Junghund ist eingezogen - wo starten?

  • Hallo,


    ich lese hier schon seit Wochen interessiert mit, aber jetzt wird es ernst für uns. Gestern haben wir eine sechs Monate junge Hündin (französische Bulldogge, Boxer - wurde uns gesagt) aufgenommen. Sie wurde von privat aus Zeitmangel abgegeben und war wohl täglich teilweise schon lange allein. An Kommandos kann sie bisher eigentlich nur Sitz. An der Leine zieht sie wie verrückt und auf dem Platz bleibt sie auch nicht.


    Sie ist bei uns zu Hause wahnsinnig aufgedreht, hat in der Nacht kaum geschlafen und kommt auch jetzt kaum zur Ruhe. Sie springt herum, schnappt nach uns (spielerisch), aber mein Sohn (8 Jahre) hat sich eben verkrümelt, weil sie ohne Rücksicht auf Verluste über ihn weggetrampelt ist. Sie kennt eigentlich Kinder, die Kinder im Haushalt waren noch viel kleiner als unsere (unsere Tochter ist 11).


    Unsere Frage ist nun: Wo fangen wir am besten an? Sie muss ja scheinbar noch so fast alles lernen. Und wie? Uns ist natürlich klar, dass es für sie eine große Umstellung ist und sie dementsprechend auch durch´n Wind ist. Sie hat gestern Nacht auch viel gesucht. Hat natürlich nicht verstanden, wo ihre Leute denn sind.


    Für uns wäre es wichtig, dass sie lernt, dass das Toben draußen stattfindet und dass sie auch mal zur Ruhe kommt. Die braucht sie ja auch. Da wir für sie aber noch "Fremde" sind, sind wir uns unsicher, ob wir sie tatsächlich ignorieren sollen, wenn es zu viel wird. Wenn sie mich auf dem Sofa so anspringt und nach meinen Händen etc. schnappt, bin ich aufgestanden und hab mich von ihr weggedreht. Kann ich das bringen? Andererseits ist es ja nur authentisch, ich will ja nun mal nicht, dass sie wie verrückt an mir rum nagt und drauf springt.


    Außerdem soll sie auch mal auf ihrem Platz bleiben. Natürlich muss sie nun erstmal lernen, wo denn ihr Platz ist. Wir haben von den Vorbesitzern ihre Decke mitbekommen, das Körbchen hatte sie schon zerlegt.


    Wir merken auch gerade, dass das ganze angelesene Wissen nun doch schwierig umzusetzen ist und deswegen frage ich euch, was ihr uns ratet, wie wir nun am besten vorgehen sollen, um sie a) an uns zu gewöhnen, Bindung aufzubauen und b) ihr auch beizubringen, dass es halt auch Ruhezeiten geben muss, sie nicht an uns rumspringen soll etc.


    Wir wollen Sie halt auch nicht mit tausend neuen Dingen überfordern. Die ganzen anderen Sachen wir Leinenführigkeit etc. sollen dann halt nach und nach kommen.
    Oder meint ihr, andere Sachen wären erstmal dringender?


    Liebe Grüße und noch frohe Ostern :)


    (Noch zu uns: wir leben zu viert in einer Doppelhaushälfte am Stadtrand, viel grün in der Nähe. Ich arbeite von zu Hause aus und werde dann ab morgen auch diejenige sein, die sich tags am meisten kümmert. Ich arbeite erst ab dem späten Vormittag, sodass morgens viel Zeit für Spaziergänge etc. wäre. Auch mittags etc. könnte ich nochmal los und abends dann halt nochmal was größeres. Die Vorrausetzungen sind also eigentlich ganz gut)


    LG Dingenskirschen

  • Ich empfehle den Hund wie ein Welpe zu behandeln und alles von ganz vorne anzutrainieren.


    Außerdem würde ich eine Hausleine (dünne Schnur an Geschirr) dran machen, so habt ihr die Möglichkeit den Hund zu korrigieren, ohne dass Ihr direkt den Hund angreifen müsst.

  • Wie hat sie vorher gelebt?


    Wenn ein Hund in dem Alter abgegeben wird, würde ich davon ausgehen, dass die Vorbesitzer überfordert waren. Was haben die trainiert?

  • in erster Linie würde ich noch nichts "aufregendes" mit dem Hund machen - er ist sowieso von allem überfordert. Also nicht Toben, kein Bällchenschmeißen o.ä.


