Echte Wölfe und blöde Fragen

  • Noch ein Artikel vom Infoabend:


    Schermbeck: Mehr Geld geplant für Tierhalter, deren Herden Opfer vom Wolf werden


    Darin ist es ganz gut zusammen gefasst bzw. hat den wesentlichen Teil des Abends gut getroffen.


    Es war in der Tat eher Nutztierhalter-lastig, der "normale Bürger" kam letztlich zu kurz und wurde im Grunde -von der größeren Menge- belächelt, was ich wiederum nicht sonderlich sinnvoll und zielführend fand.
    Es ist natürlich sehr schwer an einem Abend alle Interessen unter einen Hut zu bringen. Einzelne Abende für die versch. Interessengruppen zu machen, ist allerdings auch schwierig machbar, weil die Grenzen nun mal oft schwammig sind.


    Es waren sicherlich einige Menschen dort, die "Pro Wolf" sind, die meisten sind nicht sonderlich aufgefallen, bis auf ein sehr kleiner "Trupp", das dann bedauerlicherweise sehr, sehr negativ. :/ Zu Beginn haben diese Menschen, sobald ein Hauch von Kritik kam, mit Trillerpfeifen und lauten reinrufen versucht denjenigen mundtot zu machen.
    Das wurde sehr schnell konsequent unterbunden. Der Schaden war allerdings angerichtet.
    Ich frage mich bei solchen "Aktionen", was Sinn und Zweck sein soll?! Dem Wolf nützt das rein gar nichts, eher das totale Gegenteil, die Ablehnung wird noch sehr viel größer....alleine schon, weil das einfach keine Art und Weise ist und eine Differenzierung für die meisten Menschen nicht möglich oder nicht gewollt ist.
    Schade!


    Es sieht ansonsten tatsächlich so aus, als würde sich etwas bewegen., es sind Anfänge gemacht. Die Vertreter waren und wirkten sehr bemüht und natürlich haben sie nicht auf alle Fragen eine Antwort. Das fand ich stellenweise echt schräg, es sind ihnen zum Teil schließlich auch die Hände gebunden und es wird durchaus dran gearbeitet. Die Verbände sind "dran" und es gibt tatsächlich eine Zusammenarbeit, die offenbar funktioniert. Wissen kann man das nunmal auch erst konkret, wenn mehr Zeit vergangen ist.


    Schwach fand ich allerdings, dass sie stellenweise nicht sonderlich gut vorbereitet waren. Fragen nach den Nachbarländern, im einzelnen z.B. Polen, weil von dort ja viele Wölfe zu "uns" rüber kommen.
    Sie wussten weder ansatzweise, wie das mit den Wölfen in Polen läuft, noch wie viele es dort geben soll.
    ....mal so als Beispiel.
    Aus anderen, angrenzenden Ländern natürlich eben so wenig. Schade!


    Auf Bürgerfragen gab es auch nur den normalen: "Wölfe sind scheu, ist wie ein Sechser im Lotto"-Spruch. Da hätte ich es sinnvoller gefunden, ein paar Sätze zum Wolf zu sagen, wie er "funktioniert", nur dadurch kann man letztlich Ängste abbauen...und nicht durch den Spruch: "Also ich(!) schicke meine Kinder immer noch in den Wald zum spielen." Die Ängste anderer Menschen ins lächerliche zu ziehen, war noch nie zielführend.


    Besonders peinlich am Rande, war die Frage nach den privaten Wolfsgehegen und der Verantwortliche für unseren Kreis voller Inbrunst gesagt hat, dass es keine Gehegewölfe im Kreis gibt. Nun ja, stimmt eben nicht, in Sonsbeck gibts ja die Auffangstation, der Verantwortliche der Station war ebenfalls dort....das war schon echt
    ziemlich witzig! :D
    Und der Verantwortliche vom Amt extrem sauer! :lol:
    Auf wen oder was auch immer. :???:
    Schräg in dem Zusammenhang war allerdings, dass versucht wurde (es gab ja Wortmeldungen, die "der Reihe nach" abgearbeitet wurden) den Verantwortlichen der Station zu ignorieren.....hat nicht geklappt. xD


    Insgesamt fand ich den Abend durchwachsen. Es gab nun keine großartigen Neuigkeiten, damit habe ich aber auch nicht gerechnet.
    Ich hatte das Gefühl, dass die Gemüter allgemein zwar immer noch sehr erhitzt sind, insgesamt aber jede "Interessensgruppe" (oder fast jede :roll: ) daran interessiert ist, einen Mittelweg zu finden. Ausreisser in jede Richtung gibt es natürlich immer, das ist klar. Ich habe aber echt schon gruseligere Infoabende erlebt, bei denen abends nur noch fehlte, dass die Fackeln und Mistgabeln gezücket werden und körperlich aufeinander losgegangen wird.


