen, auch meine Hündin hat es mir mit einem Blick gesagt. Sie konnte und wollte nicht mehr.
    Wie gut, dass wir diese Entscheidung aus Liebe zum Hund treffen dürfen. Mir fehlt die Hündin sehr, aber ich hadere nicht mit unserem Entschluss. Dabei wurde sie nur 8,5.


    Konkret kann Dir wohl keiner helfen, beobachte ihn genau. Ich bin sicher, er zeigt es Dir.
    Deine Beschreibung liest sich jedenfalls ziemlich schlimm, das tut mir leid.


    Alles Gute!

  • Wir haben eine unserer Schäferhündinnen mit fast 14 Jahren einschläfern lassen, als sie nicht mehr alleine aufstehen konnte und immer unsere Hilfe gebraucht hätte.

  • Ich habe dieser Erfahrung (noch nicht machen müssen), kann allerdings die andere Seite schildern.


    Saphira wird im Oktober 8 Jahre alt und vor gut 2,5 Monaten spürte ich einen etwa 5 cm großen Tumor bei ihren Rippen. 2 Tage später folgte die Operation (ich war die ganze Zeit über dabei) und bis zum letzten Stich wussten wir nicht, ob sie überhaupt überlebt da das Zusammennähen unmöglich schien. (Die komplette Bauchdecke wurde unter anderem entfernt und somit musste sie wortwörtlich "zusammen genäht " werden und die Haut ging sich nicht aus.


    Nach langem hin und her schaffte der Arzt es und sie wurde mega fest zusammen gebunden da die Naht so dermaßen (sie geht von Mitte der Rippe bis zur Vagina) gespannt war, dass die Chance des reissens immens groß war. Wäre ihr sofortiger Tod natürlich gewesen.


    Die Nacht war ein Horror, meine Hündin schrie stundenlang ohne Pause um ihr Leben (durch das Morphium und ihre Verwirrtheit, nicht aufgrund von Schmerzen). Am nächsten Tag unterhielt ich mich mit meinem Mann, das Wort einschläfern war doch dauerhaft präsent, da wir sie keinesfalls leiden lassen wollten.


    Nunja... die Horrornacht folgte ein furchtbarer Tag, ich hab mir frei genommen und die Kinder waren im KIGA, damit wir beide uns nur um sie kümmern konnten. Ich schaute sie an (sie war schließlich mein aller erste "Baby") und sagte zu ihr unter Tränen "sag mir was du willst. Ich gebe dich erst auf, wenn du es von mir verlangst und es willst. Ansonsten kämpfe ich so lange ich kann". In dem Moment hob sie den Kopf schaute mich an und der Blick sagte alles. Ich kann es nicht erklären, aber ICH kenne MEINEN Hund. Und ich behaupte dass DU DEINEN Hund kennst.


    Ich blieb den ganzen Tag bei ihr und sorgte dafür dass sie sich nicht bewegte damit die Naht nicht reisst. Ich hob sie in den Garten, fixierte sie und half beim Urinieren mit meiner Hand, ich tat alles was ich konnte, fütterte ihr Wasser mit dem Finger weil sie absolut nichts alleine machen konnte/wollte.


    Und dann.. nach 3 Tagen. (NACH DREI TAGEN) ! Nach unfassbaren 3 Tagen erhob sich mein Baby und ging selbstständig zu ihrer Wasserschüssel und trank. Ich hab natürlich gleich mal heulen müssen. Seit dem Tag war sie wie früher, sie sieht zwar wirklich extrem schmal aus hinten (natürlich, fehlt ja immerhin so einiges)... aber ich habe gekämpft weil sie es mir gezeigt hat. Und sie hatte recht, sie läuft/springt/frisst genau wie vorher. Mittlerweile haben wir ihr einen zweiten Hund dazu gegeben und sie spielt wieder wie früher. Gassi gehen mag sie nicht mehr als alte Dame aber mit Lexi spielen tut sie 1-2 mal täglich wieder gerne.



    Also du siehst... in beide Richtungen können Hunde dir wirklich zeigen was sie wollen.


    Ich drück dich einfach mal unbekannterweise, denn das du es nicht leicht hast glaube ich dir sofort.

