Ideen? Nervös, ängstlich, kläfig, Probleme mit Menschen und Hunden...

  • Hallo zusammen,


    vielleicht habt ihr ja noch eine Idee oder Einschätzung für mich.


    Ich fürchte, es wird lang.


    Es geht um meine nun 1 1/2-jährige Bolonka-Hündin. Endgültig bei mir lebt sie seit September letzten Jahres. Sie war ursprünglich der Hund meiner Mutter, die diesen Januar an einem Gehirntumor gestorben ist.


    Sie war schon als Welpe ein zurückhaltender Typ - aber nicht ängstlich, sondern eben der Typ, der erstmal abwartet bevor er sich ins Getümmel stürzt. Bei ihrer frühen Erziehung und Sozialisierung hätte man - vor allem, was Hundebegegnungen angeht, sicher noch einiges mehr und besser machen können. Meine Eltern waren da leider nicht sooo engagiert - 3, 4 Mal Welpenstunde (eine vernünftige, wo sie auch nicht zum Spiel gezwungen wurde, sondern zuschauen durfte), sonst das typische Leben eines Einfamilienhauskleinhundes - 1, 2 mal täglich eine Gassirunde, sonst Garten und eben einfach Dabeisein beim gelegentlichen Stadtbummel, im Café, etc.. Also aus meiner Sicht mit Luft nach oben, aber durchaus nicht so, dass da ganz grob was vernachlässigt worden wäre. Zudem war sie von Welpe an einige Male bei mir in der Großstadt zu Besuch und fand es dort zwar aufregender als im heimischen Garten, aber war weit entfernt vom jetzigen Zustand.


    Der jetzige Zustand sieht so aus, dass für sie fast alles aufregend ist, sie massiven Stress zu haben scheint.


    Größter Stressfaktor sind fremde Hunde - ein Hund in 50 Meter Entfernung ist Grund zu wuffen und zu knurren, je geringer die Distanz, desto heftiger die Reaktion, bis hin zu massivem Kläffen/Knurren. Defensives Drohverhalten - sie ist mir allerdings auch schon mal über ziemliche Distanz kläffend auf andere Hunde zugeschossen (seitdem ist Leine/Schlepp dran), häufig ist sie, wenn es denn zu Hundekontakt kommt, aber sehr ängstlich, vermeidend, würde wohl auch recht kopflos flüchten.
    Dazu: Sie muss keinen Hundekontakt (außer zu sehr gut bekannten Hunden) haben - sie kann jederzeit bei mir Schutz suchen, sie darf auf den Arm. Ich selber bin zwar mit ihr insofern vorsichtig, da sie einfach sehr klein (3,7 kg) ist und es ja nun auch Hunde gibt, die nicht so drauf stehen, bedroht zu werden, forciere Fremdhundekontakt daher nicht unbedingt, mache aber auch kein Drama (panisches Hochnehmen, Fremdhund massiv abblocken), wenn es denn passiert. Ihr durch Hochnehmen präventiv oder in der Situation Schutz zu gewähren, funktioniert nicht - ob so oder auf dem Boden, ihre Reaktion ist gleich und für meine Begriffe schon fast hysterisch.


    Ob mein Ersthund mit dabei ist, ist im Grunde für ihr Verhalten recht egal.


    Auch Menschen werden häufig angewufft bis hin zu verbellt/angeknurrt. Nicht immer und nicht unbedingt vorhersehbar, es gäbe jetzt für mich kein erkennbares Muster, mal ausgenommen Menschen, die für viele Hunde gruselig sind, also die typische Oma mit dem Rollator.


    Hier mal ein Video von einer noch recht gemäßigten Reaktion (ich filme und gucke sie bewusst nicht an): Wir sitzen im Wald und warten auf unsere Gassibegleitung, als in 10 Meter Entfernung ein Jogger es wagt sich fortzubewegen.


    [Externes Medium: https://youtu.be/344r-4oDa-I]


    In der Phase ist sie auch durchaus noch ansprechbar.


    Aber: Das war eben auch nicht schon immer so. Retrospektiv und aus den Erzählungen meiner Eltern, hat das letzten Juni/Juli, also so mit 9, 10 Monaten, angefangen.


    Als Auch-das-noch-Faktor kommt übrigens hinzu, dass sie mit 11 Monaten, vor der zweiten Läufigkeit, kastriert worden ist. (Ich persönlich hätt's nicht gemacht - die TÄ meiner Eltern hat halt mit Krebsprophylaxe argumentiert und angeführt, dass häufige Nachteile wie Inkontinenz bei so kleinen Rassen halt nicht so zum Tragen kommen.)