    Es gibt im öffentlichen Auftreten der Offiziellen auf jeden Fall noch deutlichen Verbesserungsbedarf. Zum Beispiel gab es auf die Frage, ob Problemwolf oder nicht, im Rahmen der Diskussion ein ins lächerliche ziehen der betroffen Haltern mit Rissen....und das leider in einem Tonfall, der echt nicht schön war....als wärens alle Idioten.
    Besonders der Damwildhalter blieb mir da im Gedächtnis. :verzweifelt:
    Natürlich ist der Riss bei ihm "nur" eine Mahlzeit und nicht mehrere, das kann man aber deutlich diplomatischer Ausdrücken und nicht a la "Heul nicht rum, ist eben ne Mahlzeit, fertig." Das war selbstverständlich nicht der genaue Wortlaut, aber genaus so kam das beim Großteil der Anwesenden an. :/
    Ändert nichts am Ergebnis, natürlich nicht, aber von einer Person, die eine offizielle Funktion hat, erwarte ich tatsächlich etwas mehr Fingerspitzengefühl.


    Nichtsdestotrotz wirkten die Offiziellen auf viele bemüht und es ist ein Anfang.

  • Wenn ich es richtig verstanden habe wäre es eigentlich das einfachste für die Nutztierhalter wenn Stallungen gebaut werden dürften.

    Damit allein ist es nicht getan. Der Tierbesitzer muss auch die Zeit und überhaupt die Möglichkeit (unser Straßennetz ist eng) haben sein Vieh jeden Morgen zur Weide zu treiben und abends wieder zurück. Außerdem braucht er die ganze Logistik dahinter - Futter im Sommer für das Füttern über Nacht im Stall, Einstreu, der Kram muss irgendwann wieder raus und ausgebracht werden. Außerdem werden die Wölfe dadurch lernen tagsüber ans Buffet zu gehen. Was dann? Zudem wird es dafür sorgen, dass offenes Land, das nur durch Beweidung freigehalten werden kann, verbuscht und zum Wald wird. Denn das oben beschriebene können diejenigen nicht leisten, die ihr Vieh neben der normalen Arbeit halten. Und das ist z.B. bei der Schafhaltung der Löwenanteil!

  • Meines Wissens nach ist die Haltung von Hunden in elektronetzen zudem nicht erlaubt.

    Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat da in Bezug auf Herdenschutzhunde ein klares Statement abgegeben - doch, das ist in diesem Kontext Herdenschutz erlaubt, eine nicht näher definierte Mindestgröße der eingezäunten Fläche vorausgesetzt.

    Wenn ich es richtig verstanden habe wäre es eigentlich das einfachste für die Nutztierhalter wenn Stallungen gebaut werden dürften.

    Das ist in etwa so, in der Argumentations-Liga, als wenn man den wolfsängstlichen Hundehaltern rät, ihre Hunde doch einfach an Indoor-Klos zu gewöhnen. Wer nicht mehr raus muss, muss auch keine Angst haben. Oder so - genau so schräg kommen Tierhaltern die Vorschläge vor, ihre Tiere doch aufzustallen.
    Klar würde einsperren der Nutztiere helfen - da reichen aber keine Holzschuppen, sondern es müssen recht massive Gebäude sein. Aber wer will das wirklich?
    Das Baurecht für den Aussenbereich soll davor schützen, dass da draussen alles mit Gebäuden zugepflastert wird. Das hat also durchaus seinen Sinn.


