Einen Hund einschläfern, der noch frisst und sich freuen kann?

  • Hallo an alle,
    ich habe hier eine sehr provokative Überschrift genommen die schon den Kern der Aussage anzeigt.
    Ich bin erst einmal neu und weiß nicht mehr weiter. Ich habe eine 16 jährige Hündin, eine Spitz-Terrier-Mix, welche natürlich schon ein gutes Alter erreicht hat. Sie ist eine ehemalige Straßenhündin aus Griechenland. Sie hat schon diverse Krankheiten (Cushing, Krebs, Vestibulärsyndrom, Glaukom, beginnende Demenz). Sie ist blind, taub und ihr Geruchssinn ist ebenfalls eingeschränkt. Ich habe jetzt seit 2 Jahren ein Ärztemarathon mit ihr durch. Sie wurde in den letzten beiden Jahren vier Mal operiert. Eigentlich müsste sie noch das Auge raus operiert bekommen. Aufgrund ihres Alters und der Gesamtsituation habne wir es nicht mehr gemacht. Sie kriegt Schmerzmittel und kommt damit gut zu recht. Durch das Schwinden ihrer Sinne ist sie wie eine kleine Gefangene in ihrem Körper. Sie läuft ständig gegen die Möbel, da sie das mit der Orientierung nicht so ganz hinkriegt. Draußen spazieren geht auch kaum. Sie macht alles was sie machen muss, bleibt dann aber meistens auf der Stelle stehen, da sie sich unsicher ist und nicht weiß wo sie hin soll. Ein Laufen oder Gassie gehen ist nahezu unmöglich.
    Sie frisst aber ausgezeichnet und sie freut sich auch, wenn man sie streichelt. Sie freut sich auch, wenn ich ihr die Leine anmache. Sie freut sich also. Die Maus ist auch sehr auf mich fixiert, da ich ihre Bezugsperson bin.
    Das Problem ist die Situation an sich. Sie kann absolut nicht mehr alleine sein. Sie jault, zittert und pinkelt uns die Wohnung voll. Ich muss arbeiten, da ich sonst keine Medis und Arztbesuch, abgesehen auch von den natürlichen Unterhaltskosten, sonst nicht bezahlen kann. Ich arbeite schon halbtags, damit ich schneller bei ihr sein kann. Ich kriege einen geringen Lohn und spare natürlich an allen Ecken und Kanten, damit der Hund versorgt ist. Ich habe schon mein Sozialleben fast vollkommen eingebüßt, da ich ständig bei dem Hund bin. Es wäre alles nur halb so schlimm, wenn sie nicht so leiden würde. Sie leidet wirklich unter der Einsamkeit!!! und ich kann ihr das nicht mehr geben, was sie braucht, nämlich eine Rundumbetreuung. Sie ist ein ziemlicher PFlegefall geworden. MAn merkt natürlich das Alter. Sie ist jetzt nicht rundum happy. Sie zieht sich auch zurück und will ihre Ruhe. Sie läuft oft orientierungslos durch die Wohnung und hechelt in letzter Zeit häufig (ein leichtes Hecheln, aber eben auch in Ruhephasen). Die Medis kosten mich 80€ im Monat, da sie noch mehr braucht, bezahlt meine Mutter die anderen Medis (auch 80). Meine Mutter kam auch immer ein Stunde vorbei, damit sie nicht so alleine ist. Sie hört jetzt aber damit auf, weil sie den Zustand des Hundes nicht mehr ertragen kann. Sie will das nicht mehr sehen.
    Ich habe keine Ressourcen mehr die ich aktivieren kann. Es steht 50/50 um den Hund ( meine logische Einschätzung), gefühlmäßig hänge ich unglaublich an dem Hund und kann einfach nicht loslassen. Ich habe jetzt schon mehrere Tierärzte kontaktiert und sie untersuchen lassen. Von meiner Tierklinik geht es so langsam in Richtung einschläfern. Der Arzt, der vorgestern da war meinte, dass die Grundbedürfnisse da sind aber die Umstände die Euthanasie erlauben würden. Ich bin fix und fertig. Seit geraumer Zeit schiebe ich die Sache vor mich her. Mal geht es ihr gut, mal nicht so gut. Einerseits freut sie sich, andererseits leidet sie auch an der Gesamtsituation. Ich kann ihre Bedürfnisse nicht mehr decken. Das macht mich unglaublich fertig. ICh fühle mich so elend und hilflos.

