Jagdhund aus nicht Jägerhand

  • Moin,
    vielleicht kann mir der eine oder andere aus seinen Erfahrungen berichten. Gesetzt dem Fall man möchte sich einen Jagdhund (DK) kaufen, der schon im besten Alter ist (5), aber nicht jagdlich geführt wird.
    Und dann geht man mal davon aus, dass der von einem Durchschnittshundehalter kommt der ggf nicht mal die Leinenführigkeit vernünftig hin bekommen hat und wo der Hund natürlich auch keinen Rückruf kann - d.h. wo Freilauf und Impulskontrolle eher ein Fremdwort ist. Man könnte auch davon ausgehen, dass er schon mehrfach gejagt hat.
    Welche Chance hat man wenn man einem Hund in dem Alter einen vernünftige Impulskontrolle am Wild, einen bombenfesten Rückruf und gar Vorstehen bei bringen will - also nicht zu jagdl. Zwecken sondern eher um dem Hund Freilauf zu gönnen, einen Anzeigemechanismus fürs "jetzt bitte Leine dran" zu haben und eben kein unbändigbares Jagdschwein zu haben?
    Ich denke mal an Skills und fehlt es mir nicht (würde ich drauf schaffen wenn was fehlt) aber einmal an wildreichem Gebiet zum üben.
    Ein Hund der nicht kontrollierbar ist wäre ein No-Go ebenso wie Leinenknast für den Rest des Hundelebens.


    Vielleicht kann die (oder der) eine oder andere mit so einem Hund oder Jagdschein mir mal ein paar Erfahrungen oder eine Einschätzung geben.

  • Aus meiner Sicht kommt das im Einzelnen wirklich auf den índividuellen Hundetypen an und nicht nur auf die Fähigkeiten des neuen Halters.


    Vor Übernahme kann es durchaus sinnvoll sein, den Hund in den gewünschten Bereichen anzutesten. Mit etwas Erfahrung lassen sich sicher Tendenzen erkennen, inwieweit der Hund formbar/ansprechbar usw. ist.

  • Vor Übernahme kann es durchaus sinnvoll sein, den Hund in den gewünschten Bereichen anzutesten.

    Austesten würde ich aber nicht selbst, sondern mit dem Besitzer zusammen, sodass du nur Zuschauer bist, denn ich denke, dass sich der Hund, wenn er mit dir alleine ist, komplett anders verhält als wenn er sein gewohntes "Leinenende" dabei hat.

  • Moin,


    das ist ein bisserl schwammig, man kann natürlich davonausgehen, dass der Hund absolut nichts kann - es könnte aber auch sein, das er auch durch Laien (ich mein das nicht negativ) gut geführt und ausgebildet ist.


    Kann ja sein, das er nicht so starke jagdliche Ambitionen hatte und daher in Nichtjägerhand gelandet ist - gibt es auch in Hochleistungszuchten immer wieder.
    Dazu kommt, er kann einfach sein, das er im Jagen selbst keine Übung hat?


    So wie mein Lucass, wenn bei ihm das Reh außer Sicht ist - dann ist es eben weg. DAS wäre Malik, ausgebildeter Jagdhund mit VGP nie nicht passiert.... der zeigte auch die Richtung, in der das Wild auf dem Wildwechsel gelaufen ist, sicher an. Lucas nicht.....


    Je weniger der Hund also Erfahrung in diesen Dingen hat, je schneller man als Mensch Gefahrenmomente sieht - desto einfacher wird ein Umlenken oder eine neue Führung verlaufen. Wenn ich, durch meine Größe, die Rehlauscher im Feld sehe, dann rufe ich meine Hunde ran, bevor sie etwas sehen..... kommt der Hase zwei Meter vor uns aus dem Feld - dann hilft absolut alles nichts mehr.... außer das Wissen, das er schneller ist und mein Hund zurück kommt, ohne Hasen. Das sind Momente, die hat man nicht in der Hand, aber die meisten Situationen kann man durch Voraussicht entschärfen.


