Spaziergänge mit unsicheren Hunden

  • Hallo zusammen,


    seit Anfang Januar wohnt eine Hündin aus dem Tierschutz bei mir. Sie ist allem Neuen gegenüber sehr unsicher und reagiert ausgesprochen empfindlich auf schnelle Bewegungen. Unsere Spaziergänge gestalten sich daher sehr anstrengend für uns beide. Sobald sie registriert hat, dass wir gleich raus gehen, beginnt sie zu hecheln. Draußen angekommen wird sie von allen Reizen überflutet und schafft es unter diesen Bedingungen natürlich nicht, ihre Aufmerksamkeit auf mich zu richten. Unser größter Feind sind fahrende Autos. Ohnehin schon mit aller Kraft an der Leine ziehend, sprintet und springt sie in Richtung Autos und verjagt jedes einzelne - ziemlich erfolgreich natürlich, woher soll sie auch wissen, dass das Auto sowieso weiter fahren würde...
    Wir haben bisher recht gute Fortschritte mit einem Markersignal gemacht, es gibt draußen sogar einige Situationen, in denen sie das Signal wahrnimmt und sich von den anderen Reizen kurzzeitig lösen kann. Das Markersignal haben wir übrigens mit den Supermegaextraleckerchen aufgebaut, für die sie in der Wohnung so gut wie ALLES tun würde ;-) Das zeigt, wie schwer die Situation draußen für sie leider ist...
    Im Moment habe ich aber das Gefühl, dass wir auf der Stelle stehen, klar gibt es immer bessere und schlechtere Tage, aber insgesamt scheint sich das an der Leine Ziehen und Springen sogar eher zu verschlimmern (und wenn ich sage ziehen, meine ich eher ein mit den Vorderpfoten in den Boden graben und sich nach vorne schaufeln, während die Hinterbeine vor lauter Kraftaufwand schon halb im Erdboden versinken...). Wenn permanent 25 kg in die Leine sprinten, ist das natürlich für beide Seiten schmerzhaft und wenn man selbst dann auch noch einen schlechten Tag hat, ist es Schwierig, Gelassenheit und Sicherheit auszustrahlen... Natürlich ist mit einem derart abgelenkten und überfluteten Hund auch nicht zu trainieren, aber ich verliere im Moment etwas den Mut. Ich würde so gerne mal entspannt mit ihr spazieren gehen :(


    Ihr Leidensgenossen da draußen, wie geht ihr damit um? Was hat euch und euren Hunden besonders dabei geholfen, die Umwelt nicht mehr als bedrohlich zu empfinden?


    Liebe Grüße
    Lisa

  • Huhu:)
    Glückwunsch zu deinem 'Nachwuchs'.
    Ich habe auch einen Tierschutzhund.Anfangs war das ungefähr wie bei dir, nur das er Auto uninteressant fande.
    Aber auch er hatte Angst vor allem möglichen, mittlerweile ist es viel besser geworden,aber unsicher ist er draußen trotzdem noch.


    Wir sind die ersten Paar Monate wohl mehr rumgestanden, als gelaufen :D
    Immer wenn er an der Leine gezogen hat, hab ich Baum gespielt.
    So hat er irgendwann begriffen, dass er so nicht weit kommt.
    Außerdem habe ich mir die vermeintlich grusligen Dinge zusammen angeschaut zb fliegende Plastiktüten, Mülleimer, den Aufzug usw.
    Und wir sind viel einfach draußen rumgesessen.
    Nicht zu lange , so 5min am Anfang und dann immer gesteigert.
    Sodass er merkte, dass nichts schlimmes passiert und die ungewohnte Umgebung eben gewohnt wurde.


    Wie lange bist du den so mit ihr unterwegs?
    Und was machst du mit ihr?


    Liebe Grüße

  • Ich habe meinen Hund in den Fahrradkorb gesetzt und bin mit ihr zu einem ruhigen Fleckchen gefahren. Okay, das wird mit 25 kg nicht klappen, aber du wolltest ja hören, wie wir damit umgehen. :pfeif:


    Hast du keine Möglichkeit, die Spaziergänge kürzer und schmerzfreier zu gestalten? Es bringt doch so euch beiden nichts. Du kannst sie zwar mit dem Markersignal etwas ansprechbarer machen aber eigentlich lernt sie trotzdem nur, dass alles schrecklich ist. Darf sie sich denn von dem Stress auch mal erholen?