  • Was meinst du denn was überwiegt in ihrem momentanen Zustand die Freude oder das Leid?
    Ich bin eigentlich eher gegen Einschläfern, wenn ich mir das aber hier vorstelle, würde ich versuchen ganz Objektiv zu überlegen
    und für den Hund zu entscheiden, ob sein Leben im Großen und Ganzen so noch lebenswert ist.
    Ich denke du wirst aus dem Bauch und der Liebe heraus, das richtige tun.

  • Danke,
    aber genau da bin ich mir einfach nicht sicher. Ich sehe natürlich den Zerfall, sehe aber auch, dass es ihr gut geht. Ich weiß das es nicht mehr besser wird. ICh kann halt nur nicht mehr viel an der Gesamtsituation tun. Ich laufe auf dem Zahnfleisch. Gesamt ist es meiner Einschätzung nach 50/50.

  • Ich kann es nachvollziehen. Meine 16jährige wird auch dement, ist aber noch nicht in einem so massiven Zustand. Sie läuft auch mal für längere Zeit Kreise, puscht sich auch mal hoch, fängt an zu hecheln, findet dann aber wieder Ruhe und schläft friedlich. Und sie läuft noch große Runden mit spazieren.


    Darf ich mal fragen was an Medikamenten gegeben wird? Ist da auch was dabei zur Beruhigung?

  • Das sind so Situationen, die bei meinen Hunden am meisten fürchte. Fühl Dich mal virtuell gedrückt, hier sind viele, die Dich und Deine Sorgen verstehen und nachvollziehen können. Ich weiß, wie belastend einerseits die Pflege, andererseits die Frage ist, ob der Zeitpunkt des Gehenlassens bei dieser schleichenden Verschlechterung bereits gekommen ist.


    Diese Entscheidung kann Dir niemand abnehmen, in dem er aus der Ferne bestimmt, ich kann nur mein Gefühl dazu versuchen zu schildern.


    Aus Deiner Beschreibung heraus würde ich sagen "Ja". Es klingt mir nicht danach, als wolltest Du Dich eines alten Hundes entledigen, sondern kämpfst schon lange um eine akzeptable Lebensqualität für Deine alte Freundin. Der schwerste Teil dieses Kampfes für jemanden, der seinen Hund liebt, so wie Du es tust, ist das Loslassen. Furchtbar schwer, und dann noch die Zweifel, ob es das Richtige ist oder noch herausgezögert werden kann.


    Aus dem, was ich für meine Hunde entscheiden mußte, kann ich Dir aber versichern, daß sich nach dem Abschied zwar tiefe Trauer, aber auch ein tiefer Friede bei Dir einstellen wird, aus der Gewißheit, aus bestem Wissen und Gewissen seinem geliebten Hund gegenüber gehandelt zu haben. Keine Zweifel mehr. Irgendwann Dankbarkeit, und wunderschöne Erinnerungen an die gemeinsame Zeit.


    Ich wünsche Dir viel Kraft.

  • Ich glaube rein logisch ist da nicht mehr viel zu machen. Ich kann jetzt warten bis alles schlimmer wird oder den Hund schon erlösen auch wenn sie noch ,,da" ist (das wäre pure Logik). Ich quäle mich unglaublich damit. Meine Familie will das der Hund eingeschläfert wird, damit ICH nicht mehr leide. Ich glaube die sehen aber auch ,,nur" einen alten Hund.

  • Danke Quarus,
    natürlich habe ich auch Phasen wo ich mir jetzt selber sage ,, es ist genug". Das ändert sich bei mir stündlich. Immer wieder versuche ich Pläne auszuschmieden wie ich sie irgendwie retten kann. Loslassen ist in so einer Situation so unglaublich besch..... Wenn sie mir wenigstens ein Zeichen geben könnte, dann wäre ich schon beruhigt. Ich habe mich aber auch an viele ihrer Leiden ,,gewöhnt". Ich habe das Gefühl es gibt keinen ,,richtigen Zeitpunkt".

  • lass sie gehen. Viele Hunde fressen einfach immer und klar freut sie sich wenn sie Kontakt zu dir hat, denn sie liebt dich. Sie wird sich auch noch freuen wenn sie nur noch liegen kann. Das was du beschreibst klingt für mich sehr danach dass es jetzt Zeit ist. Sie leidet wenn sie alleine ist, leidet wenn sie wieder irgendwo gegenrennt weil ihre Sinne nicht mehr funktionieren.


    Hunde leben glaub ich auch viel uns zu liebe noch immer und immer ein Stück weiter und wir denken, Mensch guck es geht doch noch. Ich würde ihr den letzten Liebesdienst erweisen.


    Fühl dich mal gedrückt. Ich weiß leider wie es dir geht.

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