Erziehung durch Alphatiere

  • Hi,
    sicherlich werden einige mein Verhalten, das ich gleich schildern werde für kritikwürdig einstufen und es wird in den Fingern jucken etwas adäquates hier rein zu schreiben, aber da es in diesem Fall nicht um mein Verhalten geht, bitte ich um diesbezüglichen Fingerstillstand. Es geht ausschließlich um den Hund und sein Verhalten und mögliche Schlußfolgerungen und Interpretationen, zu denen dann alle sachlich Orientierten herzlich eingeladen sind.


    Folgende Szene gestern abends: Sino und ich gehen am Rhein spazieren, kilometerlang Felder und auch Strand. Kein Mensch zu sehen, erst recht kein Hund.
    Natürlich läuft Sino frei. Gibt viel zu entdecken. Plötzlich fixiert er, schleicht kurz, legt sich hin, typisches beginnendes Pöbelverhalten und ich bin 15 m weg.
    Ich hab Herrchen und Hund übersehen in ungefähr 20 m steht der andere Hund und fixiert Sino. Ich rufe: haben wir noch eine Chance die Tiere anzuleinen ?


    Antwort: Wozu.
    Ich: Nun ja sie sehen ja meiner wird wahrscheinlich gleich angreifen.
    Antwort: Mein Rüde ist ein soveränes Alphatier er wird Ihren ( sprich meinen) nicht verletzen.
    Ich: Sind Sie da sicher ? Was passiert wenn meiner beisst??
    Antwort: Dazu wird es nicht kommen, wenn Ihrer ( sprich meiner) wirklich angreift, wird er etwas lernen.
    Ich: Aha, dann lassen wir das laufen
    Antwort ( leicht und unbesorgt): Ja , das ist das beste


    Sino rennt los der andere auch, ein Kampf findet nicht statt, denn nach einer Zehntelskunde nach Zusammenprall liegt Sino auf dem Rücken, der andere über ihm. Der andere Hund hebt seine Lefzen nur um einen Zentimeter und knurrt, bleibt einige Sekunden über Sino stehen. Sinos Augen sagen nur: Scheiße Scheiße Scheiße, was hab ich hier nur angefangen.
    Der andere Hund gibt Sino frei ohne dass irgend etwas passiert ist, Sino will beschwichtigend spielen, der andere ganz arrogant eben nicht.


    Der Herr erklärt mir dass Sino jetzt quasi eingenordet und auch sozialisiert sei und das die für künftiges Sozial und Lernverhalten durchaus gut sei.


    Ein paar Minuten laufen die Hunde noch nebeneinander und erkunden die Gegend, ich rufe Sino dann ab, und wir gehen in eine andere Richtung, wobei er nur allzu bereitwillig folgt.
    Ein paar Minuten später üben wir " Fuß" und siehe da, das klappt wirklich super, und auch andere Dinge gehen gut. Ich frage mich tatsächlich ob er Mann recht haben könnte.
    So nach dem Motto kennt der Hund seinen Platz ( auch hundesozial gesprochen) fällt ihm Leben und Lernen leichter.


    Ich frage mich sogar ob Sino jetzt glücklicher ist weil er nun wirklich weiss das er nicht Hundeboss sein muß. Und ich kann ich möglicherweise freuen, dass das Leinen pöbeln aufhört, weil er was gelernt hat.


    Ist alles nur Diskussionsstoff, bin mal gespannt was Ihr meint...


    Mikkki

  • Die Begegnung finde ich recht normal für einen souveränen Rüden.
    Mit Alphagedöns hat das nichts zu tun.


    Dieser Hund weiß einfach, wer er ist und wie er sich darstellen und durchsetzen kann, ohne übertriebene Diskussion oder unangemessen Aggression, einfach nur durch sein Auftreten. Das Verhalten kann auf einen Kopfhund passen, aber auch auf einen einfach nur coolen und sehr selbstsicheren Hund, der sich von einem halbstarken Möchtegern, der unhöflich in ihn reinprescht nicht sonderlich beeindrucken lässt.