  • Immer wenn er an der Leine gezogen hat, hab ich Baum gespielt.
    So hat er irgendwann begriffen, dass er so nicht weit kommt.

    Bei einem großen, starken Hund ist das eventuell nicht anders machbar, aber es gibt da auch andere Ansätze: Manchen Hunden hilft es, wenn sie sich nicht begrenzt fühlen. Ich bin anfangs in lauteren Umgebungen immer mit der Flexileine gelaufen. Meine Hündin ist trotzdem nah an meinem Bein geblieben, hatte aber das Gefühl, jederzeit handlungsfähig zu sein. An der kurzen Leine kam das Gefühl der Handlungsunfähigkeit noch auf die Angst oben drauf, das hat bei ihr alles nur noch schlimmer gemacht. Ist aber individuell, vielen hilft ja Begrenzung sogar. Manchen eben nicht.

  • Wir sind anfangs nur in Gegenden spazieren gegangen wo wir nichts und niemanden getroffen haben. Reizen haben wir ihn nur ganz langsam ausgesetzt, anfangs nur für ein paar Minuten und immer so das er sich zurückziehen konnte, immer in seinem Tempo. Das Wichtigste ist bei einem unsicheren Hund nicht zu viel verlangen. Schaut was gut klappt, freut Euch daran, fördert das und das wichtigste habt Spass miteinander. Für alles andere braucht man Zeit Zeit Zeit und Geduld Geduld Geduld.

  • Hallo ihr :winken:

    Immer wenn er an der Leine gezogen hat, hab ich Baum gespielt.
    So hat er irgendwann begriffen, dass er so nicht weit kommt.

    So mache ich es auch. Es ist die einzige Option, die mir bekannt ist, mit der ich mich anfreunden kann. Sie ziehen zu lassen ist keine Alternative und zurück ziehen erst recht nicht.
    Also haben bei dir letztlich Geduld und Zeit den Erfolg gebracht?
    Aber wie lang soll es denn dauern, bis sie den Zusammenhang zwischen nicht ziehen und vorankommen versteht :ka:
    Auf der Bank sitzen und beobachten haben wir auch schon probiert, allerdings fängt sie dann an zu zittern und zu fiepen. Scheinbar gibt ihr Laufen die Hoffnung, der Situation entkommen zu können.



    Wie lange bist du den so mit ihr unterwegs?
    Und was machst du mit ihr?

    Die Spaziergänge sind auf ein Minimum reduziert. Wir gehen pro Runde 10, 15 Minuten - einmal zur nächsten kleinen Wiese und zurück. Bis letzte Woche haben wir den Nachmittagsspaziergang mit dem Auto im Wald gemacht, damit sie weniger Reize um sich hat und auch mal mit Schleppleine freier laufen kann, aber das musste ich nun auch wieder einschränken, weil die unterschiedlichen Strecken sie noch mehr stressen.
    Draußen mache ich mit ihr also gar nichts außer markern und möglichst schnell wieder nach Hause gehen. Beschäftigung gibt es dann zu Hause. Dort kann sie sich gut konzentrieren und lernt gerne und schnell. Wir machen viele Spiele und Übungen, die die Bindung stärken und bei denen sie lernt, sich an mir zu orientieren. Ich bemühe mich immer ein gutes Maß an Spannung und Ruhe zu finden und zum Glück zeigt sie sehr deutlich, wenn ihr etwas zu viel ist, oder wann es gerne noch mehr sein darf.

  • Bei einem großen, starken Hund ist das eventuell nicht anders machbar, aber es gibt da auch andere Ansätze: Manchen Hunden hilft es, wenn sie sich nicht begrenzt fühlen. Ich bin anfangs in lauteren Umgebungen immer mit der Flexileine gelaufen. Meine Hündin ist trotzdem nah an meinem Bein geblieben, hatte aber das Gefühl, jederzeit handlungsfähig zu sein. An der kurzen Leine kam das Gefühl der Handlungsunfähigkeit noch auf die Angst oben drauf, das hat bei ihr alles nur noch schlimmer gemacht. Ist aber individuell, vielen hilft ja Begrenzung sogar. Manchen eben nicht.

    Stimmt natürlich, man muss rausfinden, was genau zu dem Hund passt und was ihm Sicherheit gibt.

  • Es gibt noch Nahrungszusätze, Adaptil usw.
    Ansonsten bliebe noch, die Strecke stark einzukürzen. Oder eben nur immer in den Wald fahren. Ich kenne es aber von mir selbst, dass das nicht immer machbar ist.

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