    Habt ihr euch über die beteiligten Rassen informiert? Grade Boxer sind als sehr temperamentvoll und etwas grobmotorisch bekannt.
    Im Haus würde ich den Hund (anfangs) wenig beachten, was zum Kauen (Kauseil, Kong, o.ä.) sollte er haben, das baut Stress ab und wenn er an Sachen geht, die er nicht ankauen soll (Möbel, eure Hände), könnt ihr ihm stattdessen das Spielzeug ins Maul schieben - braucht u.U. mehrere Wiederholungen bis er das versteht.


    Rüpelt der Hund euch an, würde ich ihn nicht ignorieren sondern ihm schon zeigen, dass ich das nicht mag. Wie kommt auf den Hund drauf an. Am einfachsten geht über Wegschicken, das kann man dem Hund oft auch körpersprachlich ganz gut verdeutlichen. Oder ihn nach Signal (z.B. "Ab") am Halsband (oder an einer leichten Hausleine, die er permanent dran hat) wegführen.


    Einiges wird sich vermutlich auch die nächsten Tage von ganz alleine einspielen.


    lg

  • Zitat von Grinsekatze1

    Ich empfehle den Hund wie ein Welpe zu behandeln und alles von ganz vorne anzutrainieren.


    Außerdem würde ich eine Hausleine (dünne Schnur an Geschirr) dran machen, so habt ihr die Möglichkeit den Hund zu korrigieren, ohne dass Ihr direkt den Hund angreifen müsst.

    Vielen Dank, ich habe auch fast vermutet, dass dies nötig wird.




    Wie hat sie vorher gelebt?

    In einer Wohnung, mit zwei kleinen Kindern, Eltern berufstätig und nun war der Hund teilweise 10 Std./täglich alleine. Viel trainiert wurde da nicht. Wie gesagt, sie kann Sitz, vor allem, wenn es Leckerlies gibt, und sie war wohl dabei Pfötchen zu lernen und es hieß, sie ginge auch zum Platz. Die Familie hatte halt hauptsächlich am Abend Zeit für sie und an den Wochenenden. Deswegen auch die Abgabe. (beruht natürlich alles darauf, was uns erzählt wurde).


    @l´eau Danke, das werden wir beachten. Ich denke, wir haben uns viel zu sehr auf sie fokussiert. Andererseits ist es auch schwierig, einen Hund nicht zu beachten, der hier wild rumhüpft, uns anspringt und auf´m Sofa überrennt und schnappt :D


    Ja, schlau gemacht hatten wir uns vorab und uns war auch klar, dass Boxer sehr überschwänglich sein können :-) Aber sie sollen auch tolle Familienhunde sein. Wir sind ja auch bereit, Zeit zu investieren, wollen sie aber nicht überfordern und nach dem Umzug nun direkt tausend Sachen "einfordern". Andererseits, je schneller sie unsere Regeln lernt, desto eher weiß sie auch, was Sache ist.

  • In einer Wohnung, mit zwei kleinen Kindern, Eltern berufstätig und nun war der Hund teilweise 10 Std./täglich alleine. Viel trainiert wurde da nicht. Wie gesagt, sie kann Sitz, vor allem, wenn es Leckerlies gibt, und sie war wohl dabei Pfötchen zu lernen und es hieß, sie ginge auch zum Platz. Die Familie hatte halt hauptsächlich am Abend Zeit für sie und an den Wochenenden. Deswegen auch die Abgabe. (beruht natürlich alles darauf, was uns erzählt wurde).

    Heißt für den Hund vermutlich, dass die Anwesenheit von Menschen für ihn die große Aufregung ist und ihn stresst. Ich würde für einen abtrennbaren Bereich sorgen, so dass der Hund Euch erst Mal in Ruhe sehen kann und in kleinen Häppchen an das Zusammensein gewöhnen.

  • stella ist im Dezember letztes Jahr mit 7 Monaten bei uns eingezogen. Ich habe die ersten 3 Tage nur auf Bett und Sofa verbracht weil sie bei jeder Bewegung sofort Gewehr bei Fuß stand. Ich finde auch die Gewöhnung an eine Hundebox sehr sinnvoll weil man da auch Mal die Tür zu machen kann und der hund "gezwungen" ist Ruhe zu halten.
    Als ruhige, kopfmäßige Beschäftigung kann man Futter suchen lassen oder Kommandos üben. Nicht länger als 2-3 Minuten am Stück. Viel kuscheln, körperliche Nähe, Streicheln. Auch für die Kinder. Ruhig bewegen, viel "Rum liegen " . Auch mein Sohn könnte das "keine Aktion nur ruhe " Programm mit 5 Jahren gut durchziehen .
    Ich hab noch einen zweiten Hund mit dem sie immer Mal ein bisschen spielen und Kasper durfte, wenn sie sich zu sehr hoch geschraubt haben hab ich einfach wieder für ruhe gesorgt.
    Viel Spaß mit dem zwergi nicht


    Edit: genau kausachen anbieten. Ich hatte im Vorfeld schon ein Hirschgeweih besorgt und div große kauartikel an denen sie lange zu kauen hat besorgt.

