Wann ist eine Kastration (Rüde) für euch vertretbar?

  • Vorweg:
    ich bin weder Kastrationsgegner noch Befürworter.
    Als Smartie bei uns einzog hat mir das Tierheim angeraten, ich solle ihn kastrieren lassen, weil er sehr heftig auf läufige Hündinnen reagiert haben soll.
    Allerdings wollte ich abwarten.
    Bis er angekommen war, bis wir selbst uns ein Bild machen konnten.
    Und das haben wir:
    Nach Kontakt mit der Duftspur einer läufigen Hündin war er 6-8h durch den Wind.
    Unruhig, hat gefiept, versucht sich durch die Türe zu kratzen, nicht geschlafen, gezittert...
    Gefressen hat er - das war auch tatsächlich das einzige, was ihn für ein paar Sekunden aus dem Wahn raus gebracht hat.
    Draußen bzw. näher an dem tollen Duft war er völlig unansprechbar.


    Wir waren einmal mit einer Hündin (ich glaube, die war zu dem Zeitpunkt nicht mal läufig) Gassi, die ihm NICHT ganz klar signalisiert hat, dass er sie in Ruhe lassen soll - das Ergebnis war ein gestresster, nerviger Hund, der in jeder Sekunde aufreiten wollte.


    Viele Menschen (auch hier) haben gesagt, dass könne man alles mit Erziehung in den Griff bekommen.
    Viele Menschen (überwiegend Trainer, TIerärzte..) haben zur Kastration geraten.


    Wir haben uns dann zur Kastra entschieden und ich bereue es nicht.


    Vielleicht hätte jemand anders als ich das wirklich durch Erziehung lösen können - ich hätte es nicht gekonnt (maximal vielleicht "deckeln" - so dass er nicht an der Tür kratzt, nicht aufreitet, nicht fiept - aber an seinem Grund-Stress-Pegel hätte ich nichts ändern können).
    Vielleicht wäre das Problem gar nicht so schlimm gewesen, würden wir anders leben (ländlicher evtl. mit weniger Hunden/Hündinnen im Umkreis)
    Vielleicht ... Aber vielleicht auch nicht.
    Und so haben sowohl er als auch ich und mein Mann als seine Mitbewohner ein gutes Stück Lebensqualität dazu gewonnen.


    Inzwischen können wir mit Hündinnen egal ob läufig oder nicht, Gassi gehen - er ist entspannt dabei.
    Neulich haben wir eine Hündin in der Standhitze getroffen - er fand sie nett - verstand aber nicht so ganz, warum sie sich ihm so anbietet.

  • Pipi lecken hat sich durch die Kastration hier nicht geändert. Muss auch sagen mich juckt das nicht. Kontakt zu heissen Hündinnen haben meine Rüden eh nicht.

  • Bei läufigen Hündinnen bzw kurz davor oder danach ist er extrem gestresst, fiept durchgehend, nimmt kein Futter, hechelt, tigert, leckt alles auf. Leider hatten wir das in den letzten drei Wochen zwei Mal, ohne, dass ich davon wusste. Sonst hätte ich die Situationen auf jeden Fall vermieden Seitdem ist sein übersexuelles Verhalten aber leider noch verschärft.


    Draußen leckt er (wenn ich ihn lassen würde) Pipistellen auf, klappert mit den Zähnen, schäumt, riecht sich eeeeewig fest und hört dann auch nichts mehr. Markieren tut er nicht übermäßig viel, dafür scharrt er wie ein Besenkter...er scharrt auch auf fremde Stellen ohne selbst zu markieren

    Was Du im ersten Absatz beschreibst, hat mein Maxe auch gezeigt. Allerdings nur bis zu einem Alter von 2,5 Jahren. Frag mich nicht warum, war so. Danach war er unterwegs natürlich auch noch interessiert, aber zuhause konnte er entspannen und gefressen hat er auch wieder. Bei uns ist es auch so, dass jetzt im Februar/März/April eine Zeit mit vielen läufigen Hündinnen ist und im Herbst auch noch mal. Im Grunde waren das bei ihm nur 2 Läufigkeitsphasen, wo er sich so benommen hat.


    Was Du im 2. Absatz beschreibst, finde ich für einen Rüden erstmal völlig normal. Was natürlich nicht heißt, dass man das einfach so laufen lassen sollte. Ich habe zu solchen Zeiten meine Ansprüche heruntergeschraubt, aber doch einen Grund an Gehorsam durchgesetzt. Es darf ne Zunge genommen werden, aber nicht das letzte Molekül aufgesogen werden ;) Hineinsteigern ist nicht. Was hier immer geholfen hat, wenn Rüden da noch mit überfordert waren, war körperliches Auspowern. Ans Rad und ein paar Kilometer ordentlich laufen. Pustet den Kopf wieder frei.


