Angst - Panik - deprivierte Hunde - Vorgehensweisen, Erfahrungen etc.

  • Beziehst du dich auf DarFays Aussage?

    Ich bezog mich auf gar keine Aussage, das war meine persönliche Meinung dazu. ;)

  • Ich persönlich finde, dass man keinem dieser Auslandsstraßenhunde einen Gefallen tut, wenn man sie mitten nach Berlin in den 3. Stock holt. Das gehört meiner Meinung nach verboten.


    Was habt ihr denn alle mit Berlin? Das nehme ich persönlich.
    Ist doch keine Betonwüste. Abgesehen davon kennen gerade Straßenhunde so einiges. Ich denke, problematisch ist es eher für die, die gar nichts kennengelernt haben.


    Allerdings hätte ich das vor drei Jahren auch noch gedacht, dass man einen reizarm aufgewachsenen Hund niemals in die Stadt vermitteln sollte. Das war bevor
    ich Feli kennengelernt habe. Die ist angeblich im Tierheim geboren und
    kam mit 5 Jahren zu mir (nach BERLIN, haha). Wir wollten sie eigentlich in eine
    ruhige Umgebung mit Haus und Garten vermitteln. Schließlich haben wir sie behalten, weil sie sich hier sehr gut eingelebt hat.
    Wir sind oft aufm Dorf, da gibt es jede Menge Krach, inklusive deutlich mehr von Feli als bedenklich bis gefährlich eingestufte Geräusche (Knallgeräusche, durch Jäger und böllernde Leute) als hier in Berlin mit der gleichmäßigen Geräuschkulisse. Sie fühlt sich hier sicherer als im Dorf.
    Ich würde sagen, dass es sehr vom Hund abhängt, aber auch von der tatsächlichen Umgebung (Stadt ist nicht gleich Stadt und Land ist nicht gleich Land), vielleicht auch ein bisschen von den Besitzern.

  • Ok, dann halt nach München in eine Wohnung auf dem Stadtplatz. ;)

  • Nachtrag: Allerdings weiß man es vorher nicht so genau, deshalb ist es womöglich sinnvoller, wenn solche Hunde eine erfahrene Pflegestelle durchlaufen.

  • Buchtipp:
    Leben will gelernt sein ... So helfen Sie Ihrem Hund Versäumtes wettzumachen


    Von Wibke Hagemann und Birgit Laser


    ... bin gerade mittendrin am Lesen =)

    Klingt interessant, gibt es da ein Kapitel zur Annäherung an die Stadt?


    Sunny macht sich nämlich sehr gut, immer mutiger, immer schneller beruhigt, aber beim Thema Stadt sehe ich noch keine richtige Vorgehensweise. Wir haben uns letztens mal auf eine Bank gesetzt und die Autokreuzung + Passanten aus Entfernung angeschaut. So ist momentan mein Plan: Immer wieder auf dieser Bank den Stadttrubel analysieren. Angst vor Autos hat sie keine, aber der Tumult in der Stadt ist bei ihr einfach ein "Augen zu und durch!" mit ziehen und zerren nach vorn.


    Zum Thema Berlin: Ich wohne auch in Berlin |) (aber ich falle von der Haustür direkt in den Park) und meine Hündin ist Straßenhündin (ca. 1 Jahr), Hündin eines privaten Tierheims in Rumänien (ca. 6 Monate) und Hündin einer Pflegestelle in Deutschland (aber nur einen Monat). Die hat echt vor nichts im Haushalt Angst. Waschmaschine? Wasserkocher? Staubsauger? Toaster? Easy! Vorsichtig ist sie trotzdem. Steht man auf, wird sofort geschaut. Immer leicht auf der Lauer. Draußen ist sie im Dunkeln noch sehr unsicher. Und wie gesagt: Stadt werden wir wohl erst in einem Jahr richtig angehen können.

  • Wie gesagt, bin noch am Lesen. Ich finde die 20 Euro aber gut angelegt.
    Das Buch ist sehr umfassend ... man muss das Ganze sehen.
    Ich werde (und habe schon) auf jeden Fall Übungen ausprobieren, die für mich passend sind.


    Das Buch hat viele Tipps, wie man das Üben richtig angeht!


    Immer in kleinen Schritten arbeiten und nicht überfordern!

