"Strassenhund" aus Ecuador

  • Hallo zusammen,
    Ich bin neu hier im Forum und das ist mein erster (zweiter, nach der Vorstellungsrunde) Beitrag.
    Mein Freund und ich überlegen uns seit Längerem, einen Hund zu adoptieren. Wir hatten beide noch nie einen eigenen Hund, sind also Hundeanfänger, aber sehr gewillt zu lernen, und davon überzeugt, dass ein (eigener) Hund unser Leben sehr bereichern würde/wird :)


    Momentan machen wir gemeinsam einen Auslandsaufenthalt in Ecuador und bleiben noch bis ca. Mitte Dezember hier und danach stehen noch zwei weitere Monate Südamerika (in einem/mehreren anderen Ländern) an, bis wir dann wieder nach Hause in die Schweiz fliegen.
    Hier in Ecuador gibt es viele Strassenhunde, die uns natürlich immer wieder das Herz brechen, und am liebsten würden wir ihnen allen helfen. Wir spielen mit dem Gedanken, hier (vor Ort, in Ecuador) einen Hund zu adoptieren, den wir dann "mit nach Hause" nehmen würden.


    Hat jemand von euch Erfahrungen mit Strassenhunden aus dem Ausland? Wir wissen natürlich, dass diverse Dinge zu beachten sind, um tatsächlich einen Hund von (zum Beispiel) Südamerika in die Schweiz/Deutschland zu importieren. Uns interessieren hier aber mehr die Erfahrungen mit dem Hund selbst (Erziehung, Zusammenleben im neuen Zuhause, etc. ...)


    (Natürlich ist uns bewusst, dass auch bei uns zu Hause viele Hunde auf einen schönen Lebensplatz warten, das möchten wir hier auch gar nicht diskutieren..)


    "Vorteile", in Ecuador zu adoptieren:
    - Wir haben viel Zeit (mehr als nur 2-3 Ferienwochen zu Hause für die Eingewöhnung) und könnten den ganzen Tag zusammen verbringen (wir wohnen&arbeiten in einem botanischen Garten; es braucht noch die definitive Zustimmung der Verantwortlichen, wir haben unseren Wunsch aber bereits einmal angekündigt)
    - Durch die viele und teils intensive Zeit (Reisen), die wir zusammen verbringen würden, würden wir sehr eng zusammenschweissen und gemeinsam tolle Erfahrungen sammeln
    - Wir sind ein Paar, das alles für das Wohnbefinden des neuen Familienmitglieds tun würde


    "Nachteile":
    - Unbekannte Vorgeschichte des Hundes; Erziehung & andere Schwierigkeiten
    - Hier im Park hat es bereits zwei grosse Hunde (Frage, ob sie jemand Neues auf ihrem Territoire akzeptieren..)
    - Reisen mit Hund ist komplizierter/aufwändig; (zu?) viel Stress für den Hund?
    - Flug zurück in die Schweiz (inkl. administrative Organisationen etc.)
    - Neues Zuhause in der Schweiz (Klima, etc.)


    Es steht noch gar nichts fest, wir wollten jetzt aber einmal "andere" Meinungen hören und somit vielleicht noch auf Punkte aufmerksam werden, die wir bisher vergessen hatten..


    "Konkret" sind wir auf die kleine Lula aufmerksam geworden (siehe Fotos :herzen1: ).



    Sie ist ein 5-6 Monate alter/junger Mischling, die einmal mittelgross werden sollte (nicht mehr viel wachsen sollte), auf der Strasse gefunden wurde und vor ca. einem Monat von jemandem provisorisch aufgenommen wurde und jetzt Adoptiveltern sucht. Habt ihr eine Idee, was für eine Mischung sie wohl ist? Allgemein haben wir sonst relativ wenig Informationen (wir haben sie noch nicht getroffen), sie sei aber sehr lieb und "gut erzogen" (wobei wir uns aber nicht sicher sind, was das heisst, da die Hunde hier nicht unbedingt "gleich" behandelt werden wie bei uns.. Wir gehen davon aus, dass wir, was die Erziehung angeht, noch viel mit ihr arbeiten müssten..) Deshalb auch hier die "eigentliche" Frage:


    Was habt ihr für Erfahrungen mit "ehemaligen" Strassenhunden (allgemein), die eine unbekannte Vorgeschichte haben..? Ist das vereinbar mit einem Familienhund, d.h. können wir sie "noch" gut erziehen, oder müssen wir "Angst haben", dass sie bereits (zu) viel Schlimmes erlebt hat, und es somit (zu) viele Schwierigkeiten geben würde? Und wäre es im Falle von ausgesetzten/Strassenhunden allgemein "besser", einen ganz kleinen Welpen (ab 8 Wochen) zu adoptieren, da man da in der Prägungsphase "dabei" ist?