    Von Geordy hab ich auch schon öfter geschrieben. In Anwesenheit von Hündinnen, war der ja auch lange Zeit out of order. Aber der hat es (anstrengend für ihn und mich) durchaus lernen können. Eben mit gezieltem Kontakt. Geordy war aber niemals zuhause noch gestresst. Der hat immer gefressen und sich zuhause normal verhalten.


    Aus meiner Erfahrung heraus, wäre Deine Beschreibung für mich kein Grund für eine Kastration, vor allem nicht in diesem Alter. Ich würde erstmal sagen, da braucht es noch Zeit und Entwicklung.

  • Man darf von einer Kastration nicht erwarten, dass sie einem einen völlig neuen Hund schenkt.


    Erziehungsfehler werden durch eine Kastration ebensowenig ausgebügelt wie aggressives, (un)soziales, unsicheres oder anderwertig problematisches Verhalten. Man weiss heute, dass eine Kastration zum Beispiel an der Markierfrequenz eines Rüden nichts ändert, das muss man schon erzieherisch angehen.


    Aber eine Kastration kann sehr wohl und sehr viel helfen, wenn Verhalten sexuell motiviert ist.

  • Mir ginge es in erster Linie darum, dass mein Hund nicht mehr so viel Stress hat, den Rest muss man natütlich erzieherisch angehen, aber mein Hund soll nicht unnötig leiden.


    Gibt es vllt. ein Buch oder irgendwas, welches ihr zu dem Thema empfehlen könnt? Ich denke, ich muss mich wirklich mal ernster damit auseinandersetzen.

  • Ich hab mir bei dem Kastrathema ja auch so einen Kopf gemacht und irgendwie finde ich die Tendenz, dass man mit kastriertem Rüden ja zuweilen fast als "Erziehungsversager" gilt, schon bedenklich. Das ist dann das andere Extrem von: Der ist 'n Rüde, also wird er mit spätestens 12 Monaten kastriert.


    Ich habe letzten April bei meinem knapp über 2-jährigen Rüden den Chip setzen lassen, nachdem er draußen häufig im Grunde gar nicht mehr ansprechbar war, bei läufigen Hündinnen (nicht nur in den Stehtagen) komplett abgeschaltet hat, und sich das Verhalten auch drinnen dauerhechelnd und jaulend fortsetzte, ich es also als für den Hund extrem stressig betrachtete.


    Nach dem Chip wurde er draußen deutlich besser ansprechbar, d.h. nicht mehr nur fixiert aufs Pipilecken. Die ständige Vorhautentzündung ist auch Geschichte. Läufige Hündinnen nimmt er natürlich noch wahr und ist in deren Anwesenheit abgelenkter, aber ohne den ganz massiven Stress.


    Ich werde den Chip jetzt vermutlich auslaufen lassen, um dann zu schauen, wie er drauf ist und ob die endgültige Kastra Sinn macht.

    wenn sie nicht Bescheid geben (dann ist es kein Problem)

    Hier würde ich noch ein bisschen Lernpotenzial sehen - er scheint also nicht soooo in seinem Tunnel drinzustecken, dass er gar nichts mehr wahrnimmt.

    Bei läufigen Hündinnen bzw kurz davor oder danach ist er extrem gestresst, fiept durchgehend, nimmt kein Futter, hechelt, tigert, leckt alles auf. Leider hatten wir das in den letzten drei Wochen zwei Mal, ohne, dass ich davon wusste. Sonst hätte ich die Situationen auf jeden Fall vermieden Seitdem ist sein übersexuelles Verhalten aber leider noch verschärft.

    Hier wäre für mich die Frage, wie häufig das vorkommt. Seid ihr irgendwo in der Großstadt, wo immer irgendwer läufig ist? Oder irgendwo, wo die Hündinnendichte einigermaßen überschaubar ist und sich das Problem auf wenige Wochen im Jahr beschränkt?

  • Mir ginge es in erster Linie darum, dass mein Hund nicht mehr so viel Stress hat, den Rest muss man natütlich erzieherisch angehen, aber mein Hund soll nicht unnötig leiden.


    Gibt es vllt. ein Buch oder irgendwas, welches ihr zu dem Thema empfehlen könnt? Ich denke, ich muss mich wirklich mal ernster damit auseinandersetzen.

    Ich wusste gar nicht, dass der Knirps so arg leidet :/
    Darf ich mal fragen, wie du das dann mit ihm und Alani geplant hast, da hat er die läufige Hündin ja DIREKT vor seiner Nase. Selbst wenn getrennt wird, ist sie ja noch im gleichen Haus.
    Denke bei seinen Stressanzeichen würde ich auch über einen Chip nachdenken und schauen, wie sich das verändert. Häufig müssen sie ja erstmal aus "ihrer Welt" geholt werden, bevor man weitere erzieherische Maßnahmen angehen kann.

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