    Ich trainiere mit ihr (viel einfach nur Click für Blick, Zeigen und Benennen, Umorientierung, verbaler Abbruch von unerwünschtem Verhalten, Alternativverhalten) mache bewusst Einzelspaziergänge mit beiden Hunden. Sicher ist es fürs Training nicht so optimal, dass wir in der Stadt es eben häufig nicht schaffen, unter ihrer wahnsinnig großen Auslösedistanz zu bleiben. Irgendwo wird da auch antrainiertes Verhalten drin stecken - habe da natürlich eine Trainerin draufschauen lassen, der auffiel, dass bei Hundebegegnungen ihr Blick teilweise nach einigen Kläffern zu mir geht, auf meine Reaktion wartend. Sie löst halt auf wahnsinnig große Distanz, wahnsinnig schnell aus - das macht mir das Timing für punktgenaues Bestätigen nicht einfach. Bei meiner Mutter hat sie auch sehr gut gelernt, dass Kläffen/forderndes Verhalten lohnend ist. Ich achte logischerweise darauf, dass forderndes, unhöfliches Verhalten nicht zum Erfolg führt.


    Grundsätzlich sind wir denke ich auch schon ein ganz gutes Team geworden. So Dinge, an denen ich mit ihr nun schon länger arbeite, dass ich Fellpflege etc. machen kann, dass sie auf Ankündigung hochgenommen werden kann, Rückruf (unter wenig Ablenkung), anleinen, Geschirr anziehen, etc., klappen überwiegend recht gut.
    Wobei ich es durchaus auffallend finde, dass sie eine sehr kurze Konzentrationsspanne für ihr Alter hat. Sie macht eigentlich total gerne Dinge mit - aber nach 2 Minuten ist vorbei. Dann wird sie hektisch, ungenau, abgelenkt, kläffig. Entsprechend halte ich auch alles mit ihr kurz. Anfangs hab ich's auf ihr Alter geschoben, vielleicht auch ein bisschen auf die Rasse (bei denen ja nun eher nicht auf "Arbeitsfähigkeit" selektiert wird) - aber mittlerweile ist sie 1 1/2 Jahre alt, ich mache recht regelmäßig was mit ihr und es bleibt trotzdem so wenig hängen?


    Unser Tagesablauf ist insgesamt recht entspannt - zumindest achte ich bei den Hunden sehr auf Ruhezeiten und Regenerationsphasen. Beide kommen mit ins Büro (6 Stunden im Durchschnitt, mal mehr, mal weniger) und dort gibt's keine Action. Damit mein Rüde zu seinem Recht kommt, packe ich die Kleine teilweise in den Rucksack, damit ich mit ihm ein etwas längere Runde in etwas höherem Tempo gehen kann. Dafür kriegt sie dann meist die Mittagsrunde (10-30 Minuten, je nachdem wie sie so drauf ist) exklusiv mit mir. Drinnen kommt sie zum Glück recht gut zur Ruhe.


    Irgendwas hab ich bestimmt vergessen zu erwähnen, fragt einfach.


    Bislang war meine Vermutung einfach, dass das eine doofe Mischung ist aus: Nicht optimal erzogen, Bezugsperson verloren/Besitzer-/Ortswechsel (auch wenn sie mich natürlich schon immer gut kennt), frühe Kastration bei eher unsicherem Hund ist.


    Sie zeigt so einen typischen PL-Hüpfgang - 2 Tierärztinnen meinen, dass die Kniescheiben eigentlich nicht sooooo superleicht rauszudrücken sind. Im Mai haben wir einen weiteren Termin um das abklären zu lassen, sie wirkt jetzt grundsätzlich aber nicht so, als hätte sie Schmerzen. Verdauung scheint mir auch normal, der Kot ist überwiegend wohlgeformt. Sie muss recht häufig (teils tagsüber alle 3 Stunden) Pipi, was ich aber bislang auf ihr allgemein hohes Stressniveau geschoben habe.


    Mein nächster Schritt wäre jetzt eigentlich, mal ein Schilddrüsenprofil machen zu lassen um eine etwaige subklinische SDU ausschließen zu können...


    Habt ihr irgendwelche Tipps, Ideen? Sie tut mir manchmal einfach nur extrem leid, mit ihrer ständigen Anspannung und Ängstlichkeit und ich sehe recht wenig Fortschritte...

  • Du hast dir soviel Mühe mit dem Text gegeben, aber leider kann ich nicht helfen.
    Ich glaube ihr seit schon auf einem guten Weg und braucht einfach noch Zeit.