    Wir freuen uns über Eure Antworten ! Und bereits vielen Dank an alle, die diesen langen Beitrag zu Ende gelesen haben :)
    LG !

  • Ich würde mich als erstes mit den Einfuhrbestimmungen in die Schweiz auseinandersetzen. Das ist wirklich das wichtiges


    Erfahrungen sind ganz verschieden. Da muss man einfach den individuellen Hund anschauen. Ich habe nur gute Erfahrungen mit Tierschutzhunden, allerdings keiner davon längere Zeit Straßenhund.


    Es kommt halt immer darauf an, was ihr für Ansprüche habt und was ihr bereits seid zu leisten.


    Eingewöhnung bezgl. Klima sehe ich nicht dramatisch. Müssen ja Hunde aus z.B. Spanien auch.


    Erziehen kannst du fast alle Hunde, jeden Alters, jeder Rasse. Bei jedem in dem eigenen Tempo und nach den jeweiligen Möglichkeiten.


    Übrigens sehr süß, da kann ich euch verstehen :D

  • @mahzouz hat einen Hund aus Südamerika mitgebracht.
    Ich verlinke gleich mal den Thread.
    Klick
    Vielleicht hilft Euch das Lesen, auch wenn der Hund in Deutschland ist.
    Eventuell müsst Ihr Euch für den Pfotothread freischalten lassen.
    L. G.

  • Ich würde mich als erstes mit den Einfuhrbestimmungen in die Schweiz auseinandersetzen. Das ist wirklich das wichtiges

    Das kann ich nur unterstreichen! Denn jenachdem, wie Ecuador als Land bzgl. Tollwutrisiko eingeschätzt wird, habt ihr da Prozedere, die eingehalten werden müssen, und lange Wartefristen. Wendet euch am besten direkt ans BVET, und lasst euch genau erklären, was euer TA in welcher Reihenfolge tun muss. So reicht einfach eine Tollwutimpfung zB nicht, der Hund muss vorher gechipt sein, usw.


    Erfahrungen mit Tierschutzhunden aus dem Ausland gibt es hier viele nachzulesen. Bedenkt, dass der Hund einen massiven Kulturschock erleiden wird. Das sollte nur wesensmässig stabilen Hunden zugemutet werden - also eher den unerschrockenen Typen. Einem eh schon ängstlichen, sehr unsicheren Hund würde ich das nicht antun, auch wenn man grad denen gern helfen würde. So manchem "geretteten" Hund wird ein Bärendienst erwiesen, wenn danach er über Monate in schierer Angst und Terror existieren muss - meine ganz persönliche Meinung. Lernt also den Kandidaten möglichst gut kennen, und guckt nicht nur nach "möglichst süss" und Mitleidsfaktor, sondern nach dem Grundcharakter. Es gibt genügend robuste und recht unkomplizierte Hunde, denen selbst unschöne Vergangenheit wenig anhaben kann - auch sie haben ein schönes Zuhause verdient, und die Chance ist wesentlich grösser, dass ihr ihnen ein solches bieten könnt.


    Just my 2 Cents - und Grüsse aus der Schweiz

  • Meine Eltern haben vor 10 1/2 Jahren unseren Familienhund Timmy aus Brasilien mitgebracht (meine Mama ist Brasilianerin). Er war ca. 6 Monate alt, als wir ihn fanden und lebt bis heute glücklich und zufrieden bei uns. 15 Jahre vorher hat sie auch ihre damals 2 Jahre alte Hündin mit nach Deutschland gebracht, nachdem sie meinen Papa heiratete und endgültig nach Deutschland kam. Auch sie war ein Straßenhund. Was ich dir sagen kann, ist dass der Impfstatus mindestens 3 Monate alt sein musste. Die Einreise war natürlich nicht günstig (Flug, Flugbox etc.) aber es hat sich gelohnt.
    Meine jetzt 11 Monate alte Hündin Luna habe ich vom spanischen Tierschutz. Das ist auf jeden fall etwas anderes und um einiges einfacher, da es innerhalb von Europa ist. Sie hat auch nie wirklich auf der Straße gelebt, da ich sie mit bereits 4 Monate adoptiert habe.
    Insgesamt hatte meine Familie nur Straßenhunde, manche haben länger, manche weniger lang auf der Straße gelebt, aber sie haben keinen bereut. Ich würde mich ebenfalls immer wieder für einen Hund vom Auslandstierschutz entscheiden. Aber das ist natürlich etwas, dass jeder selbst in der Hand hat :-)
    Wenn du Fragen hast, kannst du dich gerne melden. Die könnte ich gegebenenfalls auch an meine Eltern weiterleiten!