    Auch so ne Sache, ein versierter Jagdhund, der kommt nicht blindlings, wenn ich rufe, sonder der schaut sich erst mal um.... warum er kommen soll. Malik hat das immer getan, aber gekommen ist er trotzdem. Also auch darauf sehen, wie reagiert er auf das Kommen sollen.


    Er kann vorstehen - aber er muss es ja nicht tun? Ich mein, das meiste Wild befindet sich ja nun nicht auf den Wegrainen sondern im Gelände und da muss das Freilaufen ja nicht sein? Bei uns halte ich es so, dass ich versuche, meine Hunde in näherer Umgebung zu haltebn, zumindest Findus.


    Ich würde mir den Hund ansehen, auch im Freilauf, schauen wie er nach seinem Menschen schaut (gewöhnlich sind sie sehr darauf aus, mit ihrem Menschen zusammen zu arbeiten) und mich dann entscheiden. Wenn er ne Jagdsau vor dem Herrn ist - wird es schwieriger, wenn er das nicht ist - nur zu.


    Und dazu kann man Jagdhunde durch Fährtenarbeit und Dummytraining, apportieren und Co. wunderbar auslasten und beschäftigen. 15 Minuten Nasenarbeit macht müder als ne Stunde rennen....


    Sundri

  • Austesten würde ich aber nicht selbst, sondern mit dem Besitzer zusammen, sodass du nur Zuschauer bist, denn ich denke, dass sich der Hund, wenn er mit dir alleine ist, komplett anders verhält als wenn er sein gewohntes "Leinenende" dabei hat.

    GENAU DAS würde ich ja testen wollen, was der Hund macht, wenn ICH ihn an der Leine habe und handle.


    Der Besitzer an sich würde mich da eigentlich erst mal nicht weiter interessieren. Da würde es mir tatsächlich reichen, mir den Hund von ihm beschreiben zu lassen.


    Grundsätzlich denke ich schon, dass man bei vielen (gerade den kooperativen) Jagdhundrassen eine ganz gute Chance hat, sich die noch mal passend zu stricken. Vor allem, wenn man die Talente eben auch fördert und mit so einem Hund rassegerecht arbeitet, statt den Jagdtrieb an sich als störend zu empfinden und dem Hund nichts bieten zu wollen.


    Deswegen würde ich einfach genau hin schauen, wie der Hund sich insgesamt verhält, nicht nur in jagdlichen Bereichen, sondern eben auch in Stellvertreterkonflikten (z.B. in Bezug auf die Impulskontrolle, Frustrationstoleranz), wie ansprechbar ist er bei welcher Reizlage noch, wie kooperativ ist er, wenn ich ihm anbiete, mir mir zusammen etwas zu arbeiten, ist er insgesamt drüber und aufgedreht oder kann er sich bei entsprechender Anleitung doch konzentrieren usw.


    So etwas wie Leinenführigkeit würde mich jetzt erst mal nicht weiter konzentrieren, denn da denke ich, dass die auch personenabhängig ist und man sich das nach Übernahme eh selbst erarbeiten muss.


    Aber Bereiche wie Ansprechbarkeit in verschiedenen Reizlagen, wie schnell ist der Hund zu frusten, wie reagiert er auf bewegte Reize, was passiert, wenn ich eine Grenze setze, wie gut kann er sich konzentrieren, WILL er arbeiten usw. - das würde ich mir alles einfach ansehen und ich denke, dann kann man im Handling mit dem Hund auch selbst sehen/fühlen, ob man einen Draht zu ihm bekommt, ob man sich die Aufgabe zutraut oder nicht.


    Gerade die Hunde, die nie eine Führung hatte, keine Grenzen, keine Arbeit - die freuen sich ja oft auch einfach, wenn dann endlich mal jemand kommt, der sie an die Hand nimmt und sie in ihren Bedürfnissen ernst nimmt und die Rasse und deren Talente versteht.