  • Wie gesagt, sie kann Sitz, vor allem, wenn es Leckerlies gibt, und sie war wohl dabei Pfötchen zu lernen und es hieß, sie ginge auch zum Platz.

    das sind alles Tricks - keine Erziehung. Auch auf dem Hundeplatz werden eher Tricks geübt als erzogen - Erziehung läuft zum größten Teil im Alltag.
    So wie es sich liest, hat der Hund bisher tatsächlich kaum Erziehung genossen - also wirklich (wie schon vorgeschlagen), wie beim Welpen anfangen.


    Andererseits ist es auch schwierig, einen Hund nicht zu beachten, der hier wild rumhüpft, uns anspringt und auf´m Sofa überrennt und schnappt

    So ein Verhalten sollte man auch nicht ignorieren - da lernt der Hund nichts sinnvolles bei. Darf der Hund denn überhaupt auf's Sofa? wenn nein: dann schon das raufspringen unterbinden, wenn ja: ruhiges draufgehen bestärken (z.B. durch ruhiges streicheln oder auch Nichtbeachtung, damit der Hund dort ruhen kann) und wildes draufgehen unterbinden.


    Bedenkt bei allem bitte, dass euer Hund die menschliche Sprache nicht spricht und daher vermutlich keine genaue Vorstellung davon hat, was "Nein, Aus", usw. bedeutet. Einigt euch auf ein Abbruchkommando und bringt ihm das bei (z.B. über die gängigen Übungen).


    lg

  • Die Kleine braucht Zeit. Der ist gestern die ganze Welt zusammengebrochen. Hausleine finde ich gut, Spielzeug und Kauzeug finde ich gut, Ruhe im Haus finde ich gut.


    Vor allem braucht sie jetzt Geduld und Nachsicht, nicht zu verwechseln mit Inkonsequenz. Unerwünschtes Verhalten dürft Ihr gern abbrechen (besser umlenken mit Kauzeug etc.), aber ohne gebetsmühlenartiges "Neineinnein", Ausausaus" oder "Pfuipfuipfui" - ich sage das nicht, weil Ihr das so macht, sondern weil ich es in ähnlichen Fällen bereits erlebt habe. Und der Geduldsfaden dann eben schnell gerissen ist, wenn die ganzen Verbote nichts fruchteten.


    Das Grobmotorische ist ziemlich rassemischungstypisch, ohne mal einen blauen Fleck oder Kratzer wird es wohl nicht abgehen auf Dauer, das würde ich den Kindern auch klipp und klar sagen, es ist keine Böswilligkeit und auch nix, was durch Erziehung von jetzt auf gleich abstellbar ist.


    Ich würde eine klare Trennung zwischen Drinnen und Draußen aufbauen: draußen durchaus Toberei (braucht so ein Junghund und fördert die Bindung und das Vertrauen), drinnen Kuscheln und Ruhe. Konsequent, was bedeutet, daß auch von den Kindern keine Spielaufforderung/Provokation im Haus ausgehen darf. Schwer umzusetzen, vermute ich. Und wer weiß genau, weshalb der Junghund im stressigsten Alter aus einem Haushalt mit mehreren Kindern wohl abgegeben wurde; bestimmt nicht, weil das Zusammenleben so easypeasy war... das kommt noch obendrauf.


    Das ist für die nächsten Wochen eine echte Aufgabe, ich wünsche Euch viel Geduld und Verständnis!

  • Ach, ihr Lieben, vielen Dank! Ich werde eure Tipps auf jeden Fall beherzigen und wir werden wirklich schauen, dass sie erstmal ankommen kann.


    Sie ist ja auch einfach super süß *_* Und ich denke auch, dass wir das hinbekommen.


    Nach so einer Nacht braucht man aber auch - abgesehen von den Unsicherheiten- einfach mal ein bisschen mentale Unterstützung :)


    Sie ist heute morgen nun schon ein klein wenig ruhiger und hat eben ein wenig geschlafen. Allerdings ist sie beim kleinsten Geräusch sofort wieder wach. Aber sie fühlt sich wohl auch einfach noch nicht so sicher hier, dass sie komplett abschalten /entspannen kann.

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