  • Ich kann mich meinen Vorschreibern zum Thema Stadthund nur anschließen. Mein Ersthund ist depriviert (mit 1/2 Jahr eingezogen), der zweite kommt vom Dorf (mit einem Jahr). Beide haben mit mir auch mehrere Jahre in Berlin gelebt und seit ich in eine kleinere Stadt gezogen bin, haben beide aufgeatmet und teils negative Verhaltensweisen abgelegt. Besonders der Zweithund ist deutlich entspannter und endlich zur Ruhe gekommen. Da ich immer noch nach Berlin pendle habe ich den direkten Vergleich. Der Ersthund hat einfach deutlich mehr Stress in Sachen markieren, schnuppern und fühlt sich auch nicht wohl, dort wo viele Menschen laufen. Was in Berlin einfach fast überall der Fall ist, besonders wenn man mit den Öffentlichen verkehrt. Er fällt dann schnell in Schockstarre und macht komplett zu. Der Zweithund fängt sogar an Ampeln und in Fußgängerzonen an nach Passanten zu schnappen, einfach weil er überfordert ist. Sind wir erst frisch in Berlin angekommen, kann er das eine ganze Weile kompensieren bis ihm alles zu viel wird und es aus ihm "heraus bricht".
    Drum sage ich immer, dass man aus einem Dorfköter keinen Stadthund machen kann. Meine kommen klar und wäre ich nicht weg gezogen, wäre es mir vermutlich nie aufgefallen, dass die Wohnsituation nicht optimal ist. Es mag Ausnahmen geben, aber letztendlich sind Hunde an die Umgebung angepasst in der sie hineingeboren werden und aufwachsen. Dann spielt natürlich Persönlichkeit, Temperament und Genetik eine Rolle, aber wenn sie da auch eher ungünstige Voraussetzungen für einen kontrastreichen Ortswechsel haben, wird es deutlich, dass sie sich besser in einer Wohnsituation zurecht finden die der Aufwachsumgebung ähnelt.


    Das ist auch der Grund warum ich nicht verstehe wie man diese total zurück gezogenen, in der Ecke kauernden Hunde aus den Sheltern nach Deutschland in die Stadt vermitteln kann. Es gibt so viele tolle Hunde in den Zwingern die sofort ankommen wenn jemand rein geht. Die sich anfassen lassen und die offensichtlich mit dieser enormen Stresssituation umgehen können. Denen würde ich auch den Trubel in der Großstadt zutrauen. Die anderen gehen in meinen Augen einfach nur ein und man tut denen echt keinen Gefallen. Ich meine damit nicht, dass sie es nicht verdient hätten, aber ich finde die Organisationen sollten mal darüber nachdenken ob das so sinnvoll ist.

    Angst vor Autos hat sie keine, aber der Tumult in der Stadt ist bei ihr einfach ein "Augen zu und durch!" mit ziehen und zerren nach vorn.

    Ich möchte dir da jetzt nicht die Hoffnung nehmen, aber es kann sein, dass ihr das für immer unbehaglich bleiben wird. Das muss auch keinen bestimmten einzelnen Auslöser haben, weshalb es so schwer ist daran zu arbeiten. Viel mehr ist das eine komplette Reizüberflutung, die man eben nur ausgleichen kann wenn man sich dem Trubel mal eine längere Zeit entzieht. Du hast aber meiner Meinung nach schon den richtigen Ansatz. Das nennt man Desensibilisierung. Man versetzt den Hund immer wieder in kurzen Stress mit Erholungsphasen natürlich, bis eine Art Gewöhnung eintritt. Das Problem beim deprivierten Hund ist aber, dass die in der Regel schlecht bis gar nicht generalisieren. Also irgendwann wird die Bank und die Kreuzung vielleicht okay sein, aber der Rest der Stadt eben nicht. Das ist aber trotzdem einen Versuch wert. Wenn dein Hund allerdings wirklich stark depriviert ist, kann es sein, dass ein Fortschritt gar nicht oder nur sehr sehr langsam (nach Jahren eintritt).
    Nur so als Beispiel: Mein Ersthund kann nicht in Häuser reingehen und wenn ich beispielsweise unseren Hauseingang übe, dann kann er nicht ins Nachbarhaus oder in die Sparkasse etc. Er überträgt das Erfolgserlebnis nicht und wir starten immer wieder bei 0 bei jeder neuen Tür. Deswegen ist es auch so schwierig mit diesen Hunden zu arbeiten, vor allem wenn der Hund noch gar keine richtige Bindung zum Halter hat.

