Angstaggression - ich weiß nicht weiter!

  • Hallo!


    Ich hab bisher hier nicht geschrieben, weil ich eher der stille Mitleser bin. Aber ich brauche nun wirklich ein paar Einschätzungen von etwas Hundeerfahreneren ;)
    Es geht um Angstaggressionen gegenüber anderen Hunden. Im Vorhinein entschuldige ich mich schonmal für den vielen Text, aber ich dachte, je mehr Infos, desto eher könnt ihr mir weiterhelfen..



    Mein Hündin Rita (etwa 3 Jahre alt) wohnt seit 4 Monaten bei mir. Sie kommt wohl aus Polen, kam dann in Hamburg irgendwann in das Tierheim, aus dem ich sie dann adoptiert habe.
    Sie war trächtig, als ich sie im Tierheim kennengelernt habe, deswegen bin ich auch lange nur mit ihr Gassi gegangen, bis die Welpen geboren und alt genug waren.
    Da war sie bei Hundebegegnungen - soweit ich mich erinnern kann, da ich ja nicht wusste, dass sie da so ein Riesen-Problem hat, ist mir das nicht so stark aufgefallen - eher ängstlich.


    Während der ersten Zeit bei mir ist dass dann langsam umgeschwungen, von Vermeiden zu Aggression. Das heißt, eine Standard Hunde-Begegnung sieht bei uns wie folgt aus:


    Wir sehen aus der Ferne einen Hund. Rita fängt an diesen zu beobachten, lässt sich aber ansprechen. Je näher wir kommen, desto unansprechbarer wird sie. Sie stellt ihren Kamm auf, fängt an zu knurren, dann an zu kläffen (mehr macht sie übrigens nie, wie ich in ein paar Situationen feststellen musste.. sie wird nicht "körperlich" ;) , sondern rennt dann höchstens um den Hund herum und kläfft weiter).


    Mein Verhalten: Wir bleiben auf einer - für sie nach meiner Erfahrung vertretbaren Distanz - stehen. Sie setzt sich hin, ich stehe/hocke (je nachdem wie schlimm sie den Hund findet) zwischen ihr und dem Hund. Ich spreche sie "Schau" an, und sie bekommt ein Leckerli, wenn sie mich anschaut und nicht mehr knurrt. Sie darf aber, je nach ihrer Ruhigkeit in dem Moment, den Hund anschauen/ihm nachschauen. Je nach der Länge der Situation ist der Hund dann nach 2-5 Mal 'Hund anschauen, mich anschauen, Leckerli' weg, Madame auch wieder ruhig, und es geht weiter.
    Während der Situation rede ich auch oft auf sie ein, mit einem leicht begeisterten/freundlichen Tonfall - meist erzähl ich Mist darüber, wie toll der andere Hund bestimmt ist, die anderen HH denken sich dabei auch bestimmt sonstwas :D .


    Probleme mit dem Verhalten: Es wird - gefühlt - nicht besser.
    Ich frage mich auch, ob sie verknüpft, dass sie trotz bzw. für ihr schlechtes Verhalten am Ende belohnt wird.
    Bei überraschend auftauchenden Hunden/ zu schmalen Wegen ist das auch für die Katz. Dann knie ich einfach nur vor ihr und verbiete ihr quasi, Stress zu machen - von Ruhe kann man dann nicht sprechen :shocked: . Oder sie ist schon in einer ganz anderen Welt und ich ziehe die kläffende Rita weg von dem Hund, damit sie sich dann hinsetzen und beruhigen kann.
    Durch das öfter mal längere Sitzen (weil nur an der Stelle Platz zum Ausweichen ist) habe ich auch das Gefühl, dass sie Zeit hat sich da reinzusteigern, so wie: "Da kommt der Hund, ich weiß es genau, gleich kommt er, ich mach dem voll Stress"
    Generell bin ich mir auch unschlüssig, wie viel Schutz ich ihr geben soll und wie viel Freiheit ich ihr geben soll um sich den Hund anzuschauen bzw. sich ihm zu nähern, um zu merken, dass der nicht gefährlich ist. Allerdings kommen auf 20 Hunde, die sie verbellt, vielleicht 1, der zurückbellt, wobei ihr Verhalten bleibt, da ist also kein Lerneffekt dabei.
    Ich weiß auch nicht, inwiefern ich überhaupt Wut/Missmut in meiner Stimme mitklingen lassen darf. Ob sie den Missmut als "Ich darf das nicht" (was ich ihr ja durchaus beibringen will - dass sie nicht das Recht hat, andere Hunde zur Sau zu machen) versteht oder das nicht ankommt, weil ich in dem Moment auf ihre Angst negativ reagiere. Deswegen lasse ich das im Moment.