    Nächtliches Aufstallen wäre für mich Notfall-Management bei extremem Wolfsdruck, bei Riss beim Nachbarn oder bei Stromausfall oder verletzten oder kranken HSH - aber es ist keine Dauerlösung. Dadurch würde die Lebensqualität meiner Tiere drastisch eingeschränkt werden.
    Für mich ists auch kein Herdenschutz, sondern ein Zeichen, dass Herdenschutz versagt hat.


    Mein dringlichster Wunsch für Tierhalter wäre eine energische Forschung in Sachen Herdenschutz - denn nach 20 Jahren Wolf in D sind wir da noch keinen Schritt weiter.


    Außerdem werden die Wölfe dadurch lernen tagsüber ans Buffet zu gehen.

    Dass sie das tun, stellt die Beutegreifer-Beauftragte Dr. Skuban in jedem ihrer Vorträge mit Riss-Statistiken dar. Ja, die Wölfe verlagern ihre Angriffe dann auf tagsüber - ganz besonders auf die Momente, in denen die Nutztiere zur oder von der Weidefläche marschieren. Das im heutigen Strassenverkehr - katastrophal.



    Es sieht ansonsten tatsächlich so aus, als würde sich etwas bewegen., es sind Anfänge gemacht. Die Vertreter waren und wirkten sehr bemüht und natürlich haben sie nicht auf alle Fragen eine Antwort. Das fand ich stellenweise echt schräg, es sind ihnen zum Teil schließlich auch die Hände gebunden und es wird durchaus dran gearbeitet. Die Verbände sind "dran" und es gibt tatsächlich eine Zusammenarbeit, die offenbar funktioniert. Wissen kann man das nunmal auch erst konkret, wenn mehr Zeit vergangen ist.

    Das ist der Grund, warum ich mit Behörden und Naturschutzverbänden zusammenarbeite. Mir geht es darum, die dringenden Bedürfnisse der Tierhalter in Sachen Wolf klarzustellen, Vorschläge zu machen, was man sowohl auf die Schnelle, als auch langfristig für einen besseren Herdenschutz tun kann und eine bestmögliche Unterstützung für die Tierhalter herauszukitzeln.
    Das erreicht man weder mit den Rufen nach "alles abschiessen", noch mit den "oh wie süß-Herzchen" beim Anblick von Wolfsfotos. Das erreicht man nur mit Geduld, Realitätssinn und Pragmatismus.
    Der Witz ist, dass manch andere Tierhalter einen dafür auch noch anfeinden. Aber die haben m. M. n. einfach noch nicht verinnerlicht, dass die Wölfe kommen und bleiben werden und das es gar nicht um die Frage "ja-nein" geht, sondern um das "Wie?"


    Irgendwo in der Mitte liegt der Weg - und grad, weil wir soviele technischen Errungenschaften haben, sollte es möglich sein, Herdenschutz-Lösungen zu finden, die über das hinausgehen, was bisher stattfindet.


    Als Tierhalter werde ich niemals Wölfchens best buddy werden.
    Von den realistischen Wolfsbefürwortern erwartet das aber auch niemand.


    LG, Chris

  • Das erreicht man weder mit den Rufen nach "alles abschiessen", noch mit den "oh wie süß-Herzchen" beim Anblick von Wolfsfotos. Das erreicht man nur mit Geduld, Realitätssinn und Pragmatismus.

    Ja, und vor diesen Menschen ziehe ich den Hut. So wie Dir. Es ist zäh, es ist mühsam und frustrierend. Aber meiner Meinung nach der einzig richtige Weg.

  • Irgendwo in der Mitte liegt der Weg

    Ja, das ist immer das beste. Höre beiden Lagern zu, nimm dir die Wahrheiten, lass den Schwachsinn weg, und man fährt am besten. Und es hat das Problem, das man zu keiner Seite gehört und alle einen doof finden. ^^ Aber eigendlich gehts nicht anders.


    Der Beitrag aus dem BR ist total super. Ist der erste der Beitrag den ich gesehen hab, wo einer sagt das die Bindung zur Herde da sein muss. Die anderen die ich gesehen habe, naja, sind eher von der Kategorie "Ich vermiete meine HSH günstig für jede Herde" Hehe, jetzt muss ich beim nächsten Besuch ein Autogramm fordern.

    Der Link geht, aber der Text ist schon aus 2015....

    Das heist nur das du jetzt schon früher angegriffen wirst als gedacht. ;)

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