Hund nach Angriff total verängstigt

  • Hallo zusammen,


    ich bin neu zu euch gestoßen da ich gerade etwas ratlos bin. Mein Havaneser-Mix Nino 6kg wurde vor zwei Wochen von einem sehr großen Rüden hier aus der Nachbarschaft angegriffen. Sein Besitzer war unachtsam, wie er selbst sagte und der Hund kam ohne Leine direkt auf uns zu und griff sofort meinen Nino an. Ich dachte mein Herz bleibt stehen. Mein Hund war angeleint. Ich ließ seine Leine sofort fallen. Der andere Hund wiegt 30 kg mehr als mein Kleiner. Er war einfach nur schrecklich und ich hatte solche Angst um meinen Hund. Ich bin sofort dazwischen gegangen und habe irgendwie versucht meinem Hund zu helfen. Sogar meine kleine Hündin kam zurück, sie lief frei, um ihrem Kumpel zu helfen. So konnte er sich nicht nur auf Nino fixieren. Nino hat so geschrien, gequiekt und sich eingekotet. Irgendwann hatte ich den Angreifer am Halsband und konnte ihn hoch reißen und Nino konnte fliehen. Dann kam auch das Herrchen und nahm seinen Hund. Nino rannte völlig panisch weg, brach dabei hinten immer wieder weg. Ich und meine Hündin hinterher. Dann habe ich ihn nach Hause getragen und bin sofort in die Tierklinik gefahren. Er stand total unter Schock, Röntgen war ok und er hatte zwei kleinere Bisswunden am Hals und hinteren Rücken. Wirklich nicht tief, dem anderen Hund fehlt der halbe Unterkiefer wegen eines Tumors. Das war vielleicht unser Glück.


    Nun mag er nicht mehr Gassi gehen. Wir wohnen leider mit dem Angreifer recht dicht beieinander. Er wohnt eine Straße weiter. Nino freut sich wenn ich sage "rausgehen" kommt so 300m mit, macht sich leer, hält die Nase in den Wind und will absolut nicht weiter gehen. Es ist egal wo ich lang gehe, ich denke er riecht das der Angreifer hier eben auch Gassi geht. Selbst mit Leberwurst ist nichts zu machen. Auch im Garten liegt er jetzt eher auf der Terrasse an der Hauswand. Sonst lag er gerne vorne unter der Haselnuss und schaute Richtung Straße. Er ist schreckhaft und ängstlich hier in unserem Wohngebiet. Abends wenn mein Mann heim kommt fahren wir immer woanders hin, an die Elbe oder in den Wald. Da ist er happy und freudig unterwegs. Aber tagsüber laufen wir ja nunmal hier. Natürlich gehe ich jetzt noch nicht direkt da vorbei wo der andere Hund wohnt und es ja passiert ist. Aber auch in die andere Richtung will er nicht. Habt ihr Ideen oder Tipps für mich was ich machen kann um meinen kleinen Kerl zu helfen ? Meine Hündin ist zum Glück völlig unbeeindruckt von diesem Vorfall. Wer weiß was sie auf der Straße schon erlebt hat.
    Liebe Grüße

  • puh, das tut mir leid für deinen kleinen :streichel: Aber mit der Zeit wird er auch wieder lernen es passiert nichts, wenn ihr ihm da die Sicherheit gebt, nicht selbst Ängstlichkeit vermittelt. Es darf/soll nicht zur Normalität werden, das er sich jetzt nicht mehr raus traut. Ich kenne das von meinen Hund. Das schlimmste ist die eigene Angst die man da haben kann. Habt ihr mit den HH gesprochen ? Auch das ihr euch zumindest auf längere Zeit nicht mehr begegnet ? Es ist shit, den Feind so nahe und ständig in der Nase zu haben.und nach alle dem ist er auch noch eingeschüchtert.
    Den Weg trotz allem gehen, deine Präsenz vermitteln, das ist schon mal wichtig, denn so ein Vorfall wirft oft mal im Vertrauenverhältnis zurück :/ Arbeitet da jetzt nochmal mehr dran, am Vertrauen. Und mit dem anderen HH wenn es geht Absprache halten. Jetzt jede doofe Begegnung vermeiden.