    Wenn am Ende einer unten liegt, ist es auch nicht so, dass der andere den umgeworfen hat, sondern dieser nur durch Körpersprache den anderen meistens ohne ihn zu berühren dazu bringt, sich hin zu legen. Das geht meistens blitzschnell und sieht so aus, als wurde der andere umgeworfen, aber meistens ist es ein beidseitiges Einvernehmen, da "oben" nämlich immer nur von "unten" gestützt wird. Der Statushohe hat nur einen hohen Status, weil statusniedrigere Tiere ihm diesen Status zugestehen und anerkennen.


    Der in diesem Beispiel situativ dominate Hund wird durch das submissive Verhalten Deines Hundes gestützt.
    Hätte Dein Hund sich in der Situation anders verhalten, hätte der andere Hund sich mit Sicherheit auch anders verhalten.


    Dein Hund jetzt jetzt mit diesem EINEN Hund diese EINE Erfahrung gemacht. Langfristig auswirken muss sich das nicht, es kann aber sein, dass er anderen Hunden zukünftig verhaltener und angemessener entgegen tritt. Kann aber auch sein, dass es nur in der Begegnung mit diesem EINEN Hund so sein wird und er bei anderen Hunden sich wieder anders verhält.


    Jedenfalls ist Dein Hund durch diese eine Situation jetzt nicht auf einmal besser erzogen oder sozialisiert - das ist Quatsch.


    Dass Deine Unterordnungsübungen kurz nach der Begegnung besser geklappt haben, kann reiner Zufall sein, weil er noch beeindruckt war, was ihm da passiert ist und das erst mal verarbeiten musste. Damit er bei Dir besser funktioniert - da musst du Dich schon einbringen, Du lebst mit Deinem Hund, das kann Dir kein anderer Fremdhund abnehmen. Dein Hund war einfach kurzfristig mal beeindruckt, weil er das scheinbar noch nie erfahren hat, dass ihm da mal jemand kurz und knapp eine Grenze setzt und sein Verhalten nicht billigt.


    Auf die Beziehung zwischen Dir und Deinem Hund wird das sehr wahrscheinlich keinen Einfluss haben. Zumindest nicht langfristig. Leinepöbeln hat damit auch nichts zu tun, ebenso wenig wie Unterordnungsübungen und Dressur was mit Erziehung zu tun hat.


    Denn den Status denn der andere Rüde in dieser kurzen Sequenz hat, müsstest Du Dir ja erst mal erarbeiten. Und das machst Du nicht über Sitz und Platz.


    So eine Erfahrung schadet sicher keinem Hund und es müsste deutlich mehr solcher souveränen Hundetypen geben, die kurz und knapp und völlig cool mal eben die Dinge regeln. Und Dein Hund hat sich prima verhalten, was ja davon zeugt, dass er sowieso adäquates Sozialverhalten gezeigt hat und die Regeln eingehalten hat.


    Ist also nicht alles ganz richtig, was der Mann Dir da erzählt hat.


    Ich finde so eine Hundebegegnung letztendlich trotzdem total normal und nichts besonderes.

  • An sich ist an der Begegnung nichts außergewöhnliches.


    Pöbeln und prollen haben nur die Hunde nötig, die in sich selbst unsicher sind.
    Trifft solch ein Hund dann auf ein souveränes/selbstsicheres Tier wird sehr schnell klar wer die Oberhand hat. Prollrüden lassen sich im Normalfall schnell beeindrucken wenn sie merken das Gegenüber hat keine Angst und gibt Kontra.


    ABER sowas kann auch in die Hose gehen. Ich musste leider lernen dass ich meinen Hund nicht mehr zu anderen lasse wenn ich ein schlechtes Gefühl bei der Sache habe. Zu schnell gerät man an den falschen. Es gibt klares soziales Maßregeln wie in eurem Fall aber trifft Proll auf Proll/oder Aggro-Hund kanns schnell ungemütlich werden.