  • Das 'Problem' ist, dass die Schweiz in manchen Dingen einfach etwas strikter ist, als z.B. Deutschland.


    Deshalb muss die TE sich unbedingt, wie @naijra oben schrieb, kundig machen (die genauen stellen wusste ich auf die schnelle nicht, vielen Dank!).
    Nur als Beispiel zum 'Anschauen'- man darf ja auch grunsätzlich keine kupierten Hunde einführen (von ganz engen Ausnahmen mal abgesehen). So strikt kenne ich das in keinem anderen Land.


    Ansonsten kann ich auch den Rest von ihrem Text so unterschreiben. Mitleid ist selten ein guter Berater.

  • Das find ich toll von euch :herzen1:
    Aber wie macht ihr das, wenn ihr die 2 Monate in Südamerika seid, muss sie mit?
    Ich habe die Geschichte von (ich glaube sie heißt Nani) aus Bali verfolgt. Es war ein teurer und aufwendiger Spaß

  • Hi,


    in Südamerika sind Grenzüberschreitungen kein Problem, wenn man sich an die dortigen Regeln hält (Gesundheitszeugnis, Ausfuhrerlaubnis der Senasa, oder Sunat oder wie die Agrar- und Tierbehörde im Land heißt und eine Überweisung auf ein bestimmtes Konto).


    In Ibarra/Ecuador gibt es einen guten kompetenten Tierarzt, dessen Adresse kann ich dir geben und den kann ich uneingeschränkt empfehlen. Er hat schon mehrfach Tiere nach Deutschland ausgeführt und kennt die ganzen Bestimmungen. Er ist auch 1x in der Woche in Quito, verschickt die Blutproben für den Tollwut-Titer und kennt Menschen am Flughafen. Solltest du natürlich in Guayaquil oder Vilcabamba sitzen hilft dir der Ibarra-Mensch nur bedingt.


    Die Einfuhrbestimmungen für die Schweiz sind noch etwas strikter als für Europa. Eine Mitnahme in die EU dauert ab Datum des Chip-Setzens mindestens 4 Monate, früher darf das Tier nicht einreisen. Solltet ihr Mitte Dezember nach Hause fliegen wollen, schafft ihr die EU-Frist gerade so (wenn alles gut geht). Die Bedingungen für die Schweiz habe ich nicht intensiv studiert, mir haben die EU-Vorschriften gereicht, weil jede Behörde (auch die EU-Behörden) Sachverhalte anders schildern.


    - Reisen mit Hund ist komplizierter/aufwändig; (zu?) viel Stress für den Hund?
    - Flug zurück in die Schweiz (inkl. administrative Organisationen etc.)
    - Neues Zuhause in der Schweiz (Klima, etc.)

    Zu 1) Kompliziert: Mit den öffentlichen Bussen auf jeden Fall; die nehmen euch im Zweifel nämlich einfach nicht mit. Aufwändig: Kommt auf den Hund an. Unserer macht jeden Scheiß mit. Auch Bootfahren, obwohl er es nicht mag.


    Zu 2) Ja das ist anstrengend, für euch und für den Hund. Wir wollten unseren Knirps aber nicht mehr hergeben und hatten ihn da schon 9 Monate; in allen möglichen (und unmöglichen) Situationen und er hatte da mit uns schon eine Chemotherapie wegen eines Tumors hinter sich. Rechne mit allen Kosten etwa 600-700 Euro (Chip, Impfung, Blutentnahme und Aufbereitung, Versand der Blutprobe, Transportbox) zzgl. Flug. Der Flugpreis ist abhängig von dem Land aus dem ihr nach Hause fliegt. Die Strecke Cali-Amsterdam mit KLM war für uns das Günstigste.