  • Wie lange ist das denn nun her? Kannst Du eine zeitlang mal komplett woanders gehen, damit ihr beide den Schock in neutraler Umgebung verarbeiten könnt?
    Wir haben auch so einen Hund in der Gegend, der Chilly schon 2x angegriffen hat, Chilly will hier in unserer Straße nicht mal markieren, bzw fängt erst jetzt wieder damit an, Monate nach dem Vorfall.
    Man selbst als Mensch hat ja mehr oder weniger unbewußt auch immer den Angriff vor Augen wenn man die Strecke geht, also ich hab das zumindest, und auch ich habe lange gebraucht, bis ich wieder neutral ohne Adrenalinschübe unsere Straße entlanggehen konnte.

  • Ich hatte mit meinem Dackelrüden an einem Weihnachtsabend einen ähnlichen, aber nicht so schlimmen Vorfall.
    Bei uns kam plötzlich eine Dogge aus einer Einfahrt rausgeschossen und hat meinen neben mir angeleinten Dackel angebellt und umkreist. Benny hat auch zu schreien angefangen und ich wusste mir nicht mehr anders zu helfen, als dass ich ihn am Halsband auf meinen Arm hochgerissen habe, denn bücken konnte ich mich aufgrund der herumspringenden Dogge nicht. "Mehr" ist GsD nicht passiert, da die Besitzerin dann endlich kam.
    Benny traute sich fast 1 Jahr diese Straße nicht mehr entlang gehen. Er hat sich auf den Fußweg hingeschmissen und sich dagegen gestemmt wenn er gemerkt hat, dass wir in diese Richtung gehen.
    Ich habe das so akzeptiert und ganz, ganz, langsam immer wieder versucht, ein kleines Stück weiter in diese Richtung zu kommen.
    Nach 1 Jahr traute er sich dann zumindest auf der anderen Fußwegseite diese Straße zu gehen, hatte aber die ganze Zeit einen Blick auf diese Einfahrt. Auch als die Dogge schon lange gestorben war blieb das mit der anderen Fußwegseite so und er ist sein Leben lang nicht mehr direkt an der Einfahrt vorbeigegangen, sondern ist kurz vorher einfach auf die Straße runter um die Seite zu wechseln, daher hab ich das dann gar nicht weiter probiert.


    Ich kann dir daher nur den Tipp geben, ihn vllt. die nächste Zeit so weit zu tragen, bis er sich einigermaßen sicher fühlt, denn ich denke, das wird lange dauern bis er wieder "der Alte" ist - wenn er das überhaupt wieder wird, denn der Vorfall war ja ziemlich heftig.

  • Ich würd's auch so machen wie Michi69 geschrieben hat und trotzdem weiter rausgehen und ihm Sicherheit vermitteln. Vielleicht zusätzlich ab und zu mit dem Auto irgendwohin fahren zum Gassigehen, da traut er sich vielleicht eher? Und hilft vielleicht auch, dass er draußen wieder mehr an Selbstvertrauen gewinnt. Aber zur Norm soll das natürlich nicht werden.


    Tut mir wirklich leid für deinen Nino. :streichel:

  • Das tut mir auch echt leid. Meine Hündin wurde vor Jahren auch schon mal von hinten attackiert und halb tot geschüttelt. Danach war sie auch völlig fertig und ängstlich, wollte nicht mehr raus und lief vor jeder Hundebegegnung weg.


    Zunächst einmal: sichere deinen Hund mit einem gut sitzenden Geschirr und leine ihn vorerst nicht in belebten Gebieten ab. Nicht, dass er eine Situation hat, wo er erschrickt, und dann wegläuft. Das ist mir damals passiert, da kamen drei (nette desinteressierte) Hunde aus einem Seitenpfad und meine Hündin ist auf die Straße gelaufen, um erstmal 50m Abstand zu bekommen...


