Hallo MarryLoo,
Ich denke, bei Euch klemmt es ganz anderswo als an der Alleinebleibezeit. Mich dünkt, ein gesunder sechsmonatiger Hund sollte durchaus 8 Stunden am Tag alleine sein können. Mehr sollte es allerdings nicht werden.
Ich habe jahrelang mehrere Hunde ohne Auto gehalten. Das war alles kein Problem. Ein Hund will vor allem seine Grundbedürfnisse gestillt bekommen. Dazu gehört, dass er bei Euch sein darf und ausreichend Bewegung und Beschäftigung bekommt. Ein Auto steht da nicht auf der Liste.
Habt ihr denn das Gefühl, dass ihr dem Hund nicht gerecht werdet, seit Eure Bekannte Euch darauf angesprochen hat? Oder hattet ihr diesen Gedanken schon früher? Oder geht es im Grunde genommen um das Erziehungsproblem, das ihr mit Eurem Hund habt?
Nur auf einem grossen Grundstück zu leben macht einen Hund nicht glücklich. Er braucht Familienanschluss und Beschäftigung. Ob er ansonsten bei einer Grossfamilie in einer winzigen Wohnung oder bei einem kinderlosen Ehepaar in der Luxusvilla lebt, ist ihm egal. Das macht das Zusammenleben mit Hund ja so schön: sie sind unglaublich anpassungsfähig.
Das Problem dabei ist, dass sie zwar alleine bleiben Kann, aber sobald wir nach Hause kommen, ist der Hund völlig durchgedreht. Die nächsten 2 Stunden muss dann alles andere völlig ignoriert werden, sobald man sich kurz auf etwas Andres konzentriert (Geschirrspüler ausräumen oder ähnliches) dreht der Hund durch. In dieser Zeit hört sie auch auf nichts - kein Kommando, dass sie sonst beherrscht, keine Leinenführigkeit, nichts. Am Abend ist das dann kein Problem mehr.
Moment: ihr lasst den Hund 8 Stunden allein und geht dann nicht mit ihm raus? Oder wie ist das zu verstehen, dass man ihn zwei Stunden ignorieren muss? Wenn ich meine Hunde alleine lassen muss, stelle ich nach meiner Rückkehr kurz alles hin, ziehe mich um und 10 Minuten später sind wir draussen und spazieren. Ist das bei Euch anders?
Je mehr ein Verhalten im Übrigen gezeigt wird, desto stärker wird es ritualisiert. Hier gilt es also, den sich anbahnenden Teufelskreis zu durchbrechen. Mit der Pubertät hat ein Verhalten, wie Du es beschreibst, nichts zu tun - das ist ein generelles Erziehungsproblem. Möglich, dass der Hund mit Eurer Rückkehr völlig überfordert ist und ihr ihm in diesem Moment keine klare Struktur geben könnt.
Golden Retriever neigen bei Überforderung gerne zu Überdrehtheit, die sich dann in wildem Gerenne und unter Umständen auch in wildem Schnappen äussert. Das Verhalten Eures Hundes ist also insofern 'normal', als dass er so seiner Überforderung Ausdruck verleiht. Es ist allerdings sowohl für Euch, wie auch für den Hund weder angenehm noch wünschenswert oder gesund.
Junge Hunde haben öfters mal ihre 'Ausraster' und dürfen diese auch ohne Weiteres haben. Wenn diese aber vorhersehbar und ritualisiert werden, wird es bedenklich und ist ein Alarmzeichen.
In Deinem Beispieltag beschreibst Du, dass Du am Nachmittag zwischen Haushalt und Hundetraining abwechselst. Hier würde ich versuchen, anzusetzen. Möglich, dass Dein Hund sich unsicher ist, wann er wieder mit Bespassung dran ist. Möglich auch, dass Eure Spiele zu aufpuschend sind. Was und wie spielst Du denn mit ihm?
Wenn Spiel und Bespassung aufhören, ist das für einen Hund (und für einen jungen Hund sowieso) erst einmal ein Frust. Hier hilft es, ein klares Ritual einzuführen, das dem Hund zeigt, dass jetzt erst mal wieder Ruhe herrscht. Eine gute Variante dazu ist das 'Geh auf Deine Decke und bleib da bis ich Dich wieder anspreche'. Das würde ich über sehr kleinschrittige Belohnung aufbauen. Auf die Decke zu gehen darf niemals eine Strafe sein. Es ist für einen jungen Hund sehr schwierig, zwischen Ruhe und Action zu pendeln. Achte darauf, gegen Ende der Trainings- und Spieleinheit ruhige Aktivitäten zu präsentieren. Gut geeignet sind dafür Leckerlisuchspiele, die später immer schwieriger gestaltet werden können. Das ist anstrengend für den Geist, zum Erfolg kommt der Hund allerdings nur mit der nötigen Ruhe. Achte darauf, den Hund mit Deiner Art nicht noch zusätzlich zu pushen. Verbreite Ruhe und Gelassenheit.