Besteigen/auf dicke Hose machen aus Dominanz oder Frust?

  • Hallo,


    mein Großer hat sich in den letzten 2 Jahren zu Ungunsten entwickelt, nachdem ich regelmäßig mit ihm in
    einen großen Hundeauslauf gefahren bin. Ich schildere das mal in Punkten, und als Eckdaten: 8 Jahre, Schäferhund-Laika-Mix,
    2 Jahre oder mehr im Tierheim, kastriert (!), schon immer extremes Jagdverhalten, kein Interesse an Leckerlis, stark ausgeprägte
    Selbstständigkeit, aber gleichzeitig starke Angst vom Rudel getrennt zu werden (er kommt behält mich immer im Auge und erträgt
    nicht, ihn hinter Toren zurückzulassen etc., kann aber daheim allein bleiben).


    1) Zuerst war alles gut, er spielte etc. mit Hunden, wobei mir auffiel, dass er meistens nur am Rand der Spielrunde war
    2) Er liebt es definitiv am meisten, wenn andere Hunde ihn jagen. Und ich bin mir zumindest hierbei sehr sicher, dass er angefangen
    hat, Hunde zu "ärgern" (scheinbar grollend herangehen, anspringen -- aber wirklich eindeutig Schabernack zum Ärgern, versteckt hinter
    ganz viel Generve und Bodychecks etc.), weil er gelernt hat, dass sie dann irgendwann so genervt sind, dass sie ihn VERjagen, was für
    ihn dann totaler Spaß ist, weil ihm endlich einer nachjagt. Hier bin ich mit der Diagnose wirklich sehr sicher, das gleiche macht er auch
    bei unserer kleineren Hündin. Nur ist er dabei so offensiv bzw. kommt aggressiv rüber für Leute, die das nicht so genau lesen können,
    dass es natürlich oft Ärger mit anderen Hundebesitzern gibt.
    3) Irgendwann im Laufe des Jahres, wo ich mindestens 2 Mal wöchentlich in den gleichen Hundeauslauf fuhr, fing er an, einzelne Rüden
    rauszupicken und diese zu besteigen! Es war wirklich ein schleichender Prozess, aber dann war es sein Haupthobby, wenn er niemanden
    fand, der ihm hinterherjagte oder den er jagen konnte. Er sucht sich immer Rüden, bei denen das funktioniert, weil meiner durchaus
    sich selbst sozial unterordnet, wenn er einen dominanteren Hund erkennt. Natürlich habe ich versucht das zu unterbinden, aber Marusch
    achtet SEHR genau auf meine Handlung. Sobald ich mich dann dem Szenario nähere, ist es für ihn das Signal "Das Rudel mischt mit, die
    Sache wird ernst" und dann sieht er den Rüden auch noch als Gegner an. Er ist verunsicherter und vermeidet Ärger eher, wenn ich möglichst
    weit weg gehe, das nimmt ihm die Sicherheit, nur werde ich natürlich gleichzeitig angeplerrt von anderen, ich solle meinen Hund wegnehmen.
    4) Nein, er ist nicht perfekt abrufbar, darum bin ich ja in eingezäunte Ausläufe gegangen und es ist erst dort schleichend zum Problem
    geworden (ich denke wirklich, er hat ne dicke Hose bekommen, plus Frust, dass ihm die Hunde nicht nachjagen so wie er ers will plus
    ist er jetzt mehrfach von Hündinnen einfach so gebissen worden - hier hat er wirklich NICHTS getan, sondern ist angefallen worden).
    Der Hund ist mir schon so gegeben worden, dass ihn keiner will, weil er so schwierig ist, er einen eigenen Kopf hat und sein Jagdtrieb
    extrem stark sei. Ich habe jahrelang trainiert, aber egal mit welcher Methode, er ist nicht perfekt abrufbar von starken Reizen. Nur, wenn
    er wirklich denkt, dass ich ihn zurücklasse, lässt er irgendwann alles stehen und liegen und kommt.


    Ich bin selbst richtig frustriert, dass es im Auslauf im Prinzip erst angefangen hat so schief zu gehen, ganz schleichend. Es wird jetzt
    echt schwer, Marusch noch laufen zu lassen, weil er gleich auf andere Hunde losstürmt und erstmal auf dicke Hose macht und bösartig
    rüberkommt, obwohl er letztendlich wirklich nie einen Hund verletzt hat, sondern ne ganz große Show abzieht, die natürlich trotzdem
    falsch ist.
    Ich weiß einfach nicht, was ich noch machen soll... Kennt jemand Methoden, das Aufsteigen und schon vielleicht das Rauspicken von
    schwächeren Rüden zu verhindern? Was ist hier das Problem? Was braucht er, um das sein zu lassen? Ich kann mir leider keinen Hundetrainer
    leisten, sonst würde ich das gerne dort trainieren, weil es so spezifisch ist, dass ich gerne eine professionelle Meinung hätte, an welcher
    Ecke ich ansätzen müsste.