  • Ich möchte dir da jetzt nicht die Hoffnung nehmen, aber es kann sein, dass ihr das für immer unbehaglich bleiben wird. Das muss auch keinen bestimmten einzelnen Auslöser haben, weshalb es so schwer ist daran zu arbeiten. Viel mehr ist das eine komplette Reizüberflutung, die man eben nur ausgleichen kann wenn man sich dem Trubel mal eine längere Zeit entzieht. Du hast aber meiner Meinung nach schon den richtigen Ansatz. Das nennt man Desensibilisierung. Man versetzt den Hund immer wieder in kurzen Stress mit Erholungsphasen natürlich, bis eine Art Gewöhnung eintritt. Das Problem beim deprivierten Hund ist aber, dass die in der Regel schlecht bis gar nicht generalisieren. Also irgendwann wird die Bank und die Kreuzung vielleicht okay sein, aber der Rest der Stadt eben nicht. Das ist aber trotzdem einen Versuch wert. Wenn dein Hund allerdings wirklich stark depriviert ist, kann es sein, dass ein Fortschritt gar nicht oder nur sehr sehr langsam (nach Jahren eintritt).Nur so als Beispiel: Mein Ersthund kann nicht in Häuser reingehen und wenn ich beispielsweise unseren Hauseingang übe, dann kann er nicht ins Nachbarhaus oder in die Sparkasse etc. Er überträgt das Erfolgserlebnis nicht und wir starten immer wieder bei 0 bei jeder neuen Tür. Deswegen ist es auch so schwierig mit diesen Hunden zu arbeiten, vor allem wenn der Hund noch gar keine richtige Bindung zum Halter hat.

    Ich hoffe wir haben gute Chancen. S-Bahn fährt sie zum Beispiel sehr gut, obwohl da viele Leute sind. Vor Silvester hatte sie auch große Angst vor Böllern, nach einem Monat waren nur noch die richtigen (illegal klingenden) einen kleinen Schreck wert und Silvester selbst lief problemlos. Unsere Trainerin meinte, dass sie noch 1-2 Jahre braucht, um richtig in Deutschland angekommen zu sein. Ich hoffe einfach des beste und wir üben auch mit tollen anderen Hunden, damit Sunny die Welt verstehen lernt und sich einiges abschauen kann.


    Ansonsten habe ich sowieso vor, irgendwie wieder auf dem Land zu leben (bin selbst Dorfkind). Aber wann das sein wird... mal schauen. Wir wohnen auf jedenfall ganz gut (für eine Stadtwohnung), damit sie nicht mit dem Stadtleben konfrontiert wird. Und ich versuche auch in Zukunft immer so zu wohnen, dass mein Hund nicht nur Asphalt berühert oder erst ewig laufen muss, bis es mal grün wird. Alles etwas management, falls sie also nie in der Stadtmitte klar kommt, dann ist das eben so. Noch geben wir nicht auf. :)

  • @pawtastic: Ich habe auch beides - eine Wohnung in Berlin und ein Häuschen im Dorf. Und bei keinem meiner 6 Hunde konnte ich bisher feststellen, dass die sich im Häuschen anders verhalten hätten als in der Stadtwohnung. Ausnahme ist Feli, die sich im Garten offensichtlich weniger wohlfühlt. Vielleicht die Wohnung für sie eine besser abgeschlossene Einheit, wie eine Höhle. Bei uns auf dem Land gibt es einfach viel "draußen". Außerdem sind die Geräusche anders geartet. Hier haben wir eine gleichmäßige Geräuschkulisse und möglicherweise kann sie die Geräusche besser den Verursachern zuordnen. Rollende Mülltonnen, Menschen, Hunde, Autos, sogar Baustellen lassen sie kalt. Wenn wir aber im Häuschen sitzen und eine Straße weiter ein Jugendlicher ein Böller loslässt, dann hat sie richtig Angst. Nachhaltig. Sie lauscht generell dort mehr, vielleicht gerade weil es so ruhig ist.
    Das sind so meine Erklärungsansätze. Wir wundern uns ja auch darüber, wie gesagt wir hatten ja vor, sie in eine ruhige Gegend zu vermitteln, aber das hätte ihr gar nichts gebracht. Sie fühlt sich hier tatsächlich wohl und sicher.
    Aber: Natürlich leite ich nicht daraus ab, das reizarm aufgewachsene Hunde in die Stadt gehören. Ich sage nur, dass es kein Verbrechen dem Hund gegenüber sein muss, wie das hier dargestellt wurde. Und schon gar nicht betrifft das Auslandshunde allgemein. Wenn ich meine anderen Hunde betrachte, die überhaupt keine Probleme in dieser Art hatten, kann ich sicher sagen, dass auch Hunde, die ihr Leben lang im Tierheim saßen, wunderbar hier klar kommen können.
    Es hängt wie gesagt von vielen Faktoren ab, und natürlich ist das Individuum Hund einer davon.
    Man kann nun lange über die verschiedenen Vermittlungsmodalitäten diskutieren.
    Aber das ist für die Menschen, die nun mal so einen Hund haben, wenig hilfreich, zumal sich die Probleme ja nicht unbedingt von selbst lösen, wenn man aufs Land zieht.

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