    Allgemein regel ich den Kontak zu Fremdhunden...wenn meine nicht hingehen sollen gehen sie nicht hin, egal was der andere HH meint.


    Wenn meine Hunde aber mit anderen laufen und benehmen sich daneben und werden dann zurechtgewiesen habe ich da absolut kein Problem mit solange es in einem angemessenen Rahmen bleibt.


    Mit Alpha oder nicht Alpha hat das nichts zu tun, sondern lediglich mit innerer Ruhe und Selbstsicherheit eines Hundes

  • Mit alpha hat das nichts am hut. Da puscht der Typ nur kräftig sein Ego in dem er seinen klar kommunizierenden, sozialen Hund eine "alphakrone" aufsetzt.


    Nett und sozial sind ja Ausdrücke für Weicheier. Ein echter Hund für einem echten Kerl ist eben ein alpha....

  • Meine Frage wäre, was Du aus einer Hundebegegnung für Dich als Mensch mitnehmen möchtest? Wäre die logische Konsequenz aus der Episode, dass Du Dich jetzt, wenn Dir etwas nicht passt, vor Deinem Hund auf alle Viere sinken lässt und ihn einmal knackig auf den Boden knallst?


    Ich bin kein Hund und meine Hunde wissen das. Ich kommuniziere mit meinen Hunden anders als ich es mit Mitmenschen tue und mein Hund kommuniziert mit Hunden anders, als er es mit mir tut.

  • Das einzige, das man an Verhalten mitnehmen kann ist, dass kurze und knackige und sehr ruhige und unemotionale Ansagen nicht zur Folge haben, dass ein Hund dann Angst vor einem hat oder eine Beziehung möglicherweise dazu gehört.


    Für Hunde gehört es eben dazu, dass man situativ seine Meinung kund tut, im besten Falle so, wie Du es beschrieben hast und klar auf den Punkt, aber das handhabt ja jeder anders (und der Mensch übt leider oft auch einen nicht immer guten Einfluss aus).
    Danach ist alles vergessen und man arrangiert sich oder geht aus dem Weg.


    Ich selbst habe einen Rüden, der es ganz ähnlich machen würde bei einem jungen Möchtegern und die Folge ist dann oft, dass der Junghund ihm dann hinter her läuft und ihn total cool findet und als Vorbild annimt.
    Und dann ist die Welt auch wieder in Ordnung.

  • Hi,


    erst mal vielen Dank für die bisherigen Einschätzungen. Wir haben Sino seit 6 Wochen und dies war für uns die erste Begegnung dieser besonderen, soveränen Art. Wenn es denn eine relativ normale Geschichte ist, will ich da aber auch kein besonderes Trara drum machen.


    Ich als Mensch kann da erziehungstechnisch in Bezug auf Sino keine Schlußfolgerung für mein Verhalten ziehen. Möglicherweise wäre die aber ein Denkansatz gewesen ihn noch viel häufiger mit Seinesgleichen zu vergesellschaften.


    Und ja zugeben muß ich auch, dass im Moment Sino manchmal der Proll ist, wenngleich er nicht zurückzieht. Wir arbeiten daran und hoffen, dass er auch mal so soverän wird. Möglicherweise fehlt ihm Erfahrung...( ?)


    Ich selbst hab übrigens mit dem Wort Alpharüde o.ä überhaupt keine Probleme. Der Begriff ist für mich nicht negativ oder gar " machohaft" besetzt. Ist halt ein Tier mit Führungsqualitäten und Sozialkompetenz. Und stolz drauf wär ich auch. Aber auch auf meinen " Looser" bin ich richtig stolz. Ihm ist in seinem früheren Leben wohl mal übel mitgespielt worden und er ist trotzdem ein richtig prima Kerl ( mit kleinen Fehlern).


    Mikkki

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