    Nochmal als Hintergrundinfo: Ich bin Rudelführer, ich lasse ihn icht auf die Couch etc. und achte auf solche Sachen, die ihm zeigen
    könnten, dass er sich zu viel erlauben kann (tatsächlich merkt man ihm zu viele Freiheiten dann direkt am Verhalten draußen an,
    er braucht wirklich starke Grenzen). Mein Hund findet halt nur mich nicht so spannend draußen, weil ich zu lahm bin ihm hinterherzulaufen
    und auch zu lahm, um eine Jagd hinter den Kaninchen anzuführen - man merkt Marusch richtig an, dass er das doof findet, dass ich das
    alles nicht mache. Aber er findet alle Spielzeuge, Apportieren etc. langweilig und selbst Fährtenlesen etc. ist nur 10 Minuten gut, dann
    lenkt ihn schon wieder ein Vogel, der vorbeifliegt ab, dem er dann grollend hinterherrennt... Ihr kriegt hoffenltich das richtige Bild.


    Danke

  • Nicht mehr in den Auslauf fahren wäre meine erste Maßnahme. Ich kann dem eh nichts abgewinnen.
    Ansonsten schwierig zu sagen, ohne den Hund je gesehen zu haben.


    Wie setzt du denn deine 'Rudelführerposition' durch? Je nachdem kann man den Hunden die Lust an der Zusammenarbeit auch kaputt machen.

  • Hm, schwierig.


    Erstmal kannst du diesen Kram mit "Rudelführer" echt vergessen. Natürlich sind Grenzen für einen Hund wichtig, aber ich persönlich finde es wichtig, dass man gemeinsam mit dem Hund als TEAM agiert und nicht einer der Chef und der andere nix ist. Daher finde ich es etwas befremdlich, dass der Hund aus dem Grund nicht mit aufs Sofa darf. Bekommt er denn ansonsten Schmusezeit mit dir?



    Als erste Hilfsmaßnahme würde ich nicht mehr auf diese Freilaufwiesen gehen. Es klingt für mich so, als wenn dein Hund massiven Stress hat. Dadurch kaspert er so viel rum, das ist in häufig eine der Konfliktlösungsmaßnahmen und kein wirkliches Spiel. Auch das besteigen klingt für mich sehr nach Übersprungshandlung. Ich kenne das von Diego auch, der kann es nicht leiden, wenn viele Hunde rumwuseln, macht in seinen Augen keinen Sinn und versucht dann alle zu stoppen, was natürlich nicht klappt. Ende vom Lied ist, dass er irgendwelche Rüden besteigt...


    Aber generell finde ich es schwierig darauf zu antworten, weil es soooo viele Möglichkeiten gibt, warum Hunde andere Hunde besteigen... eine unbekannte ist zB dass Hunde besteigen, weil sie sich oder den anderen Hund beruhigen wollen...

  • Ich würde auch auf typische Hundeausläufe verzichten mit einem Hund wie deinem. Wenn die anderen sowieso nicht mit deinem spielen/rennen und er aus Frust und/oder Überforderung anfängt zu pöbeln macht das weder dem Hund noch dir Spaß. Schleppleine (wegen Jagdtrieb) und normale Spaziergänge zunächst und schauen ob er wieder runter kommt. Ansonsten vllt ein, zwei bekannte Hundekumpel suchen die mit seiner Art klar kommen und auch eine ähnliche Spielart haben wie er?

  • Nicht mehr in den Auslauf fahren wäre meine erste Maßnahme.

    :bindafür:
    (Schlepp-)Leine dran, Rückruf trainieren.
    Verhindere bitte, dass er auf andere Hunde losstürmt.
    Ich würde mir an deiner Stelle feste Gassifreundschaften suchen, mit denen Marusch dann vielleicht auch mal toben kann.
    Notfalls erst gemeinsam an der Leine ein Stück laufen, danach erst Kontakt aufnehmen lassen, wenn Marusch vorher zu aufgeregt ist.
    Ansonsten würde ich diese unkontrollierten Fremdhundbegegnungen erstmal streichen.
    Macht lieber lange, spannende Spaziergänge, da habt ihr doch beide mehr davon.
    Meiner Meinung nach sind solche Hundeausläufe für die meisten Hunde mehr Stress als Vergnügen.


    Übrigens hat "Rudelführer" nichts mit "nicht aufs Sofa lassen" zu tun.
    (Ich gehe jetzt einfach mal stark davon aus, dass du kein Hund bist und den Begriff "Rudelführer" daher im übertragenen Sinne verwendest.)

  • Nicht mehr auf die Hundewiese! (Wurde hier ja schon oft genug gesagt.)


    Und dann an der Bindung arbeiten.
    Das "Rudelführergedöns" ist da eher kontraprduktiv.