    Gib deinem Hund Sicherheit. Wenn er Angst hat, egal wie sicher die Situation eigentlich ist, lass ihn nicht allein. Nimm ihn evtl hoch oder weiche aus, aber lass keine Hunde ran, wenn er Angst hat. Bitte, die Hunde angeleint zu lassen, sodass er sich selbst nähern darf. Hoffentlich ist es bei euch nicht so, aber meine Hündin hat komplett das Vertrauen verloren, dass ihr irgendwie jemand hilft. Das hat am längsten gedauert.


    Und was mir geholfen hat, war später mit größeren Hunden und Haltern spazieren zu gehen, die gleichermaßen souverän als auch rücksichtsvoll sind. Irgendwann hat meine Kleine gemerkt, dass es Hunde gibt, die auf sie achten und höflich sind, selbst wenn sie 30kg mehr wiegen. In gut geführten Gruppenspaziergängen klappte das gut. Da lernte sie nach und nach wieder, dass nicht alle Hunde über 10kg bedrohlich sind. Das hat tatsächlich am meisten geholfen.
    Außerdem habe ich sie unterstützt und angefeuert, wenn sie sich traute, deutlich ihre Meinung zu sagen und von selbst Individualabstand einzufordern, anstatt starr oder klein zu werden und die nächste Panikattacke zu bekommen. So traute sie sich wieder von selbst, auch netten, aber aufdringlichen Hunden ihre Meinung zu geigen.


    Es hat so gut ein Jahr bei ihr gedauert, bis sie mir vertraute und selbst wieder Spaß am Gassi hatte. Das war echt eine schlimme Zeit für uns. Ich kann total nachvollziehen, wie weh es tut, wenn der vorher fröhliche Hund plötzlich draußen Angst hat. Aber das wird! Hab Geduld!

  • Ich kann mit dir fühlen, baxter wurde in seinen knapp 1,4 Jahren schon 5x angegriffen und 2x richtig böse mit anschließender Tierklinik. Aber ich gebe dir wirklich den Tipp: Hab keine Angst und übertrage es nicht auf deinen Wurm. Einfach wieder raus und auch den Kontakt suchen zu Hunden (musst ja nicht direkt hin), aber wenn du es nun meidest wird es nie besser und vllt sogar schlimmer.


    Mit Baxter bin ich nach den Angriffen einfach weiter (sofern es ging) und das half auch total.

  • vor zwei Wochen

    Er ist schreckhaft und ängstlich hier in unserem Wohngebiet.

    Ich würde mir sehr bald professionelle Hilfe dazu holen. Wenn sich in den vergangenen 14 Tagen noch keine deutliche Verbesserung gezeigt hat, scheint Ihr mit dem bisherigen Vorgehen einfach nicht weiter zu kommen. Je länger das so bleibt, desto schwieriger wird es, den Hund da wieder rauszuholen. Für eine "normale" Schock-Reaktion nach solch einem Vorfall geht mir das schon zu lang.


    Hier gibt es eine Liste von Fach-TÄ für Verhaltensmedizin GTVMT – Gesellschaft für Tierverhaltensmedizin und -therapie , vllt. ist einer davon in Eurer Nähe.


    Im unmittelbaren Lebensumfeld solch eine Angst haben zu müssen, ist schrecklich und kann, wenn das ein länger anhaltender Zustand ist, auch zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen.


    Als "Erstversorgung" wegen kommendem Wochenende, bis ein Termin beim Fach-TA steht, würde ich mir beim normalen TA ein Adaptil(DAP)-Halsband oder Adaptil(DAP)-Spray (wird auf ein Halstuch gesprüht) holen und in der Apotheke die Notfall-Tropfen von den BB, die gibts auch ohne Alkohol für Kinder und Tiere.


    LG, Chris

  • Zuerst, ich danke euch wirklich sehr für eure Anteilnahme und die hilfreichen Tipps. Das ist wirklich super.