    Seit ihr denn immer noch bei der Trainerin oder wusste die auch nicht so recht?

  • Habt ihr irgendwelche Tipps, Ideen?

    Nein, leider nicht wirklich.


    Ich vermute, dass sehr viel an Erziehung und Prägung im Alltag an ihr vorbeigegangen ist; sie nicht sehr viel kennen gelernt hat.


    Du bist auf einem guten Weg und scheinst ja vieles richtig zu machen.


    In dem Video sind Deine Arm(?)bewegungen aufgefallen. Was tust du da gerade?
    Ich hätte mich zu ihr gesetzt, den Hund in den Arm genommen (gibt Sicherheit) und ihr dabei das Bellen untersagt. Kommando "Nein" oder "Aus" - so nach dem Motto, musst nichts melden, alles ist gut, ich pass auf Dich auf!

  • Ich hätte mich zu ihr gesetzt, den Hund in den Arm genommen (gibt Sicherheit) und ihr dabei das Bellen untersagt.

    Kommt drauf an ob ihr das hilft. Für Pixel wäre dann alles noch viel schlimmer, die ist nicht so der Körperkontakt Typ.


    Aber vielleicht ein guter Tipp für Elsje.

  • Ich würde es eigentlich immer noch aufs Alter schieben. Wie ist sie denn beim Züchter aufgewachsen? Ich glaube schon, dass sich Defizite der ersten Wochen dann erst nach der Pubertät zeigen können.


    Abgesehen von der Schilddrüse: Habt ihr mal mit Ernährung und Zusätzen rumprobiert?


    Schläft sie denn im Rucksack? Sonst ist das doch bestimmt auch ganz schön viel, wenn sie eine große Runde im Rucksack mitkommt und dann noch mal eine eigene Runde obendrauf.
    Macht ihr Ruhetage? Die merke ich meinem Hund extrem an.

  • Ich denke ihr seid auf einem guten Weg. Das wird aber bestimmt noch ein paar Monate dauern. Ich finde das Verhalten nicht Kleinhund untypisch. Wir haben insgesamt so 2 Jahre gebraucht um dieses nervöse Gekläffe ganz abzustellen. Wir haben aber auch wirklich viel Mist erlebt. Meiner ist übrigens auch zu früh kastriert worden. Schade, dass sie nicht still ist wenn sie auf dem Arm ist. Ich habe meinen anfangs einfach immer hoch genommen, dann war Ruhe.
    Je nachdem wie hoch die Hundedichte bei dir ist und wie viele blöde Hundebegegnungen du hast, wird das noch einige Zeit dauern. Du kannst nur versuchen weiter die Distanz optimal zu halten, damit sie runter fährt. Bei Hundebegegnungen aufpassen, dass sie nicht bedrängt wird und Negativerlebnisse hat, vor allem auch nicht an der Leine.
    Den Rest machst du ja schon. Blickkontakt clickern und versuchen, dass sie sich freiwillig abwendet. Wenn sie dich zwischen dem Kläffen kurz anschaut - super! Das ist genau das was du willst.
    Ich würde ab und zu noch einen Trainer rauf schauen lassen, damit du das Training noch effizienter gestalten kannst.


    Ich kann dir sonst nur sagen: es dauert so lange wie es dauert. Kommt Zeit kommt Rat. :|
    Bei uns war es Ewigkeiten so lala und dann ist der Knoten irgendwann geplatzt von einen Tag auf den anderen und dann war Ruhe.

  • Wie ist sie denn beim Züchter aufgewachsen? Ich glaube schon, dass sich Defizite der ersten Wochen dann erst nach der Pubertät zeigen können.

    Das glaube ich jetzt nicht wirklich!


    Nach dem Kauf ist der Käufer für die ordentliche Entwicklung des Hundes zuständig und meiner Meinung nach, wurde da viel versäumt.

  • Das glaube ich jetzt nicht wirklich!
    Nach dem Kauf ist der Käufer für die ordentliche Entwicklung des Hundes zuständig und meiner Meinung nach, wurde da viel versäumt.

    DU musst das auch nicht glauben, es reicht mir, wenn die TE es liest.

  • DU musst das auch nicht glauben, es reicht mir, wenn die TE es liest.

    Ändert aber nichts an der Tatsache, dass man 1,5 Jahre nach dem Kauf nicht zwingend den Züchter verantwortlich machen muss, wenn Erziehungstechnisch so einiges schief läuft.

  • Ich hab eben nichts von zwingend geschrieben, sondern, dass ich daran glaube, dass das möglich ist.

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