    Kontaktliegen ist für (die meisten) Hunde eine soziale Ressource, für die sie bereit sind, sich unterzuordnen.


    Mein Hund findet halt nur mich nicht so spannend draußen

    Könnte dran liegen, dass Du Dich drinnen so distanziert verhältst.
    Keine Bindung, im Hundeauslauf alles alleine regeln. Warum sollte der Hund Dich spannend finden?

  • Ich denke nicht das dein Hund Spaß daran hat gejagt zu werden.


    Er hat in meinen Augen dort einfach nur Stress und ist genervt. Nichts von dem was du schreibst weist für mich auf Spaß hin. Dein Hund stänkert um Stress ab zu bauen und versucht mit seinem Verhalten darüber hinwegtäuschen das er eher ängstlich ist und zurückhaltend.


    Rudelführer (ich mag das Wort nicht) bist du nicht wenn du den Hund nicht auf das Sofa lässt. Dein Hund wird sich an dir orientieren wenn du ihm hilfst, dich mit ihm beschäftigtst, zuverlässig bist usw.


    Geh mit deinem Hund nicht mehr auf diese Wiese.
    Kauf ein gutes Geschirr und Schleppleine und üb den Rückruf.
    Mach dich für deinen Hund interessant- werfe Leckerlis, die er suchen muss, lass ihn über Hindernisse laufen (Bäume, Bänke usw)
    Hol ihn Abends aufs Sofa und kuschel mit ihm xD

  • Der Hund ist mir schon so gegeben worden, dass ihn keiner will, weil er so schwierig ist, er einen eigenen Kopf hat und sein Jagdtrieb
    extrem stark sei. Ich habe jahrelang trainiert, aber egal mit welcher Methode, er ist nicht perfekt abrufbar von starken Reizen. Nur, wenn
    er wirklich denkt, dass ich ihn zurücklasse, lässt er irgendwann alles stehen und liegen und kommt.

    Warum gehst du mit so einem Hund auf Hundewiesen? Weil er so schwierig ist, und du meintest das regelt sich so ? :???: Welche Methoden hast du denn bereits versucht ? Hast du mit ihm auch mal konsequent und konstant trainiert ? Ich denke der braucht mehr Sicherheit und vor allem Sicherheit in der Führung.


    Das ein Hund nicht auf die Couch darf, sind klare Regeln die jeder HH für sich selbst entscheiden muss, was sein Hund darf und was nicht. Da wird schon wieder hier herumgehackt. Und klar hat es was mit Führung zu tun. Und es gibt eben auch Rassen bzw Hunde die klare Grenzen und Regeln brauchen. Ist hier bei uns auch so, gebe ich den kleinen Finger, wird die ganze Hand genommen. Deshalb finde ich "klare" Regeln gut in euren Fall.


    Schade das du dir keine kompetente Hilfe hinzuziehen kannst. Gibt es denn keine Möglichkeiten seitens des TH dich mit Rat oder Hundetrainer zu unterstützen bzw zu begleiten zu lassen?

  • Ich habe mir einen interessanten Vortrag von Fr. Feddersen- Petersen zum Thema "spielen" angehört. Ich bin auch davon überzeugt, dass dein Hund auf der Wiese Stress hat.
    Hunde spielen nur im Rudel oder mit Hunden, die sie aus der Welpenzeit kennen. Das andere ist überwiegend "jagen, mobben oder Rangordnung ausmachen ". Ein Spiel ist gekennzeichnet durch wechselnde Rollen. Wenn dein Hund gejagt wurde, haben sich die Rollen dann auch getauscht? Hat er den anderen Hund dann auch mal gejagt? Beim Spielen wird das Mail extrem aufgerissen. Alle Verhaltensweisen sind eher extrem. Gibt es "Schnauzenzärtlichkeit"? Ist das nicht gegeben, handelt es sich nicht um ein Spiel, sondern um einen Machtkampf oder Jagen (sofern ich den Inhalt des Vortrags noch richtig wiedergegeben kann - ist schon ne ganze Weiler her).


    Ich habe eher den Verdachts, dass dein Hund gejagt oder gemobbt wird. Hunde, die Mobbing Opfer sind / wurden, werden ihrerseits zu Mobbern. Leider können sehr viele Hundebesitzer ein echtes Spiel und kein Spiel nicht unterscheiden. Das führt dann früher oder später zu Problemen!


    LG pudelnatze

  • Ich würde mir, wenn es geht, einen Hundetrainer dazu nehmen. Außerdem würde ich versuchen, einen regelmäßigen Gassi Partner zufinden, mit dem er sich gut versteht und die Hundewiese erstmal meiden. Ein erfahrener Hundetrainer kann sein Verhalten auch besser einschätzen, wie ein Forum ohne den Hund gesehen zu haben. Hier kann man ja keine Körpersprache deines Hundes sehen ;) .


    LG pudelnatze

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