    Zusatzinfos: Sie ist schon - Überraschung - ein eher zögerlicher und sensibler, aber sonst durchaus offener Hund. Sie ist sehr stark auf mich geprägt, achtet sehr wenig auf andere und gehorcht ihnen noch weniger.
    Ich gehe mit ihr in die Hundeschule (seit einigen Wochen wegen Läufigkeit nicht). Da ist ihre Toleranzschwelle auch wesentlich höher (sonst könnte ich das mit ca. 6 Hunden so nah wohl auch vergessen), tickt aber trotzdem regelmäßig aus, wenn einer sie schief anschaut.
    Ich überlege, ob ich einen Trainer engagiere, der mit mir ein paar Mal spazieren geht, um mir Tipps zu geben. Wie sind eure Erfahrungen damit?


    Und was will ich jetzt von euch: Es wäre super, wenn ihr mir Rückmeldungen zu meinem Verhalten geben könntet! Falls ihr auch so ein Irres Fellknäuel zuhause liegen habt, würde ich auch gerne eure Erfahrungen/Verhaltensweisen hören.
    Und - brauche ich noch mehr Alternativverhalten? Also nicht nur "Schau"?


    Tut mir Leid für den vielen Text, aber ich dachte, je mehr Infos, desto eher könnt ihr mir weiterhelfen..


    Inzwischen bin ich leicht am Ende meiner Nerven - Rita stresst das, mich stresst das - und akzeptieren, dass Rita sich immer so verhalten wird, kann ich einfach nicht. Zumindest normales aneinandervorbeigehen an Hunden auf 2 Meter Breite sollte doch machbar sein :ugly: .


    Liebe Grüße,
    Ariel

  • Ich überlege, ob ich einen Trainer engagiere, der mit mir ein paar Mal spazieren geht, um mir Tipps zu geben. Wie sind eure Erfahrungen damit?

    Diese Idee finde ich gut. Da sollte vor Ort wirklich mal jemand mit laufen, der es sich anschaut !
    Aus welcher Gegend kommst du denn ?

  • Liebe Ariel!!


    Ich kann das so gut nachempfinden, weil meine kleine Terrierdame anfangs genau das Selbe veranstaltet hat.


    Je länger sie bei uns war, desto schlimmer wurde es.
    Sie hat uns auch gegen andere Menschen verteidigt, was dann gar nicht mehr lustig ist.
    Alles, wovor SIE Angst hatte, musste angegriffen werden. Aber richtig!


    Ich habe - viel zu spät, deshalb mach das bald! - eine Hundetherapeutin zu Rate gezogen, die mir in wirklich kürzester Zeit erklärt hat, was ICH falsch mache!


    Ich habe meiner Hündin keinerlei Sicherheit gegeben und sie meinte, das für mich übernehmen zu müssen, war aber extrem unsicher dabei.
    Ich kannte das vorher einfach nicht, hatte zuvor einen No-Problem-Hund.


    Es war aber so einfach am Ende, das weitestgehend zu lösen, dass ich nur gestaunt habe.


    Tief sitzende Traumatisierungen haben wir nicht wegbekommen, aber wir können zusammen damit umgehen, das entspannt ungemein.



    Wie es sich bei Deiner Hündin verhält, wird sicher keiner auf die Entfernung sagen können, das sollte sich wirklich jemand vor Ort ansehen.


    Ich drücke Dir die Daumen, dass es sich um keine größere Baustelle handelt.
    Leider weiß man das bei diesen armen Hunden nie so genau.
    Aber man kann ihnen soviel geben, wenn man es richtig macht und kriegt so viel zurück. :cuinlove:


    Ganz viel Glück!!!

  • @RedPaula: Ich komme aus Hamburg, also falls du/jemand einen guten Trainer kennt, sagt Bescheid.. :smile:


    @allesgutgemixt: Vielen Dank für deine Worte! Das klingt wirklich nach mir, ich versuche auch im Moment Rita mehr Sicherheit zu geben und bestimmter zu sein bei der Kommunikation, damit sie lernt, dass sie mich nicht beschützen muss.

  • @'Ariel


    Bei mir hat es gereicht, dass ich mich VOR sie gestellt habe und mich ihr NICHT zugewandt habe.
    Ich bin auch nicht zu ihr runter. Hab sie einfach abgedeckt.
    Zu zeigen: "ich mach das, Du bist raus aus der Nummer", hat sie total erleichtert.


    Wenn wir anderen begegneten, habe ich sie rechtzeitig zu mir genommen und sie ging ganz schnell hinter mich, als sie verstand.
    Da brauchte es gar keine Worte. Mit meiner Körpersprache alleine war das ausreichend (besser?)


    Wenn ein Hund auf uns zukam (es gibt ja so viele Verständnislose! :rotekarte: ), bin ich auf diesen zu und habe ihn aufgefordert, sich zu entfernen.
    Ganz ruhig, ohne Hektik. Nur auf ihn zu (ihm zugewandt)und ihn weg gedeutet.