  • Ich glaube das kann man vorher nie wissen, weder beim Welpen noch beim erwachsenen Hund. Ich kenne einen DK der wurde vom Jäger als jagduntauglich abgeben, mit 4 Jahren, der rümpfte nicht mal die Nase bei Wild. Ein Jahr später war er beim neuen Besitzer ein perfekter Jagdbegleiter, was hier auch erwünscht war. Klar suchst du die andere Seite der Medaille ....
    Ich glaube es kommt immer darauf an wo man wohnt, auf unseren Spaziergängen treffen wir täglich Wild , das lässt sich nicht vermeiden. Und da meine Hunde Jagdtrieb haben müssen sie halt viel angeleint laufen, egal wie perfekt der Rückruf sonst ist, wir fallen regelrecht über Wild, auch auf Wegen. Meine Hündin hat früher 10 Minuten geschrien wenn sie Wild gesehen hat, trotzdem war sie durch Training besser kontrollierbar als mein Rüde der nur mässiges Interesse am Wild hat, aber gerne selbst Entscheidungen trifft. Es kommt immer auf den Charakter des Hundes an und was man bereit ist als Besitzer zu geben.

  • Gerade die Hunde, die nie eine Führung hatte, keine Grenzen, keine Arbeit - die freuen sich ja oft auch einfach, wenn dann endlich mal jemand kommt, der sie an die Hand nimmt und sie in ihren Bedürfnissen ernst nimmt und die Rasse und deren Talente versteht.

    Das kann ich 100 x unterschreiben. Danke!


    Mensch mit Hund beobachten - was für Umgang hat der Hundehalter mit dem Hund hat und dann weiß ich persönlich meist, warum das Zusammenleben nicht funktionieren kann.


    Hund selbst an die Leine nehmen und einfach ein paar Aufmerksamkeitsübungen machen und dann sieht man sehr schnell, ob so ein Hund mitgehen kann und inwieweit er selbst "arbeiten" möchte.

  • Das kann ich 100 x unterschreiben. Danke!
    Mensch mit Hund beobachten - was für Umgang hat der Hundehalter mit dem Hund hat und dann weiß ich persönlich meist, warum das Zusammenleben nicht funktionieren kann.


    Hund selbst an die Leine nehmen und einfach ein paar Aufmerksamkeitsübungen machen und dann sieht man sehr schnell, ob so ein Hund mitgehen kann und inwieweit er selbst "arbeiten" möchte.

    DAS unterschreibe ich auch so..... im Grunde wollen Hunde, und Jagdhunde sowieso, eine Zusammenarbeit und sie blühen auch auf, sobald sie diese bekommen.


    Sundri

  • Kommt meiner Erfahrung nach erstmal darauf an, wie der Hund so vom Naturell ist.. und wie denn dann die Ausbildung weiterhin abläuft. Gibt ja durchaus auch Jagdhunde aus Jagdlicher LZ, bei denen das eher nicht so funktioniert hat und die sich für ihren eigentlichen Zweck eher dumm anstellen und denen man mit überschaubarem Aufwand einen gewissen Grundgehorsam vermitteln kann.
    Ich habe grundsätzlich auch schon miterlebt, wie aus einem relativ harten Hund mit genügend Jagderfahrung (zwar in Jägerhand, aber auch da kann sich ein Hund absetzen und Jagdverhalten zeigen was sie so nicht möchten |) ) wieder ein sicherer Jagdbegleiter wurde, der auch im Alltag gut kontrollierbar war und an dem der HF auch wieder Freude hatte. Aber(!): das ganze unter Anleitung eines sehr guten Ausbilders und mit entsprechenden Hilfsmitteln... ich bezweifle das man das mit den durchschnittlichen DF Methoden hinbekommen hätte :pfeif:



    Auch wenn das nicht die eigentliche Frage des Threads war, aber sorry, wer glaubt, wenn er einen fremden Hund an die Leine nimmt dann zeigt sich wie gut dieser sich anbietet, der ist ziemlich naiv. Wenn ich heute einen fremden Hund nehme, dann ist der erstmal damit beschäftigt das neue Objekt am andern Ende der Leine zu begutachten - das heisst noch lange nicht, dass das nach 2-3 mal auch noch so läuft. Der "berühmte" Hundeflüsterer Effekt..
    Dafür gibt es genügend Hunde die evtl erstmal nicht so viel Interesse zeigen, die sich aber im Prinzip überdurchschnittlich gut binden würden.

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