    Heute hatte mein Mann frei und gleich nach dem Frühstück sind wir nach Bielenberg an die Elbe gefahren. Der Strand war leer. Das war so schön und wir haben schön herum gerollt und Nino konnte etwas baden und fleißig buddeln, das liebt er so. Auf dem Rückweg trafen wir drei kleine Hunde und er hat von sich aus Kontakt gesucht. Da war ich happy.


    Ich werde mir eure Ratschläge zu Herzen nehmen. Ich selbst strahle wohl auch Unsicherheit aus und übertrage das. Daran werde ich arbeiten. Gesichert ist er mit einem guten Geschirr wo er nicht raus kann und seit diesem Vorfall auch an der Leine. Ich denke unser Vertrauensverhältnis hat sehr gelitten, daran werde ich arbeiten müssen. Das wird sicher dauern... Zum Glück hat er hier einige Mini Freunde denen er auch immer noch freundlich gestimmt ist. Große Hunde sind jetzt wirklich ein Problem geworden. Das war jetzt der 2. Angriff, der erste eines anderen Hundes war dagegen harmlos. Dieser Hund ist wirklich der Schrecken der Nachbarschaft. Alle, wirklich alle haben Angst. Der HH war in der Hinsicht wirklich nett, zahlte anstandslos den TA, brachte Blumen und entschuldigte sich mehrmals. Nur ändert es ja leider nichts daran das sein Hund so ist... der davor übrigens auch. 1a ausgebildet aber null sozialisiert.


    Ich werde jetzt erstmal beginnen selbst sicher zu werden. Sonst ist dieser Hund wirklich immer angeleint. Und der Halter versicherte mir das er nie wieder so unachtsam ist wenn er die Haustür öffnet. Dann werde ich jetzt die nächsten Runden mit meinem Mann oder meiner Freundin und ihren Hunden (Ninos kleine Freunde) gehen. Die Tropfen werde ich heute noch versuchen in der Apotheke oder beim Tierarzt oder Internet zu besorgen. Direkt an ihm vorbei gehen nicht, aber versuchen anzufangen hier zu laufen und trotzdem auch täglich an einen neutralen Ort fahren. Tragen kann ich ihn leider nicht länger (Bauch Op gehabt) aber da er wegen seiner operierten Beine eh einen Buggy hat, diesen auch verwenden. Sonst ist er nur für Urlaub und unsere Wandertouren. Nino kann nicht wie Josie etliche km laufen und dann wird dieses teure Teil trotz aller blöden Blicke eben auch hier genutzt. Und wenn ich ihn damit erstmal aus seiner "Gefahrenzone" schiebe und ihn dann irgendwo anschließe. Markieren und sogar scharren tut er hier zum Glück noch. Also einfach langsam rantasten ohne Druck, Vertrauen und Selbstvertrauen aufbauen. In zwei Wochen fahren wir an die Ostsee nach Maasholm. Meine Eltern haben da eine Ferienwohnung und es ist Ninos absolutes Paradies dort. Da kann er wirklich abschalten und es ist nicht überlaufen, Natur pur und ganz viel Ruhe. Das wird uns sicher allen gut tun.
    Ich werde mal berichten wie es weiter so läuft und mir ggf. auch nochmal einen Trainer dazu holen.
    Euch allen nochmal ein dickes Danke und pelzige Grüße von Klein Nino.


    liebe Grüße Christin

  • Meine Kröte wurde auch schon angefallen.
    Bei uns hat geholfen täglich an der Stelle des Geschehens vorbei zu laufen ohne das was passiert.
    Das hat ihr die Sicherheit zurückgegeben.


    Trag ihn am Anfang einfach merfach am Tag an der Stelle vorbei und setzt in dort kurz ab, Lob ihn gib ihm ein Leckerchen, wenn er es annimmt (bei Stress nimmt meine eher was wo sie schlecken kann, anstatt Kauguddies), dann geh wieder aus der Situation. Wichtig ist, wenn du aus der Situation raus bist, nicht mehr mit Guddies zu loben, weil der Hund sonst die Entspannung mit "aus der Situation kommen" verknüpft.

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