    Bei ersten Mal hat das GsD gleich funktioniert (weil wir mit dem Hund der Trainerin geübt haben :D ) und für mein Mädchen war ich danach die Königin. :hurra:


    Aber - wie gesagt- das muss bei Deiner Hündin nicht 1:1 genauso sein.
    Ferndiagnosen sind da eher schwierig und ich fand es auch toll, das unter Anleitung machen zu können.
    Besser als ungenaues Rumprobieren.


    Übrigens geht sie heute an (fast) allen Hunden erhobenen Hauptes vorbei und ignoriert sie völlig, selbst, wenn sie angekläfft wird.
    Auch ohne Leine!
    Oder sie darf hin, wenn wir uns kennen. Das wäre früher auch nicht gegangen.


    Ist uns ein Hund nicht bekannt, machen wir´s inzwischen so, dass sie am Fuß vorbeigeht.


    Beißereien gibt es nur noch, wenn die "der tut nix"-Hunde sie trotz Abweisen bedrängen, weil "die das ja untereinander regeln".
    Wenn ich keine Chance habe, weil die Halter damit mein: "aber meine beißt!" einfach unterlaufen. :omg:


    Natürlich gab´s zuhause auch ein paar einfache Regeln gegen die Unsicherheit, das nur nebenbei.



    Ich hoffe, ich kann Dir mit meiner Geschichte wenigsten ein bisschen Mut machen, ich weiß, wie verzweifelt man da werden kann.


    LG Cathi

  • Ich halte gar nichts von Absitzen lassen und würde den Hund auf die abgewandte Seite nehmen und weiterlaufen. Sie soll auf ihrer Seite bleiben und mitkommen. Selbst, wenn das am Anfang bedeutet, dass du sie mit dem Bein abblocken oder kurz ziehen musst.


    Nicht reden!!! Und selbst den anderen Hund auch nicht beachten. Nicht mal hinschauen. Der ist Luft, der interessiert dich nicht.


    Übe die Leinenführigkeit. Vor allem achte darauf, dass dein Hund die Seite nicht wechselt, sondern dich als Grenze respektiert. Nicht mit der Leine arbeiten! sondern mit dem Körper. Daraus lernt dein Hund: Sie kommt nicht einfach an dir vorbei - also andere auch nicht. Das gibt Sicherheit.


    In Bewegung bleiben lässt den Stresslevel nicht so ansteigen und macht alles einfacher.


    Ganz wichtig: Kein Kontakt an der Leine. NIE. Bei dir ist absolut hundefreie Zone, wenn dein Hund direkt bei dir ist, wird sie von anderen Hunden konsequent abgeschirmt. IMMER.


    So würde ich da ran gehen.

  • Ich habe ein ähnliches Problem, nur glaube ich, hat Jule keine Angst, aber an der Leine entwickelt sie sich immer mehr zu einem Teufel u. Angst habe ich dann ( natürlich weiß ich alle Theorien, von wegen der Halter muss souverän bleiben usw.Nutzt nur nicht, wenn ein Riesenhund auf uns zukommt u. ich genau weiß, was gleich abgeht. Da schlägt mir das Herz bis zum Hals. Wenn Ihr irgendeinen Trainer im Raum Darmstadt kennt: ich bin für alles dankbar! Natürlich war ich schon bei Trainern, aber wenn ich dann in der Gruppe 2 x an denselben Hunden vorbei laufe, ist Jule nicht mehr aggressiv. Die Überei für die Katz'. Ich brauche irgendetwas anderes. Z.Zt. halte ich ihr die Tube Leberwurst vor die Nase, das klappt aber auch nur, wenn der andere Hund ruhig ist. Bei Hund an Fahrrad rastet sie ganz u. gar aus. Ich finde es absolut schrecklich. Und diese Übung im Laufen sich vor den Hund stellen, klappt überhaupt nicht, da ich entweder zu blöd, zu langsam oder sonst was bin. Auf jeden Fall bei 28 kg Hund reine Muskelmasse schaffe ich das nicht. Bitte Hilfe!!!

  • So würd ich s auch machen.

  • hab jetzt nur den eingangspost gelesen.


    wie kommst du zur Annahme, es ist eine angstaggression? So wie ich das verstanden habe, pöbelt sie an der leine?


    deine Ansätze finde ich gut. Vermutlich passt es einfach mit der Distanz noch nicht so ganz, deshalb klappt es nicht. Also ich würde auf noch mehr Distanz gehen, sodass sie wirklich ruhig bleiben kann. Sieht sie den anderen Hund an, kannst du dein "schau" verwenden - sie guckt dich an und kriegt Leckerli. Ich finde es wichtig, dass sie den anderen Hund wirklich anschauen kann, denn sie soll ja lernen dass das ok ist. Nur starren sollte sie nicht. Für Begegnungen, wo die wohlfühldistanz unterschritten ist , kein schau verwenden. Da würde ich eher schauen dass ich den abstand vergrößere oder den Ausraster einfach aussitzen, wenn man nicht mehr ausweichen kann.

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