  • @knuddl_bruno
    Vielen danke für den ausführlichen Bericht von Bruno! Ich habe schonmal davon gehört, dass man weiß wann es soweit ist, trotzdem bin ich mir unsicher, aber wie ich rauslese ging es dir in der Situation auch so, bis es soweit war. Ich habe so furtchbar Angst, dass der Moment kommt, wenn ich nicht bei ihm bin, ich möchte ihm in diesem Moment beistehen.


    @israel
    Auch dir vielen Dank, dass du geschrieben hast. Ich weiß, dass es eine Entscheidung ist die ich alleine treffen muss, aber es tut gut ein paar Erfahrungsberichte zu diesem Thema zulesen, die mir bei der Entscheidung helfen können.


    @Familienrudel
    Danke dir und schön zu lesen, dass deine Hündin sich wieder erholt hat.


    Wenn ich eure Berichte so lese, habe ich bei Camu aktuell das Gefühl, als Kämpfe er gegen all dies an, als versucher er sich dem unaufhaltsamen Abbau entgegen zu stellen. Diese innere Unruhe die ich bei im merke die ihn regelrecht treibt und davon abhält zur Ruhe zu kommen. Wenn er dann zur Ruhe kommt liegt er hier und schläft wie ein Stein, irgendwann plötzlich schreckt er aus dem Schlaf hoch als hätte man ihn Erschreckt und mit einem mal ist diese Unruhe wieder da.

  • Ich habe keine Erfahrung, doch stecke ich auch mit den Alterssymptomen mittendrin aber ... ich habe 24 Stunden Zeit für die Betreuung und bei dir steht ein Arbeitsbeginn an, der die Situation sehr schwierig macht ... für Camu und natürlich für dich und deshalb ist der Zwiespalt den du fühlst wahrscheinlich unerträglich.


    Ich drücke euch Beide einfach mal! :streichel:


    LG Sabine

  • @ knuddl-bruno: Mir sind die Tränen gekommen, weil es mich an die letzte Nacht mit meinem Neo erinnert hat. Ich habe mit ihm zusammen auf dem Boden auf ganz vielen Decken gelegen, kein Auge zugetan, um für ihn da zu sein. Er hatte einen Hirntumor, begleitet von üblen epileptischen Anfällen.


    @ Steffi+Camu: Ich kann so nachempfinden, wie sch... die Situation für Dich und Camu ist!!!! Ich musste diese Entscheidung 2 x innerhalb von 10 Monaten treffen. Und es wird nicht leichter!! Aber sicher ist, Dein Hund teilt Dir auf seine Weise mit, wann es soweit ist!! Ich wünsche Dir ganz, ganz viel Kraft in dieser blöden Zeit!!!

  • Hallo Steffi und Camu!


    Nun, die Option deinen alten Hund alleine zu lassen scheidet wohl aus, wenn er solchen Stress dabei


    Hast du schon mit dem Gedanken gespielt, einen Hundesitter einzustellen, der im Idealfall zu dir nach Hause kommt, damit dein Hund in seiner gewohnten Umgebung bleiben kann? Vielleicht Rentner, die eigentlich selbst gerne nen Hund hätten??


    Kann gut nachfühlen, wie es dir geht. Auch wir leben irgendwie in einer ähnlichen Situation. Auch unser 16 jähriger Hund braucht eigentlich non-stop jemanden um sich und ist der absolute Mittelpunkt unseres Lebens geworden um den sich eigentlich von Früh bis Spät alles dreht. Zu ermöglichen, dass er nie alleine bleiben muss, das bedarf schon einiges an Organistaion und Einschränkungen.


    Ich hoffe sehr, du findest eine Lösung mit dem du und dein Opi gleichermaßen leben könnt.


    Ganz liebe Grüße

  • Mein Schäfirüde wurde mit 12 Jahren eingeschläfert. Er konnte nicht mehr aufstehen, kippte hinten weg, seine Pfoten waren offen, da er sie nicht mehr richtig heben konnte. Für eine Op war er zu alt, er hätte die Narkose nicht überlebt.


    Ich habe diesen Hund furchtbar geliebt, es war MEIN Dicker, den ich bekam, als er 8 Wochen alt war, er war sein ganzes Leben bei mir, nie getrennt, unsere Kinder sind mit ihm aufgewachsen, er sie beschützt mit ihnen gespielt, war ihr bester Freund. Er hatte ein wunderbares Leben und er durfte gehen. Das ist schon ein paar Jahre her, ich habe immer noch Bilder von ihm hier hängen und trage ihn im Herzen immer bei mir.

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