    Zu 3) Das Klima in Südamerika ist natürlich anders. Die Luft ist trockener, aber du hast viel mehr Schwankungen innerhalb von wenigen Stunden wenn du z.B. von der Küste in die Anden fährst. Das sind oft mehrere Hundert Höhenmeter. Es wird immer über Klimaveränderungen zwischen Südamerika und Europa gesprochen, dabei ist da drüben jedes Land klimatisch und auch lufttechnisch eine viel größere Herausforderung.


    Saludos,
    mahzouz

  • Wie schon erwähnt, muss der Hund ein gutes Nervenkostüm haben um eure Reisen auch langfristig gut mitmachen zu können.
    Das ist leider bei Hunden die eher schlecht aufgewachsen hat, nicht immer der Fall. Häufig wachsen sie ohne viele Reize auf, oder werden schon früh "falsch" geprägt.


    Ich kann dir da zwei Beispiele aus unserer Familie nennen.
    Meine Mutter hat eine Hündin aus Griechenland bei sich aufgenommen. Sie war ein Welpe von ca. 10 Wochen und trotzdem schon schwierig. Sie hatte Hunger gelitten, deswegen fraß sie alles was auch nur halbwegs was fressbares sein könnte. Nach einer Woche war bereits eine große Untersuchung notwendig, weil die kleine Maus einen Plastikdeckel verschluckt hatte.
    Menschen und fremden Hund gegenüber war sie misstrauisch. Die Stubenreinheit klappt bis heute nicht zu 100% (sie ist jetzt 6 Jahre alt). Trotz viel Erziehung ist sie fernab davon ein Begleithund zu sein. Immer ist Management gefragt. Ändert sich etwas in ihrem Umfeld, reagiert sie sofort gestresst.
    Also obwohl sie noch so klein war, war sie schon so geprägt, dass sie nie und nimmer zu euren Vorstellungen passen würde.


    Dann habe ich noch einen Hund aus Ungarn. Der war allerdings kein Straßenhund, sondern ein Kettenhund. Bei ihm kristallisierte sich heraus, dass er depriviert war/ist. D.h. ohne ausreichend Reize aufgewachsen ist. Ebenso wie die Hündin meiner Mutter, kommt er nur schwer mit Veränderungen klar. Beim letzten Umzug war die Folge, dass er eine Bauchspeicheldrüsenentzündung bekam, weil er einfach furchtbar gestresst war durch die Veränderung.
    Aber durch den Umzug habe ich erst gemerkt, wie untragbar eigentlich die vorherige Wohnsituation in der Stadt für ihn war. Hier treffen wir nun kaum Hunde und wenig andere Menschen und er ist super entspannt.
    Er macht zwar Reisen gut mit, geht auch mit mir auf Ausstellungen, aber ich kann dann damit rechnen, dass er 1. furchtbar aufgeregt ist und die alten Baustellen (an der Leine pöbeln) eher auftreten, 2. Durchfall haben wir und evtl. morgens Erbrechen, 3. einige Tage nach dem Stress braucht um wieder runter zu kommen.
    Auch er hätte ein gravierendes Problem mit eurem Lebensstil. Wahrscheinlich würde er es noch relativ gut mitmachen, aber Freude hätte er daran nicht und gesundheitlich würde man es irgendwann merken.



    Ich würde an eurer Stelle sehr gut überlegen, ob ihr mit einer guten Tat wirklich dem Hund helft. Es gibt Straßenhunde die wirklich extrem anpassungsfähig und lieb sind, aber ich würde eher sagen, dass das die Ausnahme ist. Der Großteil hätte wahrscheinlich mit so einer großen Veränderung und dann einem unbeständigen Leben eher Probleme. Und auch Welpen sind da kein unbeschriebenes Blatt.
    Ich würde auf Nummer sicher gehen wollen, dass der Hund eine gute Welpenstube hatte und eben die Nerven dazu mitbringt auch später häufige Ortswechsel mitzumachen.


    Ihr seid eben auch Hundeanfänger und habt große Ansprüche an euren Hund. Das kann ziemlich nach hinten los gehen.

  • Es gibt Straßenhunde die wirklich extrem anpassungsfähig und lieb sind, aber ich würde eher sagen, dass das die Ausnahme ist.

    Ich finde nicht, dass man das verallgemeinern kann.
    Es kommt immer noch darauf an, wie der Hund gelebt hat, wie alt er ist, wie er sich entwickelt, usw.


    Prinzipiell ist es aber trotzdem richtig, dass man bei solchen großen "Anschaffungen" gut aufpassen muss.

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